Neunter Wahlkreis: Haußmann 11205, Eble 10315. Zehnter Wahlkreis: Speiser 11 853, Bareiß 8578. Vierzehnter Wahlkreis: Hähnle 11 286, Fischer 10371. Karlsruhe: Pflüger Freisinnig. Mannheim: Dreesbach Sozialist. Frankfurt: Schmidt Sozialist. München: Birk Sozialist gewählt. 12. württ. Wahlkr.: Pflü­ger (gegeu Keller) gewählt.

Stuttgart, 3. März. (Telegr. d. Gesellsch.) Von 94 Stichwahlen wurden gewählt: 9 Konserva­tive. 3 Reichspartei, 17 Nationalliberale, 9 Centrum, 33 Freisinnige, 13 Sozialisten, 3 Welfe, 7 Demokraten.

DemFranks. Journ." wird geschrieben: Die württembergischen Reichstagswahlen, wie die Wahlen im übrigen Reiche, zeigen drei beachtenswerte Er­scheinungen: Zunahme der Sozialdemokratie, Lässig­keit der nationalgesinnten Wähler. Mangel an po­litischer Einsicht in weiten Kreisen. Die Sozial­demokratie, welche bei uns seither nicht Wurzel zu fassen schien, hat seit drei Jahren ihre Stimmenzahl verdreifacht, ja teilweise vervierfacht (z. B. in Heil­bronn), wohl auch deshalb, weil sich die ehemalige Arbeiterpartei" mehr und mehr zu einer Partei aller Unzufriedenen umbildet. An Unzufriedenen und auch an Anlaß zur Unzufriedenheit fehlt es leider nicht. Angesichts der Rührigkeit der Umsturz­partei, deren Agitatoren den meisten Wählern mensch­lich näher stehen und treten als die Führer der Kartellparteien in den paar Wahlversammlungen vor der Entscheidung, kann die Lauheit und Gleich­giltigkeit der reichstreuen Wähler nicht genug ge­tadelt werden. Daß in einem so reichstreuen Wahl­kreise, wie dem 7. (Calw-Nagold) etwa 5000 na­tionale Wähler zu Hause blieben, mag noch angehen. Aber im 6. Wahlkreis (Reutlingen-Tübingen) hätte Payer kaum gesiegt, wenn der Reutlmger Bezirk so rege abgestimmt hätte, wie 1887. Die Albbcwohner scheinen überhaupt wahlmüde zu sein; in Münsingen (ca. 500 Berechtigtet haben etwa 10 pCt. abgestimmt; in einem benachbarten Orte ist von 70 Berechtigten nicht einer an der Wahlurne erschienen!!! In einer ganzen Reihe von Wahlkreisen, z. B. 4. (Böblingen- Leonberg), 5. (Eßlingen-Nürtingen), 11. (Hall-Oeh- ringen) sind diesmal für die zwei Kandidaten zu­sammen nicht mehr Stimmen gefallen, als vor drei Jahren allein auf den nationalen Kandidaten! Da­her auch die vielen Stichwahlen! Regere Wahlbe­teiligung von nationaler Seite hätte manche Stich­wahl, vielleicht auch die Stuttgarter (7000 Wähler haben nicht abgestimmt), überflüssig gemacht. An­ders liegen die Verhältnisse im achten Wahlkreis (Freudenstadt-Horb). Da ist es dem jugendlichen Freiherr v. Münch gelungen, dem seitherigen erprob­ten Abgeordneten, Freiherrn v. Ow, die Hälfte seiner Wähler durch gleißende Verheißungen (progressive, bis 50 pCt. ansteigende Einkommensteuer; gleicher Lebengenuß für alle re. re.) abspenstig zu machen. Giebt es aber einen schlagenderen Beweis für die politische und moralische Unreife vieler Wähler, als die Wahl eines Mannes, der dem bisherigen Abgeordneten das Versprechen gegeben hatte, nicht gegen ihn auftreten, um bald darauf mündlich und schriftlich sich mit der Phrase zu rechtfertigen:Ich habe nicht mein Wort gebrochen, sondern nur meinen Willen geändert". (!?) Sicheres über das Ergebnis der Stichwahlen läßt sich nicht Vorhersagen. Raffen die Reichstreuen Wähler sich auf, erscheinen sie voll­zählig an der Wahlurne, so dürfte weder ein Demo­krat noch ein Sozialdemokrat durchdringen, (s. oben.)

Leider ist das Befinden des bayerischen Mini­sterpräsidenten Dr. von Lutz kein gutes; es heißt, Herr v. Lutz leide an der Brightschen Nierenkrank­heit. Am Sonnabend hat S. K. H. der Prinz Regent Herrn v. Lutz in seiner Wohnung einen längeren Besuch abgestattet.

Das deutsche Kaiserpaar war am 27. Febr. neun Jahre vermählt. Am 27. Februar 1881 war cs, wo Prinz Wilhelm von Preußen und Prinzessin Auguste Viktoria zu Schleswig-Holstein-Sonderburg- Augustenburg das schöne WortUp ewig ungedeelt!" durch ihren Ehebund zu neuem Ansehen brachten. Heute sehen beide bereits 5 Sprossen um sich ver­einigt, den Kronprinzen, welcher am 6. Mai 8 Jahre alt wird, und vier Prinzen, deren jüngster auch be­reits der Vollendung des 2. Lebensjahr entgegengeht.

Berlin, 28. Febr. DerNationalztg." zu­folge hat es sich bei der jetzt beendeten, nicht nur vertagten Kanzlerkrisis um ganz konkrete Fragen ge­handelt, betreffs deren schließlich volle Uebereinstim-

mung zwischen dem Kaiser und dem Kanzler erzielt worden sei.

Berlin, 27. Febr. Die Stadtverordneten wählten mit großer Mehrheit den bisherigen Ober­bürgermeister von Forckenbeck für fernere 12 Jahre zum Oberbürgermeister.

Oesterreich-Un garn.

Ein schönes Wort über den verstorbenen Grafen Andrassy wird vom Kaiser Franz Joseph von Oesterreich erzählt. Er hat einem hohen Hofbeam­ten gegenüber, der von den Verdiensten des Grafen Andrassy gesprochen hatte, geäußert:Mein Nach­ruf für Andrassy ist kurz; er lautet: ich habe meinen treuesten Freund verloren."

Ein Wort des Grafen Andrassy. Im Wiener Fremdenblatt" erzählt Ludwig Doczy: Als ich, noch in ganz jungen Jahren, den Hofrats­titel erhielt, erwiesen mir Kollegen die Ehre, aus diesem Anlaß ein kleines Diner zu arrangieren. Graf Andrassy nahm daran Teil und war in der besten Laune. Die Gemahlin eines Mitgliedes un­serer Runde sprach einige scherzhafte Worte, indem sie hervorhob, wie schön es vom Minister sei, auch junge Hofräte zu schaffen. Ich will nur wünschen, erwiderte der Graf, daß es ihm gut anschlage und daß er nicht am Verstand abnehme, wenn er im Rang aufwärts kommt. Man erzählt immer von dem witzigen Schusterjungen, aber von einem witzigen Schustergesellen habe ich noch nie gehört.

Frankreich.

Paris, 25. Febr. (Die deutsche Reichswahlen.) Folgendes Telegramm (in französischer Sprache) ist gestern an den parlamentarischen Ausschuß der So­zialdemokraten in Berlin abgegangen:Die in Paris zum internationalen Kongreß behufs Vorbereitung der Kundgebung am 1. Mai für den Achtstundentag versammelten Bürger-Delegierten entsenden den deut­schen Sozialisten ihren brüderlichen Gruß und den Ausdruck ihrer Freude über den bewundernswürdi­gen Sieg der deutschen Sozialisten. Der Vorsitzende: Vaillant."

Paris, 27. Febr. Nach dem heute vormit­tag stattgehabten M'nisterrate empfing Spuller den Grafen Münster und teilte ihm mit, daß die fran­zösische Regierung die mündliche Einladung zur Teil­nahme an der Konferenz im Prinzips annehme.

Portugal.

Der König von Portugal hat aus Anlaß seines Regierungsantritts für Personen, welche we­gen politischer Vergehen und wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt worden sind, eine Amnestie erlassen.

Amerika.

New York, 26. Febr. In Pierre (Südca­rolina) hat ein sterbender Russe, Namens Pietsch- kejeff, gestanden, bei einem im Jahr 1888 bestande­nen Complott beteiligt gewesen zu sein, welches dar­auf abzieite, den Zaren mit Dynamit zu ermorden. Er hat mehrere hohe russische Beamte als Mitschul­dige namhaft gemacht. Seine Aussagen sind durch bei ihm Vorgefundene Papiere bestätigt worden.

Kleinere Mitteilungen.

Nagold, 1. März. (Außerordentliche Frucht­barkeit.) Eine Ziege des Leichensägers Harr warf dieser Tage 4 Junge, ein gewiß seltener Fall.

Tettnang, 26. Febr. Gestern wurden drei Handwerksburschen durch Landjäger Zepf von Neu- kirch verhaftet und sodann auch ihre Kleider und Taschen untersucht. Dies führte zu einer seltenen Ueberraschung, indem sich einer dieser Handwerks­burschen als Frauenzimmer entpuppte. Dieselbe ist die etwa 25 Jahre alte Ehefrau eines Jos. Müller aus Bayern und sitzt nun, fern von diesem, samt ihren beiden Reisegefährten hinter Schloß und Riegel dahier.

München, 27. Febr. Ein großes Kraftstück hat der bayerische Herkules, der Steyrer Hans, zur Zeit Gastwirt imTutzinger Hof" hier, am letzten Donnerstag geleistet. In Dresden wurde kürzlich behauptet, August der Starke habe ein Hufeisen entzwei brechen können und es entstand über diese Behauptung eine hohe Wette. Der Versuch in mehrerer Athletenklubs in Dresden und Berlin mißlang. Auch in München fand sich niemand, der das Kraftstück fertig gebracht hätte, bis ein dortiger Metzger den Herrn aus Dresden zum Steyrer Hans schickte, der eines der beiden fraglichen Hufeisen ent­zwei brach.

Keichstagswahl-Ergebnis

vom 20. Februar 1890

im Oberamtsbezirk Nagold.

Zahl der Abge- Hievon erhielten: Zersplittert Wahlbe- stimmt v.Güli-Schick- und rechtigten. haben, lingcn ler. ungiltig.

Nagold.

599

371

227

140

'4 "

Altensteig Stadt.

383

278

262

16

Altensteig Dorf.

44

37

33

4

Beihingen.

50

39

35

4

Berneck.

73

53

47

6

_

Beuren.

31

24

23

1

_

Bösingen.

105

79

79

Ebershardt.

68

56

47

9

Elkhausen.

231

157

144

13

Effringen.

149

99

67

32

Egenhausen.

169

102

74

28

Emmingen.

138

99

79

20

Enzthal.

99

76

53

23

Ettmannsweiler.

46

28

22

6

Fünfbronn.

59

29

20

9

Garrweiler.

28

27

27

_

Gaugenwald.

23

>9

19

Gültlingen.

206

l 65

127

37

1

Haiterbach.

345

236

144

92

-7

Jselshausen.

77

67

62

5

Mindersbach.

52

44

35

9

Oberschwandorf.

96

83

73

10

Oberthalheim.

121

95

71

20

4

Pfrondorf.

66

57

51

6

Rohrdorf.

121

93

63

27

3

Nothfelden.

118

90

60

30

Schietingen.

62

48

37

11

Schönbronn.

87

74

63

11

Simmersfeld.

105

67

59

8

Spielberg.

109

94

92

2

Sulz.

188

102

94

8

Ueberberg.

80

60

60

Unterschwandorf.

32

32

32

Unterthalheim.

154

94

58

30

6

Walddors.

180

113

94

19

Warth.

74

60

58

2

Wenden.

33

30

27

3

Wildberg.

255

125

75

50

10

4856

3412

2693

691

28

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Nagold.

Zur Berichtigung und Aufklärung.

Dem Verfasser desEingesendet" am Schluß der Samstags-Nummer d. Bl. wird auf seine An­frage erwidert:

1. Der Waldmeister von Unterjettingen wollte in wohlmeinender Absicht mit dem aus einer Zeitung entnommenen Verse:Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber" die Bauern von Un­terjettingen iu ihrem Interesse bloß davor warnen, einen Reichstagsabgeordneten zu wählen, der die Getreidezölle abschaffen wolle, weil diese Zölle haupt­sächlich den Bauernstand vor dem Untergang be­wahren. Die Ueberwiegende Mehrheit der llnter- jettinger hat diese Warnung sofort verstanden, und demgemäß auch den richtigen Abgeordneten, Landge­richtsrat v. Gültlingen, gewählt.

2. Die sofort nachweisbare Wahrheit ist, daß der Waldmeister von Uj., statt den Gemeiudewald rasch abzuschlachten, vielmehr (wie für Nagold und Mötzingen) die vom frühem Taxator zu hoch ge­griffene Jahresuutzung im Gemeindewald erheblich herabsetzte, und übertriebene Waldstreugesuche zurück­wies. Ist das nicht das reine Gegenteil von Wald­metzgerei?!

3. Für seine Amtsführung ist er nur seinem f Gewissen, der Staatsauffichtsbehörde und dem Ge­meinderat verantwortlich. Wagt sich indeß der Ver­fasser desEingesendet" ans seinem anonymen Ver­steck hervor, und gelingt es ihm, daß der Gemeinde­rat und Bürgerausschuß von Uj. ihm den Vorzug giebt, so ist der bisherige Waldmeister sofort bereit,

das Amt an ihn abzutreten.