Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Samstag 16. April
1892.
A m! l i ch k s.
Bekanntmachung.
Diejenigen Ortsvorsteher, welche mit der Vorlage der Nachweisunge» über ausgeführte Regiebauarbeiteu noch im Rückstand sind, werden aufgefordert, dieselben umgehend anher vorzulegen.
Nagold. 13. April 1892.
K. Oberamt. vr. Gugel.
S4 Mern. Z-T
Ostern ist da, der Frühling ist gekommen! Wie brausender Jubcllaut klingt die frohe Kunde in diesem Jahre durchs deutsche Vaterland, durch alle schönen Gauen des Reichs. Schon oft wurde das Osterfest, der Frühling herbeigcsehnt, zur Erlösung der schwer bedrängten Erde aus des Winters strenger Haft, schon oft schauten Millionen Augen zum Himmel und baten Millionen um Wendung der schlimmsten Zeck des Jahres, die Not, Sorge, Entbehrung und Krankheit leider immer für Viele unserer Mitmenschen im Gefolge har. Diesmal ist der Winter uns gnädig gewesen, seine Herrschaft ist keine allzu strenge gewesen, schon seir mehreren Wochen sind Wege und Ströme frei von Schnee und Eis, und des Verkehrs flüchtiger Fuß wandelt zu Wasser und zu Lande ungehemmt seine Bahnen. Aber doch ist der Frühling herbeigesehnt und mit ihm die schönere, freudigere Zeit des Jahres, in welcher die Gedanken frohbeschwingt der Zukunft heitere Seiten abgewinnen und unter Hellem Sonnenlicht so manches ganz anders erscheint, wie in den trüben Tagen des Winters, in welchem graue Wolken nur zu häufig die Lichtspenderin des Tages — und auch des Lebens verhüllen. Ein schönes, frohes, reichgesegnetes Osterfest wünschen wir und alle, denn war der Winter mild, so war hart, recht hart doch die Zeit. Der alte deutsche Golt hat seine treue Hand noch gnädig über unser Vaterland gehalten, wir sind vor dem schlimmsten Elend, dem Hunger in unverhüllter, grauser Gestalt verschont geblieben, vordem entsetzlichen Los, von welchem in unserem Nachbarlande so viele Millionen betroffen sind. Aber beschwerlich war der Zeit Gestaltung, hart der Kampf um die zum Leben erforderlichen Existenzmittel, erschwert die Lebenshaltung, da gab es Gelegenheit zu zeigen, ob Mark und Kraft im Menschen stecken, ob er fest steht, wenn der Sturm auch einmal ein bescheidenes Lebensschifflein zu zertrümmern oder in die Tiefe zu versenken droht, da gab es vor allem Gelegenheit zu beweisen, ob unser Volk auch Ernst und Entschlossenheit besitzt für ernstere Zeit. Wenn der Nordsturm über eine kernfeste Eiche dahinbraust und vergebens versucht, sie zu rütteln oder gar zu knicken, dann fliegen wohl Blätter, dann sausen auch wohl Reiser vom starken Stamm davon. So auch bei uns! In der kritischen Lage hat es auch an einzelnen bedenklichen Symptonen nicht gefehlt, aber sie haben in keiner Weise vermocht, einen nachteiligen Eindruck auf das ganze Volk hervorzurufen. Das deutsche Volk hat eine harte Zeit gut überstanden und es kann stolz darauf sein. Daraus spricht noch eine tiefe Erkenntnis der Dinge, ein hohes Pflichtgefüh und besitzen diese Pflichttreue nicht alle, so kann doch die Entartung eines teils nicht das Ganze unheilbar machen. Eine Wendung der schweren Tage wird zum Osterfest, zum Frühling erhofft. Das deutsche Volk ist im harten Winter sich selbst treu
geblieben, mag es auch im besseren Frühling sich treu bleiben und Treue bewahren dem, dem Treue es schuldig!
Unsere Zeit bleibt eine ernste, wenn auch der Druck der äußeren Verhältnisse, so hoffen wir zu- versichtlich, sich mildern wird. Unsere Zeit wird eine bessere werden, wenn alle Millionen, Hoch und Nieder, Reich und Arm, ohne Ausnahme eine Lehre ziehen wollten aus den verflossenen ernsten Tagen. Die letzte Vergangenheit beweist nicht einiges, sie beweist alles, sie zeigt, daß weder ein Mensch, noch Tausende, weder Weise noch Thoren sich unser Leben, unsere ganzen Verhältnisse so gestalten können, wie sie es gern möchten, und andere schließlich auch. Jeder Mensch möchte gern den Himmel auf Erden in Form eines behaglichen, sorgenfreien Daseins haben; der Unterschied dabei ist nur der, daß die Einen glauben, das sei möglich, während die Anderen sagen, ebensowenig wie alle Menschen Engel sind, ebensowenig kann man sie auch zu Maschinen machen, jeder Mensch wird stets sein Los sich selber bereiten. Einen reißenden Strom kann man so lange, als keine Elementarereignisse eintreten, schon zwingen, in seinem Bett zu bleiben, aber dafür, daß Millionen Menschen auch nur eine einzige Stunde nichts anders thun, als was gut und edel ist, dafür kann niemand einstehen, ein solches Ziel wird weder heute, noch später emand erreichen. Wer die Leidenschaften aller meistern will, der fällt am schnellsten eben diesen Leidenschaften zum Opfer.
Wenn irgend jemand im Stande wäre, uns vor Schlimmem zu behüten, dann würde er es im letzten Jahre gethan haben. Niemand hat die schlimme Ernte verhindern, niemand die Geschäftsstille und Verdicnstlosigkeit aufhalten können. Und die, welche in guter Zeit am heftigsten gegen den Frieden im deutschen Volke, unter seinen Bürgern hetzten und schürten, die waren in diesen Tagen die stillsten. Ihr Latein war zu Ende gegangen. Es gibt kein anderes Mittel, die Existenz uns zu einer befriedigenden zu machen, als Thätigkeit, die aus dem Können entspringt, und Genügsamkeit. Jedem ernst denkenden und ernst arbeitenden Manne ein kräftiger deutscher Händedruck zum Zeichen der Hochachtung, diese Gemeinde der Bürger ist es, welche durch die That das Vaterland schützen und wahren. Manches wird gewünscht, manches ist erfüllt, manches bleibt zu erfüllen übrig. Deutschland hat sich, trotz aller Zwischenfälle, seit der Wiederaufrichtung des Reiches stets und ständig als ein Rechtsstaat gezeigt, in viel, viel höherem Maße, als andere Länder, die mit diesem Worte zu prunken, aber nicht im Sinne des Wortes zu handeln lieben. Jedem muß sein Recht werden, jedem Bürger, und wenn es viel Arbeit kostet, bis dies Ziel erreicht, so ist das Ziel diese Arbeit auch wert. Und wenn wir offen sein wollen, so müssen wir, mit der Hand auf dem Herzen, auch zugeben, daß manches anders sein könnte, wenn weniger Widerstreit über kleine Dinge, mehr das Jnsaugefassen der großen Ziele vorhanden wäre.
So grüßen wir Ostern und in ihm auch das hohe Fest der christlichen Kirche, der größten Trägerin von Kultur und Sitte, die es jemals gegeben. Wären die Lehren der christlichen Kirche dem vollen Inhalt nach erfüllt, dann wäre auch in Wahrheit Frieden auf Erden. Es ist das nicht der Fall und wird es nicht sein, weil wir eben Menschen mit allen Mängeln und Fehlern sind. Ist es aber einer Lehre der Liebe unmöglich, alle zu versöhnen, wi* sollte die
Erreichung dieses Zieles einer Lehre des Hasses möglich sein? Stehen wir fest darum in Zukunft für und für in deutschem Glauben, deutschen Worten und Thaten, dann werden wir am schnellsten vorwärts kommen? Das deutsche Volk kann viel, kann alles, wenn es einig ist. Es war im großen Nationalkrieg einig, mag es einig werden zur Abwehr aller Gefahren des Innern. Fest nach Außen, treu im Innern! Das ist unser Osterwunsch.
Hages-Wertigkeiten.
Deutsches Weich.
Stuttgart, 12. April. Das schon längst im Umlauf befindliche Gerücht, daß der bekannte Herr Joseph Kürschner nach den Vorgängen bei der letzten Generalversammlung der Deutschen Verlagsanstalt beabsichtige, von seinem Posten als Herausgeber und Direktor der in diesem Verlag erscheinenden belletristischen Zeitschriften zurückzutreten, scheint sich bestätigen zu wollen. Herr Kürsckiner war früher Redakteur von „Fels zum Meer" und trat sodann vor einigen Jahren seinen jetzigen Posten an, der für die deutschen journalistischen Verhältnisse überaus glänzend bezahlt war. Herr Kürschner soll neben einem festen Gehalt von 25,000 noch eine bedeutende Tantieme bezogen haben, so daß sein Gesamteinkommen aus seiner Stellung, unbeschadet seiner sonstigen schriftstellerischen Thätigkeit, bis zu 35,000^ betrug. Herr Kürschner will dem Vernehmen nach sich in Eisenach ansiedeln.
Stuttgart, 13. April. Das Königspaar reist nach dem am 23. April stattfindenden Hofball zum Besuch des Großherzogs von Baden nach Karlsruhe.
In München ist die Schriftstellerin Emma Lad- dey gestorben.
Gne unangenehme Entdeckung wurde dieser Tage in Potsdam gemacht, nämlich daß der polizeiliche Milchmeßapparat unrichtig sei! Wie die Untersuchung durch den Chemiker Dr. Bischof ergab, mißt das amtliche Instrument */, Grad weniger als Rechtens ist. Das Fatalste bei der Geschichte ist, daß die mit dem falschen Milchmesser vorgenommenen Untersuchungen schon zu zahlreichen Bestrafungen von Milchhändlern geführt haben; dadurch entsteht somit die Frage, wer nun, nachdem sich die Unrichtigkeit des von der Behörde verwendeten Galaktometers herausgestellt hat, die ungerecht Verurteilten entschädigt? Die Strafen selbst können im Wiederaufnahmeverfahrenrückgängig gemacht werden, aber für den Geschäftsnachteil gibt es wohl schwerlich eine Entschädigung.
Das Verfahren gegen den Pfarrer Thümmel in Remscheid wegen Beleidigung des heiligen Rocks in Trier ist eingestellt worden.
Eine auffallende Erscheinung, daß in dem ersten Quartal dieses Jahres weder aus Hamburg noch aus Magdeburg ein Pfund Zucker nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika abgegangen ist. findet ihre Erklärung dadurch, daß in der Union sich ein Zucker- rina gebildet hat. der sich nach und nach die „Kontrolle" über fast alle dortigen Raffinerien des Landes verschafft hat und die Preise in Deutschland zu drücken versuchte. Newyork, Philadelphia, St. Louis und Cincinnati sind hauptsächlich in diesem Ringe vertreten. Die günstige Witterung auf Kuba hatte es ermöglicht, mit dem von dort importierten Zucker einstweilen den Bedarf zu decken und es wird, falls das Wetter eine zeitlang weiter günstig bleibt, vor-