Steuerfreiheit des zur Erzeugung von Bier für den eigenen Gebrauch bestimmten Malzes anbelangt, so haben die Abg. Gröber und Genossen einen darauf abzielendcn Gesetzentwurf, den sie vorgelegt, wieder zurückgezogen, weil derselbe, vom RcgierungStisch bekämpft, keine Aussicht hat, angenommen zu werden. Man wird die Sache wohl der Erwägung der Regierung anheimstellen.

Stuttgart, 23. April. (Landtag.) Wir haben jetzt eine Ermäßigung der Malzsteuer, aber ob dieselbe in den beteiligten Kreisen mit besonderer Genugthuung ausgenommen wird, ist sehr fraglich. Die Kammer hat nämlich unter Ab­lehnung aller weitergehenden Anträge sich mit 78 gegen 4 Stimmen (Frhr. v. Herrmann, v. Wöllwarth, v. Seckendor' und Storz) für den Kommisstonsantrag ausgesprochen, welcher dahin geht, daß denjenigen Brauern, welche im Jahre nicht mehr als 2000 Ztr. Malz verbrauchen, für die ersten 10(10 Ztr. anstatt 5 X- nur eine Steuer von 4 50-4 anzurechnen

ist. Die Staatskasse hat infolge der Annahme dieses Antrages eine Mindereinnahme von 390000 Mit 57 gegen 25

Stimmen sprach sich die Kammer auf Antrag v. Gröber und Genossen dahin aus, daß, wenn die Einräumung der Steuer­freiheit des zur Erzeugung von Weißbier für den eigenen Gebrauch bestimmten Malzes nicht für gerechtfertigt erachtet werden sollte, wenigstens die kleineren nicht gewerblichen Bierbrauereien durch eine besondere Abstufung der Malzsteuer Berücksichtigung finden möchten. Angenommen ohne we­sentliche Debatten wird dann noch ein Gesetzentwurf, der den Zweck hat, die Umlegung der Beiträge für die landwirtschaft­liche Unfallversicherung zu vereinfachen, sowie eine Anzahl von Nachforderungen für gerichtliche und andere Bauten, unter anderen auch 250 000 ^ als erste Rate für den Neubau eines elektrotechnischen Instituts, sowie eines zweiten chemischen Laboratoriums an der hiesigen Technischen Hochschule und 30 000 ^ als unverzinsliches Anlchcn für den Verein für Arbeiterkolonicn zum Ankauf eines Grundstückes in Großerlach für eine zweite Arbeiterkolonie.

Stuttgart, 24. April. (Landtag.) Auf der heutigen Tagesordnung der Kammer der Abgeordneten stand die Ein­führung einer ergänzenden allgemeinen Personal-Einkommen- Steuer unter Abzug der Schuldzinscn, Freilassung der Ein­kommen bis 500 und Ermöglichung einer gerechteren Verteilung der direkten Steuern. So lautete ein schon vor 2 Jahren von dem Abg. Göz und Genossen eingebrachter Antrag, welcher weiter noch für Aufhebung der seitherigen Beschränkung der Kommunal - Besteuerung hinsichtlich des Kapitals- und Berufs-Einkommens eintritt. Von der Kom­mission war dieser Antrag sehr günstig beurteilt worden, und sie hatte ihn der Berücksichtigung der Regierung empfohlen, wobei der Berichterstatter v. Luz, nachdem er auf die guten Resultate hingewiesen, die man in Baden mit der allgemeinen Einkommensteuer gemacht, die Ansicht aussprach, dieselbe könne in Württemberg leichter als irgendwo eingeführt werden, weil wir Ertragsregister haben, welche die Einschätzung zur Ein­kommensteuer wesentlich erleichtern. Der Abg. v. Göz hielt eine lange Rede zu Gunsten seines Antrags, den zu erwägen, die Regierung schon in einer dem Etat beigegebcnen Denkschrift versprochen hatte. Göz schloß mit dem Wunsche, der Finanz- minister möge angesichts des Antrags nicht in die Rolle des I'abins euuotator verfallen, sonst möchte es heißen, wie in dem alten Liede:Ich erwäg' es scii langer Zeit, ich erwäg' es noch heut und werd' es erwägen in Ewigkeit." Der Fi­nanzminister v. Renner legte energisch Verwahrung dagegen ein, als ob er sich dem Antrag gegenüber absolut ablehnend verhalte. Er glaube nur die Wirkung der allgemeinen Ein­kommensteuer in Preußen abwarten zu sollen, ehe er in der Angelegenheit ein abschließendes Urteil abgeben könne. Er sei um so weniger ein Gegner einer allgemeinen Einkommen­steuer, weil dieselbe auch einen sozialpolitischen Hiutergrund habe und unser Verhältnis zum Reich nur in die Lage ver­setze, voraussichtlichen Mehrausgaben gegenüber eine Reserve bereit halten zu müssen. Von den Abgg. Stockmayer und Frhr. v. Herrmann, welche heute noch zum Wort kamen und von der allgemeinen Einkommensteuer nur Vorteile sür die größeren Städte erwarten, nicht aber für die Landwirtschaft, was den Finanzminister noch bestärkt, in der Erwägung der Frage einstweilen nur ruhig fortzufahren und sich ja nicht zu übereilen.

Stuttgart, 24. April. Wider alles Erwarten traten bei Erörterung der Frage der fakultativen Feuerbestattung im Stuttgarter Gemeinderate heute verschiedene Stadträte für diese Sache ein. Auch der Oberbürgermeister steht persönlich der modernen Auffassung nicht entgegen.

Stuttgart, 25. April. Die erledigte Kapell­meisterstelle im Gren.-Reg. Königin Olga wurde dem Musikmeister Sonntag vom 12. bahr. Jnf.-Reg. Prinz Arnulf in Neu-Ulm übertragen.

Bei Forchheim in Bayern stürzte ein Bahn­wärterhaus ein; zwei Bahnarbeiter wurden getötet.

Dresden, 23. April. Aus Anlaß des Ge­burtstages des Königs haben die öffentlichen und viele Privathäuser Flaggenschmuck angelegt. Die Kapellen der Leibregimenter brachten heute früh vor der königlichen Villa Strehlen ein Ständchen, wo Prinz Georg dem König gratulierte. Der Kaiser, welcher von Berlin eingetröffen, wohnte der Parade auf dem Alaunplatze bei, er führte sein Grenadier- Regiment Nro. 101 dem Könige persönlich vor. Die Abreise des Kaisers nach Eisenach erfolgt abends 7 Uhr.

Im Metzer Bezirke haben in letzter Zeit wiederholt Gütererwerbungen durch Deutsche statt- gesunden. 12 große lothringen'sche Güter sind in den Besitz von Altdeutschen übergegangen.

Essen, 24. April. Die Gesamtzahl der Strei­kenden beträgt 12 000. Die meisten Zechen mahnten die Arbeiter unter Androhung der Entlassung, in kürzester Zeit die Arbeit wieder aufzunehmen. Krupp und der Bochumer Verein haben hierfür als Frist den 27. April festgesetzt. Krupp gewährt den Teil­habern an den Streiks von 1889 bis 1890 nur bis zum Montag Wiederaufnahme.

Eisenach, 21. April. Das Schadenfeuer in Römhild zerstörte 72 Gebäude, fast ein Drittel der Stadt. 80 Familien sind obdachlos.

Berlin, 25. April. (PUvattelegr. d. Gesellsch.) Generalfeldmarschall Graf Moltke, welcher gestern Nachmittag noch der Sitzung des Reichstags und des Herrenhauses beiwohnte, ist abends 9^ Uhr, infolge Herzschlages schmerzlos und sanft gestorben, (wurde in einem Extrablatt mitgeteilt.) Moltke ist in seinem Arbeitszimmer gestorben. Er hatte vorher mit bestem Appetit sein Abendbrot zu sich genommen. Die gesamte Generalität fand sich noch nachts im Ge­neralstabsgebäude ein.

Berlin, 25. April. Nur wenige Morgenblätter brachten die Nachricht von Moltkes Tod, die sich erst früh durch Extrablätter verbreitete und die größte Teilnahme hervorrief. Der Kaiser kehrte heute nachmittag hieher zurück. Die Kaiserin war vor­mittags Uhr im Generalstabsgebäude, legte einen prachtvollen Kranz von Rosen auf das Toten­bett nieder und verweilte eine Viertelstunde bei der Familie. Gleichzeitig erschien der Erbprinz von Mei­ningen. Bon allen Seiten treffen prachtvolle Blu­menspenden ein. Ueber die letzten Augenblicke Moltkes wird berichtet, daß der Feldmarschall sich nach dem Abendessen auf dem Klavier Vorspielen ließ und an einer Whistpartie teilnahm, während welcher er wegen Unwohlsein das Zimmer verließ. Die Verwandten, durch sein längeres Ausbleiben beun­ruhigt, gingen ihm nach und fanden den Feldmar- schall sehr schwach; sie führten ihn ins Schlafzim­mer, wo er bald verschied.

Berlin, 20. April. Das rauchschwache Pulver, welches jetzt auch bei Belagerungsschützen befriedigende Ergebnisse erzielt hat, soll, nun auch bei einzelnen Kalibern der Fußartillerie eingeführt werden und zwar zunächst bei kurzen Kanonen. Es dürfte hiezu das Würfelpulver von der Nobel'schen Fabrik in Frage kommen.

Deutscher Reichstag. Am Donnerstag hat der Reichstag die zweite Beratung des Arbeiterschutzgesetzes be­endet. Z 153, welcher die Bestimmungen gegen den Mißbrauch des Coalltionsrechtes enthält, wird mit 152 gegen 78 Stimmen (Nationalliberale und Konservative) abgelehnt. Artikel 7 der Vorlage bestimmt, daß einzelne Teile des Entwurfs durch kaiserliche Verordnung in Kraft gesetzt werden sollen, im klebrigen aber das Gesetz am 1. Januar 1892 Giltigkeit er­langt. Für Betriebe mit Nachtarbeit weiblicher Arbeiterinnen soll durch die Landes-Centralbehörde die Ermächtigung er­teilt werden können, längstens bis zum 1. Januar 1894 Ar­beiterinnen in der bisherigen Anzahl während der Nachtzeit weiter zu beschäftigen. Die Sozialdemokraten beantragen die Streichung dieser letzteren Bestimmung; dieselbe wird in­dessen aufrecht erhalten und Artikel 7 damit angenommen. Damit ist die zweite Lesung des Arbeiterschutzgesetzes beendet. Die zu der Vorlage eingegangenen Petitionen werden als durch die gefaßten Beschlüsse für erledigt erklärt.

Bei den Verhandlungen des Reichstags über die Arbeiter-Schutzvorlage wiederholt sich täglich das Schauspiel, daß die Sozialdemokraten jede wirkliche Verbesserung des Loses der Arbeiter hintanzuhalten oder doch möglichst unwirksam zu machen suchen. Indessen haben sie mit ihren diesbezüglichen Anträgen keinen Erfolg. Es verdient aber schon jetzt festge­nagelt zu werden, daß alles, was den Arbeitern in der Vorlage geboten wird, gegen die Stimmen der Sozialdemokraten zu Stande kommt, denn bei der ausgesprochenen Neigung der Sozialdemokratie, Be­griffe und Thatsachen zu fälschen, erscheint es keines­wegs ausgeschlossen, daß zu irgend einer späteren Zeit ihre Wortführer sich Verdienste um die Ar- beiterwohlfahrt zuschreiben, auf die sie keinen Schatten von Anspruch besitzen.

Berlin, 22. April. Die Organisation der ostafrik. Schutztruppe bestimmt, daß die bei derselben angeworbenen Deutschen nach Ablauf der 2jährigen Dienstzeit einen Urlaub von 4 Monaten, nebst Ersatz der Reisekosten nach der Heimat und zurück nach Afrika, erhalten, ebenso die Fortgewährung ihrer vollen Bezüge während des Urlaubs. Nach dem Urlaub können die Leute für 2 weitere Jahre bei der Schutztruppe verbleiben.

Zu Agitationszwecken zu Gunsten des Fürsten Bismarck in der Stichwahl in Hannover bewilligten

die Hamburger Nationalliberalen 15,000 ^ Die Sozialisten machen die äußersten Anstrengungen, um die 25 Prozent im ersten Wahlgang fern Gebliebenen zur Stichwahl heranzuziehen.

DerFranks. Ztg." wird aus Berlin geschrie- ben: Nach der Versicherung des dem Fürsten Bis­marck persönlich am nächsten stehenden Herrn, der vor drei Tagen zu einem Diner aus Friedrichsruh nach Berlin gekommen war, wartet der Altreichs, kanzler mit Sehnsucht auf den Moment, wo sich ihm die Pforten des Reichstags öffnen werden, und man weiß in politischen Kreisen, daß ihm thalsächlich in Berlin bereits zwei Wohnungen angeboten worden sind, natürlich unentgeltlich, von Herrn v. Bleich­röder nämlich und vom Grafen Hugo Henckel. Wir glauben trotzdem an seine parlamentarische Thätigkeit erst, wie andere kundige Politiker, wenn wir ihn im Reichstag sehen."

In denHamb. Nachr." werden die Gründe dar­gelegt, welche den Fürsten Bismarck veranlassen, ein Reichstagsmandat anzunehmen. Es sei unvernünftig und unnatürlich, von ihm Gleichgültigkeit gegen die fernere Entwicklung oder Gefährdung seiner Arbeiten zu verlangen. Auch der Prinz von Preußen, der spätere Kaiser Wilhelm I., habe sich 1848 in die Nationalversammlung wählen lassen.

Der Ausfall der Geestemünder Wahl hat in Frankreich wieder einmal einen wahren Freuden­rausch hervorgerufen mit allen jenen seltsamen Ne­benerscheinungen, die den Arzt eigentlich mehr angehen als den Politiker. Nachdem dasXIX. Siecle" das Wahlergebnis für den Anfang der Revanche erklärt hat, erfreutCassagnac" seine Landsleute mit einem Artikel, der die anmutende Ueberschrift:Das Ende des Menschenfressers" trägt. Einiges aus dieser Expektoration dürfen wir unfern Lesern nicht vorenthalten:Der Menschenfresser", erklärtCas­sagnac",ist Bismarck, dessen Hände, gleich den Klauen eines Raubvogels, Provinzen zerrissen und dessen eiserne Kiefern Völker zermalmten. Heute ist Bismarck, der große Bismarck, Bismarck, der Fürst und Herzog, noch vor kurzem Herr der Welt, einer gemeinen Stichwahl preisgegeben. Welche Freude birgt für uns ein solcher Vorfall! Die Freude ist in der That eine dreifache: Erstlich zeigt sie uns im Hellen Tageslicht die sittliche Kleinheit jener deutschen Rasse, welche die Anmaßung erhebt, allen anderen Rassen weit überlegen zu sein. Ein politi­sches Genie, verhängnisvoll für die anderen, aber groß für sie, hat sie plötzlich der Dunkelheit entrissen und rasch auf den höchsten Gipfel emporgetragen. Deutschland verdankt alles, alles diesem Manne, der mehr für es that, als Cromwell für England, mehr, als Richelieu für Frankreich, so viel wie Peter der Große für Rußland. Und wenn der Greis als letzte Belohnung vor seinem Tod einen armseligen Sitz im Parlament verlangt, so wird er ihm von seinen Landsleuten verweigert! Und durch ihre schmähliche Undankbarkeit flößen sie uns Eckel ein, uns, denen die Zornan'älle, die Traurigkeiten und Verzweiflungen Bismarcks die köstlichste Musik sind, uns, die wir ihn an einem langsamen Feuer verbrennen sehen möchten, damit er länger litte. Ich sage und ver­kündige es mit patriotischem Stolz: nicht so würden wir den behandeln, den die Vorsehung uns geschickt und der uns nach Berlin geführt hätte, um unsere Fahnen, unsere Provinzen, unseren Ruhm heimzu­holen. Das Pantheon, der Triumphbogen wären nicht hoch genug, um diesem Mann einen Sitz zu bereiten. Und die Liebe seiner Landsleute würde vor chm brennen wie eine ewige und heilige Lampe. Ja, ganz bestimmt, Frankreich ist besser als Deutsch­land. -Seine Seele ist schöner, edler, ritterlicher, und wenn die Seele eines Volkes es der Seele eines anderen Volkes zuvorthut, so folgt der Arm früher oder später." So widerlich der Paroxysmus ist, der in diesen Auslassungen zu Tage tritt, so ent­halten dieselben doch Manches, was sich die Herren Richter und Barth zu Herzen nehmen können. Wir ind neugierig, ob die Freisinnigen des 19. han- nover'schen Wahlkreises wirklich der Parole folgen, den Franzosen das Vergnügen des Anfanges ihrer Revanche zu bereiten.

Die Handelsvertragsverhandlungen der Schweiz mit Deutschland und Oesterreich-Ungarn werden schon anfangs, spätestens Mitte nächsten Monats be­ginnen. Der Schweizer Bundesrat hat als Unter­händler den Nationalrat Hammer in Solothurn,