Der Gesellschafter

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 4, in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 20 4.

Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Dienstag 10. November.

Insertions-Gebühr für die Ispaltige äeile aus

gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S 4, bei mehrmaliger je 6 4.

Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Dige vor der Herausgabe deS Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1891

Amtliches.

Bekanntmachung.

GYPsmüller Martin Lutz in Unterthalheim be­absichtigt auf seiner imoberen Thal" gelegenen Wiese Parz.-Nro. 219/^ einen Gypsbrennofen zu errichten.

Dies wird mit dem Anfügen hiemit veröffent­licht , daß etwaige Einwendungen gegen dieses Unternehmen binnen 14 Hagen bei der Unter­zeichneten Stelle anzubringen sind, und daß diese Frist, welche ihren Anfang mit Ablauf des Tages nimmt, an welchem das die Bekanntmachung enthal­tende Blatt ausgegeben worden ist, für alle Ein­wendungen, welche nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhen, präklusivisch ist, d. h., daß nach Ablauf dieser Frist Einwendungen in dem Verfahren nicht mehr angebracht werden können.

Die Beschreibungen, Zeichnungen und Pläne dieser Anlage sind während den gewöhnlichen Ge­schäftsstunden zur Einsicht für die Beteiligten auf der Oberamtskanzlei aufgelegt.

Nagold, 6. Nov. 1891.

K. Oberamt. I)r. Gugel.

Bekanntmachung.

Das unter dem 15. v. Mts. vom K. Oberamt Freudenstadt erlassene Verbot des Durchtreibens von Wiederkäuern und Schweinen durch Dornstetten (vergl. Gesellsch. Nr. 124) ist wieder aufgehoben worden.

Nagold, 6. Nov. 1891.

_K. Oberamt. Or. G u g e l.

Seine Königliche Majestät haben vermöge aller­höchster Entschließung dem Regierungs-Präsident von Luz den Olga-Orden verliehen.

Die am 26. Okt. d. Js. und den folgenden Tagen ab- gchaltene Nachprüfung im niederen Eiscnbahndienst hat u. a. mit Erfolg erst anden: Hermann Stockinger von Nagold.

Gestorben: Christian Hiller, Oekonom in Oberrcut-

hin, 58 Jahre alt. __ >

Tages-WeuigkeiLen.

Deutsches Weich.

Tübingen, 6. Nov. In der gestrigen Haupt­versammlung der deutschen Partei hielt Professor Dr. Schäfer einen interessanten Vortrag über das Verhältnis Deutschlands zu den übrigen Großmächten. Bismarck hielt freundliche Beziehungen zu Rußland möglichst lange aufrecht. Erst als diese erkalteten, entschloß er sich zur Gründung des Dreibundes. Deutschland hat das größte Interesse am Bestände Oesterreichs. Ein Krieg mit Rußland würde aber tm günstigen Fall uns keine Vorteile, keinen Länder­erwerb, sondern neue Schwierigkeiten und Verlegen­heiten bereiten. Die deutsche Politik habe nach Bismarck eine freundliche Stellung zu England ein­genommen, die uns der Gefahr eines Konfliktes mit Rußland aussetze. Da wolle man England in der Dardanellenfrage unterstützen und in der Erklärung über den Zug Emin Pascha's habe man das deutsche Ansehen aufs tiefste geschädigt. Ebenso drückte sich Professor Eimer unter Zustimmung der ganzen Ver­sammlung aus.

Stuttgart, 3. Nov. Bezüglich der vor nicht allzu langer Zeit bei der Kavallerie eingeführten Stahllanzen teilt man von berufener Seite mit, daß dieselben den an sie zu stellenden Ansprüchen doch Mcht so entsprechen, wie man gehofft hatte. Ein großer llebelstand besteht darin, daß sich die Stahl­lanzen insbesondere in den Händen der schweren Reiter, Ulanen und Kürassiere, krumm biegen. Ein

anderer llebelstand ist, daß sowohl beim Exerzieren als auch dann, wenn die Lanze im Steigbügel steht, sich von der hintern Seite der Lanze der Lack ab­reibt. An den bloßen Stahl setzt sich dann infolge von Regen oder durch die Berührung mit feuchten Händen leicht Rost an, worunter namentlich auch die Uniform zu leiden hat. Angesichts dieser Män­gel erscheint es nicht als unmöglich, daß man über kurz oder lang wieder zur Holzlanze zurückgreift.

Stuttgart, 4. Nov. Die Vorstände sämtlicher Volksschullehrervereine und Lehrerunterstützungs- vereine Württembergs haben aus Anlaß des Ab­lebens Sr. Mas. des Königs Karl Adressen an Se. Mas. König Wilhelm II. und an Ihre Majestät die Königin Olga gerichtet. Se. Mas. der König hat den Vorständen Höchstihren gnädigen Dank mit der Versickerung aussprechen lassen, daß Höchstihnen die Interessen der Volksschule und der Volksschul­lehrer stets am Herzen liegen werden. Auch von seiten des Sekretärs Ihrer Maj. der Königin Olga haben die Vereine ein allergnädigstes Antwortschreiben erhalten.

Stuttgart, 5. Nov. (Landtag.) Zu Beginn der heutigen Schlußsitzung warf Präsident v. Hohl einen Rück­blick auf die parlamentarischen Arbeiten während der mit dem heutigen Tage zu Ende gehenden ersten Legislaturperiode des Landtags. Das hohe Haus könne mit dem Bewußtsein treuer Pflichterfüllung auf seine Arbeiten zurückblicken. Der Präsident schloß mit Worten des Dankes für die allseitige freundliche Mitwirkung, die ihm bei Führung der Geschäfte zu Teil geworden und ruft den Mitgliedern ein herzliches Lebewohl zu. lBeifall.) Frhr. Edm. v. Ow rühmt hierauf die umsichtige und unparteiische Leitung der Geschäfte durch den Herrn Präsidenten und fordert das Haus auf, sich zum Zeichen der Anerkennung der erfolgreichen Wirksamkeit des verehrten Herrn Präsidenten von den Sitzen zu erheben. (Geschieht.) Präsident v. Hohl erwidert dankend. Hierauf treten die Mitglieder der ersten Kammer ein. Der Präsident des Staatsministeriums Dr. Frhr. v. Mittnacht tritt an den Ministertisch und verliest das Königliche Entlassungs-Reskript. Das Haus erhebt sich. Sodann zählt der Ministerpräsident die Reihe der wichtigen und bedeutungsvollen gesetzgeberischen Aufgaben auf, die der Landtag löste, dankt im Namen des Königs hiefür und erklärt den Landtag für geschlossen. Der Präsident der Kammer der Standcsherren brachte hierauf das Hoch auf den König aus, in das die Versammelten be­geistert einstimmten.

Stuttgart, 5. Nov. Von welchem Umfang und von welchen Folgen für die deutschen Lebens­versicherungsgesellschaften die im verflossenen Jahr herrschende Influenza war, davon giebt eine ziffer­mäßige Zusammenstellung, welche in den Kreisen der Lebensversicherungsgesellschaften zurzeit aufgestellt wird und deren Ziffern uns zur Verfügung gestellt worden sind, einen recht deutlichen Äeweis. Es wurden ausbezahlt von Lebensversicherungen an Personen, welche an der Influenza starben, in Stutt­gart 510 456 olL oder 13°/» sämtlicher zur Aus­zahlung gelangten Summen, in Karlsruhe 279 504 -M, oder 10,6°/», in Gotha 1 170 400 oder 10,8°/«. in Lübeck 237 620 ^, oder 8,7°/o, vom Versiche­rungsverein Janus 121 645 oder 9,2°/o, von der Concordia 416 822 oder 11,9°/«, in Meck­lenburg 64 600 oder 13,9°/» und Magdeburg 105 600 oder 25,6°/o. Hiebei ist zu bemerken, daß nur bei Magdeburg diejenigen, welche an den später zu Tag getretenen Folgen der Influenza ver- storben sind, eingerechnet worden sind. Zusammen wurden von diesen 8 Versicherungen 2 906 647 oder 11,3°/» für Jnfluenzatodesfälle ausbezahlt. Da die genannten 8 Versicherungsgesellschaften so ziemlich genau die Hälfte der in Deutschland versicherten Summen repräsentieren, so darf mit ziemlicher Sicher­es geschlossen werden, daß die Statistik, wenn sie

vollendet sein wird, die Gesamtsumme von etwa 5 800 000 -/A aufweisen wird. So teuer kam die Influenza die deutschen Versicherungen zu stehen. Kein Wunder, wenn man in Versicherungskreisen bei der leisesten Nachricht eines Wiederauftauchens der Seuche erbleicht.

Stuttgart, 5. Nov. Wie uns aus bester Quelle mitgeteilt wird, werden die bisher dem Club der Linken angehörenden Abgeordneten Probst, Swckmayer, Untersee aus dieser Fraktion austreten. Wie bekannt, war schon mehrfach die Rede davon, daß in der württembergischen Abgeordnetenkammer die Bildung eines Centrums beabsichtigt werde, und da unter den oben genannten Herren zwei (Probst und Untersee) als die Führer der Katholiken in Württemberg gelten, könnte es vielleicht den Schein erwecken, als ob die jetzt beabsichtigte Secession damit in Zusammenhang stehe. Dies ist aber durchaus nicht der Fall, vielmehr hat der Rücktritt der ge­nannten Abgeordneten seinen Grund lediglich in der überaus scharfen Opposition, welche seitens eines Teils der Linke» schon seit längerer Zeit, namentlich aber während der zu Ende gegangenen Session zu Tage getreten ist. Wir werden nicht nötig haben, hierfür Einzelnheiten anzuführen.

Stuttgart. Vor einiger Zeit sind die Bier­brauer und Wirte darauf aufmerksam gemacht worden, daß sie sich durch einen Zusatz von Saccharin zu minderwertigem oder verdorbenem Bier behufs Ver­besserung desselben der Gefahr einer Bestrafung nach § 10 des Nahrungsmittelgesetzes vom 14. Mai 1879 aussetzen. Eine solche Bestrafung hat inzwischen bereits stattgefunden, sofern durch Erkenntnis eines württembergischen Schöffengerichts ein Bräumeister wegen Zusatz von Saccharin zu minderwertigem oder verdorbenem Bier zu der Geldstrafe von 100 Mark verurteilt worden ist.

Die Jnvaliditäts- und Altersversiche­rungsanstalt des Königreichs Württemberg hatte bis 1. Sept. 2641 Altersrenten bewilligt und für diese unter Zugrundlegung eines Durchschnittsbe­trages von 139-k 58 368 630 veraus­

gabt. Das Reich hatte für Württemberg 132 050 INark beizutragen, so daß für die Versicherungsanstalt selbst 236 580 verbleiben. Während der ersten 8 Monate dieses Jahres sind bei der Württ. Ver­sicherungsanstalt 1 697 016 ^ aus dem Verkauf von Beitragsmarken eingegangen.

Ulm, 6. Nov. Der Prozeß gegen den Handels­mann Moses Samuel Nathan aus Laupheim, welcher diesen Sommer so großes Aufsehen machte, äußert noch immer seine Nachwirkungen. Nathan war von der Steuerbehörde bekanntlich zu 40 000 Strafe verurteilt worden, welche Summe das Gericht um einige Tausend Mark ermäßigte. Auch gegen dieses Urteil legte Nathan Revision ein, welche aber vom Strafsenat des Kgl. Oberlandesgericht am 4. Nov. verworfen wurde. Hier ist das Gerücht verbreitet, Nathan habe sich inzwischen seines Vermögens ent- äußert, um die Strafe nicht zahlen zu können. Wir glauben nicht, daß ein württembergisches Gericht sich von Herrn Nathan eine solche Fastnachtsnase drehen ließe.

Brandfälle: Den 5. Nov. in Stetten (Laup­heim) das Anwesen des Jos. Amann. Leider sind weder die Gebäude noch die Vorräte versichert; den 5. November in Möckmühl die an der Straße nach Roigheim stehende große Scheuer des Waldhorn­wirts Dertinger. Die Scheuer wurde an allen vier Ecken gleichzeitig angezündet.