dem Prinzen Wilhelm, welcher, wie man weiß, einen so hervorragenden Anteil bei dieser Lösung der Frage gehabt, im ganzen Lande dafür Dank wissen. — Herrn v. Wölkern's Nachfolger als Führer der 26. Division wird Frhr. Schott v. Schottenstein. Man erwartet diese Ernennungen schon in den allernäch­sten Tagen im „Staatsanzeiger" zu lesen, ebenso diejenige des Nachfolgers des pensionierten General­lieutenants v. Haldenwang in der Führung der 27. Division.

Stuttgart, 18. Okt. In vergangener Nacht starb hier Kommerzienrat Adolf Schiedmayer, sen., 71 Jahre alt, langjähriger Teilhaber der Hos- Pianosortefabrik-Firma Schiedmayer u. Söhne.

Brand fälle: Den 15. Okt. in Zwiefalten­dorf (Riedlingen) die Scheuer des Rößleswirts Blank. Ein Taglöhner wurde, als der Brandstiftung verdächtig, verhaftet.

U l m, 15. Okt. Der frühere Hauptmann Miller hat gegen den preußischen Oberst a. D. Winterbur­ger Strafklage wegen Beleidigung erhoben. Winter­burger hat in der bekannten „Darmstädter Militär­zeitung" zwei Artikel über die Miller'schen Brochüren veröffentlicht, gegen deren Inhalt sich die Klage richtet. Der Verleger Millers, Robert Luz in Stutt­gart, hat sich der Klage angeschlosfen.

München, 16. Okt. Der Prinzregent hat auf Antrag des Ministers des Innern die Einbringung eines Antrages an den Bundesrat allerhöchst ge­nehmigt, daß den Landesregierungen die Ermächti­gung erteilt werde, Schlachtvieh aus Oesterreich- Ungarn in größere, mit Schlachthöfen versehene Städte einzuführen. Die Einbringung beim Bundes­rat wird sofort erfolgen.

Berlin, 17. Okt. Nach der „Nat.-Ztg." wer­den im Winter die Hoffestlichkeiten auf das Not­wendigste beschränkt werden, weil in den ersten Mo­naten des nächsten Jahres in der kaiserlichen Familie ein freudiges Ereignis erwartet wird.

Das Gesamtpräsidium des Reichstags wird dem Grafen Moltke am 26. Oktober zu seinem 90. Ge­burtstage mündlich Namens des Reichstages beglück­wünscht. Die Deputationen sollen möglichst grup­penweise gratulieren, um den greisen Feldmarschall nicht zu sehr zu ermüden.

Wegen des bevorstehenden Besuches des Königs Leopold von Belgien in Berlin sind die Pariser Zeitungen in großer Aufregung. König Leopold ist nämlich der Chef der in Kolmar stehen­den Dragoner, und wenn er diese Uniform in Berlin trüge, so wäre das für Frankreich natürlich eine „gräßliche Beleidigung." Zum Glück wird sich der belgische König wenig um die Wünsche der Fran­zosen kümmern.

Berlin, 18. Okt. Unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters v. Forckenbeck hielten die Ver­treter größerer deutscher Städte heute eine Versamm­lung ab. welche zur Förderung der gemeinsamen Adresse deutscher Städte an den Grafen Moltke die Einsetzung eines Comites beschloß. In dem Comito befindet sich auch Hack in Stuttgart.

Berlin, 18. Oktbr. Seitdem Frau Guillaume- Schack von Berlin weggezogen und Frau Dr. Hoff- mann zurückgetreten, ist die sozialdemokratische Frauen­bewegung, an deren Spitze jetzt mit Ausnahme von Frau Ihrer ganz unbedeutende Persönlichkeiten stehen, die einander befehden, vollständig heruntergekommen. Das soll nun anders werden; die Sozialdemokratie will die Frauenbewegung in geregelte und geordnete Bahnen bringen und ihr eine Organisation geben. Zu diesem Zweck ist für nächsten Sonntag eine Frauenversammlung einberufen worden, in der Frau Ihrer über den Parteitag berichten soll. Weitere Versammlungen sind in Aussicht genommen. Trotz­dem glauben wir nicht, daß die Frauenbewegung, wenigstens für die nächste Zeit, irgend welche bedeu- tung erlangen wird. In allen Versammlungen, die wir besucht, haben wir immer dieselben hundert Frauen gesehen, die allerlei Klatsch vortrugen und sich gegenseitig herunterrissen.

Die Reichsregierung soll sich, wie der „Frank­furter Zeitung" ans München gemeldet wird, mit der Frage der Anfhebung der Getreide- und Viehzölle gegen Oesterreich-Ungarn und Italien beschäftigen. Unglaublich erscheint bas nicht, es wird mit derarti gen Nachrichten aber in letzter Zeit, ebenso wie mit den vom „Reichsanzeiger" gerügten Gerüchten über Personal-Veränderungen, so viel Unfug getrieben, daß man gut lhnt, sich zunächst sehr mißtrauisch

gegen all dergleichen Mitteilungen zu verhalten. Ein Beispiel bietet die Mitteilung, daß der Bürger­meister von Fischer in Augsburg nach Berlin zu einer Konferenz betr. die Fleisch-Teuerung berufen sei, was auf einer Mystifikation beruht.

Auf dem Sozialistenkongreß in Halle bean­tragten am Donnerstag mehrere Berliner Vertreter eine sofortige Abänderung des Parteiprogrammes und bezeichneten sieben Punkte als reformbedürftig. Der Kongreß nahm schließlich die von Liebknecht beantragte Resolution an, wonach der Antrag auf sofortige Programm-Revision zurückgezogen und der Parteivorstand beauftragt wurde, dem nächsten Par­teitage ein revidiertes Programm vorzulegen. Es folgte alsdann eine längere Debatte über den neuen Organisationsentwurf, welcher zuletzt angenommen wurde.

Halle, 17. Okt. Der Sozialistenkongreß be­schloß, die Wahl des nächsten Kongreßortes dem Parteivorstande und der Fraktion zu überlassen.

Halle, 17. Okt. Der Kongreß nahm den Organisationsentwurf eu bloo gegen eine Stimme an und bestimmte zum Sitz der Parteileitung Berlin. Als Mitglieder der Parteileitung wurden von der Organisationskommission vorgeschlagen: Gerisch llnd Singer als Borsitzende, Auer und Fischer als Schrift­führer, Bebel als Kassierer, ferner 7 Kontrolleure. Der Kongreß hat beschlossen, die Wahl des Nächsten Kongreßortes dem Parteivorstande der Fraktion zu überlassen.

Halle, 18. Okt. (Sozialistenkongreß.) Nach Schlußworten Tölke's und Singer's wurde mit einem Hoch auf die Sozialdemokratie unter Absingung der Arbeitermarseillaise geschlossen.

Die sogenannten alten Lassalleaner, eine seit Jahren in Hamburg und anderen großen deutschen Städten bestehende sozialistische Gruppe, welche zur Bebel'schen Sozialdemokratie nicht übergetreten ist, wird nach dem Kongreß zu Halle mit einem Aufruf an die deutschen Arbeiter hervortreten, der eine Unterstützung der Reichsregierung bei Durch­führung ihrer sozialistischen Maßnahmen fordert.

Die Maifeier. Auf dem Sozialistenkon­greß in Halle hat der Abg. Liebknecht folgenden Antrag in Sachen der Maifeier gestellt: „Der Kon­greß beschließt: Der 1. Mai ist dauernd ein Feiertag der Arbeiter, der, entsprechend dem Beschluß des internationalen Pariser Arbeiterkongresses den Ein­richtungen und Verhältnissen des Landes gemäß zu begehen ist. Wenn sich der Arbeitsruhe an diesem Tage Hindernisse in den Weg stellen, so haben die Umzüge, Feste im Freien rc. am ersten Sonntag im Mai stattzufinden." Liebknecht hat sich auch gegen die Agitation für einen Massen-Austritt der Arbeiter aus der evangelischen Landeskirche ausgesprochen. Der Redner meinte, die Religion müsse Privatsache bleiben und ein Ansturm gegen dieselbe werde nur die Kraft der Ordnungsparteien stärken. Erfolge hat die Agitation auch nicht im Geringsten gehabt.

Einzelheiten der preußischen Steuerreform werden jetzt zuverlässig bekannt: Von Jahreseinkommen über 9500 ^ sollen feste Prozentsätze erhoben werden. Für Einkommen von 9500 bis 900 abwärts werden nach unten zu sich verringernde Steuersätze eingeführt und die Einkommen unter 900 ^ bleiben ganz steuerfrei. Der Einschätzung der Geschäftsleute soll der dreijährige Durchschnitt ihres Einkommens zu Grunde gelegt werden. Alle Personen, welche über 3000 ^ Einkommen haben, unterliegen der Deklarationspflicht; verweigern sie Angaben über ihr Vermögen, so werden sic von amtswegen einge­schätzt und hiergegen ist eine Berufung dann nicht zulässig. Bei den Einkommen unter 3000 bleibt die Einschätzung wie bisher. Die persönlichen und Familienverhältnisse sollen bei der Einschätzung nach Möglichkeit berücksichtigt werden.

Frankreich.

Paris, 16. Okt. Ein Armeebefehl des Kriegs­ministers verbietet den Militärpersonen den Besuch aller Gasthäuser, welche von Ausländern besucht werden ober ausländischen Besitzern gehören. Eben­so wird das Abonnement ausländischer Zeitungen l?) und das Halten ausländischer Dienstboten den Mi­litärs verboten.

Nachdem in Frankreich beschlossen worden ist, nach Ablauf der gegenwärtig in Kraft befindlichen Handelsverträge keine neuen mehr abzuschließen, spielt auch dort die Zolltariffrage eine hervorragende Rolle und es wird durchaus nicht leicht sein, eine

den wirtschaftlichen Interessen des Landes einiger­maßen entsprechende Lösung derselben zu finden. Der Ministerrat hat beschlossen, den Kammern gleich­zeitig zwei Zolltarife vorzulegen, einen Maximaltarif für diejenigen Staaten, welche Frankreich keinerlei Vorteile gewähren, und einen Minimaltarif für die­jenigen Nationen, welche Frankreich auch ihrerseits Vorteile einräumen. Diese beiden Tarife sind be­reits fertig gestellt. Die Regierung kann aus ei­genem Ermessen provisorisch den Minimaltarif Na­tionen gegenüber anwenden, welche Frankreich Vor­teile gewähren, jedoch ist für eine definitive Regelung die Genehmigung der Kammern erforderlich.

Italien.

Rom, 17. Okt. Der Papst veröffentlicht eine wichtige Enzyklika an die ital. Bischöfe, worin erklärt wird, das gegenwärtige Regiment sei ein Organ der Freimaurerei und bezwecke die Entchristlichung Ita­liens. Die Enzyklika zählt nach einander die gegen die Kirche verübten Attentate auf und empfiehlt dem italienischen Volke religiösen Widerstand, weist auf die inneren und äußeren Gefahren hin, welche der Konflikt mit dem Vatikan immer wieder über Italien heraufbeschwört, und fordert den unbeschränkten, al­leinigen Besitz der Stadt Rom, die nicht unter zwei Mächte geteilt werden könne.

Die treulichen Schauergeschichten von Lebendig-Begrabenen in einem Neapoli­tanischen Kloster waren samt und sonders gefunden. Die Staatsbehörde hat keinerlei Anlaß zu einem Einschreiten gehabt.

Der „Berner Bund" schreibt: Eine geradezu unglaubliche Statistik veröffentlicht das statistische Institut in Rom. Danach gibt es in Italien 366 Gemeinden ohne Begräbnisplatz, welche ihre Leichen in der Kirche in ein Souterrain werfen! Ueber 200 000 Menschen bewohnen 37 203 absolut unge­sunde Keller. 9000 haben ihre Wohnungen in Felsen eingehauen. In 1700 Gemeinden wird Brot nur an Festtagen genossen. 4965 Gemeinden ent­halten sich Armuts halber des Fleischgenusses; in 600 Gemeinden ist ärztliche Hilfe nicht zu erhalten; 104 Gemeinden leiden an Malaria (durch Sumpf­lust erzeugte Fieberkrankheiten.) Die Zahl der von der Pellagrosa (Hautkrankheiten) Angesteckten beträgt 110 000. Auf 100 Einwohner kommen 63 Men­schen, die weder lesen noch schreiben können. 4890 Gemeinden sind ohne Aborte.

Ho l l a nd.

König Wilhelm ist thatsächlich regierungsun­fähig. Zur Einsetzung einer Regentschaft werden die Generalstaaten einberufen werden. Zuerst soll der Staatsrat die Regierung führen und dann die­selbe durch Gesetz der Königin Emma übertragen werden. In Luxemburg wird dann der Herzog von Nassau wieder Regent.

Türkei.

K o'n st a n t i n o p e l, 16. Okt. Die „Agence de Konstantinople" meldet, daß gestern alle griechi­schen Kirchen im ganzen Reiche auf Anordnung des Patriarchats geschlossen waren. Diese Maßregel werde mit den bestehenden Differenzen zwischen der Pforte und dem Patriarchat in Verbindung gebracht.

England.

London, 17. Okt. Most trifft demnächst hier ein, um eine englische Ausgage der Zeitung „Frei­heit zu gründen.

Rußland.

Petersburg, 17. Okt. Die Polizei entdeckte eine nihilistische Geheimdruckerei in Alexandrowsk u. bffchlagnahmte 30 000 falsche Rubel; 4 Personen wurden verkästet.

Das russische Kultusministerium hat beschlossen, den lutherischen Predigern in den baltischen Pro­vinzen die bisher gezahlten staatlichen Jahresge­hälter zu entziehen, eben weil sie keine Stockrussen werden wollen.

Kleinere Mitteilungen.

Ludwigsburg, 16. Oktbr. Eine aufregende Szene spielte sich heute Vormittag 11 Uhr in der Schorndorfer Straße ab. Als Zuchthausaufseher Glein mit einer Anzahl Gefangener von der Arbeit zurückkehrte, ergriff der Zuchthausgefangene Barth plötzlich eine Haue, welche auf einem von anderen Sträflingen geführten Karren lag und stürzte damit auf ein Schaufenster von Bildhauer Th. Wagner zu, das er mit einem Hieb zertrümmerte. Dann wandte