>olgte der Erbgroßherzog einer Einladung zur Tafel bei Hofe. Der Erbgroßherzog führte die Kaiserin. An der Tafel nahmen alle Prinzen des königlichen Hanfes, der Reichskanzler v. Caprivi, Graf Moltke, die Minister v. Bötticher, v. Maybach und von Goßler, sowie die obersten Hofchargen und viele Generale teil.

Die Berliner Schulkonferenz hat sich in ihren bisher gefaßten Beschlüssen im Großen und Ganzen auf den Standpunkt des Kaisers gestellt. Wie der Kaiser, so schlägt auch die Konferenz vor, nur zwei Arten höherer Schulen in der Zukunft bei- zubehaltcn, die Gymnasien mit dem Unterricht in den beiden alten Sprachen und die lateinlosen Schulen, nämlich Oberrealschulen und höhere Bürgerschulen. Die Realgymnasien, d. y. die bisherigen Realschulen mit obligatorischem Unterricht im Lateinischen, würden ganz in Wegfall kommen. Für die Gymnasien soll der lateinische Aufsatz, gegen welchen sich der Kaiser besonders ausgesprochen hat, nicht mehr als Ziel- lcistung gelten und die bisherige griechische schrift­liche Versetzungsarbeit für Prima aufgehoben werden. Außerdem soll die Gesamtzahl der Unterrichtsstunden auf den Gymnasien, sowie die Zahl der Stunden für die alten Sprachen vermindert werden; letztere Herabsetzung soll zu Gunsten anderer Fächer ge­schehen. Das Zeichnen soll in den Gymnasien Ouarta bis Untersekunda obligatorisch gemacht wer­den, das Englische soll je nach den örtlichen Ver­hältnissen fakultativ oder obligatorisch eingcsührt werden. Neuere Geschichte und Deutsch sollen eine Bevorzugung, letzteres unter Vermehrung der Unter- ' richtsstuuden, erfahren.

Berlin, 16. Dez. Wie dieBörsenztg." erfährt, hat der Reichskanzler v. Caprivi dem Abg. Dr. Windthorst mitgeteilt, sein Antrag, betr. die Aus­hebung des Jesuitenausweisungsgesetzes, habe keine Aussicht aus Annahme seitens des Bundesrats.

Deut scher Reichstag. (Freitagssitzung.) Der neu.: Handelsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und der Türkei wurde in erster und zweiter Lesung angenommen, nachdem Abg. Siemens (freist) seine volle Zustimmung zu demselben ausgesprochen hatte. Darauf folgte die erste Beratung dcx neuen Zuckerstcpervorlage, welche die Materialsteucr und die Zuckerausfuhrprämicn aufhebt, dafür aber die Verbrauchs­steuer von 12 auf 22 erhöht. Staatssekretär v. Maltzahu ! empfiehlt dieselbe, da lew t>->- ^z,et sei, mit dem

fälligen, unhaltbar gewordenen Steuersystem zu brechen. Kie Zuckerindi'strie werde dadurch nicht geschädigt, das Reich werde dadurch finanziellen Nutzen haben, während doch die Konsumenten nicht schwerer, als bisher belastet würden. Abg. Witte (freist) ist mit der Aufhebung der Materialstcuer und der Ausfuhrprämien einverstanden, will aber keine Erhöhttilg der Verbrauchssteuer bewillige», weil für neue Einnahmen im Reiche ein Bedürfnis nicht vorliege. Abg. Graf Stolberg (konf.) befürchtet aus dieser Vortage Schaden für die Zucker- iildnstrie und die Landwirtschaft, ebenso Abg. Occhclhäuscr (natllb.) und von Kardorff (freikons.) Letzterer schlägt zur Deckung weiterer Bedürfnisse des Reiches eine Steuer auf Zeitungs-Inserate vor. Staatssekretär von Maltzahn er­widert, daß die Befürchtungen der Vorredner zu weit gingen. Die Vorlage sei durchaus sachentsprccheud, in der Kommission werde man sich darüber schon überzeugen. Abg. Heine (Soz.) beklagt sich darüber, daß die Zuckerfabriken ihren Arbeitern so schlechte Löhne zahlten. Abg. Bühl (natlib.) erklärt die Bereitwilligkeit seiner Partei, bei der Zuckersteuerreform mit- zumirken. Nachdem Abg. Barth (freist) für die Beseitigung der Ausfuhrprämien gesprochen, wird die Debatte geschlossen und die Vorlage einer Kommission von 28 Mitgliedern über­wiesen. Um den Handelsvertrag mit der Türkei noch an diesem Tage erledigen z» könne», beraumt der Präsident eine neue Sitzung auf 4 Uhr nachmittags an. In derselben wird der Handclsvertiag definitiv in dritter Lesung ohne Debatte ungeliomme». Die Eiustellung eiues gegen den Abg. Kunert (Soz., bei dem Landgericht in Magdeburg schwebenden Slraf- verfahr ns für die Dauer der Session wurde auf Antrag des Abg. Auer beschlossen, sowie gemhmigt, daß ein Straf­verfahren gegen verschiedene Redakteure wegen Beleidigung des Reichstags nicht ei,«geleitet werde» soll. Darauf geht der Reichstag in die Weihnachtsferien. Nächste Sitzung: Dienstag den 13. Januar l89l, nachm. 2 Uhr. Tages­ordnung: Anträge, Auer (Soz.) Richter (freis.) betreffend Aushebung, beziv. Ermäßigung der Lebensmitte.zölle.

ImRcichsanzejger" vom 9. d. M. wird aus- gesührt, daß, da die Beiträge zur Jnvaliditäts- und Altersversicherung Wochenöeitrüge sind und aus­schließlich nach Kalenderwochen zur Erhebung lom- men, für die Tage von Donnerstag den l. bis Sonn­tag den 4. Januar ein voller Wochenbeitrag entrichtet werden muß. In der Absicht, den Beginn der Mar- kcnverwendung in Fluß zu bringen, faßt der Satz 2 das Gros oer Versicherten, die gewerblichen Ar­beiter u. s. w. ins Auge, die ihren Lohn wöchentlich erhalten und für welche daher spätestens am Schluß der Woche der Beitrag in Gestalt der Marke zu leisten ist. Im Prinzip sind die Marken an den Lohnzcchlungstagen einznkleben. Ist die Löhnungs­

periode länger als eine Woche, so kann für den Ver­sicherten am Schlüsse jeder Woche die Marke ver­wendet werden. Ebenso ist es zugelassen, daß die Marken für mehrere Wochen im Voraus eingcklebt werden. Die bezügliche Bemerkung in der Bekannt­machung ist eine Antwort auf die sehr zahlreichen Anfragen vcn Gewerbetreibenden, welche einen sicheren Stamm von Arbeitern besitzen und sich die Mühe der Markenverwendung nicht in jeder Woche machen wollen. Selbstverständlich darf den Versicherten nur der Anteil für diejenigen Marken abgezogen werden, welche gesetzlich bereits füllig sind. Dienstherr­schaften, welche ihre Dienstboten monatlich ablöhnen, müssen am Lohntage eine Marke auch für diejenige Woche einkleben, in welche der Lohntag fällt, mag der Lohntag auf den letzten oder auf einen früheren Tag der Woche fallen. Als erster Tag der Woche gilt der Montag (nicht der Sonntag.)

Im Bundesrat soll ein Antrag angenommen sein, den Zoll für Arac, Rum, Cognac in Fässern, welcher gegenwärtig 125 ^ pro lOO Kilo beträgt, auf 180 ^ zu erhöhen.

Wie verlautet, sollen die Preise der Arbeiterfahr­karten auf allen preußischen Staotsbahnen auf l für den Kilometer herabgesetzt worden sein.

Virchow über das neue Koch'sche Heilmittel. In einer Unterredung mit einem Vertreter des Newyork Herald" soll nach derMünch. Allgem. Ztg." Prof. Dr. Virchow in Berlin geäußert haben: Am besten wirkte die Koch'sche Lymphe bei Kehl- kvpftuberkulose und Lupus. Man werde abzuwarten haben, ob die Heilungen dauernde seien. Es werde ferner eines oder zweier Jahre bedürfen, ehe über die Ansicht Kochs und Bergmanns, daß Schwind­sucht heilbar sei, Beweise vvrliegen. Daß die Koch'­sche Lymphe eine vollkommen sichere Diagnose für alle durch Tuberkelbazillen verursachten Krankheiten ermögliche, könne er nicht zugeben.

Entdeckung des Krebs-Bazillus? Dr. Wil­liam B. Rüssel, Pathologe am kgl. Siechenhaus in Ehinburg, hat vor kurzem in einem Vortrag erklärt, daß er in 40 bis 50 Fällen von Krebsleiden einen eigenartigen Parasiten gesunden habe, welcher bei keiner anderen Krankheit' angetrosfen würde. Der Bazillus gehöre zur Hesen-Klasse. Dr. Rüssel setzte bescheiden hinzu, daß andere seine Versuche erst prüfen müßten, ehe seine Endeckung von der Wissen­schaft angenommen werden könne.

Alto n a, l3. Dez. Eine gestern hier abgehaltene Versammlung von dreitausend Zigarrenarbcitcrn be­schloß nach dem B. T., beim Streik auszuharren, und wenn bis Weihnachten noch kein Friede erzielt sei, eine neu Organisation zu schassen. Liebknecht, der als Referent erwartet wurde, sandte ein absa­gendes Telegramm.

Luxemburg.

Luxemburg, 12. Dez. Anläßlich der Thron­besteigung erläßt der Gcoßherzog einen ausgedehnten Gnadenakt. Die Großherzogin besuchte heute Spi­täler und Schulen.

Beflerreich-Ungarn.

Wien, 13. Dez. Der Kaiser sagte bei der vorgestrigen Audienz zu dem Prager Bürgermeister Scholz: die Jungczechm sind sehr leichtsinnig; das kann böse Folgen für das ganze Volk haben. Diese Worte des Kaisers erregen das größte Aufsehen.

Die deutsche Militärkommission, welche dem Kaiser Franz Joseph ein Modell des neuen deut­schen Armeezeltes vorgestellt hat, ist in Wien auf das Zuvorkommendste behandelt, auch zur kaiserl. Tafel gezogen Die Herren, die jetzt nach Berlin zurück- gereist sind, sind des Lobes voll über ihren Aufent­halt an der Donau.

England.

London. Wie verlautet, ist ein Verhaftungs­befehl gegen Parncll erlassen worden.

London, 13. Dez. Aus China wird gemeldet: In Tschung Ring wurden 20 zum Christentum bekehrte Chinesen niedergemetzelt und ihre Häuser verbrannt.

Amerika.

Die kürzlich von New-Iork verbreitete Nachricht, der Jndianerkrieg sei zu Ende, hat sich nicht bwahr- heitet. Im Gegenteil hat bei Pineridze ein Zusam­menstoß zwischen Truppen und Rothäuten stattge­funden. Beide Teile hatten mehrere Tode. Die Indianer wurden in die Flucht geschlagen, einer ihrer Führer ist gefangen.

Kleinere Mitteilungen.

Wald müssingen. 10. Dez. Als ein Unikum in des Wortes weitgehendster Bedeutung glauben wir den frechen Diebstahl bezeichnen zu dürfen, der in der hiesigen Pfarrkirche zur Ausführung kam. Es wurde nämlich aus der sehr schönen und guten, vor einigen Jahren mit einem Kostenaufwand von 7000 seitens der Gemeinde erstellten Orgel eine 4fußige Zinnpfeife entwendet. Trotz eifriger Nach­forschungen konnten bis jetzt weder der Dieb noch die Pfeife ausfindig gemacht werden. Ohne Zweifel sucht elfterer diese bei einem Flaschner oder Zinn­gießer oder Kupferschmied zu versilbern. Dadurch aber dürfte sich auch die Möglichkeit ergeben, des Diebes habhaft zu werden.

Ulm, 13. Dez. Die That des Rekruten, welcher sich ein Ohr abschnitt, scheidt in Sinnesstörnng voll­bracht zu sein. Die Versuche, das abgeschnitkene Stück anzunähen, erduldete er, ohne eine Miene zu verziehen. Schwermut soll in der Familie erblich sein.

Vom Bodensee, 14. Dez. In Rorschach trug sich laut O. A. gestern ein eigentümlicher Fall zu. Ein Fuhrmann sprang, um den Zähnen seines plötz­lich wie toll auf ibn cindringcnden Rosses zu entrinnen, in den See. Das Tier setzte ihm jedoch nach nnd ertrank, während der Fuhrmann gerettet werden konnte.

Fürstbischof Ko pp fordert seinen KlcrnS zur Belehrung der Pfarrkindcr über Jnvaliditäts- und Attersversichernngsgesetz ans.

In Berlin hat eine 75 Jahre alte Frau wider ihren 83jährigen Ehegatten, den Stadtmusikns Walde­mar Pfeifer, wegen böswilligen Vcrlassens die Ehe­scheidungsklage angestrengt.

Ein Dienstmädchen als Wohlthätcrin. Wie aus Vechta gemeldet wird, hat die Dienstmagd Hoene, die volle 66 Jahre im Hans des dort wohnenden Kammerherrn v. Fcydag gedient hat, ihr gesamtes Barvermögcn, etwa 18 000 Mk.. testamentarisch zu milden Zwecken vermacht. Sic ist im hohen Alter von 90 Jahren gestorben.

Aus Ostende meldet man der Köln. Ztg.: Zwei hiesige Wechselagenten sind mit Hinterlassung von 300 000 Franken Schulden verschwunden. An dem Verlust sind namentlich viele kleinere Bürger beteiligt.

Ein furchtbarer Orkan hat die ganze Insel Sardinien verheert, 4 Brücken zerstört und zahl­reiche Gebäude vernichtet. 12 Menschen sind um­gekommen, ebenso z ahlreiches Vieh. __

Handel und Berkehr

Nagold.

Am nächsten Sonntag, den 21. Dez., ist der hiesige Postschalter AM" auch nachmittags von 46 Uhr "WA geöffnet.

Stuttgart, 13. Dez. DemTagblatt" zufolge sind Verhandlungen zur Vergebung des Restes der Wärt tcmb. Staatsanleihe im Betrage von 8 Millionen im Gange. Voraussichtlich werden Zyzproz. Obligationen ansgegeben.

Buxkin, reine Wolle/ nadeiftrtig !

ca. 140 om breit ä Mk. 1.93 Pf. per Dieter 1

versenden direkt jedes beliebige Quantum !

Buxkin-Fabrik-Döpöt OettinKsr L 6«. Frankfurt a. M. : _Muster-Auswahl umgehend franko._1

Wnfer bestes KausmiLteL'

bei Unstsn, LlsissrLsit, lleckarrksn und VsrseblsiiurtNF sind unstreitig tfuz-'s Lelits Soäenvr ö1iitornl-1>n8tilltzit. Bel nur leichter Erkrankung ec. genügt es, wenn mau dieselben einfach im Munde zergehen läßt, in veralteten Fällen ist ihre Wirkung eine außerordentlich günstige, wenn man 3 -5 Stück in heißer Milch auflöst nnd letztere von den Erkrankten warm in wiederholten Gaben trinken läßt. Diese Methode ist allen Bonbons, Hustenstillern, Honigsäftchen u. dergl. vorzuziehen. Magenverstimmung durch den Gebrauch von Fay's Sodencr Pastillen, die in allen Apotheken und Droguen L 85 -4 er­hältlich sind, ist ausgeschlossen.

Erhältlich ln Nagold bei H. Lang, Conditor.

In dem bekannten Verlag von E. Rupfer in Stuttgart

erschienen auch dieses Jahr wieder d e sauber ausgestatteten Kalender, welche sich durch Reichhaltigkeit an Illustrationen und schönem Druck vorteilhaft vor andern anszcichnen. Bei dem billigen Preise von 2<) Pfg. vielet z. B.Der Volksbote aus Württemberg" eine Fülle des Belehrenden und Unter­haltenden, wäbrcnd derStuttgarter lustige Bilderkalcnd r" mit heiterem Humor die spassigcn Vorkommnisse in Stadt und Land beschreibt und auch unsere Gegend nicht verschont, ohne indes weiter verraten zu wollen.Der deutsche Haus­freund" mit einem religiösen Inhalt ist jedem deutschen Hause eine Zierde, und sind daher sämtliche vorgenannte Kalender bestens zu empfehlen. _

Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Ragow. Druck und Verlag der G. W. Z a i s er'scheu. Buchdruckerei.