62. Jahrgang.
Yro. 55.
Amts- unll Intekkigenzbkatt für äen Kezir^.
Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.
im Die EinrückungSgebühr beträgt S H p. Zeile Bezirk, sonst 12 H.
Donnerstag, äen 12. Mai 188?.
Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, dmch
die Post bezogen im Bezirk 2 30 4^, sonst in
ganz Württemberg 2 70 H.
Amtliche WekcmntmcrcHrmgen.
10) Mittheilung des Ergebttiffes der Abhör der Amtspflegerechnung pr. 1885/86.
Calw.
Amtsversammlung.
Am Montag, den 16. d. M., Bormittags 8 Uhr,
findet eine Sitzung der
Amtsverfctmmkung
auf hiesigem Rathhaus statt, bei welcher nach dem bestehenden Turnus die Gemeinden Calw, Agenbach, Aichhalden, Althengstett, Bergorte, Dachtel, Deckenpfronn, Dennjächt, Gechingen, Hirsau, Liebelsberg, Liebenzell, Monakam, Möttlingen, Oberkollbach, Ostelsheim, Ottenbronn, Schmieh, Simmozheim, Speßhardt, Stammheim, Unterhaugstett, Würzbach, Zwerenberg und zwar Calw mit 6 Stimmen, Stawmheim mit 2 Stimmen, die übrigen Gemeinden mit je 1 Stimme stimmberechtigt sind.
Die Octsvorsteher der nicht stimmberechtigten Gemeinden sind eingeladen, der Amtsversammlung mit berathender Stimme anzuwohnen. Gegenstände der Berathung sind:
1) Durchführung der Krankenversicherung land- und forstwirthschastlicher Arbeiter.
2) Verwilligung eines Beitrags
s. zur Einrichtung eines Postwagenkurses zwischen Teinach (Ort) und Neuweiler.
d. sür die Arbeiterkolonie auf dem Dornahof.
o. zu den Kosten der Anschaffung einer neuen Fahrfeuerspritze in Neuweiler.
3) Feststellung eines Plans für die freiwilligen und polizeilichen Visitationen der Maße, Gewichte und Waagen.
4) Feststellung eines Maßstabs für die Belohnungen der Gemeindebeamten iür Einquartierungsgeschäfte.
5) Mittheilung der von der Landarmenkonimission seit der letzten Amtsversammlung gefaßten Beschlüsse.
6) Rechnungsergebnisse der Oberamtspflege pr. 1. Okt. 1886 und 1. April 1887.
7) Feststellung der Amtsvergleichungstoxen pr. 1887/88.
8) Dekretur der Amtsvergleichungskosten pr. 1886/87.
9) Berathung des Amtskörperschaftsetats und der Amtskörperschafts« Umlage pr. 1887/88.
11) Wahlen und zwar:
». des Amtsoersammlungsausschufles (H 83 Verw.>Ed.) li. der Landarmenkommission (Art. 16 des Ges. vom 17. April 1873). o. der Oberamtswahlkommission (Art. 18 ck des Ges. vom 16. Juni 1882 und § 25 der Min.-Verf. vom 6. Nov. 1882). ä. der Kommission für Vertheilung der Quartierlast (S 7 des Ges.
vom 20. Juni 1868 (Reg.-Bl. von 1875 S. 212). e. des Ausschusses zur Auswahl der Schöffen und Geschworenen nach § 40 und 87 des GerichtsverfaffungSgesetzes und Art. 20 des Ges. vom 24. Jan. 1879 (Reg.-Bl. S. 7). k. der Sachverständigen sür Abschätzung des bei Truppenübungen entstehenden Flurschadens.
eines Taxators der Pferdeaushebungskommission und eines Sachverständigen für Kriegsleiflungsabschätzungen.
12) Sonstige Gegenstände untergeordneter Bedeutung.
Die Ortsvorsteher von Calw und Stammheim werden aufgefordert, rechtzeitig für die Erwählung dx4 Amtsversammlungsdeputirten pr. 1887/88 Sorge zu tragen und das Ergebnjß der Wahl hierher anzuzeigen.
Den 9. Har'1887. x" K. Oberamt.
! F l a x l a n d.
Haitische Wcrchvichten.
Deutsches Reich.
Berlin, 7. Mai. Der Kaiser und Fürst Bismarck treffen zur Grundsteinlegung des Nordostseekanals am 5. Juni, abends, in Kiel ein.
Berlin, 10. Mai. Die „Kreuzztg." hält für sicher, daß der Kaiser sich nach Ems begeben werde. Dagegen sollen die Aerzte der Ansicht sein, daß die hohe Lage von Gastein dem Kaiser nicht mehr so zuträglich sein könnte, wie in früheren Jahren. Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen.
Frankfurt a. M., 8. Mai. Nach dem hiesigen Generalanzeiger soll dis Untersuchung wegen des Dynamit-Attentats auf den Clesernhof und die Ermordung des Polizeirats Rumpfs wieder ausgenommen sein. Der Meist« gravierte soll ein Schneider mit Namen Piorkowsky sein. Verhaftungen seien mehrere vorgenommen.
IeuiL' Leton. «N-chdr»- ».-bot-«..
Irr sILZIs.
Novelle von Wokfgang Brachvogel.
(Fortsetzung.)
„Unhöflichkeit?" fragte sie nicht ohne Bitterkeit, dann lächelte sie und sagte leise: „Ihr mögt Recht haben, obwohl es mir immer war, als verdiente Eure Haltung einen anderen Namen."
Holger errötete unter ihrem Blick und Herr Giedde nickte lächelnd mit dem Kopfe, es gefiel ihm, daß sein Töchterchen dem Junker die Wahrheit wenigstens andeutete.
„Lebt wohl, Herr Jägermeister."
„Willst Du schon gehen?" fragte Herr Giedde, während sich Holger nach seinem Hut umschaute.
„Ja, ich habe heute gar keine Zeit und bin so schon zu lange geblieben, die Tante hat Herrn und Frau Sternfeld.zur Tafel, und ich habe versprochen, Leonoren noch ein wenig bei der Zubereitung zur Hand zu gehen; Ihr wißt, die Stadtfräuleins sind nicht sonderlich geschickt in der Wirtschaft."
Holger hatte, als er den Besuch zu machen sich entschloß, wohl eine Begegnung mit Ebba gefürchtet, aber doch immer noch die Hoffnung gehegt, ihr ausweichen zu können.
„Würdet Ihr mir gestatten, Euch zu geleiten, Fräulein?" fragte er jetzt, nach seinem Hute greifend.
Ebba zuckte bei der förmlichen Anrede zusammen, und doch — wie sollte er ihr anders gegenübertreten? wäre es unter den obwaltenden Umständen nicht eine Entweihung gewesen, auch nur durch die geringste Vertraulichkeit an die alten Zeiten zu erinnern? Trotzdem aber hatte sie das Wort „Fräulein" sehr geschmerzt.
„Wenn es Euch keine große Mühe macht, Herr Wind, so nehme ich Euren Schutz gern an", sagte sie nach einigem Zögern. „Ihr müßt nur gestatten, daß ich mich zurüste."
Die äußerliche Ruhe unck Gleichgültigkeit Ebba's that ihm sehr wohl, obwohl sie seine Eitelkeit ein wenig kränkte, und befähigte ihn, ebenso ruhig zu erscheinen, trotzdem ihm das Herz gewaltig unter dem neuen grünen Koller pochte.
Als Ebba hinausgegangen war, um sich ihren Hut und Pelz zu holen, sagte Herr Giedde, indem er dem Junker freundlich auf die Schulter klopfte:
„Nun laßt nicht wieder so lange auf Euch warten — ha, da fällt mir ein daß. ich übermorgen den alten Herrn Guldstern zur Tafel habe; wenn es Euch genehm ist, mit uns zu speisen, so hättet Ihr Gelegenheit, einmal zu bewundern, was für eine tüchtige Hausfrau und liebenswürdige Wirtin mein Fräulein geworden ist."
Holger wagte nicht, die Einladung seines neuen Vorgesetzten abzulehnen, und während er noch darüber einige Redensarten von großer Ehre und dergleichen machte, trat Ebba wieder ein.
Als sie dann neben einander in den taghellen Schloßhof traten, blieben sie Beide stehen, sahen sich erstaunt an und senkten, wie sich ihre Blicke begegneten, gleichzeitig verlegen die Augen.
„Ihr seid recht verändert, Ebba", sagte Holger endlich, um doch etwas zu sprechen.
„Auch Ihr seid ein Anderer geworden", entgegnete sie wieder gefaßt, doch verschwieg sie ihm, daß sie ihn trotz seiner auffallenden Bläffe und trotz des melancholischen Zuges hübscher fand, als in jenen glücklichen Tagen, wo er neben ihr mit braunen Wangen und ewigem Lachen zu Pferd durch Wald und Haide geflogen.
Sie sprachen dann nur noch einige gleichgiltige Worte über das schlechte und unbequeme Gehen auf dem vom Tauwetter schlüpfrigen Erdboden und über die Nützlichkeit der Portechaisen.
Ebba dachte indessen darüber nach, woher wohl der schwermütige Zug in Holger's Gesicht stammte, und der Jägermeister stellte, indem er von Zeit zu Zeit einen verstohlenen Blick auf das schöne blonde Wesen an seiner Seite warf, Vergleiche an zwischen dem Letzteren und der königlichen blendenden Gräfin Penz. Dabei