allgemein wirtschaftliche Lage großer Bevölkerungskreise entbehren. Es ist mein Wille, daß dies unverzüglich bekannt gegeben und hiernach allerorten im Lande verfahren werde. Hierbei verbleibe Ich mit huldvollsten Gesinnungen Ihr wohlgeneigter Luitpold, Prinzregent von Bayern. München, den 8. Februar 1891".
Berlin, 10. Febr. Die „Nordd. Mg. Ztg." dementiert aufs bündigste die Nachricht vom Ersatz des Fürsten v. Hohenlohe, Statthalters von Elsaß- Lothringen, durch den Prinzen Reuß, deutscher Botschafter in Wien; von dem Rücktritt des Fürsten v. Hohenlohe sei keine Rede.
Berlin, 10. Febr. In einzelnen Zeitungen wird mit geheimniskrämerischen Worten angedeutet, daß Graf Waldersee wohl nicht lange auf seinem Posten als kommandierender General in Altona bleiben werde; es wird damit auf einen nochmaligen Kanzlerwechsel und darauf angespielt, daß Waldersee Caprivi's Nachfolger werden könne. Demgegenüber genügt es auf den Wortlaut der Kaiserlichen Ordre an Waldersee hinzuweisen, worin gesagt ist, daß der Kaiser für einen Kriegsfall den General zum Höchstkommandierenden einer Armee ausersehen hat. Wenn General v. Waldersee einmal zur politische» Carriore übertreten sollte, würde der Monarch ganz gewiß nicht diese Worte gebraucht haben.
Berlin, 10. Febr. Nach der „Börsen-Ztg." verlautet, der Kaiser werde dem Minister Herrsurth für seine Verdienste hinsichtlich der Landgemeindeordnung den Adel verleihen.
Berlin, 11. Febr. Frhr. v. Soden ist hier wieder eingetroffen und tritt seine Reise nach Sansibar anfangs März an. Demselben sind weitgehende Befugnisse eingeräumt.
Berlin, 10. Febr. Wie die „Köln. Ztg." bestätigt, gewinnt es mehr und mehr den Anschein, daß in der That der Antrag wegen Aufhebung des Jesuitengesetzes in dieser Tagung des Reichstags nicht mehr zur Erörterung des Reichstags gelangen soll. Thatsache sei, daß die vom Zentrum beabsichtigte Beschleunigung der Angelegenheit aufgegeben sei.
„Liebe Julie, sei unbesorgt, meine Schönheit hat nicht gelitten", so soll Windthorst nach seinem Unfall an seine Gemahlin telegraphiert haben.
Die „Kreuzzeitung" berichtet aus Zentrumskreisen, es sei der Gedanke aufgetaucht, bei der nächsten Vakanz eines Zentrumsmändats im Reichstage einen Jesuiten zu wählen. Man wolle auf diese Weise den gegen die Jesuiten bestehenden „Vorurteilen" entgegentreten und den Jesuiten Gelegenheit geben, sich im Reichstage gegen die wider sic erhobenen Anklagen zu verteidigen.
Berlin, 1l. Februar. Die Koch'sche Lymphe erhielt jetzt den offiziellen Namen Tuberkulin.
Berlin, 11. Febr. Der Antrag Menzer, betreffend die Ermäßigung der Tabaksteuer, wurde angenommen.
In Bezug auf die Vertragsverhandlungen zwischen Deutschland und Oesterreich behauptet die „Neue Presse" in Wien, daß Deutschland von Oesterreich eine Ermäßigung des Roheisenzolles von 80 auf 50 Kreuzer, Oesterreich dagegen eine größere Herabsetzung der Holzzölle von Deutschland begehre. Eine Verständigung darüber sei sicher zu erwarten, sowie auch bezüglich der Bahntarife eine Einigung zu erhoffen sei, so daß die Aussichten auf den Zoll- vcrtrag nach wie vor günstig seien. Es sei jedoch möglich, daß die Parlamente Oesterreichs und Deutschlands erst im Herbst mit dem Vertrag sich beschäftigen würden, weil Deutschland vorher noch mit Italien und der Schweiz verhandeln wolle.
Berlin, 10. Febr. Die „Post" bestätigt den Verkauf eines großen Teiles von Deutsch-Südwest- Afrika an eine deutsch-englische Gesellschaft, mit dem Hauprsitz in Hamburg. Der Preis sei ziemlich beträchtlich. Nach der „Kreuzztg." gehen etwa 1200 Quadrat-Kilometer in den Besitz der neuen Gesellschaft über.
Berlin. (Dahin wollen sie auch nicht!) Die Mitglieder der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion sind von einer Zigarrenfabrik in Brasilien ersucht worden, Zigarrenarbeiter dahin zu schicken. Die sozialdemokratische Fraktion wird ihre Genossen warnen, sich nach Brasilien verlocken zu lassen, obgleich dies schöne Land eine Republik mit „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" ist.
Frankreich.
Paris, II. Febr. Der oberste Rat der Arbeiterpartei erließ einen Aufruf an die Arbeiter Frankreichs, worin dieselben zu öffentlichen Kundgebungen am 1. Mai aufgefordert werden. Der Aufruf sagt, der gesetzliche 8stündige Arbeitstag, um welchen es sich zunächst bei der Kundgebung handle, sei nur der erste Schritt zur Befreiung der Arbeiter.
Paris. Die Handlungsreisenden werden künftig in Frankreich mit einer Gewerbesteuer belegt, die beim Eintritt auf franz. Gebiet erhoben wird. Ueb- rigens erstreckt sich die Besteuerung von Handelsreisenden nur auf folgende Nationalitäten: Belgien, Dänemark, Holland, Schweden und Rußland. Die Reisenden von anderen Nationen sind von der Gewerbesteuer befreit, nur dürfen sie keine Waren mit sich führen. Deutsche Reisenden können alle unbe- steuert ihre Geschäfte besorgen, wenn sie es überhaupt wagen, französisches Gebiet und französische Läden zu betreten. Letzteres ist ganz ungefährlich, wenn man daselbst Einkäufe machen will, weniger jedoch, wenn man auf Bestellungen ausgeht.
Marseille, 10. Febr. Ein dem Kredit Lyonnais gehöriger Geldbeutel mit 220 000 Frks. wurde auf dem Bahnhof gestohlen.
Italien.
Rom. 10. Febr. Crispi hatte eine lange Unterredung mit Rudini. Er erklärte, er werde die Regierung unterstützen, falls sie die Dreibundpolitik aufrechthalte. Crispi lehnte die Erhebung in den Adelsstand ab, die ihm der König anbot.
Serbien.
Belgrad, 10. Febr. Die Radikalen bieten Alles auf, der Königin Natalie den Aufenthalt in Belgrad zu verleiden. Die Studenten bereiten Katzenmusiken vor. Der Frauenverein, dessen Patronesse Natalie ist, veranstaltete einen Ball, zu dem dieselbe aber nicht geladen war.
England.
Das Schreiben, mit welchem der Lordmayor von London die Ende v. I. an den Kaiser von Rußland gerichtete Bittschrift um Aufhebung der Ausnahmemaßregeln gegen die Juden nach St. Petersburg gesandt hatte, und welches dort nicht angenommen -worden war, M mit der gedachten Bittschrift dem Lordmayer am Dienstag vom auswärtigen Amt wieder zurückgestellt worden.
London, 11. Febr. Das Unterhaus nahm mit 202 gegen 155 Stimmen die zweite Lesung der Bill an, welche die Ehe eines Witwers mit der Schwester seiner verstorbenen Frau als gesetzlich zulässig erklärt.
Rußland.
Petersburg, 11. Febr. Es verlautet, der Minister des Innern habe die Ausweisung sämtlicher Juden aus Stadt Gouvernement Nowgorod beschlossen. In Nowgorod waren 1300 Juden.
Petersburg, 1l. Febr. Der russischen „Pe- tersb. Ztg." zufolge ist nunmehr entschieden, daß der Bau der sibirischen Eisenbahn in diesem Frühling begonnen werden soll. Die Bahn soll im Jahre 1894 ganz fertig sein, der Kostenaufwand für dieselbe soll 75 Will. Rubel betragen.
In Süd-Rußland und Turkestan ist eine ungeheuere oft 8 Fuß hohe Menge Schnee gefallen. Auf den Eisenhahnen des Asow'schen Bezirks arbeiten seit einer Woche 100,000 Mann mit 5000 Wagen an der Freimachung der Linien.
Egypten.
Alexandrien, 11. Febr. Professor Koch ist heute hier eingetroffen und beabsichtigt morgen sich nach Ober-Egypten zu begeben.
Kairo, 10. Febr. (Wichtiger Fund.) Grcbant, Direktor der Altertümer, machte eine wichtige Entdeckung im westlichen Theben; er fand nämlich die wohlerhaltene zweistöckige Gruft der Hohepriester Ammons, 25 Meter unter der Erdoberfläche. Bisher wurde nur das untere Stockwerk ausgegraben, wo 240 Sarkophage, deren ältester von 2500 v. Ehr. datiert, 100 Papyrusrollen, zahllose Statuetten und Zierrate entdeckt wurden.
Amerika.
Newyork, 8. Febr. Baron Hirsch telegraphierte an die Administration der Hirsch'schen Stiftung zur Unterstützung der jüdischen Einwanderung in Amerika, er habe derselben 12 Millionen Franks zur Verfügung gestellt und die Administratoren ermächtigt, falls die Zinsen dieser Summe nicht ausreichen
sollten, um alle Zwecke der Stiftung zu erfüllen, einen Teil des Kapitals mit zu verwenden; er werde letzteres dann wieder ergänzen.
Brasilien. Die Hamburg-Amerikanische Pak- ketfahrt-AktiewGesellschaft in Hamburg sandte ein Cirkulair an ihre sämtlichen Agenten, worin gesagt wird, daß die Gesellschaft Freipassagiere deutscher Nationalität nach Brasilien nicht befördert, und durch welches die Agenten angewiesen werden, jedes derartige Gesuch ein für alle Mal ohne Weiteres und unbedingt abzulehnen.
Newyork, IO. Febr. Gestern sind 3 Waggons eines Schnellzuges bei Raudalla (Iowa) von einem Eisenbahndamm hinuntergestürzt, wobei sie in Brand gerieten und gänzlich zerstört wurden. Von den Passagieren wurden mehrere schwer verwundet.
Ein großer Arbeiterstreik ist in dem nordamerikanischen Distrikt Comelsville ausgebrochen. 16 000 Arbeiter haben sich denselben bereits angeschlossen. Es sind schon verschiedene Lärmszenen vorgekommen.
In Chile in Südamerika dauert der Bürgerkrieg noch immer fort. Die Regierung des Präsidenten Balmaceda läßt alle Tage Siege berichten und man muß sich blos wundern, woher der alle Augenblicke besiegte Feind die Streitkräfte zu neuen Zusammenstößen nimmt. Etwas scheint also an der Sache nicht richtig zu sein.
China.
Am 12. Januar hat auf Java ein Erdbeben stattgefunden, durch welches in der Stadt Joana das von Chinesen bewohnte Viertel fast gänzlich zerstört worden ist, während der van Europäern bewohnte Stadtteil derartig beschädigt worden ist, daß er unbewohnbar ist. 12 Personen wurden getötet, 17 verwundet; der ganze westliche, sowie der mittlere Teil von Java hat ebenfalls gelitten.
Aus China wirdeine verheerende Ucberschwem- mung in Schue-Chang gemeldet. In 10 Distrikten wurden die Tempel, Brücken und Stadtmauern zerstört. 1000 Menschen sind nmgekommen. Es herrscht große Not unter der armen Bevölkerung, da die Lebensmittelpreise plötzlich stark gestiegen sind.
Kleinere Mitteilungen.
Die Kirchengemeinde Herrenberg hat zu der Wiederherstellung ihrer Stiftskirche einen Staats beitrag von 5000 «/-fl erhalten.
Ein schöner Streich pahierte unlängst einem jungen Schwarzwoldcr. „Auf diesem, nicht mehr ungewöhnlichen Weg-, suchte er sich eine Frau und siehe da, cs meldete sich alsbald eine Holde — seine eigene Mutter! Der Heiratslustige soll einen zweiten Versuch aufgegcben haben.
Aus Düsseldorf wird der „Frks. Ztg." ge- chrieben: Ein Bäcker, zu dem ein ihm bekannter Handwerker eintrat, um ein Brot zu holen, mit der Bitte, ihm den Betrag zu stunden, weil er augenblicklich kein Geld habe, ging selbst in die Wohnung des Bittstellers, da ihm die Sache auffiel. Hier aß die Familie, Frau und Kinder, um den Ofen in dürftiger Kleidung, da Alles, was irgend Wert be- aß, längst zum Pfandhaus gewandert war. „Was duftet denn hier so köstlich?" war die erste Frage des Nachbars, der sich erstaunt dem Ofen näherte. Unter Thränen lächelnd hob die Mutter den Deckel vom Topf, in welchem das Mittagsbrot brödelte — „Kartoffel-Zwiebelschalen."
In Berlin hat ein 17jähriger junger Mensch einen 14jährigen Laufburschen in den Keller des Hauses, in welchem beide arbeiteten, gelockt und den chwächlichen Knaben so lange gewürgt, bis derselbe lesinnungslos zu Boden sank. Dann entriß er ihm das Portemonnaie mit dem Wochenlohn im Betrag von 6 um sich mit dem Geld auf einem Maskenball zu belustigen. Der Taugenichts, welcher am rügenden Tag, nachdem sich das Opfer des brutalen leberfalls wieder erholt und Borchert als den Thüter lezeichnet hatte, verhaftet worden ist, hat eingestanden, daß es in seiner Absicht gelegen habe, den Knaben zu ermorden.
Der Bankier Macoe ist mit Hinterlassung von 21 Millionen Schulden durchgegangen.
Photographie des Spektrums. Der „Voss. Ztg." wird aus Paris gemeldet: Prof. Lippmann teilte der Akademie der Wissenschaften mit, daß es ihm gelungen sei, alle Farben des Spektrums in ihrem richtigen Farbenton zu photographieren. Er zeigte die betr. Platten und versicherte, daß sie die Farben dauernd festhalten.