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spitze erklären öffentlich, daß sie am 21. Februar dem Kandidaten der national­liberalen Partei für den Wahlbezirk Darmstadt-Großgerau Herrn Ulrich ihre Stimmen geben würden und dadurch dem Vaterland und ihren eigenen Interessen am besten zu dienen glauben. Gleichzeitig sagen sie sich von der Wahlagitation der sozialdemokratischen Hetzer los. Sehr zu wünschen wäre es, wenn sich unsere Freunde überall Mühe geben wollten, denkleinen Mann" über die wahren Absichten der sozialdemokratischen Führer aufzuklären!

Straßburg, 14. Febr. Die Haussuchungen in Straßburg, Mühlhausen, Metz, Barr und an andern Orten haben nach der K. Ztg. vielfach Leiter von Turn- oder S ch ü tz e n v e r e i n e n, von Feuer­wehren u. s. w. betroffen, die mit der P a t r i o t e n l i g a in Verbindung stehen. In Mühlhausen fanden sechs, in Straßburg eine, in Hagenau zwei Verhaftungen statt. In Straßburg ist außerdem ein Elsäßer verhaftet worden, welcher überführt wurde, Mitteilungen über Arbeiten im Forts u. s. w. nach Frankreich verschickt zu haben. (Wie die Berliner Post mit- teilt, sind die Behörden in Metz und Straßburg entschlossen, beide Festungen in Kriegszustand zu erklären, wenn bei den Reichs, tagswahlen die bisherigen Protestler Kablö und Antoine wiedergewählt würden, weil daraus .die Unzuverlässigkeit der Einwohnerschaft bei drohender Kriegsgefahr" hervorginge. Bei Erklärung des Kriegszustandes geht die ganze Zivilverwaltung auf die Miltärbehöcden über, die auch ein unbeschränktes AuSweisungSrecht bekommen.)

' Kages-Werrigkeiten.

Vom Lande. Dem Schw. Merkur wird geschrieben: Wir waren dieser Tage Zeuge eines kleinen, aber für die demokratischen Kampfmittel be­zeichnenden Vorfalls. Eine Anzahl Männer, darunter ein Veteran aus dem 70er Krieg, Vorstand des Veteranenvereins seines Orts und Inhaber des eisernen Kreuzes, saßen in geselliger Unterhaltung zusammen, als ein seiner demokratischer Gesinnung wegen bekannter Mann herbeistürzte mit den Worten: Ihr habt ja die Franzosen 1870 geschlagen, warum habt ihr denn so Angst vor ihnen?" Es war wirklich erfreulich zu hören, mit welcher entschlossenen Ruhe der Veteran den Vorwurf der Angst im eigenen Namen und im Namen des ganzen deutschen Heeres, von der Oberleitung an bis zum letzten Mann hinaus zurückwies und nur das eine betonte, daß wir nicht übermütig sein und einen so tapferen und wohlvorbe mieten Feind wie die Franzosen nicht ver chten dürfen. Ist es nicht ein erbärmliches Kampfmittel, wenn man nichts anders mehr weiß, als den Kämpfern von 1870, wie der deutschen Armee von 1887 Angst vorzuwerfen, weil sie in Beziehung auf die Notwendig­keit einer verstärkten Rüstung für Deutschland dem Kaiser, Bismarck, Moltke mehr glauben, als einem Windthorst, Richter, Grillenberger? Man frage einmal die durchs Land ziehenden demokratischen Zivilmoltkes, ob vielleicht einer von ihnen, die so viel vom Militär reden, den Krieg mitge nacht oder je des Kaisers Rock getragen haben! ^

Vom Bottwarth al, 14. Febr. (II. W. Kr.) Auch bei üns haben 2 Herren von der Sorte der Sozialdemokraten den Sonntag über das überall gleichlautende Wahlprogramm ihrer Partei an und in die Häuser gelegt. Dasselbe ist mit den bekannten weltverbessernden schönen Phrasen und vielen Fremdwörtern gespickt, gerade wie geschaffen, unserem Landvolke nicht verständlich zu sein. Mit Ausnahme eines Orts in unserer Gegend, St., wo ziemlich viele Schreinergesellen arbeiten, wird obiger beiden Herren Sonntagsarbeit" von nicht großem Erfolge sein, da unsere Landleute ein besonderesAber" vor Sozialdemokraten bekunden.

Niederstetten, 16. Febr. Bei den beiden hier und in den be­nachbarten Oberstädten kürzlich stattgehabten Scheunenbränden kam der Fall vor, daß kleinere Bauern, die selbst nicht genügend Raum haben, in den betreffenden Scheunen Heu, Stroh und Früchte untergebracht hatten, ohne hievon der Feuerversicherung, bei welcher sie ihr Mobiliar versichert haben, Anzeige hievon gemacht zu haben. Für diese hierbei verbrannten Gegenstände können sie nun rechtlich keinen Anspruch machen und erhalten in der Regel nur auf dem Gnadenwege eine Vergütung. Es wird nicht über­flüssig sein, bei diesem Anlaß darauf aufmerksam zu machen, daß, wenn versicherte Gegenstände in andere Häuser als die ursprünglich angegebenen untergebracht werden, der Agentur hievon Anzeige zu machen ist, da nur in diesem Falle bei eintretendem Brandunglück auf volle Entschädigung Anspruch gemacht werden kann.

Ravensburg, 17. Febr. Prof. Dr. IIg hier, der sich für das Septennat ausgesprochen und deshalb seitens der katholischen Presse heftige Angr ffe erfahren hat, erläßt eine Erklärung, worin er unter anderm hervor- hebl, daß er als Dompräbendar in Rottenburg zweimal offen und zwar mit Bewilligung nicht nur eines Teils des Klerus, sondern des Bischofs selbst für

den Regierungskandidaten Geß, gegen den Kandidaten der Volkspartei, Paper, eingetreten sei, weil der erstere betreffs des Kulturkampfes durch­aus befriedigende Zusicherungen gemacht habe. Später als Professor in Ellwangen habe er für den Zentrumskandidaten Grafen Adelmann ge­stimmt, jetzt aber nach der Haltung, welche das Zentrum in der Frage des Septennats eingenommen, habe er sich allerdings von demselben abgewendet, und zwar harmoniere er hierbei mit dem Papste selbst, der die Stellung des Zentrums in dieser Angelegenheit ebenfalls mißbilligt habe. Die Ver­dienste des Zentrums in anderer Hinsicht hatte er niemals bestritten. Im übrigen sei er keineswegs der einzige katholische Geistliche, welcher über das Zentrum so denke; das beweisen ihm verschiedene beistimmende Zuschriften, welche er von katholischen Geistlichen, zum Teil hervorragenden Geistlichen, erhalten habe.

Friedrichshafen, 15. Jan. Gestern hielt der Zentrumskandidat Stadtpfarrer Göser von Saulgau eine zahlreich besuchte Wahlversammlung im Gasthof zu den drei Königen ab. Der Saal war schon vor Beginn der Verhandlung mit Bauern aus den Nachbarorten Ailingen, Schnezen- hausen und Hirschlatt, welche von ihren Pfarrern hineingeführt worden waren, dicht besetzt, doch fanden im Nebenzimmer noch zahlreiche Anhänger des Septennats Platz. Die Rede war dem Inhalt nach schwach, der Form nach plump und undelikat, um nicht mehr zu sagen, mit Ausfällen der wider­wärtigsten Art gegen die nicht zum Zentrum stehenden Katholiken, die er u. a. alsabgehauste Katholiken" bezeichnete. gewürzt. Sein Programm war weniger das eines Zentrumsparteilers, als das eines verbissenen Demo­kraten. Eine Erwiderung wurde den Anhängern Mezlers durch die Erklä­rung des Vorsitzenden, Kaufmanns Bueble von Tetlnang, daß sie mit der Gegenpartei ausgemacht hätten, gegenseitig den Kandidaten nur sein Programm entwickeln zu lassen und keine Gegenrede zu halten, einfach abgeschnitten. Beifallsspenden wurden von den in den Ecken des Saales verteilten Geist­lichen versucht, kamen aber nur spärlich zum Ausdruck. Wir alle hätten sehnlichst gewünscht, daß die hochwürdige Geistlichkeit sich nicht als fanatische Gegner des von Kaiser und Papst gewünschten Septennats erwiesen hätte und wir und unsere Kinder nicht gezwungen würden, in dem Pfarrer statt wie seither, den Prediger, Seelsorger und Beichtvater den gegen die höchsten Autoritäten sich auflehnenden politischen Agitator zu erblicken.

W. Staatsanz.

In Tettnang sprach Göser am Vormittag deSs. Tages, woselbst er sich u. A. dahin auszudrücken erkühnte:Durch die Monopole erhält Bismarck eine Reihe weiterer abhängiger Kreaturen, Beamte des StaaateS." Hr. Oberamtmann Miller erklärte hierauf, daß in dieser Aeußerung eine schwere, durch nichts begründete Beleidigung des ganzen Beamtenstandes liege, wdnn nochmals eine derartige Ausschreitung vorkomme, werde er die Versammlung auflösen. Es dauerte auf den, der obigen Be­merkung folgenden, tumultarischen Beifall lange, bis der Beamte diese Er­klärung abgeben konnte, denn sobald der Pöbel sah, daß derselbe sprechen wollte, folgte Geschrei, Johlen, Stampfen und RufeHinaus, 1848!" Wer will noch mehr?

Werrnifchtes.

Weitere Barackenbauten in Frankreich. Aus Münster in den Vogesen schreibt dieLandesztg. für Elsaß-Lothr.": In unserer Nachbarstadt Geradmer jenseits der Vogesen läßt die französische Regierung ebenfalls Baracken errichten. Die Arbeiten haben am 29. v. M. begonnen und werden, da sie rüstig betrieben werden, schon in einigen Wochen beendet sein. In diesen Baracken können dann (angeblich) 4000 Soldaten untergebracht werden. Unsere Holzhändler, welche zu dem erwähnten Bau sür 70,000 Fr. Holz zu liefern haben, zeigen dabei noch vergnügte Gesichter. Haben sie doch dadurch ihre alten nicht unbedeutenden Vorräte gut an den Mann gebracht! Die Nachfrage nach Nußbaumstämmen ist immer noch, obschon im Laufe des Winters gegen 200 Stück mit der Eisenbahn expediert worden sind, eine sehr rege. Halten die hohen Preise noch mehr an, so werden sicher bald alle Nußbäume von den Feldern verschwunden sein.

Gottesdienste am Sonntag, den 20. Februar 1887.

Vom Turme Nro: 131. Vormittags-Predigt: Hr. Dekan Berg. Christenlehre mit den Söhnen. Abends b Uhr Bibelstunde im Vereinshaus: Hr. Helfer Braun.

Donnerstag, den 24. Februar (Feiertag Matthiii).

Vormittags-Predigt um Hs10 Uhr im Vereinshaus, zugleich Vorbereitung und Beichte: Hr. Helfer Brann.

Ootteräieafte in äer Metüoäisteakapekke am Sonntag, den 20. Februar 1887. Morgens '/ritt Uhr, abends 8 Uhr.

Amtliche KklmmitmachnnM

Unterreichenvach.

Maltlmültte-Verkau^.

Das Kgl. Amtsgericht Calw hat am 4. d. M. die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche auf hiesiger Markung gelegene Vermögen des Gotthilf Benz, Müller hier, angeordnet, und hat demgemäß die mit dem Vollzug be­auftragte Vollstreckungsbehörde dahier heute zum Zwangsverkauf bestimmt:

Gebäude Nr. 30.

1 » 40 qm eine Mahlmühle samt Wohnung, zweistöckig, mit oberschlechtigem, neuem Wasserrad, 2 Mahl­gängen, 1 Gerbgang, 1 Champagner mit gut ein­gerichteter Kunstmühle.

1 » 64 qm Scheuer und Viehstall unter einem Dach mit obigem Wohnhaus mit gewölbtem Keller, mit

Wohnungsanbau, Schweinstall und 2 s 57 qm Hofraum.

Brandvers.-Anschl. samt Zub. 24,000 4 s 04 qm Mahlmühlekanal vom Reichenbach, St.-A. 14,500

Anschlag 15,000

Der erste Verkaufstermin ist auf

Dienstag, den 8. März d. I., nachmittags 1 Uhr

in das hiesige Rathaus anberaumt, auch zum Verwalter Gemeinderat Dütt­ling hier, und als Verkaufskommission den Unterzeichneten und Gemeinderat Gengenbach, und in deren Verhinderung als Stellvertreter Gemeinderat Beuttler hier bestellt.

Die Mühle hat eine gute Kundschaft von hier und Umgegend; die Wasserkraft mit ca. 12 Pferdekräften ist eine constante; auch könnte in dem sehr geräumigen, günstig in nächster Nähe des Bahnhofs gelegenen und gut gebauten Anwesen ganz gut jede beliebige gewerbliche Einrichtung erstellt werden.

Unbekannte Steigerer haben sich durch entsprechende Zeugnisse über Zahlungsfähigkeit auszuweisen, auch tüchtige Bürgschaft zu stellen.

Den 18. Februar 1887.

Schultheiß Scholl.