tagsabgeordneten v. Gültlingen aus Stuttgart zugegangener „Blitzbrief" hervor: „Im Geiste bin ich mitten in der reichstreuen Nagolder Festversammlung und stimme aus ganzem Herzen in patriotischem Mit- aesühl ein in das'Hoch aus unsern Bismarck." Nach einem Chor des Sängerkranzes unter Oberlehrer Griesinger'sLeitung: „UnsereLosung" v. Wilhelm rrug Frau Prof. Wetzel folgenden von ihr selbst verfaßten sinnigen Frauengruß an Bismarck vor:
Heil Bismarck Dir! Es grüßen Dich die
Frauen,
An Deinem 80jähr'gen Ehrentag!
Die deutschen Frauen, die voll Ehrfurcht schauen. Empor zu Dir, dem Mann von echtem Schlag! Der, uns des Reiches Herrlichkeit errungen,
Ein Fels stand in bewegter Zeit,
Den Erbfeind Deutschlands kühn bezwungen. Errungen uns des Reiches Einigkeit!
Heil Bismarck Dir! Es grüßen Dich die
Frauen,
Es grüßt Dich Eine heut aus stillem Geisterreich. Drob wird Dir aus dem Aug' die Thräne tauen. Und unser Herz ist drob von Mitleid weich. Getrost! Ihr werdet einst Euch wiederfinden Im ewgen Licht in Gottes Freudenreich!
Da wird sie ihren Herren dann empfangen.
Mil heil'ger Lieb' und freudigem Verlangen!
Heil Bismarck Dir! Es grüßen Dich die
Frauen.
Im stillen sind sie eine starke Macht.
Wie oft, wo Männer niederreißen, — bauen In ihrer Milde sie und — Friede lacht!
Wenn Männer zagen, glauben sie und mahnen: ..Verzaget nicht, noch lebt der alte Gott!" —
Und in der Not durchzieht ihr Herz ein Ahnen Von bess'rer Zeiten, fernem Morgenrot!
Heil Bismarck Dir! Es grüßen Dich die
Frauen,
Mit ihnen ist die Zukunft Dein!
;ie lehren ihre Kinder schauen
Fest auf Dich hin, den Mann von Stein.
So sollen unsre Söhne stehen Fest, unbewegt im Lebensstreit,
Auf Gott gebaut, auf ihn nur sehen.
Niemand sonst fürchten weit und breit!
Heil Bismarck Dir! Es grüßen Dich die
Frauen,
Auch nns're Töchter grüßen freudig Dich!
Sie sollen auch am Vaterlande bauen,
Daheim im stillen sittiglich.
Sie sollen Freud' und Lieb' verbreiten.
Arbeitsam, treu im Kleinen sein.
Hilfreich in Not, duldend im Leiden, lind betend still im Kämmerlein.
Heil Bismarck Dir! Es grüßen Dich die
Frauen.
Du hast ihr Herz und mit ihm eine Macht.
Drum darf vor Deutschlands Zukunft Dir nicht grauen. Wenn auch das Jetzt nicht immer lacht.
Und wenn Dich Männer schmähen und begeifern Und Dir verweigern ihres Dankes Zoll,
So wollen wir im stillen sä'n — und eifern Für Deinen Ruhm, das Herz von Dank so voll! Heil Bismarck Dir! Es grüßen Dich die
Frauen.
Trotz Deiner Feinde Hohn, sei glücklich heut!
Was Du gethan den deutschen Gauen,
Was Du erstrebt — gab Dir die Zeit!
Und spätere Geschlechter werden's künden lind die Geschichte wird es künden laut:
Heil Bismarck Dir! Gott laß Dich finden Den Lohn für das, was Du gebaut!
Einem Chor der Seminaristen: Steh fest, du deutscher Eichenwald . ., von Jsemann folgte der Königstoast von Stadtschultheiß Br od deck: Trotz der Abstimmung der Mehrzahl unserer Reichsboten :offen wir uns die Stimmung dock nicht verderben; das deutsche Volk steht in diesem Fall seiner Mehrzahl nach nicht hinter jenem Beschluß. Auch unser König hat sich offen und freimütig auf Bismarcks Seite gestellt. Wie er treu zu Kaiser und Reich !,ält, so halten wir „furchtlos und treu" zu ihm. Bei uns soll es heißen: „Hie gut Württemberg all- weg!" Unser König Wilhelm II. lebe hoch! Hierauf allgemeiner Gesang: Preisend mit viel schönen Reden. Nunmehr folgte ein Chor des Sängerkranzes! „Germania" von Möhring und sodann ein von Oberlehrer Köbele verfaßtes und vorgetragenes Gedicht:
Der alte Herr im Sachsenwald Jetzt außer Dienst nun zwar;
Doch war in frühern Zeiten er Ein Tausendkünstler gar.
Er ist ein guter Grobschmied:
Er schmiedet', wenn es warm.
Und klopft' auf seinem Ambos Den Feind mit starkem Arm.
Geschickt ist er als Schlosser:
Er öffnet sich die Thür Zu seiner Deutschen Herzen,
Schiebt Feinden Riegel für.
Fürst Bismarck ist ein Weber:
Am Webestuhl der Zeit Wob er mit rotem Einschlag Des Reiches Einigkeit.
Ein Maurermeister ist er auch:
Er fügte Stein um Stein Bein, Bau von Deutschlands Größe Ins Fundament hinein.
Dann ist er auch ein Zimmermann:
Er brachte allgemach Den Bau des deutschen Reiches Wohl unter Dach und Fach.
Ein guter Maler ist er wohl.
Wie ist) erkundet Hab':
Dem Deutschen Reich nach außen Er guten Anstrich gab.
Und Tapezierer nenn' ich ihn.
Weil er, wie sich's gebührt.
Des Reiches Bau von innen Gar sauber ausstaffiert.
Buchbinder ist er auch dabei:
Er brachte fein gewandt Die deutschen Staaten allesamt In einen starken Band.
Sollt' er nicht auch eiu Tischler sein.
Er hobelt flink' und frisch;
Nun sitzen wir im eig'nen Haus An einem großen Tisch.
Wir kennen ihn noch außerdem Als wackern Musikus;
Denn alle Noten, die er schrieb.
Die hatten guten Fluß.
Und alles, was er komponiert.
Spielt' man auf sein Geheiß;
Wie mancher hat, gern oder nicht.
Getanzt nach seiner Weis'!
Als Schulmann wohl am besten Mir unser Fürst gefällt:
Er hat mit Deutschland rechnen Gelehrt die ganze Welt.
Daß Deutschland laut Zu sprechen Und groß zu schreiben sei.
Ist Kaiser Wilhelms, Moltke's Und sein Verdienst dabei.
Ein Börsenmann nicht minder Ist er: mit Schick und Kraft Hat er der Länder Werte Gar völlig umgeschafft.
Deutschlands Kredite stiegen Durch ihn und Gottes Huld,
Und wenn es heute anders.
So ist's nicht seine Schuld.
Und endlich noch zum Schluffe Das beste um und an:
Fürst Bismarck ist uns Vorbild Als echter, deutscher Mann.
Der Schluß dieses Gedichtes wurde bekräftigt durch einen Chor des Liederkranzes: „Wer ist ein deutscher Manu?" von Schneider. Es folgte nun der Vaterlandstoast von Stadtpfarrer Di et er le: Daß wir „Deutschland, Deutschland über alles" mit vollem Recht singen dürfen, verdanken wir Bismarck. Wir lesen und studieren Geschichte; er hat Geschichte gemacht. Keine Zeit der alten Geschichte kann sich messen mit Bismarcks Zeit; denn er hat uns ein geeinigtes deutsches Vaterland gebracht, wohlgegliedert in den Einzelstaaten, wohlgeordnet im Innern. Daß Bismarck diese Gedanken von Anfang an im Auge iiehielt und in Wirklichkeit übersetzte, das ist sein Verdienst, und wenn wir alle die Kämpfe, die es ihn kostete, in Betracht ziehen, so wächst der Mann ins Riesengroße. Er hat auch praktisches Christentum getrieben, die soziale Gesetzgebung in die Wege geleitet, den Grundsatz ausgestellt: Dem armen Mann muß geholfen werden! Er hat erkannt, daß der Partikularismus wohl des Reiches Schwäche, aber auch zugleich seine Blüte ist, die wir nicht durch
Zentralisierung zerstören dürfen. Wir wollen gute Deutsche sein, aber auch gute Württemberger bleiben, die ihre Stammeseigentümlichkeit bewahren und fest- halten. Wir wollen umgekehrt gute Württemberger, aber auch gute Deutsche sein und bleiben. Möge besonders Nagold, das von jeher eine Leuchte der deutschen Vaterlandsliebe gewesen ist, eine Pflegestätte derselben bleiben. Wir wollen fest und unerschütterlich stehen wie die Tannen, die der Sturm des Winters nicht zerbrechen konnte. Gott erhalte, schirme, segne und lasse blühen und gedeihen unser liebes, deutsches Vaterland! Allgemeiner Gesang: Deutschland, Deutschland über alles . . und Chor aller Vereine: Nimm deine schönsten Melodien .. von Abt. Nach einer Deklamation eines Seminaristen: Heil, Bismarck, dir . . und der launig gehaltenen eines andern über Bismarcks 3 Haare bezw. seinen kahlen Vorderschädel erfolgte noch eine Ansprache von Oberl. Schwarzmaier. Er begrüßt es, daß auch die Jugend an dieser Kundgebung teilnimmt und so sich begeistert für alles Hohe und Große, was Bismarck geschaffen hat. Urwüchsig thatkrästig und treu wie Bismarck, das muß das Ideal der Jugend sein. Wenn durch einseitige Jnteressen- kämpfe die Einheit bedroht wird, wenn große Parteien unsern nationalen Helden bekritteln, so lenke sich sein Blick auf die Zukunft, auf unsre Jugend. In sie muß der nationale Gedanke hineingelegt, sie muß zu Gemeinsinn, Opferwilligkeit, Hingebung, politischer Mündigkeit, Unterordnung unter die Gesetze und zur Gottesfurcht erzogen werden; das ist eine Lebensfrage für Volk und Reich. So werden wir dann im Glück nicht übermütig, im Unglück nicht verzagt und hoffnungslos sein. Zur Erreichung dieses Zieles können 3 Faktoren Mitarbeiten: das Haus, die Schule und das Militär auf der Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht. Dazu sind nationale Feste wie das heutige Saat- und Befruchtungszeiten, welche für das Leben unverlöschlichen Eindruck hinterlassen. Die deutsche Jugend lebe hoch! Allgemeiner Gesang: Es braust ein Ruf . . Es folgen nun noch ein Chor aller Vereine: Der treue Kamerad von Attenhofer, ein Chor des Liederkranzes: Lützow's Jagd von Weber, ein Chor des Sängerkranzes: Mein Herz, thu dich auf . . von Seidel und ein Chor der Seminaristen aus den niederländischen Volksliedern von Kremser: Glücklich ist, wer zu sterben weiß für das teure Vaterland., Hieraus dankt der Vorsitzende, Professor Wetzel, dem Festredner Dr. Brüg l und den Vereinen, die so schön zusammenwirkten — ein Bud der Einzelstaaten: getrennt marschieren m d vereinigt schlagen — den Festteilnehmern aus allen Ständen, und mit dem Wunsch, daß es niemals dahin kommen möge, daß wir einander nicht mehr verstehen in der Liebe zum gemeinsamen Vaterlande, trinkt er auf das Wohl der Versammlung. Rektor Brügel dankt allen, die die Turnhalle so künstlerisch geschmackvoll ausgeschmückt haben, und bringt insbesondere den Herren Finckh und Schirmer sein Hoch. Möge nun diese so schön und harmonisch verlaufene Feier reiche Spuren des Segens in allen Teilnehmern zurücklassen!
Nagold. (Eingesandt.) Die jüngst erschienenen, Mitteilungen über den Erfand der Prüfungen in den hieß Latein- und Realschulen haben bei verschiedenen Lesern des „Gesellschafters" Kopfschütteln erregt. So gerne wir einen friedlichen Wettstreit unter den Schulen sehen, so entschieden muß das „an die Glocke hängen" der Zeugnisse verdammt werden, und dies um so mehr, als — wie aus der Abfassung der betr. Artikel ersichtlich ist — hier die Saclp ins Persönliche getrieben wird. Wir sind der Ansicht, daß es vollauf genügt, wenn die Prüfungsresultate den städtischen Schulkommissionen mitgeteilt werden. Im übrigen stimmen wir mit der in letzter Zeit ausgesprochenen Ansicht überein, „daß diejenigen hiesigen Schulen, von denen am wenigsten gesprochen und geschrieben wird, verhältnismäßig am meisten (leisten)." (Wir möchten für unsern Teil die Bemerkung machen, daß Mitteilungen über den Erfund der Prüfung einer Schule überall gebracht werden. Die Red.)
—t. Altensteig, 2. April. Der 80. Geburtstag des Fürsten Bismarck wurde auch hier in würdiger Weise begangen. Vor sehr vielen Gebäuden wehten deutsche Flaggen. Abends um '/ 2 ? Uhr ertönten Böllersalven; die städtische Kapelle spielte auf dem Marktplatz, wo sich bald eine große Menschenzahl ansammelte. Das Festbankett fand im Gasthaus zur Linde statt. Die weiten Räumlichkeiten,