Ausführung der Straßcnkorrektion der Gündringer- Hochdorfer Steige erlebt. Vielleicht sind auch die Mitglieder vom Tierschutzverein so erbarmungsvoll und thun Schritte, daß die Sache endlich einmal Hände und Füße bekommt.
Stuttgart. Erschienen ist der Rechenschaftsbericht des ständischen Ausschusses über seine Amts- thätigkeit während der Vertagung der Ständever- sammlung vom lO. Mai 1890 bis 8. Januar 1891. — Wir entnehmen demselben, daß der Stand der württembergischen Staatsschuld 421012 530 33 ^
ist, davon werden 347 Millionen zu 4°/« verzinst, 58 Millionen zu 3^2 und nur 15 Millionen zu 4^2 o/„.
Stuttgart, 13. Jan. (Landtag.) Heute, in ihrer Nachmittagssitzung, trat die Kammer der Abgeordneten in die Spezialberatung der Verwaltnngsreform-Vorlage ein. Die Erörterungen waren so eingehender Natur, daß man nicht einmal über Artikel 1 hinauskam. Dieser Art. 1 bildet glei h den Kernpunkt des ganzen Gesetzes, da nach ihm der Ortsvorsteher von den wahlberechtigten Gemeindebürgern auf Lebenszeit zu wählen ist und seine Wahl der Bestätigung der Regierung bedarf. Zu Gunsten der Vorlage sprechen die Adgg. Dr. v. Göz, welcher beantragte, daß gegen die Versagung der Bestätigung der Beschwerdeweg offen stehen soll, Sachs, Fuhr. v. Elrichshausen, Essich, Bantleon, Klans, Unterste, Bockshammer und Göz. Gegen die Vorlage, d. h. gegen die Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher sprechen die Abgg. Egger, Schnaidt, Härle, Ebner und Haußmann, wobei der letztere mehrere Anträge vor das Haus brachte, womit er dem Standpunkt der Volkspartei Geltung verschaffen will. Er beantragte, daß die Ortsvorstehcr von den Gemrinde- bürgern aus 6 höchstens 12 Jahre gewählt werden sollen und will, daß die Versagung der Bestätigung eines gewählten Ortsvorstchcrs nur unter ganz bestimmten Umständen ein- treten kann und daß außerdem gegen die Versagung der Bestätigung eine Berufung bei dem Verwaltungsgcrichtshof offen stehen soll. Der Abg. Ebner möchte wenigstens für die Gemeinden über 10 000 Einwohner die periodische Wahl (6 resp. 12 Jahre) gewährt wissen. Morgen wird es über alle diese wichtigen Fragen zur Abstimmung kommen. Die heutige Sitzung war auch insofern von Interesse, als es in ihr zwischen einigen Abgeordneten der verschiedenen Parteien zu scharfer Polemik kam, so daß der Präsident mehrfach cinschrciten mußte.
Stuttgart, 14. Jan. (Landtag.) Heute ist die Entscheidung über die viclberufenc Frage der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher nach viertägigen Debatten erfolgt. Es ist Niemand durch das Votum überrascht worden, es ist so ausgefallen, wie es von vornherein zu erwarten stand. Bei der compliziertcn Abstimmung wurde zuerst ein Antrag des Abg. Haußmann auf periodische Wahlen der Ortsvorstcher mit 63 gegen 21 Stimmen abgelehnt und darauf die Lebenslangst ch- keit derselben mit 62 gegen 23 Stimmen angenommen. Ein Antrag Ebners auf Vornahmr der periodischen Wahlen der Ortsvorstehcr in Gemeinden von über 16 600 Einwohnern durch direkte Wahl, wnrde mit 60 gegen 24 Stimmen abgelehnt. Mit großer Mehrheit wurde sodann die Bestätigung der Ortsvorsteher durch die Krone resp. die Kreisregstrung genehmigt mit dem von der Commission beantragten Zusatz, daß gegen die Versagung der Bestätigung durch die Kreisre- gicrung Rekurs ergriffen werden kann, eibgelehnt wurde dann noch der von Haußmann gestellte Antrag, daß bei Versagung der Bestätigung Gründe anzugcben sind. Also der Rcgicrungsvorschlag rst dnrcdgcgangcn, nur mit der kleinen Einschränkung, daß dem nicht bestätigte» Ortsvorsteher Rekurs gegen die Entscheidung der Krcisrcgiernng zustehen soll. Gegen die Regierungsvorschläge stimmte die Linke ziemlich geschlossen.
Kaiser Wilhelm und hie Abrüstungsfrage. Englische und französische Blätter behaupten, der deutsche Kaiser beschäftige sich jetzt ernsthaft mir der Frage einer allgemeinen europäischen Abrüstung und habe auch bereits den Kaiser von Oesterreich und den König von Italien hiefür genommen. Selbstverständlich sind das Mutmaßungen ohne that- sächliche Unterlage. Kaiser Wilhelm weiß am besten, daß aus Paris und Petersburg allen Abrüstungs- Vorschlägen ein bestimmtes „Nein!" entgegengesetzt werden würde. Die europäische Abrüstung ist ein sclöner Gedanke, aber man soll sich nicht Hoffnungen hingcbcn, an deren Verwirklichung auf Jahre hinaus nicht zu denken ist.
lieber die Stellung Kaiser Wilhelms zu den Getreibezöllen wird jetzt etwas Genaueres bekannt. Der Kaiser stimmt einem Schutz der Landwirtschaft prinzipiell zu. ist also sür landwirtschaftliche Zölle. Aus der anderen Seite ist er aber auch der Ansicht, daß der Schutz der Landwirtschaft nicht so weit gehen dürfe, daß dabei die allgemeine Lage der Bevölkerung völlig außer Acht gelassen wird. Da tharsächlich eine mißliche wirtschaftliche Lage für weite Kreise besteht, hält cs der Kaiser für angemessen, eine Milderung durch Ermäßigung der Kornzölle herbeizuführcn, indem er der Ansicht ist, daß ein etwaiger Schaden der Landwirtschaft nicht entfernt so erheblich sein wird, als der Nachteil ist, welchen die große Menge der Bevölkerung von den hohen Lcbcnsmittelpreisen schon gehabt hat, die auch der Industrie wesentliche Mchrlasten in Folge der allge
meinen Lohnerhöhungen gebracht hat. Auf diesem Standpunkt steht auch der Reichskanzler, und eben deshalb steht im deutsch-österreichischen Handelsvertrag eine Ermäßigung der Getreidezölle in Aussicht.
Berlin, 12. Jan. (Die Leistungen der Arbeitgeber für die Arbeiter-Versicherungen.) In Dresden hielt in diesen Tagen der Regierungsrat Dr. Rumpel einen Vortrag, dessen Schluß wie folgt lautet: Das Jnvaliditäts- und Altersversichcrungs- gesetz wird vom 1. Jan. in Deutschland sofort etwa >2 Millionen Versicherte umfassen; etwa 120 000 Personen werdeu bereits im ersten Jahre Altersrente beziehen. Die Beiträge werden von Anfang an ohne den Reichszuschuß etwa 120 Millionen Mark jährlich betragen. Davon werden die Arbeitgeber voraussichtlich mindestens die Hälfte aus eigenen Mitteln zahlen. Für die Kranken- und Unfallversicherung zusammen sind schon im Jahre 1888 mehr als 100 Millionen Mark Beiträge geleistet worden, von denen auch die reichliche Hälfte den Arbeitgebern zugefallen ist. Im Jahre 1891 werden die Unternehmer und Arbeitgeber sonach für die Zwecke der Arbeiterversicherung einen Gesamtbeitrag von min- ^ bestens 120 Millionen Mark aus eigenen Mitteln beizusteuern haben. Das sind Zahlen, neben denen selbst die großen Unterstützungen englischer und amerikanischer Gewerk- und Arbeitervereine verschwinden. Dazu kommen noch die beträchtlichen Opfer an Zeit, Freiheit der Bewegung u. s. w., welche die Arbeiterversicherung den Arbeitgebern auferlegt. Man wird also wohl sagen können, daß die besitzenden Klassen auch heute schon ihre Person und ihr Hab und Gut in den Dienst ihrer besitzlosen Brüder und Schwestern stellten. Deshalb ist aber auch der Wunsch gerechtfertigt, daß das Ziel so großer Aufwendungen erreicht werden möchte: die festere Begründung und Erhaltung des sozialen Friedens, die Eintracht aller Bevölkerungsklasseu auf dem gemeinsamen, uns heiligen Boden des Vaterlandes.
Berlin, 13. Inn. Im Reichstag fand heute die Beratung der Anträge Auer-Richter, betr. Gctreidezölle, statt. Der Reichskanzler wies auf die schwebenden Verbandlnngcn mit Oesterreich hin, denen hoffentlich solche mit anderen Mächten folgen werden; er sprach die Hoffnung auf ein befriedigendes Ergebnis der Handelsvertrags-Verhandlungen ans. Den verbündeten Regierungen liege die Erleichterung der Volkscrnährung ebenso am Herzen, wie irgend welchen Parteien. Ein Beweis dafür sei die erfolgte Erleichterung der Fleischversorgung; der Reichskanzler erkannte die Wichtigkeit der Landwirtschaft an und erklärte schließlich, die Regierung werde an der Erörterung nur teilnehmen, um Jrrtümer zu berichtigen. Abg. Schuhmacher (Sozialist) verlangt Aufhebung der Zölle gegen Rußland. Abg. Richter (d.-fr.) erklärt sich befriedigt von dem günstigen Verlauf der österreichischen Verhandlungen. Er kritisiert scharf die dem Fürsten Bismarck zngeschricbenen Zeitungsartikel und erklärt, die gegenwärtige Situation sei finanziell für eins Zollreform günstig.
Es wird von gut unterrichteter Seite mitgeteilt, daß dem preußischen Abgeordnetenhause in dieser Session schon ein Gesetzentwurf, betr. die Aufhebung ges Welfenfonds (Reptilienfonds) zugehen wird. Da alle Parteien in dieser Sache derselben Ansicht sind, wird die Erledigung der Vorlage keine nennenswerten Schwierigkeiten machen.
Die „Köln. Ztg." kann die Angaben der „Hamb. Nachr." über die bevorstehende Aufhebung des Welfenfonds, worüber Windthorst mit Caprivi konferiert habe, als vollständig unbegründet bezeichnen.
Der Staatsschuld des Königreichs Preußen wird nach den offiziellen Mitteilungen des Finanzministers Dr. Miguel am 1. April. 1891 die Summe von 5843 Millionen ^ betragen. Der Posten sieht gefährlicher aus, als er ist, weil in demselben die gewaltigen Anleihen für Eisenbahnzwecke mit enthalten sind, immerhin ist er aber groß genug, und wenn der Finanzminister dringend zum Beginn der Schuldentilgung riet, so kann man dem nur beipflichten.
Nach einem militärischen Mitarbeiter der „Hamburger Nachrichten" ist die Befestigung Helgolands beschlossene Sache, die Frage sei nur, welches Projekt ausgeführt werde, das kleinere, welches 5 Will, koste und bezwecke, die Insel gegen einen Handstreich zu schützen, oder das Generalprojekt mit Torpedohafen re., weiches 30 Millionen verlangen werde. Eine Vorlage sei schleunigst zu erwarten.
Frankreich.
Paris, l2. Jan. Der „Tcmps" meldet, Kaiser Wilhelm habe eine allgemeine Entwaffnungskonferenz vorgeschlagen. (?) Italien hätte zugestimmt, Oesterreich aber Bedenken gegen den Plan geltend gemacht.
Kleinere Mitteilungen.
* Nagold, 16. Jan. Heute haben wir den kältesten Tag dieses Winters, das Thermometer zeigte heute früh 8 Uhr — 16 Grad.
Vom Lande, II. Jan. In neuerer Zeit wird das Schwefeln des Getreides vielfach angewendet, um einer geringeren Ware ein schöneres Aussehen zu geben; nach der „Chemiker Zeitung" wurden nicht weniger als 60 von 100 Proben Gerste bei der chemischen Untersuchung als geschwefelt befunden. -- Abgesehen von der dadurch bewirkten Täuschung der Käufer wird auch die Keimkraft des Kornes um ca. 10 Prozent vermindert und eignet sich daher dasselbe nicht zur Aussaat. Das etwa stattgchabte Schwefeln des Getreides ist dadurch leicht nachzu- weisea, daß ein in dasselbe gehaltener silberner oder goldener Gegenstand eine schwärzliche Färbung annimmt.
Vom Meinhardter Wald, 9. Jan. Welche Rolle der Aberglaube teilweise noch in den Köpfen unserer Bewohner spielt, zeigt folgender Vorfall. Vor einigen Tagen kam ein Zigeuner in die Wohnung eines Bauern auf dem Riegetthof bei Mainhardt und schwindelte dem Manne vor, daß unter einem Steine, welchen er bezeichnet?, ein Riesenschatz seiner Erlösung harre: er könne den Bann lösen, bedürfe aber hiezu 4 bis 500 Der Bauer
zahlt und darf nun nach 14 Tagen Nachsehen, da bis dorthin der Bann gelöst ist. Die Bäuerin, welche Verdacht schöpfte, suchte schon nach einigen Tagen den Zauberstein auf, fand aber statt Geldes nur ein Päckchen Papierschnitzeln. Ob der geprellte Bauer ein ellen- oder meterlanges Gesicht macht, bleibe dahingestellt, daß er aber zum Schaden den Spott hat, ist klar. Dem Thäter soll man auf der Spur sein.
Professor Billroth konstatierte, daß Kochs Lymphe auch den Strahlenpilz heile, der bisher für unheilbar galt.
Handel und Verkehr. Schlachthaus-Ergebnis in Nagold.
Im Jahre 1899 wurden hier geschlachtet:
Ochsen . .
14 Stück,
Farrcn . .
. 8 „
Kühe . . .
- 44 „
Jnngrinder
. 241 „
Kälber . .
. 536 „
Schafe . .
- 12 „
Schweine .
- 712 „
im Gesamtgewicht von 1890: 69 577 Kilo, 1889: 65 3Ü0 .
1888: 69 295 „
1887: 55 685 „
Im Jahr 1887 wurden Ochsen geschlachtet: 39 Stück,
,. ., 1888 ,. ,. ,. 28 „
„ „ 1889 ., „ 22 „
Von auswärts wurde eingcführt an Fleisch 1890: 6614 Kilo,
. „ 1889: 3675 „
. 1888: 5041 „
. 1887: 3190
Auffallend ist der stete Zurückgang der Schlachtung von Ochsen, der, wenn so fort gehend, uns das Ochsenfleisch in kurzer Zeit nur noch im Namen nach erkennen läßt.
Von Ilittzi-lMtz M M Vottl-LKtziuItzi,.
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