Der Aufenthalt in Wien Und die Rückreise sind un­bestimmt.

Es steht nunmehr fest, daß der deutsche Kaiser als Gast des Kaisers Franz Joseph an den stei­erischen Herbstjagden teilnehmen und im Jagdschlösse Münzsteg Wohnung nehmen wird. Auch der König von Sachsen und der Regent von Bayern werden erscheinen.

Die Kaisermanöver in Schleswig-Holstein ver­laufen programmäßig. Am Freitag fand bei Bau- rin Feldmanöver gegen einen markierten Feind statt, abends gab der Kaiser den Vertretern der Provinz Schleswig-Holstein?ein Festmahl, trank dabei auf die Provinz. Der Oberpräsident antwortete mit einem Hoch auf den Kaiser, worauf der Monarch noch die Gesundheit des Erzherzogs Karl Stephan von Oester- . reich ausbrachte, der mit der österreichischen Flotte ' nach der Ostsee gekommen ist. Am Sonnabend war .^.Inspizierung der deutschen Manöverflotte durch den -^Kaiser, weicher sich an Bord des Panzerschiffes ^Baden" begeben hatte. Der Besichtigung folgte ein Manöver gegen einen markierten Feind, an wel­chem das gesammte Geschwader 8 Panzerschiffe, 1 Kreuzcrkorvettc, 3 Avisos und 24 Torpedoboote teilnahm. Während desselben hatte der Kaiser mit dem Grafen Moltke seinen Standpunkt auf der Kommandobrücke des PanzerschiffesBaden", die Kaiserin Augusta Viktoria folgte an Bord der Jacht Hohenzollern." Dem Manöver folgte noch Schieß­übungen. Am späten Nachmittag traf der Kaiser wieder in seinem Hauptquartier Schloß Gravenstein ein, wo am Abend Paradetafel für die Marineoffi­ziere, und alsdann großer Zapfenstreich und Illu­mination stattfand. Am Sonntag wurde feierlicher Feldgöttesdienst abgehalten, welchem der Kaiser mit - der Kaiserin und allen anwesenden Fürstlichkeiten T beiwohnte. Heute Montag beginnen die großen Land- und Seemanöver, Angriff auf die Küste von der Insel Ayen aus. Hierbei wird auch die gesamte .^Flotte,in Aktion treten.

Der äußerordentliche Jubel, mit welchem das Kaiserpaar in Flensburg und Gravenstein empfan­gen sind, .hat die dänische Partei in Sleswig sehr entnüchtert, - Kein Mensch hat an irgend welche ' Demonstration gedacht, im Gegenteil haben zahlreiche Mitgliede der dänischen Partei sich in der herzlich­sten Weise an der Begrüßung betheiligt. Das Auf­treten oes Kaisers wird dem verlassenen Dänentum sehr viel Anhang entziehen.

Glückshurg, 8. Sept. Bei dem gestrigen Pro- vinzialeffen testierte der Landtagsmarschall v. Re- ventloff auf das Kaiserpaar, wobei er die Hoffnung aussprach, daß es dem Kaiser gelingen werde, dunkle Schatten zu zerstreuen, welche dos Innere Deutsch­lands verdunkeln, und den Kaiser als Hort des in­neren und äußeren Friedens feierte. Der Kaiser dankte, indem er betonte, daß er der Provinz den Edelstein verdanke, der an seiner Seite glänze, und daß er das sich gesteckte Ziel zu erreichen hoffe, wenn jeder deutsche Mann an seinem Teil ihn in dem Bestreben unterstütze, den inneren Schatten zu bannen. Nach dem Essen begab sich der Kaiser an Bord derHohenzollern", während die Kaiserin nach Gravenstein zurückkehrte.

Berlin, 5. Sept. Oberschiedsrichter für die Manöver des 6. Armeekorps sind der Kaiser und der Chef des Generalstabes der Armee, Graf Wal- dersee. Als Schiedsrichter walten die General­lieutenants Stockmarr, v. Rosenberg, Grafv.Schlieffen, v. Holleben und Vogel von Falkenstein, sowie die Generalmajore von Ziegler, von Oidtman und Lenke. Von Offizieren der deutschen Bundesstaaten sind angekündigt die Militärbevollmächtigten: Oberst v. Haag (Bayern), Oberst v. Schlieben (Sachsen) und Major v. Neidhardt, (Württemberg); ferner von fremden Militär-Attaches: Hauptmann Bingham (Vereinigte Staaten von Amerika), Oberst Gormaz (Chile), Oberst Ruffel of Aden (England), Oberst­lieutenant Zuccari (Italien), Major Fukushima (Japan), Oberst Freiherr v. Steininger (Oesterreich- Ungarn), Major Martins de Carvalho (Portugal), Oberst v. Boutakoff (Rußland), Major Fröding (Schweden), Oberst Don Francisco Fcrrer (Spa­nien), Oberftlieutenant Hairy Bey (Türkei).

Berlin, 5. Sept. Die Wiederwahl Forckenbeck's zum Oberbürgermeister von Berlin auf die Dauer von 12 Jahren hat die kaiserliche Bestätigung er­fahren.

Berlin .ach verläßlichen Mitteilun­gen der . ^ ^er nächste Reichshaushalts­etat kem .n für Verstärkungen oder Neu­forme ^eeres enthalten, überhaupt würden

sol uf des Septembers nicht gestellt wer­den. .nig würde jetzt eine Vorlage betreffs

Gehül. .oesserung einzelner Offizierklassen erfolgen, es sei cwer nicht ausgeschlossen, daß Erleichterungen bei der Pferdebeschaffung für berittene Offiziere der nichtberittenen Truppen bewirkt werden. Etwaige Forderungen betreffend weitere Durchführung der neuen Bewaffnung und für Kaffernierungszwecke könnten keine Beunruhigung der öffentlichen Meinung im Gefolge haben.

Für das Bismarck-Denkmal in Berlin sind bisher im ganzen 720,330 ^ 30 eingegangen.

Die Herren Bebel und Liebknecht haben jetzt einen neuen Gegner in dem sozialistischen Abg. von Bollmar gefunden, der öffentlich ihr Auftreten tadelt. Herr von Vollmar ist ein nicht zu unter­schätzender Gegner, denn er kann nicht so ohne wei­teres abgethan werden; er iit der anerkannte Führer der bayerischen Sozialdemokraten und besitzt auch in anderen Gegenden bei seinen Parteigenossen gro­ßes Ansehen.

Berechtigtes Aufsehen erregt ein Artikel der von dem freikonservativen Professor Delbrück heraus­gegebenen preußischen Jahrbücher, welcher die Nar- vaer Entrevue sehr abfällig beurteilt und von der völligen Zwecklosigkeit der dortigen Manöver spricht, die man einem vom Jüngling zum Mann gereiften Herrscher, der sich als Mann bereits bewährte, vor­zuführen die Dreistigkeit hatte. Der russische Hof habe feinen Gast mit einer ununterbrochenen Reihen­folge zweckloser Paraden und Bravourstücke gefeiert. Unmittelbar hinter diesen Schaustellungen aber seien ernsthafte großartige Manöver an der Südwestgrcnze angeordnet worden, von denen jedes fremde Auge ausgeschlossen wurde. Diese Ausschließung fremder Augen sei den Russen nicht zu verdenken: diesen gesunden, würdevollen Grundsatz hätte Deutschland längst befolgen sollen, anstatt unsere Manöverkünste alljährlich vor Massen fremder Offiziere aufzuführen und allmählich allen fremden Armeen beizubringen. Die jüngste Reise Kaiser Wilhelms nach Rußland bleibe ein höchst unerfreuliches Ereignis, zumal Kai­ser Wilhelms erster Besuch in Rußland erst Ende 1889 vom Zar mit unhöflicher Gezwungenheit er­widert worden sei. Als weiteren Nachklang des Besuchs in Rußland teilt der Berliner Berichter­statter des Standard eine angeblich aus ganz besonderer Quelle stammende und zuverlässige Dar­stellung über den Verkehr zwischen den beiden Kai­sern mit. Kaiser Wilhelm wurde, nach diesem Berichte, vom Zaren mit größter Herzlichkeit empfangen, aber die Unterhaltung verlief anfänglich etwas schwerfäl­lig. Kaiser Wilhelm war sehr ernst, wie er es ge­wöhnlich ist, wenn er auf Fragen oder Wünsche gefaßt ist, die nicht im Einklänge mit seiner Politik stehen. Der Zar anderseits zeigte sich entschieden zurückhaltend, weil die großen Zugeständnisse, die nach der Ansicht der Panslawisten von seiten des deutschen Kaisers zu erwarten waren, nicht erfolgten. Sobald sich indessen die beiden Monarchen über­zeugt hatten, daß keiner von ihnen die Absicht hatte, bei diesem vertraulichen Besuche politische Angelegen­heiten zu erledigen und daß solche Angelegenheiten, falls sie überhaupt zur Sprache kämen, nur obenhin gestreift werden sollten, begannen sie beide sozusagen aufzutauen. Kaiser Wilhelm wurde sehr munter und entwickelte seine ganze natürliche Liebenswür­digkeit, während der Zar, soweit es sein von Natur viel phlegmatischeres Temperament gestattete, diesem Beispiele folgte. Der Verkehr zwischen beiden Herr­schern wurde nun ein äußerst herzlicher, und sie schieden als die besten Freunde.Wenn diese An­gaben richtig sind", bemerkte der Gewährsmann des Standard am Schlüsse,so ist es klar, daß Kaiser Wilhelm betreffs Bulgarien weder die Zugeständnisse gemacht noch verlangt hat, von denen man hier und da allerlei wissen wollte."

Seitens der Sozialdemokraten wird für einen Massenaustritt aus der Landeskirche lebhaft, namentlich in der Umgegend Berlins, agitiert, und es sollen zu diesem Zwecke nächster Tage mehrere Volksversammlungen abgehalten werden, obgleich der Vorstand der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion sich mit Entschiedenheit dagegen ausgesprochen hat.

Homburg, 6. Sept. Fürst Bismarck besuchte gestern nachmittag den Schießplatz und zeichnete sich in das dortige Ehrenbuch ein. Um 7^/- Uhr abends brachten die hiesigen Vereine unter zahlreicher Be­teiligung der Bevölkerung dem Fürsten einen Fackel­zug Schützenhauptmann Bodiczka brachte ein Hoch auf den Fürsten aus, welcher mit einem jubelnd °auf- genommenen Hoch auf den Kaiser erwiderte. Der Fürst erschien sodann bei dem Kurgartcnfeste, von dem zahlreichen Publikum herzlich begrüßt.

Fürst und Fürstin Bismarck sind zum Herbst­aufenthalt in Varzin angekommen. Am Freitag wurde dem Fürsten in Homburg v. d. Höhe, von wo der­selbe seine Gemahlin abgeholt, ein Fackelzug darge­bracht, an welchem die Bevölkerung sich lebhaft be­teiligte. Ein auf ihn ausgebrachtes Hoch beantwor­tete der Fürst mit einem Hoch ans den Kaiser. Au­ßerdem wurde dem Fürsten noch ein Fest im Kur­park gegeben. Am Sonnabend Nachmittag erfolgte die Abreise von Homburg unter lebhaften Hochrufen der Bevölkerung.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 7. Sept. DieWiener Zeitung" ver­öffentlicht eine kaiserliche Verordnung vom 6. Sept., wodurch die Regierung ermächtigt wird, zwei Millio­nen Gulden aus Staatsmitteln zur Bestreitung der erforderlichen Ausgaben anläßlich der Ueberschwem- mungen in Böhmen, Nieder- und Ober-Oesterreich, > Schlesien und Vorarlberg zu verwenden.

Wien, 9. Sept. Der Kaiser begiebt sich am 9. Sept. abends zu den Manövern nach Ungarn, am 16. September zu den Manövern in Preußisch- Schlesien. Es verlautet zuständigerseits, Kaiser Wilhelm treffe am 2. Oktober zur Teilnahme an den ! Hofjagden in Steiermarck ein.

Prag, 6. Sept. Die Requisitenkammer des § Nationaltheaters wurde durch Wasser zerstört. Die­selbe enthielt kostbare Bestandteile. An die Not­leidenden wurden 2000 Brode verteilt. Das Trink­wasser wird in Fässern zugefuhrt.

In Prag sind von der Ueberschwemmung etwa . 45 000 Menschen betroffen. Sämtliche Blätter brin- j gen Aufrufe zu Sammlungen. Aus dem Beraun- thale liegt die Meldung vor, daß dort alle Gärten, Felder, namentlich die Nüben-Ernte vernichtet seien.

Aus P e st wird berichtet, daß der Äll welcher bekanntlich vom Fürsten Bisma empfangen sein wollte, an einer fixen und unzurechnungsfähig ist. Daraus die tollen Reden des Herrn Abranyi.

Frankreich.

Paris, 4. Sept. Das Journal,, Patrie" be­stätigt die Nachricht desGaulois" von der angeb­lich geplanten Reise des Fürsten Bismarck nach Frankreich und behauptet, die französische Regierung sei bereits offiziell davon benachrichtigt, daß Fürst Bismarck einen Monat in Monaco seinen Aufenthalt nehmen und dann auf der Rückkehr einige Tage in Paris verweilen werde.

Paris, 6. Sept. Eine Depesche vom L-enegal meldet, daß Kayes durch Ueberschwemmung völlig vernichtet worden ist.

Laut einer Meldung imXIX. Siöcle" bereiten gegenwärtig die Muhammedaner im ganzen Sudan einenheiligen Krieg" gegen Frankreich vor, dessen Regierung zur Unterdrückung der Erhebung eine an­sehnliche Streitmacht, vor allem Artillerie, gegen den Sudan aufzustellen beabsichtige.

Italien.

Rom, 5. Sept. In kürzester Zeit wird zwi­schen England, Deutschland, Italien und Portugal ein Uebereinkommen bezüglich gegenseitigen Schutzes der Missionare in Afrika abgeschlossen werden. Frankreich hat die Beteiligung an diesem Vertrage abgelehnt und will in seinen Kolonien nur franzö­sis che Missionare zulassen. _.

Kleinere Mitteilungen.

Ravensburg, l. Sept. Einen heiteren Beitrag zu den SchilderungenAus Wörishofen" möchte ich ihren Lesern nicht vorenthalten. Unlängst er­schien mit anderen Patienten ein dicker, dicker Brau­meister im Sprechzimmer des Herrn Pfarrer Kneipp- Als dieser des runden Mannes, der sich keuchend Bahn brach, ansichtig wurde, bemerkte er mit köst­lichem Humor:Ja, ja! aufa wänt älla, aber sterba will koincr!"

Zum Postdiebstahl in Friedrichshafen. Wie wir erfahren, sind die Beutel, in welchen die ge-