eikige MM „Gtstllsclmfttr"
47
Samstag den 22. April
1893.
Eine Erinnerung an !
die Erstürmung der Düppeler Schanzen j
am 18. April 1864. * s
Aus den 18. April» vormittags mar die Erstür- s
mung der Düppeler Schanzen, und zwar zunächst; die Erstürmung von 6 Schanzen angesetzt. Die übrigen und der Brückenkopf sollten später genommen werden und wurden auch entsprechend dieser Disposition zuletzt genommen. Wir Pioniere des Brandenburgischen Pionierbataillons Nr. 3 von Rauch standen die Nacht zuvor in der ersten Parallele und hatten uns in der Erde auf 200 Schritt bis zu Schanze 4 hcrangearbeitet. Die 6 Sttirmkolon- nen (unter den zum Sturm bestimmten Regimentern entschied das Los) hatten 200 bis 600 Schritt freien Raum bis zu den zu erstürmenden Schanzen zu durchmessen. Die sog. Parallele dient den beim Sturm Zuerst in Frage kommenden Truppen zum Aufenthalt, der dadurch gewonnen wird, daß man den Boden ausschachte und die ansgeschachtete Erde in der Richtung nach dem Feind Wd zur Deckung gegen denselben answirft, woraus alsdann die L-chanz- korbe, bezw. Sappen-Grabenkörbe ausgestellt werden.
Die Nacht war sternenklar und frisch und gegen Morgen fiel Reis. Jeder Soldat hatte ein Bund Stroh als Kopfkissen. Als wir etwa zwei Stunden geschlafen hatten, weckte uns ein furchtbares Artilleriefeuer. Von früh 4 Uhr bis 10 Uhr vormittags gaben die Batterien Schnellfeuer. Die Erde erdröhnte förmlich. Es waren hundert preußische Geschütze, die auf 1000 bis 500 Meter in der Richtung aus die Schanzen vorgeschoben waren. Aber trotzdem gewissermaßen Himmel und Erde erzitterten, jubilierten die Lerchen hoch oben in der Luft und ließen sich in ihrem Gesang nicht stören, obschon die Bomben unter ihnen dahinsausten. Das Artillerie- fencr der Belagerer war in den Letzten Tagen ganz außerordentlich stark gewesen. An einigen Tagen hatten die preußischen Batterien bis zu 40 000 St. Geschosse in die Schanzen hineingeworfen. Die Stimmung der Mannschaften war sehr gut. Früh um 8 Uhr erhielten die Soldaten das Abendmahl von ihren Feldgeistlichen. Die Mannschaften des 18. Infanterieregiments, das zu einem Teil aus Polen bestand, waren so begeistert, daß sie sich kaum halten ließen. Es waren dies vor Allem die Leute der 2. Kompagnie. Das 35. Füsilierregiment war in Schützenzüge aufgelöst worden. Punkt 10 Uhr schwieg das preußische Artilleriefeucr und die Sturmkolonnen wurden zum Angriff formiert. Als das Zeichen zum Sturm gegeben war, brachen die Stnrm- kolonnen über die Parallelen vor und suchten die zu erstürmenden Schanzen so schnell als möglich zu erreichen. Jeder Sturmkolonnc eilte ein Trupp Pioniere voraus, um die Hindernisse zu beseitigen, welche die Dänen den angreifenden Truppen gelegt hatten. Es waren dies Drahtzäune, eingerammte Pfähle urd hinter den Drahtzäunen dreifach mit Ketten zusammengekoppeltc Eggen, um das lieber- springen möglichst zu verhindern. Nur da, wo die Granaten hinein geschlagen hatten, waren diese Eggen auseinander gerissen worden. Hinter diesen Eggen befanden sich die sog. Wolfsgruben, Vertiefungen, aus denen sich kieferne, nach oben zugespitzte Pfähle erhoben, die leicht überdeckt waren. Diese Wolfsgruben mußten erst von den Pioniere» beseitigt werden, damit die Stürmenden sich nicht aufspießten. Bei Schanze 2 boten namentlich die in den Gräben bcfindlichen Brustwehrpallisaden den Mannschaften ganz außerordentliche Schwierigkeiten dar. Zugleich richteten die Geschosse der Dänen furchtbare Verwüstungen unter uns an. Die Schanze zu erklimmen, war rein unmöglich, retten konnten wir uns nur dadurch, daß wir durch Sprengmittel eine Bresche in die Pallisade» legten. Da zeigte sich zu
* Die nachfolgenden Mitteilungen betreffen den Heldentod des preußischen Pioniers Klinke, der vor Schanze 2 fiel. Tin Waffengesährte Klinkes hat sie dem Verfasser erzählt.
Aller Entsetzen, daß die Pioniere, die die Zündschnuren bei sich" führten, diese beim Ucberwinden der Hindernisse in der Aufregung meist verloren hatten. Die wenigen noch im Besitz der Mannschaften bcfindlichen Zündschnuren waren unbrauchbar geworden. Die Lage wurde immer bedenklicher, da Keiner an einen schimpflichen Rückzug dachte, so war fast Allen der Tod gewiß. In dieser kritischen Lage sprang der Pionier Klinke von der 4. Kompagnie mit seinem Pulversack vor den kommandierenden Offizier und demselben zu: „Herr Haupt mann, ich will mich opfern und die Pallisade mit meinem Pulvers ack sprengen, damit eine Gasse werde. Sorgen Sie für meine Frau und Kinder!' Zugleich sprang Klinke in den Graben hinab und legte seinen Pulversack unmittelbar an die Pallisadcnwand. Der Pionierunteroffizier L ade- mauun (jetzt Oberst eines Regiments in Lothringen und vordem Oberstlieutenant im Infanterieregiment 140 in Jnowraclaw) eilte mit seinem Pulversack Klinke nach und legte den Sack ebenfalls an die Pallisade. Nun zündete Lademann sich eine Zigarre an, steckte seinen Pulvcrsack in Brand, gab die brennende Zigarre Klenke und gmg zurück. Klinke zündete seinen Pnlversack gleichfalls an und blieb, dem Tod ruhig ins Auge sehend, in unmittelbarer Nähe, um für das Gelingen der Explosion einzustehen. Die Explosion erfolgte. Klinke wurde in die Lust geschleudert und schwer verbrannt. Aber durch seine Heldenthat wurde Bahn für die Stürmenden gebrochen, die nunmehr in die Schanze c:n- drangen. Klinke hielt man für tot und doch lebte er noch, wenn er auch schrecklich verbrannt war. Als Klinke nach längerer Zeit die Besinnung wieder erlangt hatte, kroch er die Böschung hinaus. Sein Gesicht war durch die Brandwunden gänzlich unkenntlich geworden, die verkohlte Uniform hing ihm nur noch in Fetzen am Leide. Ein Soldat deS 35. Regiments, der ihn für einen Dänen hielt, schoß Klinke nieder. Bald darauf verschied der Aermste in furchtbarsten Qualen. Nachmittags um 4 Uhr befanden sich auch die letzten Schanzen und der Brückenkopf im Besitz der Stürmenden. Unteroffizier Lademann wurde znm Osfiziec ernannt und hat später eine glänzende Karriere gemacht. Klinke und seine Familie hat man selbstverständlich nicht vergessen. Aus dem Kirchhof zu Broaker wurde Klinke unter allen militärischen Ehren beerdigt; dort liegen auch die anderen gefallenen Pioniere des 3. Brau denburgischcn Pionierbataillons. Ein Monument aus dem Kirchhof zu Broaker preist die Thaten dieser Pioniere und besonders die des Pioniers Klinke. Aus Schanze 2 aber erhebt sich heute eine Tafel mit der Inschrift: „Zum Gedächtnis der am !8. April gefallenen königlich preußischen Pioniere. Hier fiel der Pionier Klinke."
Klinke war ein Bergmann und stammte aus dem Dorf Bohsdorf, Kreis Spremberg, Regierungsbezirk Frankfurt a. Oder. Prinz Friedrich Karl hat Klinke an seinem Geburtstag in Bohsdorf eine Gedenktafel anbringen lassen, die an jene Heldenthat erinnert. Im vergangenen Jahr feierte das 3. Brandenbur- gische Pionierbataillon von Rauch als das älteste Pionierbataillon sein l50jähriges Jubiläum. Kaiser Wilhelm II. erschien selbst zur Festferer in Trogau. Bei dieser Gelegenheit schenkte der Kaiser dem Bataillon ein Gemälde, welches Klinkes Heldenthat verherrlicht. Im Eingang der Kaserne ist dieses Bild an entsprechender Stelle aufgehängt worden. Klinkes Familie aber wurde durch Geldspenden, Pension u. s. w. eine sorgenfreie Existenz gesichert. ——_ (Dfztg.)
Gcrges-WeuigkeiLen.
Deutsches Weich.
Vom obern Gäu, 18. April. Die Früh- jahrsarbciten deF Landmannes wurden durch die günstige Witterung sehr gefördert. Der Blütenan- satz unserer Obstbäume berechtigt zu den schönsten
Hoffnungen. Ein Frostschaden ist an den Bäumen bis jetzt nicht bemerküch. Die Wintersaaten stehen sehr schön und haben weder von der strengen Kälte noch von der großen Mäujeplage des Vorwinters gelitten. Es scheint, daß eine große Zahl Mäuse der Kälte erlegen ist. Den Kleefeldern ist die trockene Witterung nicht günstig; allenthalben wird darüber geklagt, daß der Klee „zurückgche."
Neuenbürg, l7. April. Unter ungemein zahlreicher Beteiligung von nah und fern wurden heute nachmittag in Cttmbach die furchtbar verstümmelten Leichen des Mechanikers Hauß mann und der mit ihm verbrannten 4-, 8- und 13jäh:igen Kinder in zwei Särgen beerdigt. Kurz vor der Leichenfeier war die Nachiicht von Wildbad eingetroffen, daß nun auch der vierte Knabe, der im dortigen Krankenhaus untergebracht war, unter gräßlichen Schmerzen seinen Brandwunden erlegen sei.
Stuttgart, 18. April. Der gestrige erste
Pserdemarktslag war ziemlich lebhaft ; gegen 1100 Pferde wurden zu Markt gebracht, 136 st inden in den Siäilen der Reithalle; e-S wurden ziemlich viele Verkäufe abgeschlossen, die Pserdcmarktlotterie- Kommissiou kaufte sämtliche Pferde ein. welche als Gewinne figurieren sollen. Der Hundemarkt war
stark beschickt.
Stuttgart, 19. April. Der Landtag ging über die Beschwerden Hcgelmaiers mit 74 gegen 9 Stimmen zur Tagesordnung über.
Stuttgart, >9. April. Im Fahndungs
bureau des Polizeiamts erstach ein wegen Einbruch Verhafteter erst seine Zuhälterin und daun sich. Beide waren sofort tot.
München, 19. April. Der Extrazug des deutschen Kaiserpaares ist um l l lthr 40 Min. hier cingetroffen. Die Majestäten wurden herzlich begrüßt vom Prinzregenten, welcher m preußischer Ar- tlllerie-Äala-Umiform erschien, sowie von der Tochter des Pcinzregenten, welche ein prachtvolles Bouquet überreichte, ferner von der gesamten Familie des Gesandten Grafen Eulenburg. Letzterer fährt bis Kufstein mit. Nach herzlicher und lebhafter Unterhaltung der Herrschaften und nach Abschiedsküssen fuhr das Kaiserpaar um 11 Uhr 58 Min. weiter.
Handel L Verkehr.
Konkurseröffnungen. Goitlieb Heim. Gärtner und Gelscsabnkant in Fr i cd ricb » h a sc n. Johann Georg Buckle, Sattler und Kassier der Molkereigenossenschaft Trailfingen. Johann Robert Künzle. Stricker von Gossau, Kanton St. Gallen, Inhaber einer mechanischen Strickerei in Göppingen.
Stuttgart, 17. April. Landesproduktenbörse Wir notieren per lOl) Kilogr.: Weizen, bapnsch .« 17.30 bis » 17.80. rnmä»..« 16.90 bis 17.75, La Plata 17.70, »icdcrbayerisch 17.70, Kernen 17.20 bis ^ 17.50, Dinkel .6 12.40, Gerste, Lander 18.25, Ungar. 17.80 bis -4C 18.75, Hafer prima 14.75 bis 15.25, Mais Donau ^ 12.20 bis 12.75.
find wegen ihrer sehr lösenden Wirkung warm empfohlen gegen Hllileu, Heiserkeit und besonders gegen AKH«». Zu haben in Packeten L 25 ^ und 50 4 in roten Schachteln LI .«in den Apotheken und Droguerien. Nieder!, bei H. Lang in Nagold, M. Geltend» rt in Unterjettingen und Adolfh Frauer in Wildberg.
Die Seiden-Fabrik G. Henneberg (L. u. L. 2°ü), Zürich sendet direkt an Privater schwarze, weiß« und farbige Seidenstoffe von 78 Pfg. bis Mk. 18.68 p. Meter — glatt, gestreift, karriert, gemustert, Damaste rc. (ca 240 bersch. Qual, und 2000 verschiedene Farben, Delfins rc.> vorto- und zollfrei. Muster umgehend.
Die Verlagshandlung von Karl Grüninger in Stuttgart versendet gratis tt«d franko an jedermann, der sich für die Tonkunst im allgemeinen, sowie für Richard Wagner insbesondere interessiert, eine 2H, Bogen starke, reich illustrierte Richard Wagner-Nummer des bekannte« musikalischen Familicnblatts „Neue Musik-Zeitung." Dieselbe enthält u. a. ein Brief-Faksimile; ein zweiseitiges Noten-Auto- gramm des Meisters (die ersten Entwürfe zur Oper Lohen- grin), beides bisher noch nicht veröffentlicht, sowie wertvolles Textmaterial und eine vierseitige Musikbeilage.
Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. — Druck und Verlag der G. W. Zaiser' schcu Buchdruckerri