Brandfälle: In Obernau am 4. Juli das Haus des Maurermeisters Jul. Schweinbenz.
Bamberg, 6. Juli. Das schon berichtete Eisenbahnunglück bei Eggolsheim, einem Flecken zwischen hier und Forchheim, traf einen Vergnügungszug von Berlin nach München. Getötet ist eine Frau, sechs Personen sind schwer, sechs leicht verwundet.
Erfurt. 4. Juli. Die Gewehrfabrik hat 700 Arbeitern gekündigt.
Der Schaden, der im Herzogtum Braunschweig durch Hagel in letzter Woche angerichtet wurde, ist ungeheuer. Bei der Magdeburger Hagelversicherungsanstalt sind allein Schäden im Betrag von 30, Millionen Mark angemeldet.
Berlin, 4. Juli. In einer soz. Versammlung erklärte Bebel, Bollmar werde auf dem nächsten Parteitag wegen seiner bekannten Rede in München zur Rechenschaft gezogen werden. Er habe dies Bollmar bereits mitgeteilt. Die Fraktion billige die Bemerkungen Vollmars weder bezüglich der äußern noch der inner» Politik.
Nachdem das deutsche Kaiserpaar am Freitag in Begleitung der Königin-Regentin und der jungen Königin von Holland dem Haag und der Stadt Rotterdam noch Besuche abgestattet hatte, ist gegen 6 Uhr abends nach herzlicher Verabschiedung von den Königinnen die Abfahrt nach England erfolgt. Am Sonnabend Mittag um 12 Uhr hat das Kaiserpaar Sherneß an der Themsemündung erreicht, die Fahrt ist aber ohne Unterbrechung sogleich bis nach Port Victoria fortgesetzt worden. Dort wurden die Majestäten von dem Prinzen von Wales und den Hcrzögen von Edinburgh, Connaught u. a. und von dem deutschen Botschafter empfangen. Nach der Begrüßung wurde auf der „Hohenzollern" ein Frühstück eingenommen und daraus mit einem Sonderzuq die Reise über London nach Windsor angetreten.
Der „Vorwärts" veröffentlicht den Entwurf des neuen sozialistischen Parteiprogramms, sowie einen Aufruf, worin der diesjährige Parteitag auf den 20. Oktober nach Erfurt einberufen wird. In der Einleitung des Programms wird das Wesen der Sozialdemokratie in Unterscheidung vom Staatssozialismus dargelegt und erklärt, die Befreiung der Arbeiterklasse könne nur das Werk der Arbeiterklasse selber sein. Die Befreiung sei nicht eine nationale, sondern eine soziale Aufgabe, woran die Arbeiter aller Kulturländer gleichmäßig beteiligt seien. Die sozialdemokratische Partei Deutschlands erklärt sich eins mit den klassenbewußten Arbeitern aller übrigen Länder. Das Programm zählt 10 Forderungen auf, darunter die Entscheidung über Krieg und Frieden durch die Volksvertretung, die Errichtung internationaler Schiedsgerichte, die Abschaffung aller Aufwendungen aus öffentlichen Mitteln zu kirchlichen und religiösen Zwecken, die Weltlichkeit der Schule, an Stelle der stehenden Heere eine Volkswehr, Unentgeltlichkeit der Rechtspflege, Rechtsprechung durch vom Volk gewählte Richter, unentgeltliche ärztliche Hilfeleistung und Heilmittel. Das Parteiprogramm schließt mit der Forderung um Maßnahmen zum Schutz der Arbeiterklassen.
Nach einer im Maiheft zur Statistik des Deutschen Reichs veröffentlichten Uebersicht über die Spiel- karten-Fabriken und den Verkehr mit Spielkarten waren während des Etatsjahres 1890/91 innerhalb des Deutschen Reiches 50 Spielkarten- Fabrcken im Betrieb (gegen 52 im Vorjahr). Diese Fabriken haben am Schluß des Vorjahres 994 514 Kartenspiele von 36 oder weniger Karten und 256 401 Spiele von über 36 Karten im Bestand gehabt und am Schluß des Etatsjahres 1890/91 907 441 Spiele der einen und 242 476 Spiele der anderen Art. Der Zugang während des Jahres hat betragen 4 591 395 und 961 546 Spiele, und hiervon wurden versteuert 3 919 856 Spiele mit je 0,30 und 179 806 mit je 0,50 ^ In das Ausland wurden ausgeführt 757 563 Spiele mit 36 Karten oder darunter und 790 114 andere Spiele, während vom Ausland eingegangen und in den freien Verkehr getreten sind 20 168 und 8256 Spiele.
Metz, 2. Juli. Hier ist trotz des allgemeinen Weltfriedens erbitterter Krieg zwischen Franzosen und Deutschen und, was fast noch schlimmer ist, Krieg der Katholiken gegen die Ketzer. Zum Glück ist das Ende des Kampfes am nächsten Sonntag, den 5.
ds. Mts., zu erwarten. Auf diesen Tag ist nämlich die Wahl der sämtlichen Gcmeinderäte in Elsaß und Lothringen, die alle 5 Jahre stattfindet, von der Regierung ausgeschrieben. Schon lang vorher war der Schlachtruf: „Hinaus mit den Deutschen. Kein Ketzer darf wieder in den Gemeinderat kommen!" ausgegeben worden. Der letztere Ruf wird leider noch eifriger von den Deutschen selbst wie von den Franzosen erhoben und hat das Schlimme, daß er die Deutschen in zwei Lager teilt. Bei der vorigen Wahl im Jahr 1886 war es unseren Landsleuten endlich nach ungeheueren Anstrengungen gelungen, nicht bloß Deutsche in den Gemeinderat zu bringen, sondern auch die Majorität darin zu erlangen und nun wird von gegnerischer Seite alles aufgeboten, damit die unbedingte Herrschaft wieder ihnen zufällt. Auf deutscher Seite findet sich viele Lauheit, leider selbst mitunter große Erbärmlichkeit. Man darf gespannt sein, welches Ende der Kampf nehmen wird.
Deüerreich-Ungarn.
Wien, 5. Juli. Der „Neuen Freien Presse" zufolge hatte der Staatssekretär des Deutschen Reichspostamts Dr. v. Stephan gestern nachmittag in einem Telegramm Sr. Majestät den Kaiser über den Erfolg der Postkongreßkonferenzen berichtet. In später Abendstunde langte darauf ein Antworttelegramm aus Schloß Windsor ein, in welchem es heißt: „Ich danke für die telegraphische Mitteilung und freue Mich des weiteren Ausbaues des großen für die Entwicklung des Handels und des Verkehrs bedeutungsvollen Werkes, mit dessen Begründung Ihr Name so eng verknüpft wird
Wien, 6. Juli. In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde die Petition des Peter Pabst aus Gusen (Oberösterreich) verhandelt, der unschuldig wegen Brandlegung zu zwölfjährigem Kerker verurteilt, 20, Jahre „verbüßt" hat, ehe sich das Gitter seines Kerkers öffnete. Die Verhandlung erregte große Bewegung im Hause. Eine Resolution beschloß, den von der Regierung ruinierten Mann vollständig zu entschädigen und noch in dieser Session über die unternommenen Schritte vom Hause aus zu recherchieren.
Der oberste Gerichtshof in Wien entschied anläßlich eines Falles, daß ein katholischer Priester, selbst wenn er Protestant geworden, nicht berechtigt sei, eine Ehe einzugehen.
In Prag sind nicht nur die Deutschen, sondern auch die deutsch sprechenden Tschechen ihres Lebens nicht mehr sicher. Am Freitag Abend, so berichtet die „Frankfurter Zeitung", wurde auf dem altstädtischen Quai eine deutsch sprechende Gesellschaft überfallen. Die Angreifer schrieen: „Deutsche Hunde!", „Deutsche Bagage!" Eine nach Hunderten zählende Menschenmenge nahm für die Missethäter Partei und schrie und prügelte die Deutschen. Drei Deutsche (!) sind verhaftet worden. In deutschen Kreisen ist man empört über den Vorfall.
Königgrätz, 3. Juli. Sächsische Veteranen sandten folgendes Telegramm an den Kaiser von Oesterreich: „Beim Ueberschreiten der Landesgrenze senden 200 sächsische Veteranen Ew. Majestät un- terthänigste Grüße und ein donnerndes Hurrah." Desgleichen wurde dem König von Sachsen ein ehrfurchtsvollster Gruß der Veteranen telegraphisch übermittelt.
Schwei).
Bern, 6. Juli. Das Eisenbahn-Departement giebt bekannt, die Zahl der bei dem Mönchensteiner Unglück Getöteten betrage 73, die Gesamtzahl der Verwundeten 131; als vermißt wurden 11 Personen angemeldet, wovon aber nur bezüglich einer feststeht, daß sie mit dem Zuge gefahren sein könnte.
Auf der Aare bei Wangen (Kant. Bern) erfolgte ein großes Unglück (s. Telegr. in letzter Nr.) durch das Anschlägen eines Pontons gegen die Brücke. Das Fahrzeug enthielt etwa 40 Personen, von denen nur 2—3 schwimmend sich retteten. Vermißt werden 11, nach anderen Angaben 14 Personen.
I r a n k r e i ch.
Paris, 5. Juli. Ein Prediger in der Wüste. „Gil Blas" veröffentlicht eine lange Unterredung mit einem ungenannten Senator, der nach der ganzen Beschreibung nur der frühere Minister des Auswärtigen Barthelcmy Saint Hilaire sein kann. Er greift ein französisch-russisches Bündnis aufs heftigste an. Der Dreibund, welcher die berechtigte Verteidigung der Zivilisation gegen die mosko-
witische Barbarei bedeute, richte seine Spitze keineswegs gegen Frankreich. Auch wenn, wie zu erwarten, England sich dem Dreibunde anschließe, sei das kein Grund zu Befürchtungen. Das neutrale Frankreich habe nichts zu fürchten und müsse ein Bündnis mit Rußland zurückweisen, da dessen Sieg mit dem Siege der Barbarei gleichbedeutend sei. Auch könne es durch einen solchen Verrat an der Zivilisation keinen Vorteil erreichen. Geschlagen, werde es das Schicksal Polens teilen, siegen, zwar Elsaß-Lothringen, vielleicht auch das linke Rheinufer erhalten, aber auf alle Zeiten dem russischen Barbarenstaat unter- than sein. Die Blätter scheinen dieses Interview totschweigen zu wollen.
St. Etienne, 3. Juli. Rußland bestellte hier 600 000 Gewehre.
Ein feiner Ton. Rochesort widmet dem Ex-Minister Flourens wegen seiner „Enthüllungen" über das russisch-französische Bündnis folgende Zärtlichkeiten: „Dieser Schubjack von Flourens, der zu Boulangers Zeiten als auswärtiger Minister vor Bismarck auf dem Bauche kroch (soweit es eben ging, da der arme schwächliche Kerl überhaupt einen Bauch nicht besitzt), schweifwedelt jetzt vor dem Zaren. Elender Höfling! Als er in Moskau war. log er den Korrespondenten vor, er habe beim Zaren ge- frühstückt. Lügner! Die russischen Blätter entlarvten ihn sofort: nicht einmal bei dem Hühneraugcn-Ope- rateur des Zaren hat er gegessen; man hatte ihn nicht einmal gewürdigt, ihm einen Schnaps zu geben. Hungrig und gierig, wie er gekommen, mußte er wieder abziehcn."
England.
London, 6. Juni. Reutermeldung aus Sydney: Auf dem von den Südseeinseln zurückgekehrten englischen Kreuzer „Cordellia" zerbarst während der Schießübungen von einer 6 Centimeter-Kanone der Verschlußkolben. Das Geschütz zersprang in >000 Stücke. Zwei Offiziere, 4 Matrosen sind tot, zwei Seekadetten, zehn Matrosen verwandet. Die Ursache der Explosion ist unbekannt.
Wie die Londoner „Morningpvst" erfahren haben will, soll der neue Dreibund sich von seinem Vorgänger dadurch unterscheiden, daß er aus drei Sonderverträgen, statt wie bisher nur zweien bestehe; der deutsch-italienische Vertrag werde wahrscheinlich wie der österreichisch-deutsche Vertrag veröffentlicht werden. Dagegen werde das Abkommen zwischen Oesterreich und Italien vorläufig nicht enthüllt werden. Es sei thatsächlich nicht bekannt, ob die österreichisch-italienische Verständigung die Form einer regelmäßig Unterzeichneten Urkunde annehme oder nur durch diplomatischen Ideenaustausch hergestellt sei. Es unterliege jedoch keinem Zweifel, daß Oesterreich bei dieser Gelegenheit dem lebhaften Interesse Ausdruck gegeben habe, welches es gemeinsam mit England an der Sicherheit der italienischen Küste bethätige.
Windsor, 4. Juli. Das deutsche Kaiserpaar ist hier eingetroffen und von einer dichtgedrängten Volksmenge enthusiastisch empfangen worden. Die Königin empfing das Kaiserpaar im großen Saale des Schlosses. Im Schloßhofe war ein Grenadierbataillon der Garde aufgestellt, das der Kaiser inspizierte. In Erwiderung auf die Anrede des Mayors sagte der Kaiser aus englisch: „Ich bin Ihnen für den gütigen Empfang sehr dankbar; es macht Mir große Freude, die Königin, Meine Großmutter, zu besuchen, die vor der Thronbesteigung, sowie nachher sehr gütig gegen Mich war." (Der „K. Ztg." wird gemeldet: .... Der Kaiser sah sehr wohl aus. Än der Windsor-Privatstation wurde er von der Königin, der Prinzessin von Wales, deren Töchtern und Prinz Christian empfangen. Die Station war beflaggt und mit Blumen und Palmen geschmückt. Eine Ehrenwache der schottischen Garde stand vor der Station. Der Kaiser saß zur Rechten des Prinzen von Wales im vierspännigen Wagen und fuhr durch die dichtbesetzte Thames Street, begleitet von Leibgardisten, zur Guildhall in High Street. Ueberall wurde er äußerst herzlich begrüßt mit Hurrahs, Tücherschwenken und 6lolä blass ^ou. Mayor Dyson bewillkommte den Kaiser von den Stadtvätern umgeben vor der Guildhall. Der Kaiser verneigte sich, nahm den Admiralshut ab und dankte in herzlichster Weise. Das Publikum benutzte die Gelegenheit, der Kaiserin im zweiten Wagen, zur Seite der Prinzessin von Wales, eine Kundgebung