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brauche, daher die Mahnung an dieselben, auf Gottes Wegen zu gehen und bei dem zu bleiben, was sie in Kirche und Schule gelernt haben. Schließlich spricht Redner den Prüfungsmeistern und Lehrern namens des Gewerbeschulrats freundlichen Dank aus. Dasselbe thut auch der erste Redner im Namen des Gewerbevereins.

* Nagold, 3. Mai. Ein schnelles unerwartetes Ende fand gestern alt Mich. Dengler Zimmermann in Effringen. Derselbe besuchte den Wildberger Markt und suchte sich im Waldhorn mit einem Glas Bier und Wurst zu erfrischen. Auf einmal sank er seinem Nachbar lautlos an die Brust und mit Schrecken bemerkten die andern Gäste, daß der Tod ihn rasch ereilt hatte. Der Arzt konstatierte einen Herzschlag.

* Nagold, 4. Mai. Die Unvorsichtigkeit bei Handhabung der Futterschneidmaschinen hat gestern schon wieder ein Unglück herbeigeführt. Der 32 Jahre alte verheiratete Ehr. Hahn von Gültstein, der in Mötzingen ansäßig und als Taglöhner dort fein Brot zu verdienen sucht, hatte bei.Gutsbesitzer Schüttle mit der Maschine Futter zu schneiden. Trotzdem er gewarnt worden, nie mit der flachen Hand die Jnlage des Stuhls nachzuschieben, so unterließ ep doch diese Vorsicht und das scharfe Messer durchschnitt-chm die linke Hand an dem Ge­lenke vollständig, wodurch. eine Amputation einige Zoll hinter demselben nötig geworden.

* Der Bericht über die ! Plenarversammlung des landwirtschaftlichen Bezirksvereins in Haiterbach müssen wir leider wegen heutiger Anhäufung des Stoffes für das nächste Blatt zurückstellen.

l--- Oberjettingen, 4. Mai. Montag vormittag hielt Herr Oberlehrer Fritzgärtner saus Reutlingen auf dem hiesigen Rathause einen Bortrag über ratio­nelle Obstkultur. Obwohl nur wenige Stunden vor­her bekännt gemacht werden konnte, -daß ein diesbe­züglicher Bortrag stattfinden solle, hatten sich doch ca. 50 Bürger eingestellt, um der freien, teilweise mit gesundem Humpr gewürzten Rede des Herrn r^herl. zu lauschen. Nach Schluß des Vortrags, der über die Auswahl der für unsere Gegend geeig­neten Obstsorten, über Satz, Pflege und Feinde der Obstbäume handelte, sprach Herr Schultheiß Renz von hier im Namen der Versammlung Herrn Oberl. Fr. seinen Dank aus. Mittags machte der Herr Pomologe in Begleitung zahlreicher Bürger einen Rundgang durch das hiesige Obstfeld, um an seinen Vortrag noch weitere Belehrungen anzuknüpfen.

Bondorf, l. Mai. Nach 27-jähriger Amts- thätigkeit legte Schultheiß Schäfer, von hier sein Amt als Ortsvorsteher nieder. Gestern fand nun die Wahl eines neuen Ortsvorstandes statt. Non 260 Wahlberechtigten stimmten 205 ab. Von den abgegebenen Stimmen fielen 183 auf Hrn. Ver­waltungsaktuar Vetter von Bondorf.

RÜttenburg, 29. April. Das' Bierbrauereian­wesen der A. Katz Witwe ging durch Kauf in den Besitz des Herrn Hiller von Bondorf um die Summe von 81 000 -/A über.

Stuttgart, 27. April. Das Ministerium wies die K. Oberämter an, die erforderliche Erlaubnis zur Eheschließung zwischen einem italienischen Staats­angehörigen und einer Inländerin oder Ausländerin nur zu erteilen, wenn der Nachweis erteilt ist, daß die Bekanntmachung des Aufgebots in der italieni­schen Heimat eines oder beiden Verlobten stattgefun­den habe.

Stuttgart, 28. April. Nach einer vom Kgl. statistischen Landesamt veröffentlichten Mitteilung bezifferte sich die Gesammtbevölkerung Württembergs nach der Volkszählung vom 1. Dez. 1891 aus 2 036 522 Ortsanwesende gegen 1 995 185 am 1. Dez. 1885, es ist also ein Zuwachs von 41 337 Köpfen 2,07 Prozent zu verzeichnen. Die Auswanderung aus -Württemberg hat neuerdings ziemlich bedeutend ab- genommen. Während von 188085 nicht weniger ms 44 090 Personen ausgewandert waren, gab es von 188500 nur 27 796 Auswanderer. Nach den 4 Kreisen des Landes berechnet, bezifferte sich dir Zunahme der Bevölkerung im Neckarkreis auf 4,01 pCr., im Donaukreis auf 2,47 pCt. und im Schwarz­waldkreis auf 2,07 pCt., während im Jagstkreis eine 'Abnahme von 0,52 pCt. zu verzeichnen ist. Die Zahl der Städte mit mindestens 5000 Einwohner hat sich von 27 im Jahre 1885 durch Hinzutreten von Geis- lingen auf 28 erhöht. Die 3 größten Städte des uocs, Stuttgart, lllm und Heilbronu hatten 1890

eine Einwohnerzahl von 139817, 36191 rcsp. 29 941. Im Durchschnitt kommen auf 1 Hl Km 104,4 Ein­wohner. Bewohnte Wohnhäuser hatte Württemberg 1890 290 360, hinzu kommen noch 3599 im Bau be­griffene. Dem Geschlecht nach teilt sich die Bevöl­kerung Württembergs in 931 844 männliche und 1054 678 weibliche Personen. Dem Religionsbe kenntnis nach zählt Württemberg 1890 1 406 648 Evangelische (gegen 1885 mehr 28 822) 609 594 Katholische (mehr 11 392), sonstige Christen 7 451 (mehr 1602), Israeliten 12639 (weniger 532), vou anderen Bekenntnissen 190 (mehr 53). Was ihre Staatsangehörigkeit anbelangt, so zerfällt die Bevöl­kerung Württembergs in 2 024 272 Neichsangehörige und in 12 226 Reichsausländer.

Die erste urkundliche Nennung des Namens Württemberg. DerWürttembergische Landes kalender", der Heuer erstmals zu jedem Tag ein Ereignis aus der württembergische» Geschichte ver­zeichnet, trägt zum 2. Mai eine Thatsache bei, die um so mehr wert ist, erwähnt zu werden, als sie auch in derIllustrierten Geschichte Württembergs" nicht genannt ist, nämlich: 2. Mas 1092. Erste ur­kundliche Nennung Württembergs (Wirtinisberk) Welche Geschichte seit 800 Jahren, seit dieser Name erstmals genannt wird! Damals bezeichnet« er, die kleine Grafschaft zwischen Glemsgau, Murrgau, Drach- gau, westlich nicht einmal bis Leonberg reichend, nördlich etwa bis Ludwigsburg, südlich die Fflder umfassend. Der Ursprung des Namens ist immer noch nicht aufgeklärt, die einen halten ihn für kel tisch, andere deuten es als Wirtelberg-runder Berg; die dichtende Sage leitet ihn bekanntlich von einer .»Wirtin am Berg" her, die in der Geschichte der württembergischen Grafen eine Rolle gespielt haben soll

Nach der Rechnung von 1890/1892 beträgt das Aktivvermögen der Stadt Stuttgart 22'/, Millionen, die Passiva 14,130,000 Mark. Tue etatsmäßigen Einnahmen für letztes Jahr beziffern sich auf mehr als 6,307,000 Mark.

Heilbronn, 2. Mai. Eine schöne Maifeier wurde gestern früh den ca. 100 Beamten und Ar­beitern der Chemischen Fabrik Wohlgelegen bereitet, indem alle diejenigen, welche über 5 Jahre im Ge­schäft sind, von der Direktion reichlich beschenkt wurden.

Vom 1. Juli ab werden neue Frachtbriefe eingeführt, die auf allen deutschen Eisenbahnen gleich sein müssen. Die neuen Frachtbriefe sind weiß, für Eilgut sind weiße Frachtbriefe mit roten Streifen vorgeschrieben.

Die Krankheit des Königs Otto von Bayern. Das Befinden des unglücklichen Königs von Bayern verschlechtert sich langsam, aber doch bemerkbar. Sein geistiger Zustand ist der vollständiger Nacht und heftige Anfälle wechseln mit völliger Apathie in bald kürzeren, bald längeren Jnterwallen der körperliche Zustand leidet nachgerade etwas, wenn auch noch nicht sehr stark, unter diesen Verhältnissen.

Der Herzog und die Herzogin von Sachsen- Koburg-Gotha begehen am dritten Mai den Tag ihrer goldenen Hochzeit, Die sehr glückliche Ehe des her­zoglichen Paares ist mit Kindern nicht gesegnet ge­wesen, doppeltgroß ist die Teilnahme in weiten Kreisen des deutschen Volkes, das in dem Herzog einen der eifrigsten Börderer der Verwirklichung seiner natio­nalen Wünsche erblickt.

Berlin, 28. April. An der ganzen französischen Grenze sind zahlreiche Gensdarmen aufgestellt; alle Bahnstationen sind einer genauen Kontrolle unter­worfen und alle Reisenden werden bezüglich ihrer Papiere und ihres Gepäckes auf's genaueste untersucht.

Berlin, 1. Mai. Die sozialistische Maifeier äst äußerlich bis jetzt kaum wahrnehmbar. Die Phy­siognomie der Stadt ist infolge des kalten regnerischen Wetters weniger lebhaft als an anderen Sonntagen. Im Laufe des Vormittags machten die Sozialisten mit Familien mit der Eisenbahn oder in großen Gesellschaftswagen Ausflüge in die Umgegend. Die Männer trugen rote Tulpen im Knopfloch, die Frauen und Kinder hatten sich mit roten-Bändern geschmückt. (Wirklich ein unschuldiges Vergnügen.) Die Ordnung ist nirgends gestört worden. Auch aus allen Pro­vinzen liegen Nachrichten vor, wonach die Maifeier überall ruhig verlaufen ist.

In Siebenbäumer (Herzogtum Lauenburg) ist das Wirischaftsgebäude des Hufners -Ziemer abge­brannt. Ein Knecht und 26 Stück Vieh sind in den Flammen umgekommen.

A ch w e i /.

Bern, 1 Mai. In der Schweiz verlief unter geringer Beteiligung die Maifeier ruhig. Ueberall wurde eine Resolution Betreffs des Achtstundentages gefaßt.

Bern, 2. Mai. Nach den Berichten der Morgen­blätter sind die Arbeiter Umzüge in der ganzen Schweiz ruhig verlaufen. Die Arbeiter verlangen Abschaffung der politischen Fremdenpolizei. In Genf wurde ein anarchistisches Manifest verbreitet, das die Arbeiter auffordert, keine Miete mehr zu bezahlen.

Besterreich-Ungarn.

Wien, 2. Mai. Die Maifeier verlief ruhig. Von 37 Versammlungen von Arbeitern wurden nur zwei polizeilich aufgelöst, darunter die tschechische. Die oppositionellen Sozialdemokraten und deren Frauen zogen in blauen Blusen auf, alle übrigen trugen rote Emblemen, die Frauen insbesondere rote Hutfedern, Krawatten und Buscntüchcr. Abends wurden einige Verhaftungen harmloser Natur vor­genommen. Die Dynamitattentate wurden von allen Arbeiterversammlungen bedauert und aufs. schärfste verurteilt; jeder Zusammenhang zwischen den So­zialisten und Anarchisten wurde bestritten.

Ein hübsches Sümmchen. Das Vermögen des kürzlich in Wien verstorbenen William Astor wird auf 60 Millionen Dollars «über 250 Millionen Mark) geschätzt; einige Blätter sprechen irrtümlich gar von 60 Millionen Pfund Sterling, das wären also 1200 Millionen Mark.

Frankreich.

Paris, 1. Mai. In Tours explodierte in der vergangenen Nacht in einer öffentlichen Bedürfnis­anstalt eine Bombe, wobei der Urheber der Erplo- siou schwer verwundet wurde. In Chartres ex­plodierte in der Kathedrale während der Messe eine Petarde, wodurch große Bestürzung hervocgerufen wurde, doch wurde niemand verletzt.

Paris. 2. Mai. In der Arbeiterversammlung im Faviesaal, die von etwa 3000 Teilnehmern besucht war, sprachen sämmrliche R.dner für den Achtstunden­tag. Munizipalrat Vaillaut erklärte, die Arbeiter­partei würde dieses Jahr zum letzten Male Schritte bei der Regierung /versuchen, sollten diese erfolglos bleiben, so würden sie energischere Mittel anwenden. Der sozialistische Deputierte Lavy verdammte energisch das Vorgehen der Anarchisten; er sei zwar ein An­hänger der R.'volution, aber ein Feind von Dyna­mitattentaten. (Lebhafter Beifall.)

Dem Dienstag in Paris aagekom neuen Prinzen von Wales wurde, als man sein Gepäck auslud, ein kleines Kofferchen mit höchst wertvollem Inhalte ge­stohlen. Alle Nachforschungen blieben bisher vergebens.

Pariser Wohlthätigkeit. Die freiwilligen Ga­ben für den unglücklichen Very, den Restaurateur am Boulevard Magenta, fließen recht spärlich und eine vom PariserMatin" seit drei Tagen eröffnete Sammlung hat nur etwa 3000 Fr. ergeben. Sonst findet man bei derartigen Sammlungen oft Beträge von 1000 Fr. und darüber, während diesmal der höchste Betrag sich nur auf 100 Fr. stellt. Die höhern Beträge sind bezeichnenderweise fast durch­weg ohne Nennung der Geber eingesandt. was da­rin den Grund haben dürfte, daß diese es nicht an­gemessen erachten, sich durch Bekanntgeben ihrer Na­men die Abneigung der Anarchisten zuzuziehen.

Be 1 gie n-H ollan -.

Brüssel, 2. Mai. Bei Lüttich wurde aus der Pulverfabrik von Ghlin eine bedeutende Menge Dynamit Sonntag nachts gestohlen. Die Wacht­posten feuerten auf die Diebe und verwundeten einen davon. Die Diebe entkamen jedoch glücklich und nahmen das Dynamit mit sich.

Brüssel, 2. Mai. In Lüttich wurden in ver­gangener Nacht fünf Dynamitattentate ausgeführt, davon zwei auf dem Boulevard San Veniere Nr. 179 und Nr. 106, den Wohnhäusern der Senats­präsidenten Selys und Longchamps. Die Haus­front wurde zerstört, Thüren, Fenster und Möbel vollständig zertrümmert. Die Bomben waren in einem Kellerfenster angebracht. Fräulein Selys sah den Attentäter flüchten und hörte um 6'/z Uhr vom Balkon herab, wie zwei Männer sich verabredeten, wiederzukommen und Feuer anzulegen. Die gegenüber­liegende Schule von Saint Jean und die Bürger- gardekaserne haben schwer gelitten. Um 9 Uhr abends explodierten zwei an den unteren Portalen der Sockt hMartinkirche angebrachte Dynamitpatronen; sämtliche: