gisches Eintreten notwendig, wolle man nicht eine andere Regierung erhalten. In Bezug aus die Um­sturzvorlage hielt die Versammlung die Verschärfung der Strafbestimmungen, welche die Aufforderung zu Verbrechen, dis Verherrlichung von Verbrechen und die Untergrabung der Heeresdisziplin enthalten, für geboten, sprach sich aber gegen die ßH 130 und 131 aus, deren Annahme die Nationalliberalen veran­

lassen müssen, gegen das Ersetz überhaupt zu stim­men. Für diesen Antrag trat der Reichstagsabg Bassermann besonders ein. In den engeren Aus­schuß der Partei wurden die HH. Eckard-Mannheim, Lamey-Mannheim, Kiefer-Freiburg, Fieser-Karlsruhe ivieder- und Geh. Hofrat Prof. Dr. Meyer-Heidel­berg neugewählt. Weiter wurden dem engeren Aus­schuß die HH. Gönner-Baden, Wilckens-Heidelberg und Klein-Wertheim kooptiert. An den Fürsten Bismarck wurde ein Begrüßungstelegramm gerichtet. Es ist beabsichtigt, dem Fürsten Bismarck, wie Herr Fieser mitteilte, auf dem Feldberg ein Denkmal zu errichten.

Durlach, 11. März. In dem benachbarten Ersingen fand gestern nachmittag eine von den Bür­gern verschiedener katholischer Gemeinden massenhaft besuchte Versammlung statt, in welcher unter stür­mischem Beifall die Abschaffung des lateinischen Kir­chengesanges und die Einführung eines deutschen Ge­sangbuches verlangt wurde. Beschlossen wurde, eine diesbezügliche Petition an den Landesbischof in Frei­burg zu richten und im Falle der Erfolglosigkeit derselben den Kirchenbesuch zu unterlassen. Auf den Ausgang dieser Angelegenheit, die nicht verfehlen wird, in den beteiligten Kreisen und darüber hinaus Auf­sehen zu erregen, darf man gespannt sein.

Leipzig, 11. März. Den hiesigenNeuesten Nachrichten" wird von zuverlässiger Seite gemeldet, der Kaiser beabsichtige am 1. April mit den Kaiser­lichen Prinzen, den Ministern und den Mitgliedern des Bundesrates nach Friedrichsruh zu reisen, um dort den Fürsten Bismarck zu seinem 80. Geburtstag zu beglückwünschen. Von anderer Seite wird demselben Blatt, allerdings unter Reserve gemeldet, der Kaiser beabsichtigte zu jenem Tage die Erhebung Bismarcks in den erblichen Fürstenstand, dergestalt, daß schon bei Lebzeiten Bismarcks der Fürstentitel von den Söhnen geführt werde.

Oldenburg i. Gr., 7. März. Verehrer des Fürsten Bismarck in Oldenburg haben beschlossen, ihm als Geburtstagsgeschenk einen kunstgeschmiedeten Eichenkranz mit silbernen Eicheln, ein wahres Kunst­werk, zu überreichen, während die Landwirte des Großherzogtums zwei prächtige Zuchtstuten als Ge­burtstagsgabe darbringen werden. Hier und fast allerorten wird der Geburtstag durch Kommerse ge­feiert werden.

Minister v. Köller. DemHannov. Kurier" wird aus Berlin gemeldet: Im Zusammenhangs mit der Entlassung des Grafen Stollberg war auch die Stellung des Ministers des Innern, des Herrn v. Köller ernstlich erschüttert. Die Entscheidung ist in­dessen bis nach der Erledigung der Umsturzvorlage im Reichstag hinausgeschoben worden. Wie der Voss. Ztg." mitgeteilt wird, habe der Kaiser aus den bisherigen Reden und Thaten des Ministers des Innern die Ueberzeugung gewonnen, daß Herr v. Köller seinem Amte in keiner Weise gewachsen sei, und diejenigen Personen das kaiserliche Vertrauen getäuscht haben, die den reichsländischen Unterstaats­sekretär als den denkbar besten Leiter der inneren Verwaltung Preußens empfohlen haben.

Die Berliner städtischen Behörden haben nun definitiv beschlossen, dem Fürsten Bismarck eine Adresse zum ersten April zu überreichen. Eine all­gemeine, centrale Feier unter Teilnahme von Be­hörden u. s. w. ist bisher nicht in Aussicht genommen, wird auch wohl kaum stattfinden, da die einzelnen Kreise in entsprechender Weise die 80. Geburtstags­feier des Altreichskanzlers arrangieren. Vorauszu- fehen ist, daß in Berlin der 1. April verhältnis­mäßig sehr viel weniger begangen wird, als in mancher kleinen Stadt.

Berlin, 9. März. Der Verband der Schneider Deutschlands kündigt eine in diesem Jahre in gro­ßem Maßstabe vorzunehmende Lohnbewegung an. Es soll Verkürzung der Arbeitszeit, Erhöhung der

bestimmten Tage sollen in ganz Deutschland Ver sammlungen abgehalten werden, in welchen Beschlüsse gefaßt werden sollen.

Berlin, 10. März. Heute vormittag fand hier eine Versammlung der in der Lederindustrie be­schäftigten Arbeiter statt, die von etwa 2000 Per­sonen besucht war. Nach dem Referat des Reichs- Lagsabgeordneten Kühn wurde eine Resolution an­genommen, in welcher die in der Lederindustrie be­schäftigten Arbeiter gegen die Einführung eines Que- brachozolls protestieren, weil hiedurch die deutsche Lederindustrie und die mit ihr zusammenhängenden Berufe außerordentlich geschädigt und somit ganze Industriezweige vernichtet würden.

Deutscher Reichstag. (55. Sitzung.) Am Freitag wurden die laufenden Ausgaben der Militär-Verwaltung genehmigt. Dazu lagen noch zwei Resolutionen vor, um welche sich die Debatte hauptsächlich drehte, v. Podbielski (kons.) beantragte die Einstellung von Mitteln, um den Quartierwirten, welche während der Truppenübungen den Mannschaften freiwillig Verpflegung verabfolgen, eine Ver­gütung zu gewähren. Die Kosten werden auf etwa Mill. Mark veranschlagt. Der Kriegsminister und der Reichs­schatzsekretär sind damit einverstanden. Schädler (Zentr.) beantragt, weitere Versuche mit der Verabreichung warmen Abendbrotes an die Soldaten zu machen, und je nach dem Ergebnis diese Einrichtung allgemein einzuführen. Kriegsm. v. Bronsart ist mit diesem Entgegenkommen des Reichs­tages sehr einverstanden. Reichsschatzsek. v. Posadowsky äußert sich im gleichen Sinne, betont aber, die Mittel für die Kosten von etwa 8^, Mill. Mark pro Jahr müßten vorher bereit gestellt werden. Beide Anträge werden zu­nächst zu näherer Prüfung der Budgetkommission überwiesen. (56. Sitzung.) In der heutigen Sitzung wurden die ein­maligen und außerordentlichen Ausgaben des Militäretats erledigt. Die einzelnen Posten wurden meist nach den Vor­schlägen der Budgetkommission angenommen oder abgelehnt, von welcher letzterer im Ganzen etwa 1V Mill. gestrichen sind. Mehrere Titel wurden zur nochmaligen Prüfung an die Kommission retourgewiesen. Bei einer Forderung für Ar­beiterwohnungen zu den Militärwerkstatten in Spandau erklärte der Krtegsuitn. Brvnsurt v. Schellender s, er wolle die politische oder wirtschaftliche Freiheit der Arbeiter nicht beschränken, aber es wäre pflichtvergessen, ausgespro­chene Sozialdemokraten einzustellen, die unter Umständen auf den Befehl dritter die Arbeit einstellen könnten. Abg. Pachnicke (freisin.) und Singer (Soz.) waren anderer Meinung. Bis auf die an die Budgetkommission zurückge­wiesene Posten ist nunmehr der ganze Militäretat erledigt. Montag: Postetat.

Berlin, 11. März. Als Gegengeschenk des

Pascha, welcher gestern von hier abgereist ist, ein Paar prachtvolle Vasen aus der königl. Porzellan- Manusarrur mit nach Konstantinopel.

Berlin, 11. März. DasTageblatt" meldet aus Wien, auf direkte Anfrage in Berlin traf in Abazzia die Antwort ein, daß über einen diesjährigen längeren Aufenthalt des Kaiserpaares in Abazzia noch keine Entschließung vorliege. In Abazzia wird daher auf einen Besuch des deutschen Kaiserpaares nicht gerechnet.

Berlin, 12. März. Der Kaiser eröffnete heute den Staatsrat mit einer Ansprache, worin es heißt: dis andauernde ungünstige Lage der Landwirtschaft mache es der Regierung zur unabweisbaren Pflicht, Mittel und Wege zu suchen, welche geeignet sind, den Ertrag der Bodenbewirtschaftung zu heben und die Gefahren, denen die Landbevölkerung ausgesetzt ist, abzuwenden. Es wird dem Kaiser zur Genug- thuung gereichen, wenn die Vorschläge des Staats­rats eine Gestalt annehmen, welche deren Durch­führbarkeit erkennen läßt, und wenn dessen Beratungen sich auf Ziele richten, welche ohne Verletzung anderer berechtigter Interessen und unter Achtung der Ver­tragsverhältnisse den auf der Landwirtschaft lasten­den Druck thunlichst zu beseitigen geeignet sind.

Berlin, 12. März. Wie dieVoss. Ztg." hört, findet die Verhandlung gegen den Exkanzler Leist vor dem Leipziger Disziplinarhof bald nach Ostern statt. Das Blatt meldet weiter, Zimmerer werde nach Ablauf seines Urlaubs nicht nach Kamerun zurückkehren. Sein Nachfolger sei noch nicht bestimmt.

Berlin, 12. März. Obwohl das Ergebnis des Kriegsgerichts über Herrn v. Kotze bis zur Bestä­tigung durch den Kaiser geheim gehalten wird, so veiß der hiesige Korrespondent derHamburger Nachrichten" bereits zu melden, daß das Urteil auf Freisprechung lautete. Damit tauche die Frage nach oem Schuldigen in der Affaire der anonymen Briefe von Neuem auf.

Oesterreich-Ungarn.

Frankreich.

Paris, 11. März. Die Nachricht, daß der Präsident Faure in Sothonay am 25. März den nach Madagaskar abgehenden Truppen selbst die Fahnen überreichen wird, hat im gaaren Lande den besten Eindruck gemacht. Die Blätter stellen Ver­gleiche an und konstatieren, daß ein solcher Schritt

von Seiten Casimir Periers demselben nur Schmähungen

eingebracht hätte, während die Popularität des jetzigen Präsidenten dadurch bedeutend erhöht werde.

Par i s, 12. März. Ein belgisches Witzblatt, welches eme Karrckatur des deutschen Kaisers in Verbindung mit der Anwesenheit des französischen Geschwaders in Kiel brachte, wurde für ganz Frankreich verboten.

Nancy, 10. März. In Pont St. Vincent nahe der Grenze sind Arbeiterunruhen ausgebrochen. Der Unternehmer des dortigen Forts Gille wurde am Bahnhof, als er aus dem Zug ausstieg, von den Arbeitern am Abfahren mit dem ihm abholenden Gefährt verhindert, Steine und Holzstücke flogen gegen den Wagen, die Gendarmerie brachte ihn mit Mühe und Not in die Mairie. Die Menge schrie: Zum Tod mit ihm! Die Pferde wurden ausgespannt,' der leere Wagen von der Brücke in die Mosel hinab­geworfen. Militär und Gendarmen kamen in eini­gen Stunden und zerstreuten die Menge.

Italien.

Mailand, 11. März. Nach einer Blätter-- meldung übergab der Herzog von Aosta dem König Humbert zwei ihm in Wien, wo er anläßlich der Trauerfeier für Erzherzog Albrecht weilte, übergebene Handschreiben vom östreichischen und deutschen Kaiser, welche angeblich von großer politischer Wichtigkeit sind.

Nizza, 12. März. Der hiesige Polizeidirektor beging in Monte-Carlo, nachdem er daselbst Ver­waltungsgelder verspielt hatte, Selbstmord.

In Ajaccio starb der mexikaniscke Prinz Jtur- bide; das Begräbnis erfolgte" in Venedig, wo der Verstorbene im Winter gewöhnlich zu weilen pflegte. Jturbide war vom Kaiser Max als Sprosse eines alten mexikanischen Kaiserhauses adoptiert worden. Jturbide nahm nach dem Tode des Kaisers Max seinen Aufenthalt in Europa.

England.

London, 11. März. Infolge eines Streiks hat

mitgeteilt, daß am 16. März die Fabriken in der Gegend Northampton geschlossen werden. Dadurch werden 200Ooo Arbeiter brotlos. Me Arbeiter sehen aber der Zukunft ruhig entgegen, da sie sich für unentbehrlich halten. Am Samstag haben bereits 1200 Arbeiter die Arbeit eingestellt.

London, 11. März. Laut Meldung aus Ao- kohama griffen die Japaner die Chinesen bei Zinkow an und siegten nach mehrstündigem Kampfe. Die Chinesen verloren 2000, die Japaner 100 Mann.

Löhne und Beschränkung der Hausindustrie gefordert^' Wien, 11. März. In Hofkreisen verlautet mit werden. Die Lohnbewegung soll c i 6. Mai be- aller Bestimmtheit, daß Kaiser Franz Josef an den ginnen. Der 1. Mai soll noch dc- ideren Anlaß j EriL mgsfeierlichkeiten des Nordostseekanals per­geben, unter den Kollegen zu agiutn . An einem ^ j m teilueh.neu wird.

Newyork, 11. März.World" veröffentlicht ein Telegramm aus Tokio, wonach die chinesische Regierung sich bereit erklärt hat, auf die von Japan gestellten Bedingungen einzugehen und den Friedens­vertrag zu unterzeichnen.

Afrika.

Aokohama, 10. März. Die Japaner besetzten am 9. ds. Mts. die Küstenforts in der Nähe von Mnkow. Gestern früh wurde die 1. Division der 1. japanischen Armee in Ti-en-schang-ta-o von den Chi­nesen in einer Stärke von 10000 Mann angegriffen; der Kampf war heftig und dauerte drei Stunden. Die Chinesen verloren 2000 Tote und Verwundete, die Japaner 36.

Niu-Tschuan, 11. P ärz. Nach der Einnahme von Vingkau sammelten di. Japaner ihre Streitkräfte bei Niu-Tschuan. Es wurde be' Rossen, Thien- Tschuan-Hai zu nehmen, wo der , ..esische General Sung die Ueberbleibsel seiner Armee zusammengezogen hatte. Um 7 Uhr morgens schritt die dritte japa­nische Armee zum Angriff vor. Die Chinesen leiste­ten nur schwachen Widerstand und w ren bereits vor 11 Uhr in vollem Rückzug nach Westen begriffen. Bald verwandelte sich der Rückzug der Chinesen in wilde Flucht. Die chinesischen Streitkräfte beliefen sich auf 11000 Mann, von denen 2000 getötet wurden.

Tokio, 11. März. Die Kaiserin besuchte gestern die verwundeten Japaner und Chinesen in den Hospi­tälern von Hiroshima. Der Mikado hat den General Nodzu zum Feldmarschall ernannt.

Aingkow, 11. März. General Sungs Armee ist vollständig ausgerieben. Die Chinesen steckten