4

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

.M 11».

Erscheint wöchentl. 8mal: Dienstag, Don­nerstag und Samstag, und kostet Viertel­jahr!. hier (ohne Trägerlohn) 80 V, in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1.20 MonatS-Abonnement nach Verhältnis.

Insertions-Gebühr für die Ispaltige Zeile aus gewöhnl. Schrift bei einmaliger Ein­rückung S bei mehrmaliger je 6 ^s. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1895.

Bestellungen

auf den

LÄr IV.

nimmt jede Postanstalt und die Postboten entgegen.

Amtliches.

Nagold.

Erlaß, betr. die Unterstützung von Familien der M Frirdensüdnngen einbrrnfrnen Mannschaften.

Unter Hinweisung auf die bestehenden Vorschriften (M.-A.-Bl. 1892 S. 205, 1894 S. 237 und 339, 1895 S. 95) werden die Ortsvorsteher beauftragt, etwaige Anmeldungen von Unterstützungs-Ansprüchen ungesäumt zur Zahlungsanweisung vorzulegen und die Gemeindepfiegen zur sofortigen Einsendung der Empfangsbescheinigungen über die vorschußweise für Rechnung des Lieferungs-Verbands gezahlten Fami- lien-Unterstützungen behufs Bewirkung des Ersatzes zu veranlassen.

Bei Vorlage der Anmeldungen bezw. Empfangs­bescheinigungen ist insbesondere darauf zu achten, daß die Civilstellung (Stand oder Beruf) der Ein­berufenen, der Geburts-Familienname der Ehefrauen, sowie der Geburtstag etwaiger Kinder in den For­mularen enthalten ist.

Den 5. Oktober 1895.

K. Oberamt. Schöller, A.-V.

Gestorben: Johanna Mast, geb. Schaible, Schern­bach.

Hages-Weuigkeiten.

Deutsches Reich.

Nagold, 4. Okt. Von Seiten der Sozialdemo­kraten wurde nach demVorwärts"Genosse" P. Benz als Kandidat aufgestellt. Die Volkspartei werde, berichtet derVorwärts", den früheren Kan­didaten, Bauunternehmer Cleß-Stuttgart aufstellen. Seitens der Nationalgesinnten fand letzten Sonntag in Calw eine allseitig beschickte Vertrauensmänner­versammlung statt.

* Nagold, 7. Okt. Der Bericht über die Schluß­probe der freiwilligen Feuerwehr folgt in nächster Nummer.

Reutlingen, 5. Okt. Die landwirtschaft­liche Winterschule Reutlingen beginnt im näch­sten Monat ihren 26. Kursus, welcher bis Ende März oder Anfang April dauert. Diese Schule ist zur theoretischen und praktischen Ausbildung angehender Landwirte vorzüglich geeignet und es verdanken ihr viele hervorragende Männer ihre Lebensstellung. Der Lehrplan ist auf zwei Winter berechnet; doch bietet auch schon der I. Kursus ein abgerundetes Ganzes. Anmeldungen nimmt jetzt schon der Vorstand dieser Anstalt entgegen, von welchem auch die das Nähere enthaltenden Prospekte bezogen werden können.

Stuttgart, 4. Okt. Die gestern im evangel. Vereinshaus abgehaltene Versammlung des Volks­schulvereins war sehr zahlreich, auch von vielen Geist­lichen aus den evangel. Landesteilen besucht. Auf der Tagesordnung stand die Frage:Wie hat sich der Fortbildungsunterricht auf Grund des gegebenen Lehrplans zu gestalten? Als Aufgabe der allgemeinen

Fortbildungsschule wurde bezeichnet: uf die in der Volksschule erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhallen, zu befestigen und zu vertiefen; d) den Schülern einen neuen Stoff des für das praktische Leben notwendigen Könnens und Wissens zuzuführen. In Bezug auf die Erhaltung und Befestigung der in der Volksschule erworbenen Kenntnisse wird vor dem das alte Geleise wieder betretenden einfachen Repetieren gewarnt und bei der Zuführung neuer Stoffe mit Rücksicht auf die engbegrenzte Unterrichts­zeit eine doppelte Beschränkung als notwendig be­zeichnet. Ueber die Frage, inwieweit man sich an den am 19. April d. I. ausgegebenen Lehrplan für die Fortbildungsschulen zu halten habe, entspann sich eine sehr lebhafte Debatte. Bezüglich des Religions­unterrichts war die Mehrheit dafür, ihn in halben Stunden zu erteilen. Weiter wurde auch besonders darauf Wert gelegt, daß die Fortbildungsschüler über das Wichtigste aus dem Post- und Eisenbahnverkehr l instruiert werden, und es ist zu diesem Behufs eine Sammlung von Verkehrs- und Geschäftsformularien von den Herren Barth und Seitter-Stuttgart zu-! sammengestellt worden. (Vorrätig in der G. W. Zaiser- ! scheu Buchhdlg.) Was den Geschichtsunterricht ! anbelangt, so wurde auf dessen deutsch-nationalen ^ Charakter besonderer Nachdruck gelegt. Die Mehr­heit war dafür, daß der Geschichtsunterricht bei Lud-' wig XIV beginnen müsse und von dessen Raubzügen auf die Ereignisse von 1870/ 71 hinübergeleitet werde. Was die sog. Bürgerkunde (Kenntnis der Gesetze) anbetrifft, so wurde als wichtig bezeichnet, daß in unserer sozialistischen Zeit die Jugend über die Ar­beiterschutzgesetze aufgeklärt werde. Zum Schluß kam es noch zu recht lebhaften Debatten über die Frage, ob man ein neues Lesebuch für die Fortbildungs­schulen nötig habe oder nicht. Einige Redner waren gegen denBuchdrill", die Mehrheit dagegen glaubte eines Lesebuches nicht entraten zu können, wie denn die Vorbereitungen für die Herausgabe eines solchen bereits im Gange sind. Die Ansicht, die Heraus­gabe sei verfrüht, fand nur wenig Anhänger. Eine Anzahl weiterer Thesen zu dem Lehrplan der Fort­bildungsschulen, welche der Referent noch aufgestellt hat, konnte wegen der vorgerückten Zeit nicht mehr besprochen werden.

Stuttgart, 4. Okt. Infolge der Beförderung des Führers der württ. Zentrumspartei, des Hrn. Gröber, zum Landgerichtsrat, steht eine Neuwahl zum Landtag im Oberamt Riedlingen pnd eine solche für den Reichstag im 15. württ. Wahlkreis bevor. An der Wiederwahl Gröbers ist in beiden Fällen nicht zu zweifeln. Gröber gehört bekanntlich der Kom­mission für die Vorbereitung der Steuergesetze an. Mit der Erledigung des 15. Wahlkreises sind jetzt im ganzen 3 Reichstagsmandate (auch für den 7. und 12. Wahlkreis) vakant.

Stuttgart. 4. Okt. (Adressierung von Postsendungen und Telegrammen nach Stuttgart.) Die Postbehörde macht wieder, wie dies von Zeit zu Zeit nötig ist, auf genaue Angaben von Adresse und Wohnung aufmerksam und hebt diesmal besonders hervor, daß es bei Sendungen an Han­delsgeschäfte, insbesondere an solche Firmen, welche mit Privatpersonen am Ort ihrer Niederlassung denselben Na­men führen, zur besseren Unterscheidung der Empfänger besonders dienlich sein würde, wenn in der Aufschrift an­statt der Bezeichnung Herrn die BezeichnungAn die Firma" angewendet würde. Die nähere Bezeichnung, ins­besondere die Angabe der Straße und Hausnummer, sollte aber auch, wie dies im Verkehr mit anderen großen Städten schon längst der Fall ist, auf Sendungen für diejenigen Stuttgarter Firmen nicht fehlen, bei welchen die erwähnten Verhältnisse dermalen nicht zutreffen.

München, 3. Okt. Auf der T.-O. steht die Besprechung der Anfrage betr. die Fuchsmühler

Vorgänge. Abg. Wagner (lib.) betonte, daß die Hauptursache der traurigen Vorgänge die Einwohner Fuchsmühls selbst seien; die zweite Ursache liege in dem unsinnigen Verhalten des Lehensherrn. Die Maßnahmen des Bezirksamtmanns erscheinen in einem milderen Lichte. Die Antwort der Staatsregierung, des Ministers des Innern, sei mager ausgefallen. Abg. Frhr. v. Bauer greift den Freiherrn v. Zoller an. Der Kammerpräsident rügt die Beleidigung des Abwesenden. Abg. Ratzinger tadelt den Forma­lismus der Rechtsprechung und die Herrschaft der Plutokratie. Nach Fuchsmühl sei kein Kommissär entsendet worden, als es sich dagegen um einen ame- rikanschen Juden (Fall Stern).handelte, sei der Re­gierungspräsident zum Vermittler bestimmt worden. Abg. Grillenberger tadelt im weiteren Verlauf seiner Rede die Vorenthaltung des Rechtholzes durch Frh. v. Zoller. Er bekritelt die Regierungsrücksichten und verlangt gleichwie Abg. Wagner die Beseitigung der Lehensgüter und eine Aenderung in den Vorschriften über die Inanspruchnahme des Militärs. Der Red­ner kündet zum Schluß ein Tadelsvotum an.

Aus Metz kommt eine befremdliche Meldung: Der dortige Gemeinderat hat beschlossen, bei der Regierung eine Vermehrung des französischen Unter­richts in den Volksschulen zu beantragen. Wenn dieser Beschluß aus der Erwägung hervorgegangen sein sollte, daß zur Zeit die lothringischen Kinder, wie der bekannte Dr. Haas behauptet, weder deutsch noch französisch lernen, so wäre, die Richtigkeit dieser Behauptung vorausgesetzt, eine Aenderung im Lehr­plane der Metzer Volksschulen nur in der Art zu empfehlen, daß das Deutsche noch mehr zum Mittel­punkt des Schulunterrichts gemacht und der franzö­sische Unterricht noch weiter eingeschränkt wird, nicht aber umgekehrt, wie dies der Metzer Gemeinderat sonderbarer Weise will.

Köln, 4. Okt. Der Petersburger Korrespon­dent derKöln. Ztg." meldet, das Geschenk des Kaisers Wilhelm an den Zaren bestehe in einem vom Kaiser entworfenen allegorischen Bilde, die europäischen Kulturmächte bedrängt von der gelben Rasse darstellend. Weiter wird ge­meldet, Wittes Stellung sei durch den gänzlich miß­glückten Anleiheversuch ihatsächlich erschüttert. Dessen Abschiedsgesuch werde indessen bestritten mit dem Hinzufügen, die Verlegenheiten Wittes seien vorläufig noch nicht so groß. Einstweilen stehe er noch fest.

In der bekannten Landesverrats-Angelegen­heit sind, wie mehrfach gemeldet wird, in Köln weitere Verhaftungen erfolgt. In der Untersuchung, die sehr diskret betrieben wird, war dieser Tage auch ein höherer Offizier aus dem Kriegsministerium thätig.

Das Mitglied des deutschen Kolonialrats Kom­merzienrat Langen in Köln ist infolge eines Herz­krampfes gestorben. Eugen Langen, der ein Alter von 62 Jahren erreicht hat, hatte sich zu einem der ersten Industriellen nicht nur seiner heimatlichen Provinz, sondern des ganzen Reichs emporgeschwungen. Auch an der Spitze der kolonialen Bewegung hat er Ersprießliches geleistet. Kommerzienrat Langen war der Schwiegervater des Gouverneurs o. Wißmann.

Es wird in der Presse aufs neue hervorgehoben, daß sich der Reichskanzler für eine Abänderung des preuß. Vereinsgesetzes nach dem bayerischen Vorbilde ausgesprochen habe. Der Besuch in Bayern wird mit dieser angeblichen Thatsache in Verbindung gebracht. Es heißt, der Fürst habe diesbezügliche Unterredungen mit den zuständigen Persönlichkeiten in München gepflogen. Ueber Vermutungen sind diese Angaben noch nicht hinausgediehen.