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denen Berichten über andere Konzerte Sjödsns waren vorzügliche Leistungen zu erwarten und wir gestehen, daß uns noch selten ein solch hoher musikalischer Genuß zuteil wurde. Die Harfe ist ein Instrument, aus dem unter kunstfertigen Fingern die Töne heltklingenv, anmutend und gefühlvoll, in ungeahnter Farbenpracht hervorquellen; sie unterscheidet sich von der Zither besonders dadurch, daß bei ihr die Töne nicht so abgerissen erscheinen wie bei letzterer. Wir bewunderten an dem Künstler die eminente Fertigkeit und die ausgezeichnete Technik. Sein Vortrag war vollkommen künstlerisch und wirkte wahrhaft erhebend auf die andächtig lauschenden Zuhörer. Von den von ihm vorgetragenen Piecen sind ein „Walesischer Marsch" (Nachahmung des Herannahens und Abziehens einer Musikkapelle) und die Konzertetude von Godefroio besonders hervorzuheben. Die eingelegten kirchlichen Arien (Sopran- und Altsolo) und ein prächtiger Chor: „Der Herr ist König", wurden recht gut durchgeführt. Zum Gesang sowohl, wie zu Violinen und Orgel bewährte sich dis Harfe als vorzügliches Begleitungsinstrument. — Wie wir soeben erfahren, hat Hr. Sjöden bei dem heute Dienstag abend stattfindenden Freikonzert des Kirchengesangvereins seine Mitwirkung freundlichst zugesagt (s. d. Anzeige in heut. Nr.)
i Calw. Die am letzten Freitag stattgefyudene Generalversammlung des Aktienbads war leider schwach besucht; die Anwesenden waren jedoch einig, daß das einem allgemeinen Bedürfnis entsprechende Bad unter keinen Umständen aufhören dürfe. Da dasselbe wegen des durch 10jährige Benützung schadhaft gewordenen Materials in der seitherigen Form nicht mehr ausgerichket werden kann, wurde beschlossen, es in einfacherer, billigerer und doch vollständig zweckentsprechender Weise neu zu erbauen. Die Kosten betragen etwa 1800 wovon 600 gedeckt sind, den Rest von 1200 hofft man im Vertrauen auf den erprobten opferwilligen Sinn der hiesigen Emwohnerschaft durch Zeichnung von Anteilscheinen ä 5 ^ aufzubringen, welche durch jährliche Verlosungen nach Maßgabe der vorhandenen Mittel zurückbezahlt werden sollen.
* Calw. Die alljährl. im April statlfindende Generalversammlung des Calwer Liederkranzes wurde am Samstag Abend im Vereinslokal im bad. Hof abgehalten. Die Tagesordnung umfaßte 2 Gegenstände: Rechenschaftsbericht und Neuwahl des Vorstands und Gesamtausschusses. Da der bisherige Vorstand, Herr Verwaltungsaktuar Ziegler, dessen Thätigkeit und Bemühungen um die Hebung des Vereins allseitig anerkannt und daher zum Zeichen des Dankes als Ehrenmitglied ernannt wurde, aus Gesundheitsrücksichten eine Wiederwahl entschieden abgelehnt hatte, ließ sich nach längerem Weigern Herr Kollaborator Bäuchle bereit finden, die Vorstandsstelle anzunehmen. Derselbe betonte in seiner Ansprache, daß er nichts anderes erstreben werde, als den Verein in jeder Weise zu fördern und den Frieden zu erhalten, der zum glücklichen Gedeihen des Liederkranzes dringend notwendig sei, damit der Verein als seine Hauptaufgabe die Pflege des Gesangs zur Brldung und Veredlung des Gemüts betrachte und auch im neuen Geschäftsjahr wachse, blühe und gedeihe. Als Vicevorstand wurde wieder Hr. M. Kn ödler, obgleich derselbe eine Wiederwahl nicht annehmen wollte, gewählt. Bei den aktiven Ausschußmitgliedern hatten einige Herren aufs nachdrücklichste gebeten von ihrer Person abzusehen. Es wurden daher gewählt die Herren Ä. Stauden mayer, H. Haag, A. Haager, H. Rau, rn den passiven Ausschuß die Hr. A. Mayer, C. Staelin und Verw.-Akt. Ziegler. Die Versammlung leitete Hr. Bertschinger in trefflicher Weise. Manch schönes Lied und verschiedene Toaste trugen zur gemütlichen Stimmung des Abenos aufs wesentlichste bei.
Calw. Wer in diesein Sommer die Schloßruine Zavelstein besucht, sei darauf aufmerksam gemacht, daß künftig für die Betretung der inneren Räume nichts mehr bezahlt zu werden braucht. Dieselben sind vor kurzer Zeit vom Staate zurückerworben worden. Nur für das Besteigen des Turmes ist dem den Schlüssel zu demselben führenden Pächter des Ruinenareals, Hrn. Lammwirt Nothfuß dort, eine Gebühr zu entrichten, welche für
Erwachsene, sowie für Kinder ohne Begleitung solcher 10 L, für Kinder unter 14 Jahren in Begleitung von Erwachsenen 5 ^ beträgt. Größere Gesellschaften bezahlen nicht über 2. — und Schulkinder in Begleitung von Lehrern nicht mehr als 1 . —. Diese Bestimmungen des K. Kameral- amts Hirsau und Stadtschultheißenamts Zavelstein werden in den Ruinenräumen durch Anschlag bekanntgegeben.
— (Amtliches-.) Im Vollmachtsnamen Seiner Majestät des Königs haben Seine Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm am 29. April d. Js. den Oberamtmann Supper in Maulbronn seinem Ansuchen entsprechend auf das erledigte Oberamt Calw gnädigst versetzt und dem Amtmann Drück von Calw die bei der Regierung für den Schwarzwaldkreis erledigte Expeditorsstelle mit dem Titel eines Sekretärs gnädigst übertragen.
Nagold, 28. April. Mit Bedauern vernahm man hier die Kunde, daß Herr Professor Frohnmeyer am K. Schullehrerseminar seine hiesige Stelle verlassen und als Oberkonsistorialrat nach Stuttgart abgehen werde. Nicht nur verliert das Seminar einen geschätzten Lehrer, auch die ganze hiesige Gemeinde, welcher nicht selten vergönnt war, ihn als trefflichen Kanzelredner zu hören, wird durch den Weggang des ausgezeichneten Mannes schmerzlich berührt. N. Tgbl.
Stuttgart. Aus den K. Anlagen. Die gefiederten Sänger in den K. Anlagen sind jetzt nahezu vollzählig wiedergekehrt; zu den sangesfrohen Amseln, welche bei uns überwintern, haben Drosseln, Schwarzköpfe und andere treffliche „Solisten" sich eingefunden, die durch ihre melodischen Töne aus den neubegrünten Zweigen jedwedes Menschenkind erfreuen. Nur Eine, die vorzüglichste Sängerin fehlt noch — die Nachtigall. Bekanntlich gibt sich seit einigen Jahren der Verein für Vogelfreunde Mühe, diese edlen Sänger wieder jn den K. Anlagen einzubürgern, wo sie infolge des Ausbaus der unteren Neckarstraße, und des gegen früher beträchtlich reduzierten Unterholzes ihren Stammsitz allmählich aufgegeben hatten. Inmitten einer Gehölzgruppe der linken Abteilung der oberen Anlagen hat man seit Jahren eine oben geöffnete eiserne Voliere eingesetzt, welche den sehr zutraulichen unvorsichtigen Nachtigallen Schutz gegen Katzen (die arge Zerstörungen unter der Vogelwelt der Anlagen anrichten) gewähren. Voriges Jahr wurden von einem eingesetzten Pärchen Junge erzielt, die im September wandelten, nur ein Vogel blieb davon zurück, wurde eingefangen und nunmehr seit einigen Tagen als Locker in die Voliere eingesetzt, damit wenn etwa die vorjährige Familie zurückkehrt, sie gleich Gesellschaft in derselben vorfände. In den letzten Jahren kamen die Nachtigallen am 17., beziehungsweise 19. April hierher zurück. Bis jetzt sind sie noch nicht da, auch das Paar noch nicht, das letztes Jahr am Rosenstein sich eingenistet hatte. Der Winter war eben gar zu lang und hart. Gingen doch von den Drosseln, die Anfangs April hierher zurückkamen, 4 Stück in den K. Anlagen zu Grunde, weil sie infolge der mißlichen Wetterverhältnisse ihre Nahrung nicht finden konnten. Vielleicht haben diesmal die Nachtigallen trotz ihrer sprichwörtlichen Unvorsichtigkeit doch recht, wenn sie ungewöhnlich lange ausbleiben!
Cannstatt, 30. April. Die Nachtigallen sind gestern abend hier angekommen und habe» sich heute früh in den Kursaal-Anlagen hören lassen.
Mainz, 28. April. Nachdem erst vor etwa einem Jahre ein hiesiger evangelischer Theologe zum Katholizismus üdergetreten ist, ist im Laufe der vorigen Woche abermals ein seitheriger Studiosus der protestantischen Theologie in einer hiesigen Kapelle zum Katholizismus übergetreten. Fast in demselben Zeitraum, in welchem beive Herren den katholischen Glauben annahmen, sind zwei hiesige Volksschullehrer von der katholischen zur evangelischen Kirche übergetreten.
— Aus Chur berichtet die „N. Z. Z." von einer Benzinexplosion. Jn dem Haus des Malers Färber ist ein Material- und Warenlager, worin sich auch ein Füßchen Benzin befand, das nicht gehörig verschlossen war. Um die Mittagszeit ging ein junges Mädchen in den
Arm gestützt auf das schöne, königliche Weib, dicht in Zobel mit violettem Sammet gehüllt — ihre Hofrobe aus spitzenbesetztem Brokat rauschte in langer glitzernder Schleppe über den hart gefrorenen Erdboden, und sie schaute ihren schönen Kavalier gerade lachend und mit blitzenden Augen an.
Dazu die wundersame doppelte Beleuchtung von den düster brennenden, qualmenden Fackeln und dem stark im Zunehmen begriffenen Monde, der den leichten, am Tage gefallenen Schnee ringsum erschimmern ließ.
„Der Junker Wind!" entgegnete die Alte erschreckt, „kaum hätte ich ihn wiedererkannt, o! und das schöne Frauenzimmer!"
„Ich kenne sie nicht", meinte Ebba niit zitternder Stimme, „aber sie ist sehr schön."
Die Dienerin sah besorgt in das bleiche Gesicht ihrer jungen Herrin und zog sie, da das phantastische Bild vorüber war und jetzt auch die Fackeln an der nächsten Ecke verschwanden, weiter. Sie sprachen nichts über das Geschehene, Ebba wischte sich nur von Zeit zu Zeit verstohlen eine Thräne aus den Augen — daheim aber zog sie still den Ring vom Finger, den sie über ein Jahr getragen hatte, und legte ihn in ein schmuckloses Kästchen, in dem sie die Andenken an ihren verstorbenen Bruder und an die Mutter aufbewahrte; — da bei den trockenen Blumen von den Gräbern der Teueren, bei dem acff Elfenbein kunstvoll gemalten Knabenbilde und den beiden blonden Locken sollte das Ringlein fortan ruhen — gehörte doch Holger auch zu ihren Toten.
Indessen schritt die Gräfin mit den Ihrigen weiter. Sie redete viel in ihrer leichten und witzigen Art, spottete mit scharfer Zunge über die Herzogin von Lüneburg und die Frau Kammerherrin Kaas^ die sie nicht leiden mochte, fand aber am Enve, daß Holger sehr zerstreut war und, wenn er auch über ihre Worte lachte, doch eine Miene machte, die bezweifeln ließ, ob er das Gehörte beachtet und verstanden hätte.
„Was habt Ihr denn?" fragte die Gräfin etwas unwillig.
„Nichts!" entgegnete der Junker verwirrt auffahrend.
„L> doch, Ihr seid gedankenvoll; Euch drückt etwas, gesteht es nur."
„Wenn ich es Euch doch sagen dürste!"
„An wem liegt es denn, daß Ihr es nicht dürft?"
„An Euch selbst", meinte Holger kleinlaut.
Jetzt wußte die schöne Witwe, daß ihre Zauberkünste nicht umsonst verschwendet waren, und daß sie nicht mehr weit von dem ersehnten Ziele stand; aber trotzdem lachte sie laut auf.
„An mir?" fragte sie und sah ihn mit ihren berückenden, schimmernden Augen groß an, dann aber, als sie ein wenig ruhiger geworden war, sagte sie: „Habe ich Euch denn je den Mund verboten, auch wenn Ihr einmal etwas Thörichtes sagtet?"
„Es ist wahr."
„Nun denn, so redet auch diesmal herzhaft und ohne Scheu."
„Ich kann nicht", entschied er nach einigem Zögern.
„Ihr seid ein Kind."
„Dmm seid so gnädig und seht mir meine —"
„Nun?"
„Schüchternheit nach."
„Jetzt lachte die Gräfin wirklich aus vollem Herzen, und Holger lachte auch, doch die schöne Frau war nicht so leicht von dem Gespräch abzubringen."
„Ich werde Euch helfen, daß Ihr Worte findet. „Vorerst, habt Ihr Schulden?"
„Wie könnt Ihr glauben?" fuhr Holger auf.
„Wenn Ihr Euch noch länger ziert, werde ich böse", rief da die Gräfin, welche eben ihr Haus vor sich aussteigen sah und die günstige Gelegenheit nicht nutzlos verstreichen lassen wollte. „Wir sind doch gute Freunde, und zwischen solchen muß Vertrauen herrschen."
Holger schwieg.
Die Gräfin war jetzt wirklich böse, und hätte der Junker ihr ins Gesicht gesehen, so wäre er über den zornigen Ausdruck in ihren Zügen erschrocken gewesm.
So gelangten sie bis in den Hof des Palastes, in welchem die Fackelträger zurückblieben, während die beiden durch das breite Portal in das Treppenhaus traten.
(Fortsetzung folgt.)
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