Aus Bonn wird von einem großen Waldbrand berichtet, der zwischen den benachbarten Dörfern Lengsdorf und Röttgen gegen 1000 Morgen Hol­zung und viel Schlagholz vernichtet hat.

Otto Graf Moltke, ein Neffe des unvergeßlichen Feldmarschalls, hat unter dem Titel:Einst; jetzt; was dann" eine Flugschrift erscheinen lassen, welche sich eingehend mit der Militärvorlage beschäftigt. Der Verfasser zählte, bis ihn Krankheit zum Ausscheiden aus dem Dienste zwang, zu den hervorragendsten Offizieren des Generalstabs, in dessen verschiedenen Abteilungen er eine maßgebende Thätigkcit entfaltet hat. Man prophezeite ihm eine große Laufbahn. Um so wichtiger und bedeutsamer sind seine Ausführungen. Es wäre," so führt er aus,ebenso unwahr und falsch, die Lage schwärzer zu malen, als sie ist, wie das Volk über den Ernst des Augenblicks hinwegzu­täuschen. So viel ist sicher: diejenigen Militärs, welche Jahrzehnte hindurch wachsamen Auges den organisatorischen Vorgängen in Ost und West, sie vergleichend mit den unseligen, gefolgt sind, werden un­ter den heutigen Kräfteverhältnissen nicht ohne ernste Sorge kriegerischen Verwicklungen entgegen­setzen. Unsere größte militärische Autorität, der Feldmarschall Moltke, wußte wohl, was er that, wenn er mehr als einmal ohne zum Kriege zu drängen warnend auf die immer wachsende nume­rische Ueberlegenheit unserer Gegner hinwies. Seine innerste Ueberzeugung war es, daß, wenn einmal die Notwendigkeit eines nochmaligen Waffenganges erkannt werde, von zwei Dingen nur eins möglich sei: ent­weder die Unschädlichmachung dieser Feinde, ehe sie ihre Rüstungen völlig beendet und uns in eine Zwangs­lage gesetzt hätten, oder eine solche Verstärkung unserer Wehrkraft, daß wir mindestens einem dieser Feinde nicht nur gewachsen, sondern überlegen seien." Graf Moltke betont, daß Bündnisse nur ein Notbehelf zur Aufrechterhaltung staatlicher Unabhängigkeit sind und nur so lange taugen, als die Interessen der Paktie­renden vollkommen die gleichen bleiben. Zu gleicher Zeit wird auch der Charakter der Kriegführung durch eine Koalition geändert. .. Bei dem jetzigen Zustande sind wir, sobald das französische Wehrgesetz von 1889 seine volle Wirkung erreicht hat, den Franzosen um 700,000 Mann unterlegen, nach Anwendung der Vorlage aber um 350,000 Mann überlegen; das ist also ein Unterschied von mehr als einer Million zu unfern Gunsten.

Sigmaringen, 19. April. Die Entstehung des Brandes wird der Fahrlässigkeit eines im Residenz­schlosse beschäftigten Monteurs der Elektrizitäts-Ge­sellschaft zugeschrieben; derselbe ist verhaftet.

Beim Namensaufruf im Reichstag am 14 Apr. fehlten von den 17 württ. Abg. nicht weniger als 15, nur 2 waren anwesend: Kercher und Pflüger. Von den 15 Fehlenden waren 10 unentschuldigt. Umschwung nach links.

Berlin. 18. April. Die Petitionsknmmission des Reichstags beschloß, über die Petition der Tier­schutzvereine gegen den Distanzritt Wien-Berlin beim Hause Uebergang zur Tagesordnung zu beantragen.

Berlin, 19. April. Ahlwardt lehnte es ab, einen zweiten von den Sozialdemokraten unterstützten und vom Präsidenten des Reichstags gebilligten An­trag dem Reichstage vorzulegen.

Berlin, 19. April. Das Kaiserpaar ist gestern abend nach Rom abgereist. Eine zahlreiche Menge brachte dem Herrscherpaar die herzlichsten Ovationen dar.

Berlin, 19. April. In der Centrumsfraktion herrscht jetzt einmütig die Ueberzeugung, daß eine Verständigung mit der Regierung als absolut aus­geschlossen gilt. Die Militärvortage wird abgelehnt, nachdem alle Versuche, ein annehmbares Compromiß herbeizuführen, an der Hartnäckigkeit scheiterten, mit welcher Caprivi auf Annahme der ganzen Vorlage besteht.

DeutscherReichstag. Der Reichstag beschließt Ein­stellung des gegen den Abg. Kunert (Soz.) beim Amtsge­richt zu Schweidnitz schwebenden Strafverfahrens für die Dauer der Session und beginnt dann die zweite Beratung des Spionagegesetzes. Nach 8 1 wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren und Geldstrafe bis zu 150o ^ bestraft, wer vorsätzlich Schriften, Zeichnungen oder Gegenstände, deren Geheimhaltung im Interesse der Landesverteidigung erforderlich ist, oder Nachrichten solcher Art in den Besitz oder zur Kenntnis eines anderen zuläßt, von denen er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß dadurch die Sicherheit des deutschen Reichs gefährdet wird. Sind mil­dernde Umstände vorhanden, so tritt Festungsstrafe nicht un­ter 6 Monaten ein, neben der auf Geldstrafe bis zu 10000

Mark erkannt werden kann. Abg. von Bar (fr:ij.) schlägt eine andere Fassung des H 1 vor, welcher namentlich die Lage der Nichtbeamten in solchen Fällen klar stellen soll. Abg. Stadthagen (Soz.) behauptet in heftiger Rede, während welcher er zur Ordnung und zur Sache gerufen, wird, das ganze Gesetz sei überflüssig und solle schließlich blos gegen die Sozialdemokratie angewendet werden. Staatssekretär Hanauer betont, lediglich die heutigen, unzureichenden Be­stimmungen hätten die Einbringung des Gesetzes veranlaßt. Abg. Gröber (Ctr.) tritt den Bedenken des Abg. Stadt­hagen entgegen, Abg. Schneider (natlib.) verteidigt den Entwurf ebenfalls, dessen Notwendigkeit durch mehrfache, in der Kommission mitgeteilte Fälle erwiesen sei. Abg. Schrä­der (freis.) befürwortet den Antrag von Bar, hält aber die Regierungsvorlage für zu weitgehend. Abg. Heine (Soz.) ist gegen die Vorlage. Z 1 wird schließlich mit einigen un­erheblichen Aenderungen unter Ablehnung des Antrages von Bar mit 153 gegen 57 Stimmen angenommen. Es folgt nun die schon zweimal wegen Beschlußunfähigkeit des Hauses vertagt Abstimmung über die Vorschriften des neuen Wucher­gesetzes, btr. den Sachwucher. Das Haus verweist sich aber­mals als beschlußunfähig; nur 167 Mitglieder sind anwesend. Die Sitzung wird abgebrochen. Nächste Sitzung: Mittwoch 1 Uhr. (Anträge aus dem Hause.) Der Abg. Fußan­gel ist in den Reichstag eingetretcn.

Besterreich-Angarn.

Wien, 18. April. Der Erzherzog Rainer ist heute früh nach Rom abgereist. Die amtliche Wiener Ztg." veröffentlicht eine Verordnung des Finanzministers über die Außerkurssetzung der Vereins- Doppelthaler österreichischen Gepräges vom 1. Juni ab.

Triest, 19. April. Zante ist vollständig zer­stört. Unter den Trümmern wurden 100 Tote und 200 Verwundete hervorgezogen.

Budapest, 19. April. Der Landesverein der ungarischen Buchdrucker und Schriftgießer wurde vom Minister des Innern aufgelöst. Der Verein zählte 2375 Mitglieder.

Die ungarischen Städte Jasz-Ladany und Ka­lo csa, der Sitz des Erzbischofs, stehen in Flammen. Es taucht die Sorge auf, daß es sich um anarchisti­sche Brandstiftungen handelt. In Kalocsa sind bis jetzt 60 Häuser eingeäschert, in Jasz-Ladany 120 Häuser.

Frankreich.

Eine Depesche aus Nizza meldet: Vorgestern wurden in einem Zimmer des Hotels in Monte Carlo zwei junge elegante Damen erschossen aufge­sunden. Es wurde sestgestellt, daß dieselben Fran­zösinnen seien und in den Spielsälen 200 000 Fr. verloren hatten. Die Namen werden geheimgehalten.

Belgie n-H o l l a n d.

In B rüssel nimmt der Streik zu. Die gro­ßen Konfektionshäuser mußten Arbeiter entlassen. Auf Befehl des Gouverneurs von Brabant sind die Bürgergarde von Stadt und Vorstädten seit 9 Uhr unter den Waffen. Zwei Bürgermeister verweiger­ten die Ausführung des Befehls; zahlreiche Garden verweigerten auch den Dienst. In Molenbeck geneh­migte der Bürgermeister auch die Abhaltung eines Meetings trotz der Anweisung des Grafen d'Oultre- mont, Generals der Bürgergarde, jede Ansammlung zu verbieten. In dem Meeting erneuerten die Ar­beiter den Eid, nicht zu rasten, bis das allgemeine Wahlrecht erlangt ist. Etwa 12,000 Arbeiter waren anwesend. Die Schulen sind geschlossen.

Brüssel, 18. April. Die Kammer nahm mit 119 gegen 14 Stimmen den Bermittlungsantrag von Nyssen an. Derselbe, ein großer Fortschritt ge­gen das bisherige Zensussystem, gibt 1 200 000 Bür­gern eine Stimme; eine Mehrstimmme erhalten 365 000 Familienväter, 275 000 Eigentümmer und Renter und 60 000 sogenannteKapazitätswähler," so daß bei jeder Wahl ungefähr l 900 000 Stimmen abzugeben sind.

Brüssel, 18. April. Die liberale Association ließ eine Proklamation anschlagen, worin sie erklärt, die Unruhen seien lediglich provoziert worden durch vexatorische Maßregeln der Behörden und die Ge- waltthätigkeit und Brutalität der ausfühcenden Or­gane; sie erklärt die Arbeiterklasse für unschuldig an den vorgekommenen Gewaltthätigkeiten.

Brüssel, 19. April. Bei einem Zusammenstoß zwischen der Polizei und den Manifestanten in Bor- gerhout wurden 5 Personen getötet und 15 verwundet.

Brüssel, 19. April. Ein Brandstiftungsver­such gegen die Dynamitfabrik Mantagne wurde im letzten Augenglick vereitelt. Das Lager enthält 20 000 Kilo Explosivstoffe. Der Thäter, ein wohlhabender dort ansässiger Kaufmann, ist verhaftet und gab als Motiv Rache gegen den Direktor der Fabrik an.

Brüssel, 19. April. Die verhängnisvolle Krisis darf als beendet angesehen werden. Der Ge­

neralrat der Arbeiterpartei hat beschlossen, den Strike sofort zu beenden, da im Prinzip das allgemeine Stimmrecht angenommen sei.

Antwerpen, 19. April. Die Ausständischen steckten eine große Baumwollspinnerei in Brand. Die Feuerwehr war ohnmächtig und konnte die Gebäude nicht retten, welche auch fast völlig verbrannten.

Antwerpen, 19. April. 2000 Ausständische zogen nach dem Hafen, wo sie einen Dampfer an- griffen; der Kapitän ließ die Matrosen feuern und hißte die dänische Flagge, worauf die Polizei die Menge zerstreute.

Italien.

Rom, 20. April. Das deutsche Kaiserpaar ist wohlbehalten hier eingetroffen. Es wurde auf dem Bahnhof von dem italienischen Königspaar und den Prinzen empfangen. Außerdem wohnten der Begrüßung bei die Minister Giolitti und Brin, so­wie der Bürgermeister von Rom. Das deutsche Kaiserpaar wurde von der Bevölkerung jubelnd be­grüßt. Bei der Ankunft im Quirinal werden die Majestäten von Hofdamen, Rittern des Annunziaten- ordens, den übrigen Ministern, sowie von den Prä­sidenten beider Kammern begrüßt.

England.

London, 17. April. Herz kann das Bett nicht verlassen. Die Aerzte besuchen ihn täglich. Die Po­lizeiagenten sind beständig im Nebenzimmer postiert.

Griechenland.

Nach den neuesten Berichten von der Insel Zante beträgt die Zahl der bei dem letzten Erd­beben Verwundeten 80; nicht ein Haus steht zur Zeit noch aufrecht.

Rumänien.

Kaum ist's in Belgrad wieder still geworden, so geht der Lärm in B ukarest, der rumänischen Haupt­stadt, los. Dort haben vor der Deputiectenkammer am Montag erregte Demonstrationen der industriellen Gewerbetreibenden gegen das Kommunalsteuergesetz stattgefunden. Der Domönenminister wurde bei dem Verlassen der Kammer verhöhnt und sein Wagen mit Steinen beworfen. Gendarmen zerstreuten die Menge, worauf zahlreiche Manifestanten die Dächer bestiegen und die Polizei mit Steinen bewarfen. Viele Polizisten wurden schwer verletzt, auch einige Manifestanten sind verwundet. Mehrere Verhaf­tungen wurden vorgenommen und die Ruhe wieder hergestellt.

Amerika.

Aus Chicago wird jetzt gemeldet, daß die Weltausstellung bestimmt am 1. Mai eröffnet werden wird. Selbstverständlich kann bis dahin aber die Aufstellung sämtlicher Gegenstände noch .nicht be­wirkt sein; in der deutschen Abteilung sind bis jetzt nur d:e Ausstellungen von Krupp und Stumm fertig.

Allerlei.

Uebelriech ender Atem. Die Ursache die­ses lästigen Uebels bilden am meisten angestockte Zähne, wogegen der Zahnarzt helfend eingreisen muß. Als Mundwasser diene folgende Lösung: Doppeltkohlensaurcs Natron, Salicylsäure, Saccharin, von jedem 5 150 § Weinspiritus, davon 1 Thee-

löffel auf 1 Glas Wasser genommen und mehrmals täglich den Mund ausgespült.

Aus der In st ruktions stunde. Unteroffizier (der seinen Rekruten die Soldatentugenden anfzählt): »Nun, Sie, Hieselberger, wann zeigt sich die wahre Soldatengröße?" Hieselberger:Bei der Aushebung!"

Der Druckfehlerteufel spielte einem Münchener Blatte bös mit. Es meldete vom Weilheimer Viehmarkt: Zugetrieben waren 30 Pferde, 62 Ochsen, 83 Kühe, und 35Ingenieure." Es sollte heißen: 35 Zungrinder.

Handel und Berkehr.

Stuttgart, 17. April. Mehlbörse. Per 100 Kilo­gramm: Suppengries 29.50, Mehl Nr. 0: -6 28.50 bis 29, Nr. 1: 26.50 bis 27, Nr. 2: 25.50 bis 26,

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