fernd um 12 Wochen zurück; bei dcr nun einge­tretenen wärmeren Temperatur wird jedoch das Versäumte bald eingeholt, die Blüte in den Wein­bergen eine allgemeine werden und je rischer dieselbe verlauft, um so besser!

1)14. Uck. Heilbronn, 6. Juni. Unter dem Vorsitz des Gemeinderatsältesten Martin Haag fand heute Abend die Sitzung der bürgerlichen Kollegien betr. das Pensionsgesuch Hegelmaiers statt. Hegel­maier selbst war nicht anwesend. Der Gemeinderat erklärt: Nachdem die Mehrzahl seiner Mitglieder um Amtsenthebung nachgesucht habe, glaube er vor Erledigung dieses Gesuches eine so n ichtige Ange­legenheit, wie sie die Pensionierung Hcgelmaiers sei, nicht mehr in Behandlung nehmen zu können. Der Bürgeräusschuß hat hierauf beschlossen, zu der Frage vorerst gleichfalls keine Stellung zu nehmen. Auf Grund des Gesetzes vom 16. Juni 1885 hat der Bürgerausschuß weitere Beratungen gepflogen. Er erklärt, daß den Amtsenthebungsgesuchen des Ge­meinderats aus dringenden Gründen Folge zu leisten sei. Die sämtlichen, vom Gemeinderat angeführten Gründe seien richtig; es sei insbesondere begründet, daß Hegelmaier sich über die Mehrheit des Gemeinde­rats mißliebig geäußert und einigen Mitgliedern dieses Kollegiums sogar eigennützige Motive unter­schoben habe. Darum sei eine Aenderung durch das Pensionsgesuch Hegelmaiers nicht eingetreten, nachdem der Gemeinderat es abgelehnt habe, zu demselben vorläufig Stellung zu nehmen. Morgen wird Hegelmaier der üblichen Donnerssitzung prä­sidieren.

Waiblingen, 4. Juni. Heute vorm, traf das Festungsartillerie-Bataillon Nlm, von, Schießplatz Wahn bei Köln kommend, welches gestern in Groß­bottwar im Quartier lag, hier an. Dasselbe mar­schierte heute früh 7 Uhr von Großbottwar ab und hatte durch die heute vormittag herrschende Hitze so zu leiden, daß etwa 40 Mann unterwegs umfielen. Ein Einjähriger mußte mittels Fuhrwerks geholt und sofort in das hiesige Spital verbracht werden, wo­selbst er kurze Zeit darauf gestorben ist. Der Ver­storbene, namens Martz, ist von Balingen gebürtig. Unmittelbar darauf ist abermals ein Mann des Ba­taillons, ein jüngerer Rekrut aus Norddeutschland, gestorben. Beim Appell wurden die beiden Todes­fälle der Mannschaft verkündet und zugleich befohlen, einen Teil Gepäck abzuliefern, welches voraus­gesandt wird.

Ellwangen, 5. Jnni. Zu der von der K. Regierung des Jagstkceises für die Monate Mai und Juni anberaumten niederen Dienstprüfung im Departement des Innern hatten sich 21 Kandidaten angemeldet. Hievon sind 4 vom Examen zurückge­treten, 15 haben die Prüfung bestanden.

Ulm, 6. Juni. Der König traf heute Vor­mittag 9 Uhr 40 M. in Begleitung der Herzoge Wilhelm, Albrecht und Robert von Württemberg, des Prinzen Hermann zu Sachsen-Weimar, des komm. Generals v. Wölckern, des Generaladjudanten Gen.-Lieut. Frhr. v. Falkenstein und Gefolge hier­ein. empfangen von dem Festungsgouverneur Gen.-Lt. v. Zingler und dem O.-Bürg.-M. Wagner und begrüßt von einer großen Menschenmenge. Sofort nach der Ankunft begab sich der König mit Gefolge durch die reich beflaggten Straßen der Stadt in die Friedrichsau, wo die Truppen der hies. Garnison unter dem Befehl des Gen.-Lieut. v. Nickisch-Roseuegk in Paradestellung den König erwarteten. Der Vor­beimarsch ging bei sämtlichen Truppen bei prächtigem Wetter flott von statten. Nach der Parade sammelte der König sämtliche Offiziere um sich, um ihnen seine Zufriedenheit auszusprechen. Sodann begab sich der König mit Gefolge nach dem festlich geschmückten Hotel z. Kronprinzen, wo ihm von jungen Damen ein Blumenstrauß überreicht wurde. Um 2 Uhr begann die Einweihung des Offiz.-Kasinos des Gren.-Regts. König Karl Nr. 123, zu der auch Einladungen an die Spitzen der hies. Behörden, den Oberamtsvorstand, den Oberbürgermeister u. s. w. ergangen sind; auch der Erbauer des Kasinos, Werk­meister Eychmüller, ist zum Essen geladen. Der König wird gegen 6 Uhr die Rückreise antreten.

Friedrichsruh, 5. Juni, lieber die Reise­pläne des Fürsten Bismarck ist bis jetzt nichts Be­stimmtes festgestellt. Ein Bad soll in diesem Jahre nicht besucht werden. Der Fürst wird für einige Zeit nach Varzin gehen, dann wieder hieher zurück­kehren. Die Abreise soll erst in der zweiten Hälfte

des Juni erfolgen. Wahrscheinlich wird l er Fürst diesmal nicht über Berlin, sondern über Ncubran- denburg-Stettin fahren. Der Fürst leidet seit eini­ger Zeit wieder an Gesichtsneuralgie. Ein für gestern angesetztes Frühstück mit einigen Nachbarn wurde abgesagt und bis Ende dieser Woche verschoben. Trotzdem unternahm aber der Fürst nachmittags nach langer Zeit wieder einen Spazierritt auf dem ihm kürzlich geschenkten PferdeRosa". Der Fürst ritt, nur von einem Reitknecht begleitet, in der Richtung nach Aumühle.

Potsdam, 6. Juni. Die Professoren Berg­mann und Leuthold entfernten heute vormittag den Verband von der Wunde des Kaisers, welche ver­narbt und nur noch mit einem kleinen Pflaster be­deckt ist.

Berlin, 5. Juni. Der Reichskanzler Graf v. Caprivi wird, wie die Post hört, seinen Urlaub im Laufe des Spätsommers antreten und vielleicht wieder nach Karlsbad gehen.

Berlin, 6. Juni Die Schutztruppe für Süd­westafrika wird am 10. Juni bedeutend verstärkt. Behufs Uebertritts in dieselbe scheiden insgesamt 5 Offiziere und 2 Militärärzte aus der Armee aus.

Posen, 4. Juni. Fürst Bismarck hat in seinem Antwortschreiben auf eine Anfrage den Em­pfang der Posener Abordnung dankend abgelehnt; er erklärte, daß er gezwungen sei, die Abordnungen aus Westfallen, Lübeck, Anhalt, Ostfriesland, West­preußen, Thüringen nicht zu empfangen, weil der von seiner letzten Krankheit herrührende Schwäche­zustand nicht gehoben sei. Bismarck spricht schließ­lich die Hoffnung aus, daß er demnächst mit Gottes Hilfe wieder kräftig genug sein werde, um sich die Begegnung mit gleichgesinnten Landsleuten nach Wunsch gestatten zu können.

Oesterreich-Ungarn.

Pest, 6. Juni. Der Kaiser empfing gestern nachmittag Koloman Szell in längerer Audienz. In politischen Kreisen wird angenommen, daß die Krise bis Donnerstag definitiv gelöst sei. Wekerle wird morgen zum Ehrenbürger von Pest gewählt.

Budapest, 6. Juni. Der Kaiser hat seinen Aufenthalt hier um 4 Tage verlängert.

Frankreich.

Paris, 4. Juni. Der Kammer ging ein Ge­setzentwurf zu, betreffend die Zustimmung zum Ab­kommen zwischen Deutschland und Frankreich vom 15. März 1894 über Abgrenzung des Schutzgebiets von Kamerun und der Kolonie des französischen Kongo, sowie über die Festsetzung der deutschen und der französischen Interessensphäre im Gebiet des Tschadsees.

Paris, 4. Juni. Der Bischof von Carcaffonne, Monsignore Billard, kündigt die Abhaltung eines Festgottesdienstes zu Ehren der Jeanne d'Arc in sämtlichen Diözesan-Kirchen für den 17. Juni mittels eines Hirtenbriefs an, worin es heißt:Heute wie im 15. Jahrhundert ist in Frankreich großer Jammer. Diesseits wie jenseits der Grenze ist es düster am Horizont. Auf allen Stirnen lagert Schatten, in allen Herzen Angst."

Belgien.

In Antwerpen soll eine Gesellschaft zur Ver­wertung der Turpin'schen Erfindungen mit einem Kapital von 20 Millionen gegründet worden sein. An der Gesellschaft sei ein Pariser Industrieller hervorragend beteiligt. Turpin erhält vorläufig 25 (WO Francs für die ersten Versuche; außerdem würden ihm zwei Ingenieure, ein Engländer und ein Belgier beigegeben. Die Herstellung der Kriegs­maschine solle in der Fabrik von Cockcrill in Seraing erfolgen, wo bereits Versuche mit überraschendem Ergebnis statttgefunden hätten.

Italien.

Rom, 6. Juni. Der König wird abends die Präsidenten des Senats und der Kammer berufen. Man glaubt, daß die Entscheidung des Königs in der Kabinettskrise morgen bekannt gegeben wird. Es herrscht die Ueberzeugung, daß der König Crispi mit der Bildung des Kabinetts betraut.

Türkei.

Einen Ritt durch die Türkei hat soeben Prinz Adolf Friedrich von Mecklenburg mit seinem Begleiter unternommen. Der Herzog hat sich auf der Rück­kehr von seiner Orientreise, auf der auch Jerusalem von Jaffa aus zu Pferde erreicht wurde, sich in Konstantinopel beritten gemacht und legt nun an­

nähernd denselben Weg zurück, den einst Karl XII. in so bewundernswerter Schnelligkeit gemacht hat. Serbien.

Belgrad, 6. Juni. Aus dem Süden Ser­biens werden bedenkliche Währungen gemeldet. Nach verschiedenen Städten wurden Truppen zur Verstär­kung der Polizei entsandt.

Belgrad, 6. Juni. Königin Natalie beab- sichligt am 14. Aug., am Tage der gesetzmäßigen Großjährigkeit des Königs nach Serbien zurückzu­kehren.

England.

London. 6. Juni. Aus Tientsin wird gemeldet, daß die Insurgenten die königlichen Truppen ge­schlagen haben und auf die Hauptstadt losmarschieren.

^ Ehrensold für die Kriegs-Beteranen von 1870 71. Den Kameraden znr Nachricht, daß wir am 16. April er. die Petition, betreffend einen Ehrensold von den Zinsen des Reichsinvalidensonds an alle noch lebenden Krieger von 1870 71, mit vorläufig 50028 Unterschriften dem Hohen Reichstage eingereicht und demselben mitgeteilt haben, daß wir später eingehende Unterschriften nachsenden würden. In Anbetracht der Hindernisse, welche uns an­fänglich vom Vorstande des Deutschen Kriegerbundes in dieser guten Sache bereitet worden, ist es zu verwundern, doch hocherfreulich, daß uns in den wenigen Wochen unse­rer Petitions-Thätigkeit eine solche Menge Unterschriften von Kriegern 70/71 zugegangen sind. Wir verstehen es in der Thal nicht, wie der Vorstand des Deutschen Krieger­bundes in der Einreichung unserer Petition an den Hohen Reichstag einen politischen Akt erblicken kann; nach unserer Meinung, wie nach der von Tausenden von Kameraden, hat die Petition mit Politik absolut nichts zu thun. Nicht Allotria war es von uns, diese Petition ins Leben zu ru­fen, sondern ein tiefernstes Gefühl hat uns den Impuls dazu gegeben. In Hunderten uns zugegangenen Briefen von arbeitsunfähigen und jeder Existenzmittel baren, dabei aber königstreuen Kameraden ist es rührend, zu lesen, wie dieselben zu Gott bitten, er möge geben, daß die Petition von gutem Erfolg sei, damit ihnen ihr kümmerliches Dasein etwas gebessert würde. Wir wünschen von ganzem Herzen, daß all' den Kameraden, welche derzeit, getrieben von heiße­ster Königs- und Vaterlandsliebe, hinaus gezogen sind gen Frankreichs Gefilde und ihr Gut, Blut und Gesundheit freudigst geopfert haben, ein Tribut der Dankbarkeit in Form eines Ehrensoldes vom Deutschen Volke gezollt wird. Allein Anschein nach wollen sich noch Tausende von Kame­raden an der Petition beteiligen und bitten wir alle die­jenigen gleichviel, ob sie einem Kriegerverein angehören, oder nicht - welche beabsichtigen, dieselbe noch zu unter­schreiben, sich baldigst Petitionspapiere von unserem Schrift­führer, Kameraden Friedrich Schulze in Peine, Braun- schweigerstrahe Nr. 31., abzufordern. Es sei hier noch be­merkt, daß von vornherein beschlossen ist, einen etwa sich ergebenden Ueberschuß von den gezahlten 10 Pfg.-Beiträgen in erster Linie zum Besten des Kaisers Wilhem-Denkmals auf dem Kyffhäuser, wie für das Kriegerwaisenhaus in Römhild mit zu verwenden. Wir schließen mit Gruß an alle Kameraden und dem Kriegerworte:Allezeit treu zu Kaiser und Reich!"

Zentralkomitee

der vereinigten Veteranen Nord- und West-Deutschlands von 1870/71:

Carl Holzhausej Vorsitzender.

Wachruf

gesprochen am Sarge des Hrn. Emil Dengler, Pfarrverwesers in Crispenhofen am 6. Mai 1894.

Es ist mir leid um Dich, mein Bruder Jonathan,

Daß Du so früh verlassen mußt die Welt,

Daß Du gerissen warst aus Deiner schönen Bahn Jäh, wie der Sturm die junge Eiche fällt.

Ach Schmerz! Da mitten in der Frühlingsblütenpracht Dich, Freund umpfing des Leidens und des Todesnacht. Es ist mir leid um Dich!"

Es ist mir leid um Dich! warst mir ein lieber Freund, Hast oft gezeigt, was Freundesliebe thut;

Ich lernt' verstehn, wie Tein Thun war gemeint.

Rauh war die Schal' oft, doch Dein Kern war gut.

In Freud und Leid Dir in das Herz ich schauen sollt'. Doch fand ich alle Zeit es treu und acht wie Gold.

Es ist mir leid um Dich!"

Es ist mir leid um Dich, du armes Elternpaar,

Von Gottes Hand so schwer geprüft, gebeugt,

Der Sohn, der Deines Lebens stolz und Hoffnung war. Nun tot! Schweig stille Herz, ihr Träume schweigt!

Der junge Stab, der Euch im Alter schützen sollt,

Liegt jetzt gebrochen da. Gott hat es so gewollt.

Es ist mir leid um Dich!"

Wohl ist mirs leid um Dich, mein Bruder Jonathan, Doch eines tröstet uns in Leid und Schmerz,

Die Glaubenszuversicht, daß Deine letzte Bahn Aus Erdennot Dich führte himmelwärts Ein Diener Jesu warst Tu, sein Wort ist auch Tein: Ich will, wo ich bin, da soll auch mein Diener sein." Es ist mir so um Dich nicht leid.

Geh' ein zu Deines Herren Freud!"

Amen.

Von Stadtpfarrer Geißer in Niedernhall.

Hiezu das Unterbaltungsblatt Nr. 23.

Redaktion, Truck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.