Gedichte der scheidenden Familie herzliche Glück- und Segenswünsche dar. Herr Oberförster Theurer dankte in bewegten Worten und versicherte, er werde unfern Bezirk in guter Erinnerung behalten.

Calw, 29. Jan. In Liebclsberg fand gestern unter Vorsitz des Oberamtmanns Supper eine Besprechung von Vertretern der Gemeinden Liebels- berg, Schmieh, Einberg, Oberhaugstett und Altbulach unter Zuziehung des Zivilingenienrs Karl Kröber aus Stuttgart statt bezüglich besserer Wasserversor­gung der genannten Orte. Das Resultat der Ver­handlungen war folgendes: Liebeisberg, Schmieh, Emberg und Oberhaugstett werden eine Gruppe bilden und eine gemeinsame Wasserversorgung ausführen, falls die dazu ausersehene Quelle in einem Sciten- thal der Teinach erworben werden kann. Die Kosten hiefür werden, unter Anwendung der Kröberschen Patentmaschine, ca. 130 000 -^betragen. Altbulach wird zu seiner Wasserversorgung die nahe belegene Stollenquelle verwenden; die Kosten für dieses Pro­jekt sind auf 38 000 veranschlagt.

Calw, 29. Jan. Im vorigen Jahr wurde hier eine permanente Möbelausstcllung eröffnet. Nach dem Bericht des Vorstands des Handels- und Gewerbevereins sind daraus für 5000 Möbel verkauft worden. Viele der Gegenstände mußten zweimal durch neue ersetzt werden. Da die Ausstel­lung in manchen Stücken gar nicht oder zu langsam ergänzt wurde, standen in letzter Zeit die gemieteten Lokalitäten fast leer und das junge Unternehmen drohte einzugehen. Die Ausstellung ist nun wieder auf I Jahr gesichert, da sich 6 Meister zu fleißiger und pünktlicher Beschickung derselben verpflichtet ha­ben. D.r Verein, der 121 Mitglieder zählt und ein Vermögen von 2317 ^ besitzt, hat im letzten Jahr für fleißige und geordnele Fortbildungsschule!: 31 zu Prämien verausgabt.

Stuttgart, 29. Jan. Die Summe der Zeich­nungen auf das vom Verein für das Wohl der arbeitenden Klassen behufs Erbauung von billigen Wohnhäusern aufgenommenen Darlehens hat nunmehr Million überschritten. Der höchste Betrag von 30 000 ^ wurde von dem König und der Königin gezeichnet; weiter erfolgten 2 Zeichnungen L 20 000 I L 12 000 4L 10 000 ^, 11

L 5000 Die Grenze nach unten bildeten Zeich­

nungen L 1000 -,-A. Obwohl nun das bisherige Ergebnis als ein sehr erfreuliches bezeichnet werden kann, so darf doch nochmals daran erinnert werden, daß, wenn nicht Vs Million zur Verfügung gestellt werden kann, unmöglich auch nur entfernt den zahl­reichen Nachfragen, hauptsächlich aus der Arbeits- Welt, genügt werden kann. Der Wohlthätigkeit in Sachen der Erbauung von Arbeiterwohnungen sind also noch lange keine Schranken gesetzt.

Stuttgart, 29. Jan. Zum diesjährigen sog.Landcsexamen", welches gestern begonnen hat, haben sich 82 Schüler eingesunden, wovon 30 als ordentliche Zöglinge und einige als Hospitanten. Aufnahme finden können. (Also müssen viele rutschen!)

Stuttgart, 29. Jan. (Arbeiterkolonien.) Nach längerem Bemühen ist es dem Verein zur Gründung von Arbeiterkolonien in Württemberg gelungen, ein passendes Gut für eine Kolonie im Unterlande zu entdecken, da bekanntlich die bisher einzige Kolonie Dornahoff im Oberlandc (bei Saulgau) gelegen ist. Heute wurde, wie wir hören, der Ankauf des Gutes Erlach bei Großcrlach, 7 Kilometer von Murrhardt entfernt, für 80 000 ^ perfekt. Die neuzugrün­dende zweite Kolonie wird etwa 100 Kolonisten, worunter auch entlassene Strafgefangene Berücksich­tigung finden sollen, anstiehmea können.

Stuttgart, 29. Jan. (Landtag.) Die Lämmer der Abgeordnete» beriet heute den Rechenschaftsbericht ins stän­dischen Ausschusses ücer seine Amtsthätigkeit während der LUitagung der Stäiideversaminluug. Aus demselben ist nur zu entnehmen, daß nach der Revision die württ. Staatsschuld am 9. Dez. 1890 42l,M2,b3u betrug. Das schroffe Austlcleii der beiden volkspartcilichen Abgeordneten K. und F. Haußinann bei den Debatten über die Vcrwaltungsreform- Vorlage hat die beiden Fraktionen der deutschen und der RcgicrungS Partei so verschnupft, dag sic sich nicht dazu herb. Nassen wollen, den von der Linken vorgeschlagcnen Ab­geordneten F. Haußinann in die staatsrechtliche Commission zu wählen. Einmal blieb Haußmann bereits in der Mmo- riiat, da die beiden anderen Fraktionen ein anderes Mitglied der Linken gewählt halten (Probst/, der aber ablehnte. Die Neuwahl ist jetzt bis zum Wiedcrzusammentrilt der Stände im März vertagt. Auch eine gemeinschaftliche Sitzung beider Lämmern wurde heute abgchatien, nm einige Wahlen vor- zuu-. Innen.

Stuttgart, 2!» Jan. (Landtag.) Nach 3>vöchentlicheu B-.:t.:::dt:,gcu har die Lamm l heute die Beratung der

Verwaltuitbsrcform-Vorlage beendet. Die Hauptdebaltc der heutigen Sitzung concentricrte sich auf den seiner Zeit zurück- gestellten Art. 4 des Entwurfs. Während nach dem bestehen­den Recht die Regierung bei der Wahl eines Oitsvorstehees mit Zwcidrittel-Majorität die Bestätigung überhaupt nicht versagen kann, darf sic nach dem Art. 4 nur versagt werden, wenn sich der Disziplinarhof in seiner vollen Besetzung dahin ausgesprochen hat, dag der Gewählte zur Bekleidung des Amtes untauglich ist. Der Abg. Haußmann (Balingen) be­antragte, es bei dem bisherigen Zustand zu belassen, denn der Art. 4 sei eine Verkümmerung des Sclbstverwaltungs- rechts der Gemeinden, eine Bevormundung der Wähler und eine Rückwärtsbewegung unseres öffentlichen Rechts. Dem­gegenüber betonte der Minister, daß die Regierung nicht in die Zwangslage kommen wolle, erst einen mir Zweidrittel- Majorität Gewählten bestätigen und dann eine Diszivlinar- untersuchung gegen denselben cinlciten zu müssen. Es ist nämlich schon vorgekommen, daß ein auf dem Disziplinarwcg entlassener Ortsvorsteher mit Zweidrittel-Majorität wieder­gewählt worden ist. Wenn das allgemeine Wahlrecht in dieser Weise v rsagc, müsse die Regierung ihrerseits ein Korrektiv in der Hand haben. Zu Gunsten des Haußmann'- schen Antrages sprachen noch Maurer und Ebner, doch wurde derselbe schließlich mit großer Majorität abgelehnt und der Regierungsentwnrf zu Art. 4 angenommen. Die heutige Beratung iu ihrem weiteren Verlaufe bot kein besonderes Interesse m-hr, nur sei noch bemerkt, daß die Regierung mit dem Vorschlag der Commission auf Errichtung einer Pensions­kasse für Gcmeindcbeamte einverstanden ist nnd statistische Erhebungen darüber cinlciten will.

Stuttgart, 30. Jan. (Landtag.) In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten beschloß man, nach einem von dem Abg. v. Luz erstatteten kurzen Bericht, über die zur Frage der Vcrwaltungsrefocm cingegangenen Pe­titionen zur Tagesordnung überzugehen. Bei der Endab- slimmung über die VerwaltungSrcform Vorlage wurde das ganze Gesetz mit 70 Ziegen 13 Stimmen der Linken ange­nommen, wonach das Vertagungsreskript zur Verlesung kam. In 34 Wochen werden die Vorarbeiten der Finanzkom­mission zum Etat so weit gefördert sei», daß dann dessen! Beratung im Plenum ohne Unterbrechung vor sich gehen kann.

Stuttgart, 30. Jan. Das Eisenbahnbangcsctz, über welches sich die Kammer iu Verbindung mit der Etatsberatung schlüssig zu machen haben wird, dürfte dem ständischen Ausschuß schon in Kürze zu­gehen. Dasselbe soll sehr umfangreich sein und wird u. a. auch die Existenz für die ümgehungsbahn zur Entlastung des Stuttgarter Bahnhofs enthalten. Weitere Prospekte zur Erweiterung des Bahnhofes selbst scheint man einstweilen fallen gelassen zu haben. In Sachen der Donativgelderfrage, über welche bei der letzten Etatsberatung der Abgeordnete Gröber die Regierung interpellierte, wird der Kammer eben­falls eine sehr eingehend begründete Vorlage zugehen.

Statistik der Taubstummen. Nach den eingegangenen Berichten der gemeinschaftlichen Ober- ämler in Schulsachen beträgt die Zahl der Taub­stummen in Württemberg vom zurückgelegten 5. bis zum zuriickgeleglen !2. Lebensjahr 287. Unter diesen stehen noch unter 7 Jahren, sind also noch nicht im aufnahmsfähigen Alter 16; bildungsunfühig 10, schon in Anstalten 210, somit wären noch 51 Taubstumme, unter denen 4 sind, deren Eitern keine Aufnahme wünschen. Die Gesamtzahl der Taubstummen, welche in württembergischen Anstalten im'Alter von 7>6 Jahren unterrichtet werden, beträgt 286 Württem- berger und 64 N'chtwürttemberger. In Nagold sind untergebracht 24.

Brandfälle: In Wolfcgp am 29. Jan. die Knnstmühle des C. G. Schundz. Neumühle".

DerDeutsche Rcichsanzeigcr" schreibt: In den Strafanstalten des Ressorts des Ministeriums des Innern ist bereits seit längerer Zeit die Einstellung der Fabrikation von künstlichen Blumen oder Vor­arbeiten zu denselben, sofern nicht bestehende Ver­träge hinderlich sind, in Aussicht genommen. Dem entsprechend hat der Minister des Innern nunmehr bestimmt, daß, falls etwa noch eine solche Fabrikation in Anstalten stattfi idet, die bestehenden Kontrakte, sobald es angängig ist, aufzulöscn und neue derartige Kontrakte nicht mehr zu schließen sind. Hiermit ist ein seit langen Jahren ausgesprochener Wunsch der Fabrikanten künstlicher Blumen, welchen die Ge­fängnisarbeit schwere Konkurrenz bereitete, endlich erfüllt.

Volkszählnngsergebnisse. Die Bevölkernngs- ziffcrn der größeren deutschen Städte bis herab zu denjenigen mit 20 000 Einwohnern nach der letzten Zählung vom I. Dezember 1890 sind jetzt bekannt. Das deutsche Reich zählt 26 Städte mit mehr als 50 000 und weniger als 100 000 Einwohnern; hernach 39 mit 30 000 bis 50 000 endlich 64 mit 20 000 bis 30 000 Einwohnern, zusammen 150 Städte von mehr als 20 600 See'cn. In letzterer Gesamtzahl von Städten betrug der Bevölkerungs­zuwachs im Durchschnitt 12.2 Prozent: am stärksten

war derselbe in den Städten zwischen 30 000 bis 50000 Einwohnern, wo er sogar 14.7 Prozent betrug. Natürlich ist diese starke Zunahme der Groß- und Mittelstädte zum großen Teil auf Kosten der klei­neren Orte, namentlich der ländlichen erfolgt.

Frankfurt a. M., 31. Jau Die Frankfurter Zeitung meldet: Der kürzlich verhandelte Prozeß gegen Dr. Stern wegen der Vorgänge im Offizierskasino des Stutt­garter Ulanenregiments erhält ein Nachspiel. Der Strafantrag des Offizierskorps richtet sich nämlich gegen alle sonst Beteiligten. Infolge dessen ist eine neue Untersuchung eingeleitet. Heute war Sonnemann gericht­lich vorgeladen und sagte eidlich aus, was ihm über die Urheberschaft des Artikels be­kannt geworden.

Berlin, 1. Febr. Aus Nom wird ge­meldet : Bei der Abstimmung über das Sperr­zollgesetz blieb Crispi mit 63 Stimmen in der Minorität. Die von Crispi beleidigte Rechte stimmte gegen ihn. Crispi meldete die Demission des Kabinetts an

In Abgeordnelcnkreiseu verlautet, GencralstabS- chef Graf Waldcrsee sei znm Nachfolger des Ge­nerals v. Leszcynski als kommandierender General des IX. Armeekorps auscrsehcn.

DieKöln. Ztg" widerspricht entschieden der Nachricht, daß der Abschied des Generals v. Les- zezynsü mit der Einladung des Fürsten Bismarck zu einem Diner irgend in Zusammenhang stehe.

Berlin, 29. Januar. Die sozialdemokratische Partei des Reichstags hat gestern Abend bei starker Beteiligung beschlossen, den Genossen zu empfehlen, die Maifeier auf den ersten Sonntag im Mai zu verlegen. Ein Aufruf mit den vorgebrachten Gründen für diesen Beschluß soll folgen.

Die Bergleute des Saar-RevicrS Haien be. schlossen, am I. Februar auf allen Gruben eine Feier zu veranstalten zur Erinnerung an die Erlasse des Kaisers über den Arbeiterschutz. Die Feier soll io einem Äbcndkonzcrt mit Vorträgen bestehen. Der Vorstand des Rechtsschntzvcreins der Bergarbeiter sendet ein Danktelegramm an den Kaiser ab.

Berlin, 29. Ja». Ans bester Quelle wird be­stätigt, das; eine Ermäßigung des Getrcidezolls auf 3 ^ 50 von deutscher Seite in den Vertrags- Verhandlungen mit Oesterreich zugestanden ist.

Berlin, 29. Jan. Die Zuckersteuerkommission hat die verschiedenen ans Herabsetzung des Ber- branchssteuersatzes nnd eine Erhöhung der offenen Prämien abzielenden Vermittinngsantrüge, ingleichen den Beschluß erster Lesung, die Verbrauchssteuern auf 16 ^ sestzusetzen, abgelehnt. Ebenso das ganze Gesetz mit 24 gegen 2 Stimmen. In der zweiten Lesung im Plenum wird sonach der Regierungsent­wurf als Unter!agc dienen.

Berlin, 29. Jan. Eine kommunistische Grün­dung der Sozialdemokraten soll baldigst ins Leben treten. In Magdeburg ist die Gründung eines Versammlungs- nnd Gesellschaftshauses der Sozial­demokraten gesichert, die provisorischen Beitragszeich­nungen haben eine Höhe von nahezu 50 000 ^ erreicht. Mit dem Gesellschaftshause wird eine eigene Wirtschaft verbunden werden, welche auf communi- stischer Grundlage geführt werden soll.

Für das Kaiser-Friedrich-Denkmal ans dem Schlachtfelde bei Wörth sind bis jetzt 265 500 ^ gesammelt, so daß zur Erreichung der nötigen Kosten jetzt nur noch 36 500 ^ fehlen.

Einen praktischen Erfolg dürfte die neuliche Reichslagsdebotte über die Aufhebung des Einfuhr­verbots für amerikanische Schweinefleisch-Produkte doch haben, obgleich der Antrag selbst im Reichs­tage abgelehnt wurde. Dem Bundesrat soll nämlich der Vorschlag unterbreitet werden, die Einfuhr pro­beweise zu gestatten. Die zu machenden Erfahrungen sollen dann für definitive Aushebung oder Ausrecht - erhaltnng des Verbotes maßgebend sein.

Schwei).

Bern, 31. Jan. Die deutsche Regierung kün­digte den Handelsvertrag mit der Schweiz. Dem Vernehmen nach wurde durch den vorausgegaugcncn Meinungsaustausch die Bereitwilligkeit der beider--