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eine Nation die dumme Nation nenne, welche verhältnismäßig die größten Steuern zahle, die meisten Rekruten stelle und daher sür den Staatsbedarf und für die Herren Offiziere sorge. Der Abg. Salva- dort bemerkt dagegen, daß die Handhabung des Wehrgesetzes in letzter Zeit eine mildere geworden sei und spricht dem Minister Welsersheimb hiefür den Dank der Bevölkerung aus. Es sei das der Wille des Kaisers, „des einzigen unter den europäischen Fürsten, welcher die That des Erlösers beim letzten Abendmahle nachahmt, indem er von einem Dutzend armer Leute niederkniet und ihnen die Füße wäscht." Er fühle sich als Vater seines Volkes und so auch der Soldaten. Zu dieser That brauche man die ganze Größe eines Nachkommens Rudolfs von Habsburg.
Distanzmarsch Berlin-Wien. In Berlin hat sich jetzt ein Comite gebildet, welches den Plan eines Distanzmarsches zwischen Berlin und Wien für diesen Sommer oder Herbst mit allen Kräften betreiben will. Man hofft, das Protektorat der Kaiser Wilhelm und Franz Joseph für den Zweck zu gewinnen. Der Marsch soll natürlich von Anfang bis zu Ende zu Fuß retour gelegt werden.
Berlin, 28. Jan. Der Kaiser sandte dem ehemaligen preußischen Justizminister Friedberg gestern zu dessen achtzigjährigem Geburtstage sein Bildnis mit eigenhändiger Unterschrift und dem Spruche: »Nsmo ms impuas taosssit^. („Niemand reizt mich ungestraft".)
Berlin, 3l. Jan. Der Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke unterbreitet der Regierung deu Antrag, der leichten Biere, wenn überhaupt so doch nur mit einem äußerst geringen Prozentsatz zur Besteuerung heranzuziehen, da diese Biere den Schnaps verdrängen.
Berlin, 31. Jan. Als verbürgt wird der „Börsen-Ztg." aus Fulda gemeldet: Die Jesuiten entfalten im Geheimen eine rege Agitation, daß im nächsten Konklave ein deutscher Kardinal zum Papst gewählt werde. Als Beweggrund wird bezeichnet, daß man einzig auf diesem Wege die Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papstes erhoffe.
Der Großfürst-Thronfolger von Rußland hat nach der „Post" am Berliner Hof ein freundliches Andenken hinterlassen. Das genannte Blatt schreibt: Seine Jugend, sein sympathisches Wesen und nicht zuletzt seine Bescheidenheit hatten bei allen denen, die mit ihm in persönlichen Verkehr zu treteu in der Lage waren, den günstigsten Eindruck gemacht. Der Zarewitsch scheint nach dem Aeußern zu schließen, eine aus weichem Stoff gebildete Natur zu fein. Aus seinen Augen könnte man sogar etwas Elegisches herausfinden. Man möchte sagen, daß sein Gesichtsausdruck der solcher Charaktere ist, die viel beobachten, wenig aus sich herausgehen, aber im Kreis der Kameraden des Alexander-Regiments zeigte er sich frei von aller Zurückhaltung. Dazu kam der Umstand, daß er deutsch und zwar sehr gut sprach, und daß durch die preußische Husaren-Uniform, deren Pelz er mit Zobel besetzt trug, alles Fremdartige von seiner Persönlichkeit wich. Ihm selbst schien man aus dem Verkehr anzumerken, daß ihm das Gefühl, sich in Berlin frei bewegen zu können, ein gewisses Behagen verschaffte, was seiner und der ihm entgegenkommenden Stimmung nur zum Vorteil gereichte.
Herrn Bebel, dem Haupt der Sozialdemokratie droht ein Duell, weil er behauptet hatte, Fürst Bismarck habe im Jahr 1887 in Paris eines der am meisten zum Kriege drängenden Blätter angekauft, Werl er selbst den Krieg mit Frankreich gewünscht habe. Louis Peyramont hält nun dafür, daß diefe Acußerung nur auf die „Revanche" bezogen werden könnte, und hat, wie er mitteilt, an Herrn Bebel ein Telegramm gerichtet, in welchem er unverzüglich die Beweise für dessen Behauptung verlangt.
Der aus Erfurt nach Unterschlagung von 55,000 vtL flüchtig gewordene Kaufmann Neumann ist am Hauptbahnhof in Bremen verhaftet worden. In seinem Besitz fanden sich noch 24,000 vor.
Als Präsident des preußischen Herrenhauses wird an Stelle des Herzogs von Ratibor Fürst Stol- berg-Wernigerode gewählt werden.
Berlin, 2. Febr. Die Frau eines hiesigen Werkmeisters und dessen kleiner Knabe wurden gestern mit durchschnittener Kehle aufgefunden. Es liegt Raubmord vor.
Deutscher Reichstag. Dienstagssitzung. Bei sehr schwach besetztem Hause, weshalb Präsident von Levetzow zum regeren Besuche crmanhnt, wird die zweite Beratung des Etats des Reichsamtcs des Innern fortgesetzt. Abg. Schmidt (Soz.) kommt auf frühere Ausführungen des Staatssekretärs von Bötticher zu sprechen, nach welchen nn Königreiche Sachsen eine Aufbesserung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten sei. Redner bestreitet das und schildert die Lage der Arbeiter in sehr düsteren Farben. Kgl. sächsischer Gesangte Graf Hohenthal erklärt, daß nach amtlichen Erhebungen sich allerdings Erscheinungen bemerkbar Imachten, welche die Hoffnung auf eine Besserung der Lage gestatten. Manche Arbeiterkategorien hätten allerdings schwer gelitten, aber ein eigentlicher Notstand sei nicht vorhanden. Die Arbeiter sollten sich hüten Classenhaß zu säen. Abg. Bebel (Soz.) antwortet, die vom Vorredner betonteu Erhebungen seien ganz einseitig. In Sachsen gäbe es noch Wochenlöhue von 8,6 und weniger für Familien mit S und mehr Aangehörigen, die kaum einmal im Jahre Fleisch sehen. Redner beklagt sich dann über verschiedene Maßnahmen der preußischen Staatsbanhnverwalung gegenüber den Angestellten. Gesandter Geaf Hohenthal hält dem Abg. Bebel gegenüber seine Behauptungen in vollem Umfange aufrecht. Abg. Buhl (natlib.) giebt zu, daß der wirtschaftliche Niedergang manches Mißliche mit sich bringe; was würde aber erst geschehen, wenn die sozialdemokratischen Projekte durchgeführt werden sollten? In Sachsen nehme der Mittelstand nicht ab, souderu zu. Redner wünscht, daß sich Arbeitgeber und Arbeiter nach Kräften in dieser schweren Zeit vertragen. Abg. Mehnert (kons.) konstatiert auf Grund sorgsamster Feststellungen, daß thatsächlich in verschiedenen Erwerbszweigcn eine Besserung in jüngster Zeit konstatiert sei. Die zahlreichen sozialdemokratischen Vereinsfeste in Berlin zeugten auch nicht von Wert. Staatssekretär von Bötticher betont, der Notstand in großen Industriezentren sei durch das unbedachte Znsammenströmen von Arbeitern verschuldet, die sich nun selbst Konkurrenz machten. Die Reichsregierung wolle bessern, was zu bessern möglich, während die Sozialdemokratie nur die Unzufriedenheit spüre. Abg. Nahem (Ctr.) führt in sehr scharfer Rede unter großem Beifall aus, daß die sozialdemokratischen Führer nicht einmal in der eigenen Partei Autorität besäßen. Wie konnten si: da einen neuen Staat gründen wollen? Mittwoch wird die Beratung fortgesetzt.
Desierreich-Ungarn.
Wien, 30. Jan. Zum heutigen Jahrestag des Todes des Kronprinzen Rudolf wohnten der Kaiser und die Kronprinzessin-Witwe der in der Kammerkapelle celebrierten Trauermesse bei. Der Kaiser verweilte längere Zeit in stillem Gebete an dem Sarkophage des Kronprinzen. Die deutsche Botschaft sandte im Aufträge des Kaisers Wilhelm eine Blumenspende.
Frankreich.
Paris, 31. Jan. Fürst Bismarck erwiderte in der Affaire Peyramont-Bebel auf die Anfrage Peyramonts, die Behauptung Bebels, Bismarck habe im Jahre 1880 ein französisches Blatt bestochen nur zum Zwecke der Aufhetzung zum Kriege, sei ebenso dumm wie unwahr.
Die neueste Mode sind, wie aus Paris gemeldet wire, Damenhüte aus Aluminium.
Paris, 1. Febr. Nach einer hier vorliegenden Meldung aus Madrid ist der König an den Masern erkrankt.
Belgie n-H o l l a n d.
Aus Antwerpen wird gemeldet: Im ganzen mittelländischen Meere wütet ein furchtbarer Sturm; 10 Schiffe werden als vollständig verloren gemeldet.
Italien.
Rom, 2. Febr. Gestern abend brannte die alte Synagoge total nieder. Ein Teil der wertvollen Gegenstände wurde gerettet. Das Feuer wurde auf seinen Herd beschränkt.
In Florenz ist der Bankier Michel, Syndikus der falliten »Laues, oommsrsials", verhaftet worden. Michel hat die Bank um zwei Millionen betrogen. Mehrere angesehene Firmen sind in Mitleidenschaft gezogen.
Griechenland.
Athen, 2. Febr. Ein neues Erdbeben auf Zante und Cephalonie zerstörte über 100 Gebäude und verwüstete verschiedene Dörfer. Neuer Verlust an Menschenleben soll nicht eingetreten sein. Die Regierung beantragt bei der Kammer, 100,000 Lire für die Unterstützung der Betroffenen zu bewilligen. — Die Anzahl der durch das Erdbeben auf Zante verletzten Personen beträgt 200.
England.
Londo n, 30. Jan. Ueber die Revolution in Hawaii, die sichtlich von den Amerikanern gemacht ist, und über die bis jetzt bloß amerikanische, voraussichtlich gefärbte Berichte vorliegen, spricht sich die hiesige Presse ziemlich zurückhaltend aus. Die Times weist darauf hin, daß die Ver. Staaten von Amerika, Großbritanien, Frankreich und Belgien im Jahre 1843 förmlich die Unabhängigkeit des König
reichs Hawaii anerkannt haben. Dieser Vertrag bestehe noch zu Recht, eine gemeinsame Aktion der beteiligten Mächte werde wohl das Beste sein. Daily News weist auf die Wichtigkeit Honolulus als einziger Kohlenstation zwischen Äuckland und San Franzisco hin, wo fast alle europ. Mächte vertreten seien. Der Daily Telegraf meint, daß die einheimische Regierung wieder hergestellt werden müsse, jedenfalls dürften die Amerikaner die Inseln nicht annektiren. Ein förmlicher Anschluß derselben an die hochschutzzöllnerischen Ver. Staaten von Amerika liege auch nicht im Interesse Deutschlands, Frankreichs und der übrigen europäischen Machte.
Rußland.
Petersburg, 31. Jan. In Hofkreisen verlautet, der Toast Kaiser Wilhelms machte ans den Zaren den ausgezeichnetsten Eindruck, ebenso die Ovation beim Reiterfest in der Kaserne der Gardedragoner. Der Großfürst soll telegraphisch sofort beauftragt worden sein, Kaser Wilhelm in des Zaren Namen herzlichst dafür zu danken.
Amerika.
Chicago, 30. Jan. Die auswärts verbreiteten Nachrichten über den Einsturz von Ausstellungsgebäulichkeiten sind lediglich darauf zu beschränken, daß das Gebäude, in dem die industrielle Abteilung untergebracht ist, infolge Durchbruchs auf dem Dache angehäufter Schneemassen beschädigt wurde und einige andere Abteilungen durch Regen unwesentliche Beschädigungen erlitten haben.
Kleinere Mitteilungen.
Wie die Familienbande sich oft lockern und zu welchen Ausschreitungen Kinder ihren Eltern gegenüber fähig sind, beweist ein jüngst vor dem Schöffengericht in Arnstadt abgeurteilter Fall. Mitte vorigen Sommers geriet die Ehefrau des Taglöhners Meister von der Käfernbnrg bei Arnstadt mit ihrem 73 Jahre alten Vater in Streit, infolgedessen dieselbe den altersschwachen Greis niederwarf und mit einem Stiefelknecht wiederholt auf den Kopf schlug. Der Vater starb infolge dieser Mißhandlung. Die Frau ist dafür zu einer (blvs) 6 monatlichen Gefängnisstrafe verurteilt worden.
Ein weiblicher Räuberhauptmann. In Bo- norva (Sardinien) wurde die Baronin Maria de Zo- goly, eine der gefürchtetsteu Führecinnen der sardl- nischen Räuberbanden, im Kampfe mit Karabinieri erschossen. Die Baronin hatte nach dem Tode ihres Gatten, der selbst ein gefährlicher Brigantenhäuptling war, den Oberbefehl über eine Schaar jugendlicher Verbrecher übernommen, mit denen sie die Landstraßen von Sardinien unsicher machte. Sie war drei Mal festgenommen und zu lebenslänglicher Galeere verurteilt worden; es gelang ihr aber immer wieder, zu entkommen.
— Sicherung des Beweises. Sepp Schlaumeier, der mit seiner Krau in stetem Unfrieden lebt, wird angeklagt, einen Gistmordversuch aus seine Ehehälfte unternommen zu haben. Da seine Schuld nicht erweisbar ist, so lautet der Spruch des Gerichts auf Nichtschuldig wegen Mangels nn Beweis. Auf die Frage des Präsidenten, ob er noch etwas zu erwidern habe, erwiderte der Freigesprochene: „Es liegt mir daran, meine völlige Unschuld zu beweisen und ich beantrage deshalb die Sektion meiner Frau!"
Handel L Berkehr.
Augsbnrqer 7 fl.-Lose vom Jahre 1864. Ziehung am 1. Februar 1893. Gezogene Serien; Nr. 23 311 347 478 538 761 858 914 1026 1232 1239 1246 1400 1486 1845 1859 1877 1899 1961 1977. Die Prämien-Ziehung findet am 1. März statt.
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Hiezu das Uuterhaltuugsblatt Nr. 5.
Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. — Druck und Verlag der G. W. Zaiser'scheu Buchdruckerei.