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Amts- und Intelligenz-Blatt flir den Meramts-Bezirk Nagold.
Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, nnd kostet vierteljährlich Nr. 112. hier (ohne Trägerlohn) 80 Pfg., in dem Bezirl l Mk., außerhalb des Bezirks 1 Mk. 20 Pfg. Monats-Abonnement nach Verhältnis.
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189».
Bestellungen
auf den
„Gesellschafter"
für das IV. Quartal
nimmt jede Postanftalt und die Postboten entgegen.
Dem Seminaroberlehrer Gräsle in Nagold ist auf /ein Ansuchen seine Entlassung erteilt worden.
Tages-Nenigkeiten.
Deutsches Reich.
Zur Warnung. Dem Publikum, insbesondere Wirten wird vielfach unbekannt sein und wird deshalb zur Verhütung von Unliebsamkeiten schlimmster Art darauf aufmerksam gemacht, daß nach den Motiven des Reichsgesetzes vom 20. April 1892, betreffend den Verkehr mit Wein rc. rc. der Zusatz von Obstmost zu Traubenwein — und wenn auch nur in geringen Mengen — behufs Verkaufs dieses Gemisches unter dem Namen von Wein (Traubenwein) gemäß H 10 des Nahrungsmittelsgesetzes strafbar ist. Nach ß 4 Absatz 2 dieses Gesetzes dürfen derartig hergestellte Getränke oder Mischungen nur unter einer ihre Beschaffenheit erkennbar machenden, oder einen anderweiten, sie von Wein (Traubenwein) unterscheidenden Bezeichnung feilgehalten oder verkauft werden.
N Oberjettingen, 26. Sept. Gegenwärtig erstrebt die hiesige Gemeinde eine bessere Postverbindung mit Herrenberg und Nagold. Daß dies kein unbilliges Verlangen ist, beweist folgende Thatsache: Briefe und Pakete hieher, welche mit den letzten Zügen in Herrenberg ankommen, bleiben zuerst dort übernacht, um erst am andern Abend halb 9 Uhr hieher zu gelangen. Wegen der vorgerückten Zeit können die Postsendungen nicht mehr bestellt werden, bleiben also hier nochmal eine Nacht liegen und erreichen ihren Adressaten erst am folgenden Morgen. Soll dann ein Brief schnell beantwortet werden, so hat man beinahe 24 Stunden Zeit hiezu, da erst der nächste Tag Gelegenheit bietet, Briese mit der Post zu befördern. Die Gemeinde wäre dankbar, wenn ihre abgehenden Bittgesuche an maßgebender Stelle geneigte Berücksichtigung finden würden. — Gestern wurde unser am 1. September gewählter Schultheiß Baitinger durch Herrn Oberamtmann Völter von Herrenberg vor den versammelten Kollegien und der zahlreich erschienenen Bürgerschaft feierlich in sein Amt eingesetzt. Nach geschehener Amtshandlung fand im Gasthaus z. „Bären" eine gesellige Vereinigung mit Festessen statt, wobei der Freude und dem Vertrauen Ausdruck gegeben wurde, mit welchem die Gemeinde dem neuen Ortsvorsteher entgegenkommt. Möge seine Thätigkeit der Gemeinde zum Segen werden.
Calw, 25. Sept. Heute Montag morgen wird die Nachricht'hier verbreitet, daß in vergangener Nacht die Nehmühle abbrannte. — Vom Besitzer Joh. Gg. Neutschler war aus heute der Verkauf der Fahrnis anberaumt.
Stuttgart, 24. Septbr. Gestern nachmittag wurde Fabrikant Christoph Leins (in Firma C. Leins u. Co.) aus dem Pragfriedhose zur Ruhe bestattet. Bei der großen Zahl seiner Arbeiter und Angestellten gestaltete sich das Leichenbegängnis zu einer großartigen Trauerfeier, da über 200. Kranzträger dem Sarge folgten.
Heidenheim, 19. Sept. Die Mäuseplage ist Heuer so groß, daß an die Herbstsaat nicht gedacht werden kann. Aus einem zwei ein halb Morgen großen Acker wurden in Sachsenhausen an einem Tag etwa 700 Stück gefangen (bis zu 24 Stück in einem Nest.) Nachdem der Acker angesäet war, wurden mittelst Fallen an einem Tag nochmals 152 Stück, hieraus 18 und zuletzt noch 22 Stück gefangen.
Brandfälle: Den 20. Sept. in Furt bei Liebenau (Tettnang) die Sägmühle; den 22. Sept. in Ger- Hausen (Blaubeuren) das Wohn- und Oekonomie- gebäude des Heinr. Heinkel, Zementmüller: den 22. Sept. in Zwiesele (Wangen) das Anwesen des Sägmüllers Epple. Leider soll ein 2 Jahre altes Kind in den Flammen umgekommen sein.
Karlsruhe, 26. Septbr. Das erste deutsche Mädchengymnasium ist durch den Verein für Frauenbildungsreform bereis eröffnet worden. Der Feier wohnten Vertreter der Behörden und Schulen, sowie ein zahlreiches Publikum bei. Ansprachen hielten die Vorsitzende des Vereins, Frau Kettler, Oberschulrat Sallwürk und Pros. Haag.
Die „Straßb. Post" will wissen, Professor Schwen- ninger habe seit lange den Auftrag, dem Kaiser- regelmäßig über Bismarcks Gesundheitszustand zu berichten. Der Kaiser habe diesen Auftrag dem Professor Schweninger persönlich erteilt und Schwe- ninger sei ihm auch von Zeit zu Zeit nachgekommen. Die Aufregung während der kritischen Tage der Krankheit und die Anstrengungen der Pflege haben Professor Schweninger diesmal an der rechtzeitigen Berichterstattung verhindert. Der Kaiser habe durch seinen Leibarzt den Professor Schweninger telegraphisch um Nachholung der versäumten Berichterstattung ersuchen lassen. Schweninger erklärte, die Krankheit daure nunmehr volle drei Wochen und habe der Reihe nach bestanden in Ischias, Gürtelrose, Brust- und Atembeschwerden, verbunden mit äußerster Schmerzhaftigkeit und Schlaflosigkeit, sowie sonstigen schweren Nervenerscheinungen; die Besserung schreite, wenn auch langsam, so doch stetig fort.
Wie das Telegramm des Kaisers an den Fürsten Bismarck entstanden ist, geht aus der folgenden Depesche der „Köln. Ztg." aus Wien hervor: Das Telegramm des Kaisers ist aus der eigensten Anregung des Monarchen hervorgegangen. Der Kaiser sandtä am Mittwoch früh, bevor er zum Manöver ausrückte, das Telegramm, das er abends zuvor abgesaßt, jedoch zurückbehalten hatte, wahrscheinlich um mcht die Nachtruhe des Fürsten Bismarck zu stören. Nachdem die Antwort aus Kissingen an demselben Tage vor der Hoftafel eingetroffen war, ze.igte der Kaiser unmittelbar vor Tisch die beiden Telegramme dem Kaiser Franz Joseph und dem König Albert. Was die Erörterungen über die Stellung des Grafen Caprivi zu dem Schritte des Kaisers betrifft, so steht fest, daß Kaiser Wilhelm sich in Einklang mit einer Anregung seines Reichs kanzlers befand, dem er den Wortlaut beider Tele gramme an demselben Tage nach Karlsbad telegraphierte. Graf Caprivi hat die gespannte Stellung Fürst Bismarcks zur Reichsregierung immer sehr- peinlich empfunden und sein Wunsch ist es längst gewesen, mit dem Fürsten Bismarck in Frieden, statt im Hader zu leben. Das letztere stimmt genau.
Berlin, 22. Sept. Aus Berlin schreibt man den „M. N. N.": „Wenn man dem Fürsten Bismarck von „Versöhnung" sprach, und wenn hinzu- gesügt wurde, er müsse den ersten Schritt thun, so pflegte er zu antworte», „Versöhnung" sei nicht
das richtige Wort; er sei in Ungnade gefallen und
in der Hand des Kaisers allein liege es, die Ungnade von ihm wegzunehmen. Usbrigens wollen wir bemerken, daß der Kaiser schon vor zwei Jahren, bei der Geburt seiner Tochter, an den Fürsten Bismarck telegraphiert hat. Dis letzte Gebnrtstags- depesche erhielt der Fürst zum 1. April 1890; zu Weihnachten 1890 schickte ihm der Kaiser ein Album mit Ansichten aus dem Palais des verstorbenen Kaisers Wilhelm. Zum 1. April 1891 bekam der Fürst schon keinen Glückwunsch mehr, und von da bis zum Oktober 1891, wo die Kaiserin von einer Tochter entbunden wurde, gab eß keine Verbindung zwischen dem Schloß nnd Friedrichsruh. Wohl aber hat Fürst Bismarck niemals unterlassen, den Kaiser zu seinem Geburtstage zu beglückwünschen. Was das körperliche Befinden des Fürsten Bismarck anlangt, so erfahren wir zuverlässig, daß es sich dank der Widerstandsfähigkeit dieses kräftigen Organismus, entschieden gebessert hat. Der Fürst hat an Gewicht und Leibesumfang freilich abgenommen; er hat in 14 Tagen volle 14 Pfund verloren und ist um 11 Centim. dünner geworden. Das Leiden des Fürsten hat keineswegs blos in Hüftweh und Gesichtsschmerz bestanden, sondern es war auch die Gürtelrose hinzugetreten. Gegenwärtig sind es, wie man versichert, nur noch Schulterschmerzen, von denen der Patient heimgesucht wird, die aber auf sein Allgemeinbefinden weiter keinen Einfluß haben. Schweninger ist mit seinem Patienten durchaus zufrieden."
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 23. Sept. Der Polizei gelang es, hier eine Anarchistenbande zu entdecken. In der Siebenbrunngasse in Margarethen hatten die Tischlerge- hilsen Franz Haspel und Stefan Hanel, beide 30 Jahre alt, eine förmliche Anarchistenwerkstätte eingerichtet. Hanel wurde auf der Straße verhaftet, worauf die Polizei in die wohlverschloffene Wohnung eindrang und sich Haspels bemächtigte. Haspel warf Flugschriften zum Fenster hinaus und wollte nachspringen, was die Polizei aber verhinderte. In der Wohnung wurden wohlverwahrt vorgefunden: eine komplette Handpresse, Setzkasten, Sprengstoffe, Bomben, Blechkaffeten, Holzcylinder, Glasballons, -Zinn, Blei, rauchloses Pulver, Leitungsdrähte, Revolver mit Munition und Tausende von Flugschriften. Haspels Rock hatte innen zwei Häkchen zur Anbringung einer Bombe. Die Polizei arretierte noch weitere Mitglieder der Bande und nahm im Ganzen 14 Verhaftungen vor.
Wien, 25. Sept. 2 von den gestern verhaftetsten Anarchisten stehen erwiesenermaßen dem Treiben der Uebrigen fern und wurden daher entlassen, die Andern dem Landgericht eingeliefert.
Spanien.
Barcelona, 25. Sept. Während der Truppenschau wurden zwei mit Dynamit gefüllte Bomben gegen den Marschall Martiuez Campos geworfen, der an der rechteil Schulter und am Schenkel verwundet wurde. Auch der Flügeladjutant und zwei Polizisten, sowie General Molins wurden verwundet. Ein vorübergehender Gensdarm und ein Spaziergänger wurden getötet.
Kleinere Mitteilungen.
Stuttgart. Ter in diesen Tagen verstorbene Metz- germeistcr Eberle z Inhaber der Firma Appenzeller) hatte wohl so ziemlich den größten T-hwr! von Wnrstwaren nach Siiddeutschland. Ter Mann gal' als mehrfacher Millionär. Wegen Kaniiarfteuerpefraudano» soll er in Peinigen bis zu 120,000 Nil. nestras- worden sein.
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