Hinweisen aber die Hauptsache ist eben die Leistung des Staatsmannes Bismarck: die Frucht seines überragenden Genius ist das Deutsche Reich. Es schulden daher der Kaiser und das Volk dem Schöpfer des Reiches Dank unendlichen, nie­mals verlöschenden Dank. Das müssen wir laut und eindringlich in die Welt Hinausrufen; das muß das deutsche Volk hören, das muß immer wieder unser jugendfrischer, reichbegabter, thaten- lustiger kaiserlicher Herr hören. Ich halte es ganz besonders für eine sittliche und patriotische Pflicht des akademischen Lehrers der Geschichte, dies dem Deutschen Kaiser zu sagen und immer wieder zu sagen: Was Du bist, bist Du durch das Werk Bismarcks; das Deutsche Reich, das Deutsche Kaisertum ist ein Geschöpf, ein Produkt der Bis- marck'schen Staatskunst."

Hiezu bemerkt diePf. Presse": Dem wird jeder zustimmen müssen, der den Gang der neuern Ge­schichte aus authentischen Quellen kennen gelernt hat. Ob es allerdings angebracht war, daß der Herr Professor den Kaiser, welcher über diesen Sach­verhalt jedenfalls vollständig unterrichtet ist, an die Thatsachen in dieser Weise erinnerte, ist eine Frage für sich. Die Veranlassung dazu waren aber jeden­falls die Zeitungen, welche in den letzten Jahren bestrebt waren, das Urteil über den wahren Sach­verhalt zu trüben und zu verwirren, indem sie den Kaiser in einem schroffen Gegensatz zu seinem früheren Kanzler zu bringen suchten und ihn so in den Ver­dacht der Undankbarkeit gegenüber dem Schöpfer des Deutschen Reiches und des neuen Kaisertums brachten, während tatsächlich nicht ein einziger Vorgang, nicht eine einzelne öffentliche Kundgebung vorliegt, welche eine solche Annahme berechtigt er­scheinen ließe. Doch wie man auch über die Zweck­mäßigkeit der Aeußerung Herrn Professor Mauren­brechers denken mag, jedenfalls war sie was selbst ausländische Blätter, wie dieN. Zür. Ztg.", anerkennen eine mutvolle That, welche zeigt, daß die intelligenten Kreise der Nation nicht gesonnen sind, sich ihr Urteil über die historische Beveutung und Größe Bismarcks trüben zu lassen, daß sie vielmehr mit Freimut selbst gegenüber den aller­höchsten Personen die Wahrheit zu- vertreten nicht zurückschrecken. Wäre es wahr, was die Radikalen immer wieder behaupten, daß sie in der That die Freiheit verträteu und stets bereit seien, für diese cinzustehen, so müßte sie nur Worte der Anerkennung für das freie Auftreten, für die offene Sprache, den sich hier zeigenden Männerstolz vor Königsthronen haben, aber für den Radikalen gilt eben heute le- diglich der bekannte Grundsatz:Und der König absolut, wenn er unfern Willen thut."

DieHamb. Nachr." bringen an der Spitze ihres Blattes ein warmes Dankschreiben des Fürsten Bis­marck für die überaus zahlreichen Kundgebungen zu seinem Geburtstag.

Auch in Berliner diplomatischen Kreisen glaubt man, es als sicher annehmen zu können, daß der französische Botschafter Herbette nicht mehr lange seinen Posten in Berlin begleiten wird. Doch dürfte der Herbst herankommen, wo Herr Herbette stets einen längeren Urlaub zu nehmen pflegt, ehe die Angelegenheit erledigt wird. Die vornehmlichste Schwierigkeit liegt in der Wahl seines Nachfolgers.

Deutscher Reichstag. In Fortsetzung der Beratung des Arbeitcrschutzgesetzes ging der Reichstag zu den Bestim­mungen über den Kontraktbruch über, nach welchem im Falle des Bruches eines Arbeitsvertrages der schuldige Teil dem anderen Teile eine Entschädigung ohne speziellen Schaden- Nachweis zahlen muß. Abg. Krause (freist) beantragte, die Zahlung der Entschädigung vom Schaden-Nachweis abhängig zu machen. Abg. Bebel (Soz.) wirft den Arbeitgebern Be­drückung der Arbeiter vor und fordert den Wegfall aller Bestimmungen über den Kontraktbruch. Abg. Hirsch (freis.) empfiehlt den Antrag Krause. Abgg. Hitze (Ctr.), Möller (natlib.), v. Stumm (freikons.) wenden sich gegen den Abg. Bebel, der in maßloser Weise wieder einmal übertrieben und die Thatsacken durchaus entstellt habe. Bei der Abstimmung giebt sich Beschlußunfähigkcit des Hauses, nur 194 Mitglieder sind anwesend. Die Beratung wird abgebrochen und die Ntzung bis Sonnabend vertagt.

Deutscher Reichstag. (Sonnabendsitzung.) Die Sitzung war nur ganz kurz. Das Haus genehmigte den Entwurf, betr. den Schutz von Telegraphenanlagen definitiv in dritter Lesung und wählte zum Schriftführer an Stelle de» Abg. Hermes (freis.) den Abg. Dr. Krause (freis.) Dann wurden Wahlprüfungen erledigt. tLrhebungen sollen veran­staltet werden über die Wahlen der Abgg. von Mayer- Aueswalde und v. Lucius, Günther, Oechelhäuser, Poll, Möller. Für giltig erklärt werden die Wahlen der Abgg. v. Gerlach, v. d. Osten, Hosang. Darauf vertagt sich das Haus bis zum Montag. (Interpellation Hulft, betr. die

Aeußerung des Kriegsministers über die ostfriesischen Land­wehrleute, Fortsetzung der zweiten Beratung des Arbciter- schutzgesetzes.)

Die sozialdemokratische Presse sieht sich genötigt, ihren Lesern eine schärfere Kost vorzusetzen. Als Sonntagsgericht bietet derVorwärts" eine Schil­derung der Herrschaft der Bourgeoisie, um dieselbe zu schließen:Wie soll das enden? Wir wissen es nicht. Aber das wissen wir: Kommt die deutsche Unternehmerklasse nicht bald zur Vernunft, lernt sie nicht, den Arbeiter als gleichberechtigten Men­schen und Staatsbürger anerkennen, gelingt es nicht, die Diktatur der Bourgeoisie zu brechen und den Staat aus den Fesseln des Kapitalismus zu be­freien, so gibt es schließlich zur Rettung des deut­schen Volkes kein anderes Mittel, als die Diktatur des Proletariats eine Diktatur, die sich von der Diktatur der Bourgeoisie dadurch unterscheiden wird, daß sie, statt die Knechtschaft und Ausbeutung zu organisieren, die Quellen der Knechtschaft und Aus­beutung verstopft und jedem Menschen und Staats­bürger seine politischen und sozialen Rechte gewähr­leistet nach dem Fundamentsatz unseres Programms: Gleiches Recht für Alle!"

Zum deutsch-österreichischen Handelsvertrag schreibt dieNationall. Korr.": Ueber den gegenwärtigen Stand der Verhandlungen mit Oesterreich-Ungarn hören wir aus zuverlässiger Quelle, daß der Ver­trag sachlich so gut wie abgeschlossen ist und auch der formelle Abschluß in den nächsten Tagen bevor­steht. Ueber den materiellen Inhalt soll noch meh­rere Monate strenges Geheimnis bewahrt werden, da auf Grund dieses Vertrages jetzt Verhandlungen über den Abschluß mit anderen Staaten, insbeson­dere mit Italien und der Schweiz in Angriff genom- men werden sollen. Selbstverständlich ist damit aus­geschlossen, daß dem Reichstag in der gegenwärtigen Session der Vertrag vorgelegt werden könnte. Ohne Zweifel wird es aber in der Wintersession geschehen und zwar in Zusammenhang mit verschiedenen an­dern mitteleuropäischen Handelsverträgen. Ein Wi­derspruch des Reichstags gegen ein solches interna­tionales System wird schwerlich zu erwarten sein, wenn auch einzelne Bestimmungen nicht auf allsei­tigen Beifall werden rechnen können.

Der deutsch-österreichische Handelsvertrag ist mit einem deutschen Getreidezoll von 3 50 (statt

5 und einem österreichisch-ungarischen Roheisen­zoll von 65 Kreuzern (statt 80 Kreuzern) auf die Dauer von 12 Jahren zu Stande gekommen.

Desterreich-Nngarn.

Wien, II. April. Der Kaiser ist heute abend nach München gereist.

Frankreich.

Paris, (2. April. Das Journal des Debats und der Sisclc heben in ihren Leitartikeln über die österreichische Thronrede insbesondere die Stelle her­vor, welche der Hoffnung auf die Erhaltung des Friedens Ausdruck giebt. Dieselbe sei um so be­deutungsvoller und willkommener, als gerade in den letzten Tagen in einem Teile der auswärtigen Presse die diplomatische Lage ziemlich düster geschildert worden sei. Beide Blätter besprechen ferner ein­gehend den Passus über die Handelsverträge. Der Siöcle rühmt die Klarheit» womit die Notwendig­keit solcher Verträge betont wird, und legte diese Worte dringend Melinc und seinen Gesinnungs­genossen ans Herz. Das Journal des Debats stellt ferner den Auslassungen der Presse über eine an­gebliche, gegen Frankreich geplante Zoll-Liga den Passus der Thronrede über die handelspolitischen Beziehungen gegenüber und bemerkt, daß die Zoll­tarife Melines in der Thronrede mit einer Lobes­erhebung auf die Handelsverträge beantwortet würden.

Frau A d a m macht Enthüllungen über Gam­bett a. Sie erzählt, daß sie mit Gambetta stets in Streit geriet, wenn die Rede auf die Allianz mit Rußland kam, die sie befürwortete, während Gam­betta diese Idee eine Verrücktheit genannt und in Uebereinstimmung mit Jules Ferry eine Annäherung an Deutschland für die einzig richtige Politik Frank­reichs erklärt habe. Auch wegen des Sozialismus, den Gambetta nicht begriff, habe sie oft Streit mit ihm gehabt. Bezüglich des Endes Gambetta's er­zählte Frau Adam, sie habe durch Farcy, den da­maligen Redakteur derFrance", Gambetta ein Komplott enthüllt und der ausführliche Bericht dar­über sei ihm an demselben Tage zugegangen,an welchem jene Frau den Pistolenschuß aus ihn ab­

feuerte." Gambetta habe darauf gesagt:Dieser Brief verursacht mir größere Schmerzen als meine Wunden." Zum ersten Mal erfährt man aus dieser Mitteilung, daß Gambetta mehrere Wunden hatte, und zum ersten Male wird von einer Person, die den Thatbestand genau kennen muß, das bis heute von Ranc, Spuller, Reinach, Strauß uud anderen Freunden des berühmten Staatsmannes für grund­los erklärte Gerücht, Madame Leou, die Geliebte Gambetta's, habe auf ihn geschossen, ausdrücklich und persönlich bekräftigt.

In der französischen Kolonie Gabun an der Westküste Afrikas, in unmittelbarer Nähe der Haupt­stadt und 15 Minuten von der deutschen Sibange- Farm entfernt, haben am 20. Februar d. I. uner­hörte Greuelthaten unter der Bevölkerung eines Negerdorfes stattgefunden, was um so mehr auffällt» als die nicht mehr ganz wilden Eingeborenen (Achi- kianis) zeitweilig sämtlich in Gabun verkehren, einige sogar die katholische Mission in Bibreville besucht haben und christliche Namen tragen. Einem die Vor­gänge darstellenden Privatbriefe wird entnommen, daß in jenem Negerdorfe an genanntem Tage meh­rere Weiber abgeschlachtet wurden. Ein junges Mäd­chen wurde langsam geröstet, einer alten Frau bei lebendigem Leibe die Leber ausgeschnitten und der Körper einer dritten Person in Stücke gehackt, ge­dörrt und an benachbarte Kannibalen verkauft. Auf die Meldung eines Angestellten der nur 15 Minuten entfernten deutschen Farm an die französischen Be­hörden in Gabun erfolgte sofort die Absendung eines Offiziers mit einer Miliztruppe, welche in der den Greueln folgenden Nacht das ganze Dorf ge­fangen nahm und den Thatbestand auf der ein schauerliches Bild darbietenden Mordstätte festlegte. Hoffentlich wird es dem schnellen und sichern Ein­schreiten der französischen Regierung gelungen sein, ein- für allemal solchen Greuelthaten in unmittel­barer Nähe der Hauptstadt ein Ende zu bereiten.

Bulgarien.

Verschiedene Blätter brachten dieser Tage die aus russischer Quelle stammende Meldung, daß Ruß­land in der Angelegenheit Bulgariens keine Schritte unternehmen wolle. Nun schreibt auch das in Brüssel erscheinende RussenblattNord" , die russische Ne­gierung sei entschlossen, ihre friedliche abwartende Haltung zu bewahren und im Interesse des euro­päischen Friedens keinerlei Initiative betreffs der bulgarischen Frage zu ergreifen.

Serbien.

Belgrad, 12. April. Inder gestrigen Abcud- sitzung der Skupschtina wurde die Regierungsvorlage, dem König Milan a. conto der Zivilliste eine Million auf 3 Jahre im Voraus zu bewilligen, mit geringer Majorität -angenommen. Die Sitzung verlief äußerst stürmisch und schloß erst um Mitternacht.

Rußland.

Petersburg, 12. April. Ein kaiserlicher Er­laß verbietet auf das strengste jegliche Darbringung von Geschenken seitens der Unterbeamten an ihre Vorgesetzten und untersagt das willkürliche Begehen von Amtsjubiläen.

Amerika.

Die chilenische Regierung beginnt allmälich nun doch aus dem letzten Loche zu pfeifen. Die Rebellentruppen rücken weiter und weiter vor, ihre Drohungen, zu plündern, veranlassen zahlreiche Ort­schaften, freiwillig die Thore zu öffnen. Der An­fang vom Ende in der Herrschaft des Präsidenten Balmaceda ist definitiv gekommen.

Der Bergarbeiterstreik in den Vereinigten Staaten wird fortdauern und voraussichtlich noch an Aus­dehnung gewinnen, da die Bemühungen der Kon­vention der Bergarbeiter, eine Verständigung zwi­schen Arbeitgebern und Arbeitern herbeizuführen, ge­scheitert sind. Es wird befürchtet, daß bis zum I. Mai 75 000 Ausständige vorhanden sein werden. Die Bergarbeiter setzen alles daran, die Einführung des achtstündigen Arbeitstages durchzusetzen, wobei sie von den Arbeitern anderer Industriezweige nach besten Kräften unterstützt werden.

Afrika.

Einer Meldung aus Sansibar gemäß hat der ehemalige Reichskommissar Major v. Wißmann die Erklärung abgegeben, daß er unter den ihm ange­botenen Bedingungen als Kommissar zur Verfügung des kaiserlichen Gouvernements in Ostafrika im Reichs­dienst verbleiben wolle. Bravo!