der ersten Nordlandsahrt unter der Nachwirkung der großartigen Reiseeindrücke vom Kaiser dem Grasen Eulenburg diktiert worden. Die Komposition er­folgte später.

Berlin. 26. Sept. Die Namen der in den Gefechten gegen Witboi gefallenen Mannschaften der südwestafrikanischen Schutztruppe find: Premierlieu­tenant Diestel und die Reiter Schern, Bock, Bartsch, Rocher, Pinske, Eckhardt, Görke und Höltermann. Verwundet find Hauptmann von Estorff und die Reiter Pollet, Reichel, Krause, Hohmann, Kluty, Baleke (?), Moser, Wischkon, Iben, Koth. Die Ver­wundeten befinden sich sämtlich außer Lebensgefahr.

Berlin, 27. Sept. Fürst Bismarck ließ am letzten Sonntag den Stenographen durch Professor Schweninger sagen, in den letzten vier Jahren sei keine seiner Reden so gut wiedergegeben worden, wie die vom 23. Sept. Die Ostpreußen planen am 20. Okt. eine Huldigungsfahrr nach Varzin.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 26. Sept. Die zahlreichen medizinischen Vorträge, welche bisher auf dem Naturforschertag gehalten wurden, erregten das größte Interesse. Behrings (Halle) Mitteilung über die Blutserum- therapie und Diphtheritisheilung werden als ein Erfolg bezeichnet, der vereinzelt in der Geschichte der Medizin dastehe. Ein von einem Wiener Zahn­arzte erfundener Mechanismus für Zähne-Ersetzung wurde für das Vollkommenste erklärt, was bisher dagewesen ist. Morgen werden die Naturforscher bei Hofe empfangen.

Italien.

Rom, 24. Sept. Nach Meldungen der Blätter wurde eine Untersuchung wegen Landesverrats und Verkaufs des Mobilisationsplanes an eine auswär­tige Macht eingeleitet. Ein gewisser Cagliani, Ge­schäftsreisender eines Züricher Hauses, soll von zwei Subalternbeamten des Kriegsministeriums mit Unter­handlungen wegen des Verkaufs des Geheimnisses an Frankreich betraut worden sein. An den Eigen­tümer desPetit Journal" soll in diesem Sinne geschrieben worden sein. Inzwischen hätte Cagliani dem Obersten Dascioni den Plan verraten, worauf die Schuldigen verhaftet worden wären. Letztere wären dem Anscheine nach nicht in der Lage gewesen, wichtige Geheimnisse zu kennen, sondern hätten nur beabsichtigt, Geld zu erschwindeln.

England.

London, 25. Sept. DasReuter'sche Bureau" meldet aus Shanghai vom 24. September: Der englische DampferIrene" ist mit Kriegsmunition m Taku eingetroffen. Die Japaner besetzten die Insel Haiyuntav in der Bai von Korea, um dort ein Kohlendepot zu errichten. Gegenwärtig sind dort 9 japanische Torpedoboote.

London, 26. Sept. Wie aus Marokko ge­meldet wird, werden dort die Zustände immer ern­ster. Juden, die zu Markte zogen, wurden geplün- oert und mußten fast nackt zurückkehren, Reisende, die von Stadt zu Stadt ziehen wollen, müssen täg­lich 5 Lstr. Wegegeld bezahlen.

London, 26. Septbr. Pekinger Depeschen zu­folge hat der Kaiser beschlossen, falls die Truppen die Hauptstadt besetzen sollten, sich mit dem Hofe nach Nanking zurückzuziehen.

London, 26. Sept. Eine der japanischen Ge­sandtschaft aus Tokio über die Seeschlacht am Aalu- sluffe zugegangene amtliche Depesche besagt: Auf japanischer Seite sind gefallen der Kommandant des Kriegsschiffes Akagi, 6 Lieutenants anderer Schiffe, je ein Oberarzt, ein Unterarzt, ein Zahlmeister, außer- oem 30 Mannschaften; verwundet sind 160. Das Feuer wurde um 12 Uhr mittags eröffnet und dauerte bis 5 Uhr abends.

London, 26. Sept. Die Abendblätter veröffent­lichen eine Depesche aus Tokio vom 26. Sept., durch welche das Gerücht, England und Rußland hätten einen Waffenstillstand vorgeschlagen, offiziell demen­tiert wird. Einer zweiten Depesche aus Hiero- chima zufolge ist die Stärke der mobilisierten Armee ungefähr 30 000 nicht xoooo Mann. Die Ein­schiffung begann gestern nach Besichtigung durch den Kaiser unter großem Enthusiasmus. Die Bestimmung der Truppen wird geheim gehalten. Das Kommando übernimmt der Kriegsminisler. Es verlautet, das Corps operiere unabhängig vom Corps des Grasen .hamagata, welcher indessen einen Operationsplan entworfen habe. Die Transportschiffe eskortiert das zweite japanische Geschwader bis zum gelben Meere,

dann das erste Geschwader bis zum Bestimmungs­orte. Gras Sai vertritt den Kriegsminister während seiner Abwesenheit.

Rußland.

Petersburg, 25. Sept. Nach den letzten hier ergangenen Nachrichten befindet sich der Zar durch­aus wohl. Die Abreife nach dem Süden erfolgt ausschließlich mit Rücksicht auf den Gesundheitszu­stand des Großfürsten Georg.

Asien.

Die japanische Regierung ist nach Telegrammen aus Aokohama entschlossen, die durch den Sieg bei Pnyang errungenen Vorteile auszunützen und den Krieg vor Beginn des Winters mit aller Macht fort­zuführen. 30000 Mann haben sofortige Marsch­ordre nach der Grenze erhalten; es ist unbekannt, wo dieselben verwandt werden sollen, doch glaubt man allgemein, daß ein großer Handstreich geplant ist. Die Begeisterung in Japan ist ungeheuer; al­lerorts werden die Truppen mit Beifall begrüßt. Die militärischen Behörden haben von dem ganzen Eisenbahnnetze Besitz genommen. Die Hauptzahl der Truppen wird nach Hiroshima gebracht werden, wo der Mikado eine Parade über sie abnehmen wird. Unter den Truppen herrscht Siegeszuversicht. Nach einer amtlichen Bekanntmachung ist der Gesamtver­lust auf japanischer Seite in der jüngsten Seeschlacht folgender: 9 Offiziere und 30 Matrosen wurden ge­tötet, 160 Mann verwundet. Nach einem Tele­gramm aus Tientsin gelangten sämtliche chinesische Transportschiffe nach Port Arthur. In Chemulpo sind am 16. Sept. 32 japanische Transportschiffe mit 7000 Soldaten, 3000 Kulis und 2000 Pferden, sowie ein Transport mit Pontons und Bergartillerie angekommen. Die Truppen werden nach Söul ge­sandt, wo ein Angriff erwartet wird. Japan gab beruhigende Versicherungen über den Schutz der dort lebenden Chinesen.

Shanghai, 26. Sept. Die Mehrzahl der japanischen Schiffe verließ die Insel Hai-Ian-Tai mit unbekannter Bestimmung. Die chinesischen Agen­ten in Europa und Amerika haben Befehl erhalten, jedes Kriegsschiff anzukausen, dessen sofortige Liefer­ung erreichbar ist.

Die Distrikte Okita und Iwete in Japan wur­den durch einen furchtbaren Cyklon verwüstet. 1500 Häuser wurden dem Erdboden gleich gemacht. Min­destens 300 Menschen sind umgekommen.

Tokio, 24. Sept. Der japanische Reichstag ist zu einer außerordentlichen Kriegstagung für den 15. Oktober nach Hiroschima einberufen worden.

Aus Tokio wird gemeldet: Die russische Re­gierung benützt das angebliche Entweichen von 2000 Verurteilten, die an der sibirischen Eisenbahn arbei­teten, als Vorwand, um denselben 5000 Mann rusf. Truppen nachzusenden. Diese Truppen seien bereits in der nördlichsten Provinz von Korea einmarschiert.

Kleinere Mitteilungen.

Wenn der Nachtfrost kommt. Wir sind nicht mehr weit ab von den Nächten, in welchen Reif und leichte Nacht­fröste einzutreten pflegen - in höher gelegenen Gegenden ist das schon der Fall gewesen im Garten und auf dem Felde wird manches im Nu vernichtet, woran der Besitzer seine Freude gehabt hat. Bohnen, Gurken, Kürbise, Blumen, Georginen u. A. sind besonders empfindlich für Nachtfröste, und schnell ist ertötet, was durch lange Pflege gefördert war. Es giebt indessen ein Mittel, durch welches man wenigstens kleine Bestände retten kann, und dem Gärt­ner ist das wohl bekannt, weniger aber dem Laien. Die Pflanzen erscheinen nach einer Frostnacht auf den ersten Blick nicht allzusehr verändert; werden sie aber von den Strahlen der am wolkenlosen Himmel erscheinenden Sonne getroffen, so sinken sie sofort zusammen und verwelken. Da empfiehlt es sich nun, solche erfrorenen, richtig erstarr­ten Pflanzen und Blumen kräftig mit dem Inhalt der Gießkanne zu bedenken, bevor sie von den Sonnenstrahlen getroffen werden. Darauf werden die Pflanzen mit Pack­papier u. s. w. bedeckt und einige Stunden sich selbst über­lassen. Steht das Erscheinen der Sonnenstrahlen auf den erfrorenen Pflanzen noch nicht in naher Aussicht, bedarf es der Bedeckung nicht einmal, sondern allein tüchtigen Gebrauches der Gießkanne. Die Blumen und Pflanzen er­holen sich und der leichte Nachtfrost geht ohne Schaden vorüber. Hierbei ist keine Hexerei im Spiel, sondern der Vorgang ist ein ganz natürlicher: Tie nächtliche Ausstrah­lung entzieht den Pflanzen Feuchtigkeit, treffen sie die Son­nenstrahlen, so füllt das Band, welches der Nachtfrost geschaffen, und welk liegt die Pflanze da. Erhält die Pflanze durch überbrausen die der Existenz erforderliche Feuchtig­keit zurück und bleibt vor der schnell aufsaugenden Wirkung der Sonnenstrahlen einige Zeit bewahrt, erholt sie sich schnell. Tie Nachtfröste umfassen ja immer nur wenige Nächte, zunächst wenigstens, und mit einiger Aufmerksamkeit und geringer Mühe kann man also seinen Pfleglingen i buchstäblich eiir längeres Leben sichern. >

Nagold, 25. Sept. Wie gut und vorteilhaft es ist, wenn Familienväter durch Eingehen von Lebens- und Un- fallverficherungen für ihre Angehörigen zu sorgen bemüht sind, erfuhr jüngst eine Familie in R. Müller E. in R. ging vor 4 Fahren in eine Lebensversicherung mit 5000 , /zj und 1 Jahr später in eine Unfallversicherung mir Prämien- Rückgewühr, ebenfalls für den Todesfall mit 5000 , /s Von letzterer erhielt er im vergangenen Jahre infolge eines Unfalls 70 , /(j ausbezahlt. Vor kurzem nun verstarb der R. an Blutvergiftung, die er sich bei einer Feldarbeit zu­gezogen hatte. Nun erhalten seine Frau und seine Kin­der für die paar 100 K7., die einbezahlt wurden, 10000 K/j nebst den bei der Unfallversicherung eingelegten Prämien ausgehändigt.

Rottweil, 26. Sept. Bon dem Schwurgericht wurde heute der vormalige Gemeindepfleger W. Bert sch von Dautmergen wegen erschwerter 'Amtsunterschlagung zu der Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten, der Pulverarbeiter Andreas Mauch von Lackendorf wegen Mein­eids zu der Zuchthausstrafe von 1 Jahr, Verlust der bür­gerlichen Ehrenrechte auf 3 Jahre und zu dauernder Un­fähigkeit als Zeuge vernommen zu werden, verurteilt.

Stuttgart, 27. Sept. Mit nächsten Montag den 1. Okt. haben die schönen Tage von Aranjuez für die Mitglieder derer von Hase, auch Lampe ge­nannt, während welcher sie sich unbekümmert um das tätliche Blei der Jäger dem Genuß feister Kraut­köpfe hingeben konnten, ihr Ende erreicht. Bis zum 1. Februar k. Js. sind dieselben wieder für vogel­frei erklärt. Wie allseitig aus Jägerkreisen verlau­tet, dürfte die Jagd, da sowohl der erste wie zweite Satz gut davongekommen sind, eine sehr ergiebige werden.

Vaihingena. E., 24. Sept. Der Kutscher des unlängst verstorbenen Frh. v. Reischach in Nußdorf stürzte gestern Nacht, als er für ein erkranktes Pferd Heu holen wollte, eine Treppe herunter und fiel so unglücklich auf den Hin­terkopf, daß an seinem Auskommen gezweifelt wird.

Wie ein Schwindler einem schlauen Bauern in die Falle ging. Kam da eines schönen Tages ein Vieh­treiber von Crailsheim zu dem Bauern L. von llnter- schmerach an der Straße nach Hall und bat auf Grund einer gefälschten Anweisung eines Israeliten F. von Crails­heim um ein Darlehen von 200 Der Bauer, der wußte, daß sein Schwager kürzlich in Dürrmenz OA. Gerabronn von einem ähnlichen, vielleicht dem gleichen Gauner um 250 l/stj betrogen worden war, erklärte, er habe nicht so viel Geld im Haus, könne aber auf der Handwerkerbank in Jlshofen Geld bekommen, er solle nur mitgehen. Der Bauer spannte ein und lud den Schwindler zum Mitsahren ein, fuhr aber mit demselben nicht zur Bank, sondern zum Landjäger, der dessen Betrügereien ein vorläufiges Ende machte.

Horkheim, 24. Sept. Hier starb ein Mann ganz rasch an Blutvergiftung. Derselbe war mit dem Weg­schaffen der in letzter Zeit am Milzbrände gefallenen Tiere beschäftigt, wobei er sich die Vergiftung zuzog, ohne aber während der nächsten Tage das mindeste zu spüre». Ganz unerwartet stellte sich vor etwa 10 Tagen ein heftiges Un­wohlsein ein, der herbeigerufene Arzt stellte alsbald Blut­vergiftung fest. Das Milzbrandgift war durch eine winzige Wunde an der Hand eingedrungen und bereitete dem Be­dauernswerten ein schnelles, aber schmerzhaftes Ende.

Einen ohnehin schon mit einer zahlreichen Familie gesegneten Schuhmacher in Neustadta. O. hat seine Frau vor einigen Wochen durch die Geburt von Drillingen be­glückt, die die seltene Größe von 51, 50 und 47 Zentimeter hatten. Dieselben (lauter Knaben) erfreuen sich vier Wochen nach der Geburt noch guter Gesundheit und sind am vorigen Dienstag getauft worden. Der Großherzog von Weimar und die Herzöge von Meiningen und von Altenburg hat­ten die Bitte um Uebernahme der Patenstelle erfüllt und haben sich bei der Taufhandlung durch die dortigen Her­ren Geistlichen vertreten lassen.

In der Gegend von Innsbruck sind dieser Tage zwei Mordthaten verübt worden. Der Thäter ist unbekannt. Am Samstag fand man die 21jährige hübsche Tochter Schmuckbauers von Ambras. Gestern wurde in der Nähe des Thatortes eine zweite weibliche Leiche gräßlich ver­stümmelt und nackt ausgefunden. Die ganze verfügbare Gendarmerie und zwei Kompagnien Jäger sind auf die Suche nach dem Thäter geschickt. Die Art der Verstüm­melung erinnert an die Morde von Whitechapel in London.

Mädchenduell. In Oneglia bei Genua spielte sich eine blutige Tragödie ab. Zwei Mädchen, das eine 20, das andere 18 Jahre alt, die denselben Mann liebten, beschlossen, die Sache durch einen Zweikampf mit scharf­geschliffenen Messern auszutragen. Nach wenigen Sekun­den stürzte das ältere in die Brust getroffen tot nieder, worauf das jüngere sich den Hals durchschnitt.

Haag, 25. Sept. Publikum und Presse erörtern lei­denschaftlich die Thatsache, daß sich in St. Ludwig im Elsaß ein Ausschuß gebildet hat, welcher den Erben des im Jahr 1691 als Gouverneur von Breda verstorbenen Generals Metzger auf diplomatischem Wege zu ihrem Rechte verhelfen will. Das Erbe betrug 140 Millionen und soll jetzt auf 1256 Milliarde! (?!) angewachjen sein.

Mecheln, 24. Sept. In einem großen Festsaal, worin worin sich über 200 Personen aushielten, brach geflern abend der Fußboden ein. Die Anwesenden stürzten in die im Erdgeschoß gelegene Ituhlfabrik. Es entstand eine furcht­bare Panik. 20 Personen wurden verwundet, darunter 5 schwer.

Hiezu das Unterhaltungsblatt Nro. 39.

j Redaktion, Truck und Verlag der G. W. Zaiser'schen , Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.