aus der Abkürzung der Dienstzeit erwachsende leichterung wird eben durch die Durchführung
Er. der
allgemeinen Dienstpflicht, den daraus entspringenden größeren Mannschastsbestand und vermehrte finan ziellc Leistungen erkauft werden müssen. Die Vor- kämpfer für die 2jährige Dienstzeit können sich gegen diese Folgen ihrer Forderung unmöglich verschlossen haben. Die „Scharnhorst'schen Ideen" kosten seh viel Geld. Insbesondere wird sich das Zentrum, wenn es als Stüze der Regierung und ausschlag gebende Partei im Reichstag das neue Militärgesetz bewilligen will, bald darüber klar zu werden haben, welcher Weg für die Deckung der Kosten am zweck mäßigsten einzuschlagen ist. Die Finanzquellen des Reichs sind sehr beschränkt, sie liegen ausschließlich auf dem Gebiet der indirekten Steuern. Andere Deck ungsmittel für große neue militärische Ausgaben sind nirgends zu entdecken. (S. M.)
Berlin, 10. Aug. Die „Boss. Ztg." berichtet in einem Leitartikel über die Unsicherheit im Innern, unter dem neuen Kurse sei es Brauch geworden, die Personenfragen und Anschauungen fortwährend wech seln zu sehen, ohne einen inneren Grund zu erfahren. Den maßgebenden Kreisen fehle Sicherheit und Festig, keit. Im Volke schwinde das Vertrauen.
Berlin, 11. Aug. Professor Reuleaux bespricht in der „Deutschen Warte" ausführlich die Lage un serer Industrie und nennt das Fallenlassen der Weltausstellung ein nationales Unglück.
Besterrrich-Rngarn.
Linz, 9. Aug. In der heutigen Festversamm. lung des Katholikentages erklärt Vizepräsident der katholischen Zentrumspartei in Deutschland, Dr. Or. lerer, die Ziele der Katholiken Deutschlands seien vollkommen identisch denen der Katholikeu Oesterreichs. Es gelte den gemeinsamen Kamps gegen die Feinde der Kirche und des Staates. Die Sozialpolitik und die Schule seien die wichtigsten Fragen, welche in beiden verbündeten Staaten zur Lösung gelangen müssen.
Frankreich.
In Frankreich wurden im Jahr 1890 36 Mill. Kilogramm Tabak verraucht, was auf den Kopf der Bevölkerung 738 Gramm ausmacht. Dem Staate brachte die Tabaksteuer 372 Millionen Franks ein.
Italien.
Foligno, 9. Aug. Der Mörder des Bischofs wurde verhaftet. Derselbe ist ein Schlosserund trug bei der Verhaftung den Bischofsring; er hatte keine Zeit, die Beraubung der bischöflichen Leiche zu vollenden.
Dänemark.
Die Verhöre gegen den in Kopenhagen verhafteten amerikanischen Konsul Ryder haben gezeigt, daß derselbe nicht nur große Unterschlagungen, man spricht von 200 000 Kronen, verübt, sondern auch Quittungen in Erbschaftsangelegenheiten gefälscht hat. Wenn er eine Erbschaft aus Amerika bezahlen sollte, behielt er entweder einfach die Hälfte oder berechnete sich so große Abgaben, daß die Erbschaft auf Nichts reduziert wurde. Seine junge Gattin ist ebenfalls wegen falscher Erklärungen vor dem Gericht verhaftet worden.
Schweden-Norwegen.
Helsingfors, 10. Aug. In der Nacht vom Sonntag zum Montag stieß der Dampfer „Ajax," welcher 100 Sonntagsausflügler an Bord hatte, mit dem Dampfer „Runeberg" zusammen. „Ajax" sank sofort. Von den Passagieren wurden nur zehn gerettet. Bisher sind 135 Leichen aufgefunden worden.
England.
London, 10. Aug. Der deutsche Kaiser hat dem Grafen Hatzfeldt seine besondere Genugthuung über den Verlauf seines Aufenthaltes in Cowes ausgedrückt und dankte allen, die dazu beigetragen haben, ihm eine so angenehme Erholungszeit zu verschaffen. Die Wiederholung seines Besuchs im nächsten Jahre hat er bestimmt in Aussicht gestellt.
Liverpool, 10. Aug. Das Lagerhaus der Firma Birell ist mit 2000 Ballen Baumwolle, 6000 Ztr. Leinsaat und 1000 Sack Mehl abgebrannt.
Afrika.
Aus Tanger wird berichtet, daß der vor zwei Tagen aufgenommene Kampf den ganzen Tag dauerte. Die Artillerie des Sultans erwies sich als unfähig und unwirksam; die Kavallerie der Rebellen ist der des Sultans überlegen. Die Truppen des letzteren flüchteten mordend und brennend bis nach Tanger
hinein, wo sie sämtliche Läden und Bazare der un teren Stadt vollständig ausplünderten; sodann schloß > sen sie die Stadtthore. Die Aufständischen liefern nur noch kleine Scharmützeln, einen ernsten Angri wagen sie nicht mehr.
Kleinere Mitteilungen.
' > Von der oberen Nagold, 11. Aug. In H. brachte der Storch dieser Tage einem Eltern- paar das 13. Kind, das 11. zu den noch vorhan denen 10 lebenden. Eine amerikanische Dame in
B. hörte von diesem in ihrer Heimat etwas seltenen Vorkommnis und machte den gesegneten Eltern einen Besuch, um sich zu dem neuen Sprößling die Paten stelle auszubitten. Sie wurde mit Freuden als Ge vatterin begrüßt und gestern war die Taufe. Die Dame meint, jetzt habe sie doch jemand, dem sie ein Weihnachtsgeschenk schicken könne. ^
Die Rache der Schwalben. Aus Stuttgärt berichtet man dem „Schwarzwälder Boten:" Der Besitzer eines Gartens bemerkte mit Befremden, daß das Nest, welches die Mauerschwalben vor nicht allzu langer Zeit unter einem Balken seines Garten Häuschens angebaut hatten, seit zwei bis 3 Tagen keine Oeffnung mehr habe. Verwundert darüber, stieg er vermittelst einer Leiter zum Nest empor, öffnete dasselbe mit einem Taschenmesser und fand in dem Nest — 5 kaum mit Flaum bedeckte Spatzen tot vor. Die Schwalben hatten offenbar,von den Spatzen vertrieben, in Abwesenheit der Spatzeneltern durch rasche Vermauerung der Oeffnung die Brut erstickt und sich so an den Nesträubern gerächt.
Aus Ebingen berichtet der „Albb.": „Der Mensch kann viel, wenn er nur ernstlich will", dachte sich am Samstagabend ein kleines, hageres Männlein und ging in einer hiesigen Wirtschaft eine Wette im Essen ein. Er hatte bereits 3 Knackwürste und eine Portion Ochsenmaulsalat verspeist, als er noch infolge der Wette mit Wohlbehagen innerhalb Stunden 17 weitere Knackwürste vertilgte. — Wenn bei dem das Sprichwort zutrifft: „Wie man ißt, so schafft man auch!" dann ist sein Meister mit ihm nicht angeführt.
Sternschnuppenfall. Bei klarem Wetter bietet sich in den kommenden Nächten wieder ein schönes Schauspiel dar; in den Tagen vom 9. bis 14. August bewegt sich nämlich die Erde durch die Bahn eines Sternschnuppenschwarmes (Schwarm der Perseiden), und so zeichnen sich diese Nächte durch häufigen Sternschnuppenfall aus.
Nordhausen, 9. August. Gestern Abend haben 2 Polizisten auf einem hiesigen Friedhof eine Rentnerin abgefaßt, als sie hölzerne Grabkreuze und Grabdeckkasten abriß, zerbrach und ihrem Dienstmädchen in den mitgebrachten Korb packte. Bei einer heute früh abgehaltenen Haussuchung wurden im Holzstall der alten Dame eine ganze Anzahl hölzerner Grabkreuze, teils ganz, teils bereits zu Brennholz zerkleinert vorgestinden. Die pietätlose That soll in krankhaftem Geiz wurzeln.
Ein Nachtfrost in den Hundstagen hat in vielen tiefliegenden Flurteilen der goldenen Aue, des Wipper- und Unstrutthales die Kartoffeln, Bohnen und Gurken vernichtet.
Aus Wien, 10. Aug., meldet man der „Fr. Ztg.": Ein siebenjähriger Knabe, der sich wegen Mißhandlungen durch seine Murter aus dem 4. Stockwerke stürzte, blieb sofort tot. Eine die Unglücksstätte umstehende Menge nahm eine drohende Haltung gegen die unnatürliche Mutter an.
Gegen Gewerbetreibende, welche die ihnen anvertrauten Lehrlinge durch unmenschliche Rohheit geistig und körperlich zu Grunde gerichtet hatten, hatte in jüngster Zeit wiederholt das Wiener Landgericht zu verhandeln. Ein trauriges Seitenstück zu diesen empörenden Straffällen wird aus Korneu- burg berichtet. Ein roher und geiziger Webermeister in Gauernsdorf, Namens Hartl, und dessen Frau hatten den 15jährigen Lehrling Groß oft mit Stöcken, Peitschen und eisernen Stangen geschlagen und ihm überdies so wenig Nahrung zukommen lassen, daß der Knabe wiederholt, um essen zu können, zum Diebe werden mußte. Der Knabe wurde oft Tage lang, nur mit einem Hemde bekleidet, im Schweinestalle versperrt gehalten. Er starb und sein Leichnam bot den Anblick eines durch Hunger Gestorbenen. Zwei andere Lehrlinge, die barbarisch mißhandelt wurden, an manchem Tage nur Kartoffeln aus dem Schwei
netrog vorgesetzt bekamen, retteten sich durch die Flucht, indem sie drei Tage lang barfuß und ohne Nahrung umherirrten. Da die Todesursache des ersterwähn, ten Lehrlings nicht genau festzustellen war. lautete die Anklage gegen die barbarischen Dienstgeber nur auf Ueberschreitung des häuslichen Züchtigungsrechtes und Unterlassung des ärztlichen Beistandes. Nach- dem die erste Instanz Hartl zu einem Monat Gefängnis mit vier Fasttagen und dessen Frau zu vierzehn Tagen Arrest mit zwei Fasttagen verurteilt hatte, wurden diese Strafen vom Kreisgerichte auf das doppelte erhöht.
Ein Liebeshandel. Vor dem Petersburger Gericht stand dieser Tage der Kleinbürger Petrow, ein unbeständiger Liebhaber, dem seine verlassene Brayt einen Zivilprozeß angehängt hatte, um aus dein Zusammenbruch ihres Glücks etwas zu retten. „Stets bin ich ihm als gute Braut entgegengekommen, habe ihn, wenn er mich besuchte, nach Möglichkeit bewirtet, ihm seine Lieblingsspeisen vorgesetzt; ein rotes Hemd und ein Paar hohe Stiesel mit schön gekrausten Schäften habe ich ihm auch geschenkt und ihm sogar sieben Rubel bares Geld geliehen. Aber jetzt verlange ich, weil ich ihm fremd geworden bin und er mich verlassen hat, daß er mir die Sachen und das Geld zurückgiebt," so erklärte die Braut, ein junges anmutiges Mädchen, dabei den Ausreißer sehnsuchtsvoll und betrübt betrachtend. „Geschenkt ist geschenkt und das Geschenkte wird nicht wieder zurückgegeben! Die sieben Rubel bin ich bereit, ihr zu bezahlen, augenblicklich jedoch bin ich dazu außerstande," entgegnete der Ungetreue. „Einigen Sic sich in Güte, Sie haben ihn doch geliebt, lieben ihn wohl noch jetzt, wozu also der Hader!" wandte der Richter sich an das junge Mädchen. „Gut, Herr Richter, er soll mich aber heiraten, es hier vor Ihnen feierlich versprechen, Sie schreiben es nieder, er unterschreibt und ich ziehe dann meine Klage zurück!" stimmte die verlassene Braut thränenden Blickes dem Versöhnungsvorschlag des Richters zu. „Sie hören es," wandte der Friedensrichter sich an den jungen Burschen» „also wählen Sie. Entweder Sie nehmen die Braut oder zahlen sofort die sieben Rubel. Wozu entschließen Sie sich?" „Lieber nehm' ich 'chon die Braut," entgegnete entschlossen der Angeklagte. Hand in Hand verließ das Brautpaar, daS ich so wieder gesunden hatte, die Gerichtskammer, re strahlend vor Glück.
Ueber die Lynchung eines Deutschen in Amerika weiß das Berliner „Int. Bl." folgendes zu erzählen: Vor drei Jahren verschwand nach größeren Unterschlagungen der Bureauvorsteher eines Berliner Rechtsanwalts, namens Richter; er ließ eine Frau und seine zwei Kinder in äußerster Not zurück und wandte sich nach Texas, wo er mit einem Mädchen eine neue Ehe einging. Durch einen Bekannten aus der alten Heimat wurde das Voreben Richters bekannt, und dieser wegen Bigamie zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt; seine zweite Frau wurde darüber wahnsinnig. Die Bewohner von Worth, wo sich dieses Drama abgespielt hatte, wurden darüber so erbittert, daß sie in das Gefängnis eindrangen und Richter am nächsten Baum aufhingen. Die rechtmäßige Frau Richters ist nun bereits im vergangenen Jahr gestorben. Richter war demnach zur Zeit seiner zweiten Eheschließung Witwer. Hätten seine Richter eine Ahnung hiervon gehabt, so wäre ihm der Strick, so sehr er ihn verdiente, erspart geblieben.
Der gesamte Kohlenverbrauch der Erde ist jüngst von fachmännischer Seite einer möglichst orgfältigen Schätzung unterzogen worden, die zu ehr interessanten Ergebnissen führte. Der „Köln, itg." schreibt man darüber: Der Kohlenverbrauch verteilt sich auf die Heizung von Dampfmaschinen, auf die Gaserzeugung, die Gewinnung von Metallen aus Erzen und die Verarbeitung derselben und schließlich auf die Benutzung am häuslichen Herde. Man kann annehmen, daß die heutigen Dampfmaschinen zusammen Dampf für zehn Millionen Pferdekräfte liefern und daß durchschnittlich die Hälfte der letzteren Stunde für Stunde durch Kohlenfeuerung gewonnen wird. Ebenso entspricht es ziemlich genau den Thatsachen, daß im Mittel für Pferdekraft und Stunde mindestens 2 Kilogramm Kohle erforderlich sind. Sonach beläuft sich der stündliche Kohlenverbrauch der sämtlichen Dampfmaschinen auf 240 000 Zentner. Wahrscheinlich ist diese Zahl