Ravensburg', 3. März. Am 10. März kommt vor dem hiesigen Schwurgericht zur Verhandlung die Anklage gegen den früheren Hauptmann Ed­mund Miller von Riedlingen, derzeit in Zürich, wegen Beleidigung des Landesherrn und anderer Vergehen.

In Nürnberg ging infolge ehelicher Zwiste die Cigarrenhändlersfrau Fuchs mit ihrem Kinde und ihrer Mutter in den Kanal. 2 Leichen sind geborgen.

lieber die Versorgung der Hinterbliebenen der auf derBrandenburg" und der im Juni auf derBaden" Verunglückten hat sich in der Budget­kommission am Donnerstag eine längere Debatte entsponuen. Der Staatssekretär erklärte dabei, das Unglück auf derBrandenburg" sei, wie nun fest­stehe, durch einen Konstruktionsfehler veranlaßt wor­den, den der Ingenieur desVulcan" begangen habe.

Kiel, 5. März. Der König von Schweden sandte an Ihre kaiserliche Hoheit die Prinzessin Heinrich 700 -.// für die Hinterbliebenen der auf derBrandenburg" Verunglückten. Bisher sind bei sämtlichen Sammelstellen etwa 60000 - // ein­gegangen.

Deutscher Reichstag. Am Freitag war die zweite Beratung des Militäretats begonnen worden. Abg. Bebel (Soz.) kam von Neuem auf den Spielerprozeß in Hannover zu sprechen, kritisierte das Offizierskorps, die Stellung der Sozialdemokraten in der Armee und kam schließlich auf eine Rede des Kaisers zu sprechen, an deren Erörterung ihn aber der Präsident hinderte. Kriegsminister v. Schel­lendorf bezeichnete die Bebel'schen Angriffe als wertlos, bestritt, daß aus der Reitschule in Hannover große Spiel­exzesse vorgekommen seien, und wies auch die Bemerkungen über das Offizierkorps als haltlos ab. Pflicht der Mili­tärverwaltung sei es allerdings, auf die Soldaten zu ach­ten, die zielbewußte Sozialdemokraten seien. Aus Anfrage des Abg. Rösicke teilt der Minister mit, er sei für seine Person völlig damit einverstanden, daß den Volksschulleh­rern das Recht zum Einjährig-Freiwilligen Dienst gegeben werde. Es müßte nur noch eine Auseinandersetzung mit der Unterrichtsverwaltung stattfinden. Abgg. Weiß (freist) und v. Hasse (ntlb.) sprechen dem Minister für diese Er­klärung ihren besonderen Dank aus. Abg. v. Manteuffel (kons.) weist die Angriffe des Abg. Bebel aus die Armee als völlig unbegründet zurück und erklärt zugleich die Nach­richt, daß mehrere konservative Abgeordneten ihren Abschied als Reserveoffiziere eingereicht hätten, für erfunden. Abg. Graf Roon (kons.) schließt sich dem an. Abg. Bebel (Soz.) will nichts von der Uebsrtragung des Einjährig-Freiwilli­gen Dienstes wissen und wiederholt seine früheren Aus­führungen über die Armee. Abg. v. Kardorff (frks.) will den Volksschullehrern die einjähr. Dienstzeit event. durch staatliche Unterstützung ermöglicht wissen. Der Gedanke findet verschiedentlich Zustimmung. Der Titel Minister­gehalt wird schließlich bewilligt und die Weiterberatung bis Sonnabend vertagt.

Deutscher Reichstag. Am Sonnabend wurde die zweite Beratung des Militär-Etats fortgesetzt, und zwar bei den außerordentlichen Ausgaben, die unter Gutheißung der zahlreichen, von der Budgetkommission vorgenommenen Abstriche genehmigt wurden. Eine Debatte entstand nir­gends, der Kriegsminister Bronsart von Schellendorf nahm nur Anlaß, über die in diesem Jahre außerordentlich starke Vermindenung der Forderungen der Militärverwaltung Klage zu führen. Alsdann wurde zu den ordentlichen Aus­gaben übergegangen, und zwar zunächst zum Kapitel Mi- litär-Justiz-Berwaltung. Abg. Gröber (Ctr.) ersuchte den Kriegsmimster um eine zeitgemäße Reform der Militär- strasprozeßordnung. Kriegsminister Bronsart v. Schellen­dorf erwiderte, daß verschiedene Mängel des bisherigen Verfahrens abgeändert werden sollten: vor allem komme aber hier die Aufrechterhaltung der Disziplin in Betracht, das sei die Hauptsache. Abg. Lenzmann (freist) wünscht Oeffentlichkeit des Verfahrens, vor allen aber auch Reform des Beschwerderechts in der Armee. Der Kriegsminister erwiderte, daß Beratung und Beschlußfassung über das Beschwerderecht der Kompetenz des Reichstages nicht un­terstünden. Abg. Bebel (Soz.) bringt eine Reihe von Sol­datenmißhandlungen zur Sprache und kommt dann auf die Affaire des Generals Kirchhofs zu sprechen; der auf den Redakteur Harich in Berlin, weil dieser einen beleidigenden Artikel über die Tochter des Generals veröffentlicht, einen Revolverschuß abgefeuert hatte, weil Harich seine Mittei­lungen nicht als verlogen bezeichnen wollte. Redner nennt diesen Angriff einen Mordanschlag. Der Kriegsminister weift diesen Angriff zurück und führt aus, preußische Ge­nerale seien keine Mörder. Angesichts der ganzen Sach­lage und der schweren Beleidigung seines einzigen Kindes sei dem General keine andere Handlungsweise übrig ge­blieben. Darauf wird nach einigen weiteren kurzen Bemer­kungen die Fortsetzung der Debatte bis Montag nachmittag 2 Uhr vertagt.

Königsberg, 3. März. In der gestern statt­gehabten Versammlung der Wähler des Reichstags­wahlkreises Königsberg hielt Abgeord. Graf Dönhoff- Friedrichstein einen Vortrag, worin er sich für den russischen Handelsvertrag aussprach und mitteilte, Fürst Bismarck habe ihm gesagt, die Ablehnung des Vertrags bedeute Krieg mit Rußland. Nach den Hamb. Nachr." ist letzteres nicht wahr und Dön­hoff muß Fürst Bismarck Rede stehen.

Berlin, 5. März. Auf der Berliner Stadt­bahn find heute morgen zwischen den Stationen Char­

lottenburg und Zoologischer Garten fünf Arbeiter getötet und einer schwer verletzt worden.

Die Kommission des Reichstags für den russi­schen Handelsvertrag hat in der am Sonnabend ab­gehaltenen Sitzung die ersten 18 Artikel des Ver­trags außer Artikel 7, meist mit 13 gegen 8 Stim­men, angenommen. Von den 7 fehlenden Mitglie­dern sind noch 3 Freunde des Vertrags. Die Kom­mission wird jedenfalls ihre Arbeiten noch schneller beenden, als man geglaubt hat, denn die Opposition vermindert sich, je mehr die Aussichtslosigkeit des Widerstandes erkennbar wird.

Berlin, 6. März. DerLokalanzeiger" be­richtet aus Rom: DerMessagero" meldet, an des Königs Geburtstag am 14. März werde eine Am­nestie für die infolge der Aufstände Verurteilten erfolgen. Ferner werde der König auf 3 Mill. von der Zivilliste verzichten.

Oesterreich-Ungarn.

Durch die Zeitungen lief kürzlich die Notiz, daß die österr. Vereinsthaler mit dem 1. April ds. Js. außer Cours gesetzt werden, man möge sich der­selben baldigst entledigen; diese Mitteilung beruht auf Irrtum: die genannten Thaler behalten auch fernerhin ihre volle Giltigkeit.

Budapest, 6. März. Nach hiehergelangter Drahtmeldung liegt Kossuth im Sterben.

Frankreich.

In der Deputiertenkammer in Paris gab es am Sonnabend verschiedene Lärmauftritte. Zuerst warf man dem Kammerpräsidenten Dupuy vor, er habe aus dem Panamafonds für seine Zwecke 8000 Frks. verwendet und sodann richtete sich eine radi­kale Attacke gegen die Regierung, von welchen be­hauptet wurde, sie sei der katholischen Kirche viel zu sehr zu Willens. Der Premierminister Perier zeigte diesen Vorwürfen gegenüber große Kaltblütig­keit und es gelang ihm, ein volles Vertrauensvotum für die Regierung durchzusetzen. Wieder ist eine größere Anzahl von Anarchisten verhaftet worden.

Spanien.

Madrid, 5. März. Die Unterhandlungen zwi­schen Marfchall Campos und dem Sultan von Ma­rokko find nun beendet. Marokko zahlt 20 Mill. Pesats Entschädigung an Spanien.

Italien.

Rom. Das Befinden des greisen Papstes ist so vortrefflich, daß er am Jahrestage seiner Krönung eine längere Ansprache an das Kardinalskollegium hat halten können.

Venedig, 4. März. In der hiesigen Marine­akademie demonstrierten sämtliche 3000 Seekadetten gegen die Jnstruktionsoffiziere. Der Kommandeur der Akademie ließ die Kadetten fesseln und ins Arresthaus abführen und erbat sich telegraphisch Instruktionen vom Marineminister.

England.

In London hat sich der Wechsel im Preminister- posten ruhig vollzogen. Teils weil ihm seine 84 Jahre schon gar zuviel schaffen machten, teils weil er sich in seiner irländischen Politik so sestgefahren hatte, daß er keinen Ausweg mehr wußte, hat der alte Gladstone sich aus dem Ministerium zurückge­zogen und zu feinem Nachfolger ist der sehr deutsch­freundliche bisherige Minister des Auswärtigen, Lord Rosebery, ein Schwiegersohn des Londoner Roth­schilds, ernannt. Der neue Premier ist ein ruhiger und gemäßigter Mann, der den radikalen Elementen in Gladston's Partei nicht gerade angenehm ist, immerhin gilt er als der angesehenste und geschick­teste unter den heutigen Ministern und daher ist die Wahl auf ihn gefallen. Man glaubt nicht, daß er die irländische Politik seines Vorgängers, für deren Durchführung auch kein Platz ist, beibehalten wird.

London, 5. März. Die Königin nahm die Demission Gladstone's an. Rosebery übernahm die Ministerpräsidentschaft.

Serbien.

Belgrad, 5. März. Die Austragung des Zer­würfnisses mit Rußland wegen der Anwesenheit Milans scheint bis nach der Rückkehr des Minister­präsidenten Simitsch verschoben. Der Metropolit Michael ist inzwischen lebhaft bemüht, die Peters­burger Regierung milder zu stimmen, er wandte sich deshalb an die hervorragendsten Persönlichkeiten des Zarenreiches und versicherte ihnen, Serbien werde auch fernerhin eine russenfreundliche Politik verfolgen, Milans Anwesenheit sei ein Gebot der Vaterpflicht.

Amerika.

In Rio de Janeiro hat man jetzt neue Prä­sidenten gewählt, aber von der Erfüllung der Hoff­nung auf ein baldiges Ende des Bürgerkrieges ist noch nichts zu bemerken. Die oberste militärische Gewalt hat der General Lestoto beibehalten, von ihm ist auch der Belagerungszustand bis zum 30. April verlängert. Die Gefängnisse in Rio de Ja­neiro sind niit politischen Gefangenen angefüllt. Auf der andern Seite denken auch die Führer der Aufständischen, denen der Krieg schon große Sum­men gekostet hat, gar nicht daran, ihre Feindselig­keiten einzustellen, sie setzen vielmehr die Operationen zu Lande und zu Wasser fort.

Die deutschen Militärvereine in den Ver­einigten Staaten von Nordamerika beabsichtigen im nächsten Jahr zur 25. Wiederkehr des Tages der Schlacht von Sedan einen Massenausflug nach Deutsch­land zu unternehmen, um in einer noch zu bestim­menden Stadt den Tag festlich zu begehen. Die Leipziger Militärvereine laden die amerikanischen Vereine unter Zustimmung des Rates, der Stadt Leipzig ein, Leipzig als Feststadt zu wählen.

45 Mormonenapostel haben sich von Utah in Nordamerika aus auf die Fahrt nach Europa ge­macht, um Anhänger für ihren Glauben zu werben. Vor allem sollen die Hauptstädte London, Berlin, Wien und Rom von ihnen beglückt werden.

Kleinere Mitteilnnse«.

Ostern 1894 fällt sehr früh, nämlich auf den 25. März. Es ist dies eines der frühesten Daten, auf weicht das Hauptfest der christlichen Kirche überhaupt fallen kann. Nach der als Norm geltenden Feststellung des nicäischen Konzils im Jahre 325 ist das Auferstehungsfest an demje­nigen Sonntag zu feiern, der auf den ersten Vollmond nach der Frühlingsnachtgleiche (21. März) folgt, außer wo der Vollmond (oder das jüdische Passah) selbst auf diesen Sonntag fällt; dann soll Ostern am nächstfolgenden Sonn­tag gefeiert werden. Demgemäß kann Ostern nicht früher als auf den 22. März und nicht später als auf den 25. April fallen. Am frühesten, also auf den 22. März, fiel Ostern in den Jahren 1598, 1693, 1761, 1818, aber erst nach 291 Jahren von heute ab wird dieser Fall wieder eintreten. Das späteste Osterfest fiel in die Jahre 1666, 1734 und 1886 und wird zum ersten Mal wieder eintreffen im Jahre 1943. Der Ostervollmond, nach welchem der Ostersonntag sich bestimmt, wird nicht astronomisch, sondern cyklisch nach einem von dem gelehrten Lilius angegebenen und von Gregor XIII. vorgeschriebenen Verfahren berech­net. Die Abweichungen zwischen dem astronomisch bestimm­ten (wahren) und dem cyklisch berechneten Vollmond kön­nen bis auf fast zwei Tage steigen. Dadurch kam es, daß die Protestanten, die den Ostervollmond früher astronomisch bestimmten, im Jahre 1744 Ostern am 29. März feierten, die Katholiken dagegen am 5. April.

Handel L Verkehr.

Tübingen, 2. März. Mit einem Fleisch-Aufschlag begann bei uns der Monat März. Derselbe soll aber nicht vom Futtermangel herrühren, sondern wie man munkelt, von einem Defizit der Schlachthausgesellschaft, in einem hübschen Betrage, weshalb auch die Gebühren der Metzger erhöht werden mußten.

Konkurseröffnungen. Jakob Strohecker, Farren- halter von Gablenberg, mit unbekanntem 'Aufenthalt abwes. Cyriak Erchinger, Inhaber einer L-ilberwarenhandlung in Gmünd. Franz Sailer, Schuhmacher in Neufra, OA. Riedlingen. Julius Stern, Schuhwarengeschäft in Heilbronn. Louise Münster, Witwe, Inhaberin einer spezereihandlung in Stuttgart. Jakob Sutter, Zimmermann in Großingers­heim OA. Besigheim. Georg Ehrmann, Bäcker in Kirch- berg a. I. Offene Handelsgesellschaft D. Louis Habfast, Corsettschließenfabrik in Göppingen.

Nürnberg, 3. März. (Hopfen.) Marktware prima

195 -205, mittel 180190j gering 150155, Würtem- berger prima 215222, mittel 200 -210, Badischer prima 220225, Elsäßer prima 190210, mittel 175185, gering 150165.

Augsburger 7 fl.-Lose vom Jahre 1864. Ziehung am 1. März 1894. Auszahlung sofort. Hauptpreise: Se­rie 1620 Nr. 48 6000 fl. Serie 785 Nr. 60, Serie 1464 Nr. 96 je 500 fl. Serie 9 Nr. 53, Serie 270 Nr. 75, Se­rie 725 Nr. 20, Serie 1169 Nr. 70, Serie 1136 Nr. 88 je 10» ft. (Ohne Gewähr.)

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