Oberbürgermeister v. Forckenbeck brachte das Hoch auf den Kaiser aus, indem er den Kaiser als Frie­densfürsten feierte. Festpräsident Diersch toastierte auf das Bundesschießen, das ein Verbrüderungsfest sei. Bürgermeister Bonchke (Wien) entbot den Gruß der alten Wiener Kaiserstadt an die neue deutsche Kaiserstadt Berlin. Der Deputierte Adamoli über­brachte den Gruß der Italiener; Waniczek (Wien) sprach als Vertreter der österreichischen, Wanoscbj als Vertreter der ungarischen Schützen. Stadtrar Schreiner dankte als Vertreter der Stadt Berlin für die überbrachten Grüße.

Berlin, 7. Juli. Major v. Wißmann bleibt in Europa. Ein höherer Offizier wird General- Gouverneur von Deutsch-Ostafrika werden.

Von gut unterrichteter Seite wird derAllg. Ztg." bestätigt, daß ein Entlassungsgesuch von Wißmann's zunächst nicht vorliegt. Wißmann selbst hat denMünch. N. N." auf Anfrage geant­wortet, er habenur vorläufig Urlaub" genommen.

Der Kriegsminister v. Verdy soll, wie die Ham­burger Nachrichten" melden, nicht nur als Kriegs­minister zurückzutreten die Absicht haben, sondern überhaupt seinen Abschied nehmen wollen. Letzteres würde in der Armee wegen der außerordentlichen Thätigkeit Verdys als Generalstäbler allgemeines Bedauern Hervorrufen, und man glaubt, daß es, be­sonders wegen des hohen Ansehens, dessen Verdy sich in den Augen des Grasen Waldersee erfreut, möglich sein werde, den General der Armee zu er­halten. Dies wird freilich insofern seine Schwierig­keiten haben, weil Verdy wohl nur als kommandie­render General im Frieden eine Verwendung finden könnte. General von Verdy würde kaum IS Mo­nate Kriegsminister gewesen sein (seit April 1889). In dieser kurzen Zeit hat er aber vieles geschaffen. Es sei nur an die Errichtung der beiden Armeekorps, an die Reorganisation der Infanterie und nun (zum 1. Oktober d. I.) an die der Artillerie erinnert; ferner an die vom 1. Oktober 1890 an völlig durch­geführte Grenzbelegung (angefangen 1. April 1890), ein Riesenwerk vom strategischen Gesichtspunkt aus. Diese Leistungen waren nur möglich, wenn er sich des vollsten Vertrauens des Kaisers und des vollen Einverständnisses mit dem Chef des Generalstabcs erfreute.

Aus zumeist sehr wohlunterrichteter Quelle ver­lautet, daß auch der preußische Kultusminister Herr v. Goßler nicht mehr lange im Amte verbleiben werde. Die Ansichten des Kaisers und des Unter­richtsministers über Unterrichtsreformen gehen so weit auseinander, daß der Kaiser geneigt sein soll, einen ihm seit langen Jahren nahe stehenden viel genannten Manne, von dem man bisher annahm, daß er nicht direkt in Thätigkeit treten wollte, das Kultministerium zu übertragen.

Die Sammlungen für das Bismarck-Denkmal in Berlin haben bis jetzt im ganzen die Summe von 459,098 65 ergeben. Das Zentralkomitee

hat sich bisher über die Meldung, daß Fürst Bis­marck gebeten habe, bei seinen Lebzeiten von der Errichtung eines Denkmals abzusehen, nicht geäußert.

Von Fürsten Bismarck war neulich berichtet wor­den, er würde zu einem Vertrage, wie der deutsch­englische. nie seine Feder gereicht haben. In den Hamb. Nachrichten wird jetzt mitgeteilt, daß der Fürst sich ganz anders geäußert habe, und zwar: Dieser Austausch müsse der Befestigungen der Be­ziehungen zwischen England und Deutschland zu gute kommen; der Wunsch Deutschlands, mit Eng­land befreundet zu bleiben, werde dadurch aufs neue bekundet."

Frankreich.

Paris, 7. Juli. DasXIX. Siacle" meldet den Abschluß einer französisch-russischen Allianz als bevorstehend. (?)

Aus Paris: Der Politik willen und um es mit dem Zaren nicht zu verderben, hat das Pariser Zuchtpolizeigericht die jüngst verhafteten Nihilisten mit ziemlich schweren Strafen bedacht. Obgleich den Angeklagten absolut nicht zu beweisen war, daß sic verbrecherische Projekte gehabt hatten, wurden die­selben mit Ausnahme von 2 Frauen zu drei Jahren Gefängnis und je 200 Franken Geldbuße verurteilt. Die Verteidiger der Angeklagten hatten sich über russische Zustände sehr kräftig geäußert, aber die Journale verschwiegen diese Ausführungen gänzlich.

3 t a l i e u.

Nach römischen Berichten soll der Gesundheits­zustand des Papstes sich verschlechtert haben und die Körperschwäche sehr groß sein. Die Klarheit seines Geistes sei aber bewundernswert.

Einer neuesten Meldung des Luzerner Vaterland aus dem Vatikan zufolge ist das Befinden des Papstes gut.

f DerTemps" berichtet über das fünfte Unwohl­sein des Papstes, derselbe sei plötzlich nach einem frugalen Frühstück von einer schweren Magenverstim­mung befallen worden. Er habe den Dr. Ceccarelli rufen lassen und diesem die Befürchtung ausgespro­chen, daß er vergiftet sei. Caccarelli untersuchte die Ueberbleibsel des Frühstücks und konstatierte, daß der Papst Spargeln gegessen hatte, die zu alt gewesen waren und die sein 80jähriger Magen nicht verdauen konnte. Im Vatikan sei große Aufregung über den Vorfall gewesen.

Schweden

Christiania, 5. Juli. Kaiser Wilhelm schiffte sich mittags halb 12 Uhr zur Weiterfahrt ein. Die Verabschiedung vom Könige und dem Kron­prinzen war sehr herzlich und erfolgte unter den wärmsten Sympathiekundgebungen seitens der Be­völkerung.

Belgien.

Brüssel, 6. Juli. Seit gestern morgen herrscht auf der ganzen Nordsee ein furchtbarer Sturm. Bis­her wurde der Untergang vou 16 Fischerbooten mit 52 Mann Bemannung gemeldet; etwa 40 Fischer­boote sind ausständig. Man befürchtet deren Unter­gang mit Mann und Maus. Angesichts des Ost­ender Hafens versank gestern ein großer Dreimaster samt der Bemannung. Ein Rettungsschiff mußte umkehren; selbst die großen Postdampfer können nicht an den Hafen heran. Man befürchtet große Schiffskatastrofen auf offener See.

England.

London, 6. Juli. DerDaily News" zufolge ist in der Nachbarschaft von Beyrut eine interessante Entdeckung gemacht worden. In einem Dorfe zwi­schen Beyrut und Damaskus wurde in einer natür­lichen Höhle eine aus Gold und Silber gefertigte und mit Edelsteinen verzierte Bettstelle vorgefunden. Eine Inschrift darauf in englischer Sprache besagt, daß sie der Königin Eleonore von England gehörte. Die Bettstelle muß dort der Sicherheit halber ver­borgen worden sein, als Eduard I. im Jahre 1272 den Orient verließ. Die türkische Regierung hat die kostbare Bettstelle in Besitz genommen.

London, 7. Juli. Auf der Polizeistation von Bowstreet haben am Sonnabend 130 Schutzleute wegen der Versetzung mehrerer Kameraden, welche die Agitation gegen die Oberbehörde geleitet hatten, den Gehorsam verweigert, sodaß zum Nachtdienst Ersatz-Konstabler herangezogen werden mußten. In einer Delegierteu-Versammlung aller Polizeibezirke ist beschlossen worden, daß am Montag abend die ganze Polizei den Dienst einstellt, wenn bis dahin der Minister des Innern keine befriedigende Antwort auf das Gesuch betreffend die Solderhöhung er­teilt hat.

London, 7. Juli. Reuters Bureau meldet: Die Mannschaften des zweiten Bataillons der Garde in der Wellington-Kaserne verweiger- t e n heute früh bei dem Sammelsignal zur Tor- nisterrcvision den Gehorsam und schlossen sich in ihre S üben ein. Dieselben beantworteten die Vorstellung des Obersten, der die Mannschaften in Reihe und Glied antreten ließ. mit Pfeiffen und Schreien. Es heißt, das Regiment werde zum auswärtigen Dienst verwendet werden.

Aus London wird gemeldet: Das aufständische Bataillon verweigerte sich gestern, auch zur Parade auszurücken; die Mannschaft beklagt sich über mut­willige Plackerei seitens der Vorgesetzten.

Die Londoner Briefträger sind entschlos­sen, vom Montag ab zu streiken, wenn die von ihnen gestellten Forderungen bis dahin nicht bewil­ligt worden sind.

Spanien.

Der Sturz des Ministeriums Sagasta ist besie­gelt; der konservative Abg. Canovas del Castillo, schon wiederholt Premierminister, ist an die Spitze des neuen Kabinets getreten, dessen Mitgliedern aus gemäßigten Liberalen und Konservativen bestehen. Man siehtder neuen Aera mit vielem Vertrauen entgegen.

Rußland.

St. Petersburg, 5. Juli. Die hiesigen Blät­ter besprechen den bevorstehenden Besuch des deut­schen Kaisers in Peterhof, wobei dieser Reise große politische Bedeutung beigemessen wird. DieNo- woje Wremja" glaubt, die künftige Gestaltung der europäischen Politik werde hauptsächlich von diesem Besuch abhängen; dieNowosti" schreiben, Kaiser Wilhelm käme nach Rußland, um sich demselben zu nähern, andere Blätter meinen dagegen, daß ein Kongreß das einzige Mittel sei, einem Krieg vorzu­beugen.

Königshütte, 5. Juli. Den hiesigen Zeitun­gen zufolge hat die russische Regierung den die diesseitigen Schulen besuchenden Kindern deutscher Familien, die jenseits der Grenze wohnen, verboten, deutsche Schulbücher mit nach Hause zu bringen.

Türkei.

Konstantinopel, 6. Juli. Der Sultan em­pfing den Botschafter v. Radowitz, welcher ein Ge­schenk des Kaisers Wilhelm, ein Porträt der ver­storbenen Kaiserin Augusta, sowie ein Handschreiben des Kaisers überreichte.

Amerika.

Newy ork, 5. Juli. Gestern versuche ein Mann Namens John Sonles die Stromschnellen des Nia­gara zu durchschwimmen. Er gelangte wohlbehalten bis an die Wirbel, wurde dann aber gegen den Fel­sen geschleudert und 100 Fuß von dem Punkte, wo Capitän Webb umkam, ans Ufer geschwemmt. Sou­les trug nur einige Wunden davon, stieg aber sonst unversehrt ans Land.

Kleinere Mitteilungen.

Starke Hagelwetter werden gemeldet aus Ebingen, Meßstetten (Balingen), Tigenfeld (Mün- singen); in Winterlingen soll der Schaden bis zu 80 Prozent belaufen.

(Graf Moltke über das Trinken.) Daß der greise Feldmarschall ein Freund strenger Mäßigkeit im Genuß geistiger Getränke ist, weiß man längst, abey dadurch verliert die folgende Aeußerung, welche der Feldmarschall an die Redaktion derMitteilun­gen" zur Bekämpfung der Trunksucht gerichtet hat, nicht von ihrer Bedeutung. In ausländischen und wohl auch in einzelnen deutschen Zeitungen war Moltke das Wort zngeschrieben worden, das Bier sei der ärgste Feind Deutschlands. Da die genannte Redaktion an die Nichtigkeit dieser Mitteilung zwei­felte, bat sie Graf Moltke um Aufklärung und er­hielt unter dem 22. Juni aus Cudonva folgende Zeilen:Den Ausspruch, Bier sei der ärgste Feind Deutschlands, kann ich niemals gethan haben. Im Gegenteil, ich wünsche, wir könnten unseren Leuten ein gutes, leichtes Bier wohlfeil Herstellen. Der Preis von 15 und selbst von 10 Pfennigen ist für sie zu hoch. In Süddeutschland hat man den bil­ligen Zider, bei uns in Norddeutschland ist leider nur der Schnaps wohlfeil. Ich selbst trinke weder Bier noch Branntwein, aber den Alkohol ganz zu verbannen, halte ich weder für wünschenswert, noch für ausführbar, z. B. im Felde nach erschöpfender Arbeit, wo es darauf ankommt, die Kräfte, wenn auch nur vorübergehend, wieder zu beleben. Ver­derblich und allerdings einer der größten Feinde Deutschlands ist nur der Mißbrauch des Alkohols und der findet in leider hohem Maße noch statt. Ein gesunder Mensch braucht bei mäßiger Anstren­gung überhaupt kein solches Reizmittel, und es für Kinder zu verwenden, wie es noch vielfach geschieht, ist geradezu frevelhaft. Dasselbe gilt für Naturvöl­ker, die auch nur Kinder sind. Ich wünsche, daß Kaffee, Thee und leichtes Bier wohlfeil, Branntwein theuer wäre.

Einen recht verhängnisvollen Scherz haben am Montag abend in Berlin ein paar angetrunkene Arbeiter gemacht. Dieselben drohten einem ebenfalls angeheiterten Kameraden zum Spaß, ihn in das Wasser zu werfen und hoben ihn auch über das Geländer der Oberbaumbrücke, wobei sie die Gewalt über ihn verloren und ihn in die Spree fallen lie­ßen. Der Unglückliche rief noch einigemale um Hilfe und verschwand dann unter dem Wasserspiegel, um nicht wieder zum Vorschein HU kommen.

Der amtliche Bericht des Gouverneurs v. Mar­tinique veranschlagt den Brandschaden im Fort de France auf 20 bis 25 Millionen Franks.

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