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angehört hatte. Oberkonsistorialrat Krafft. Ein Geistlicher von Böblingen, wo G. vor Jahren Dia- konus war, legte darauf einen Kranz am Grabe nieder und endlich sprach noch Oberpostmeister Steidle Namens des Liederkranzes, dessen Ehrenmitglied G. war, einen Scheidcgruß. Der Liederkranz selbst schloß mit dem Gesang „Himmelan, nur himmelan" die imposante Trauerseier.
Stuttgart, l7. Jan. Der Württembergischc Militärbevollmächtigte in Berlin Major von Neidhardt hat bis auf weiteres an Stelle des abbe- rusenen Württ. Gesandten Grafen Zeppelin die Geschäfte der Württ. Gesandtschaft übernommen.
Sigmaringen, 17. Jan. Die Fürstin- Mutter Josephinc ist schwer erkrankt.
Am Geburtstage des Kaisers — 27. Jan., wird im Berliner Schlosse die Hoftrauer abgelegt und der Tag durch eine große Cour gefeiert werden. Musik ist aber bei den Feierlichkeiten auch ausgeschlossen.
Der Reichskanzler Fürst Bismarck hat seinen Erlaß vom Jahre 1881 wiederholt, durch welchen alle ihm unterstehenden Beamten aufgefordert werden, unter amtlichen Schriftstücken jeder Art ihren Namen deutlich zu schreiben. Das Publikum könne durchaus verlangen, daß die Unterzeichnung ohne Schwierigkeit zu lesen sei.
lieber den Schluß der Reichstagssession liegen jetzt einigermaßen zuverlässige Nachrichten vor. Nach der Fertigstellung des Reichshaushaltcs wird das neue Sozialistengesetz in zweiter Lesung beraten werden. Wird es in der Regierungsfassung angenommen, so folgt auch die dritte Lesung; andernfalls wird der Reichstag nach beendeter zweiter Beratung aufgelöst. Darüber, ob Fürst Bismarck an der Debatte teilnehmen wird oder nicht, gehen die Nachrichten noch sehr auseinander.
Berlin, 19. Jan. Der Schluß des Reichstags dürste spätestens am 25. o. Mts. erfolgen.
Deutscher Reichstag. Beraten wurde der Antrag Barld ffreis.) bctr. Abänderungen und Ergänzungen des Wahlgesetzes für den Reichstag fAbgabc des Wahlzettels in undurchsichtigem Umschläge rc.j Für den Antrag traten ein die Abgg. Rickcrt, Barth, Munckcl fsrcis.j, Windthorst fCtr.j und Singer fSoz.f, indem sic betonten, daß Arbeiter von ihren Brodhcrren häufig gezwungen seien, ihnen überreichte Wahlzelle! dem Wahlvorstandc zu übergeben. Abg. Struckmann fnatlib.f, Müller streik.), Hegel skons.) erklärten, daß ihre Parteien gerade so, wie die Freisinnigen für den Schuh der Wahlfreiheit seien und alle Wahlbeeinflussungei, entschieden verurteilten. Der vorliegende Antrag habe aber formelle Mängel und sei deshalb nicht durchführbar. Letzteres wurde von den Antragstellern unter Hinweis darauf bestritten, daß die vorgeschlagencn Bestimmungen in mehieren Ländern bereits amtlich cingcführt seien. Damit war die erste Beratung beendet, die zweite wird später erfolgen. Aldann wurde der Antrag Rickcrt auf Abänderung des Militärgenchtsbarkcitsgcsetzes in dritter Lesung angenommen und die Sitzung ans Donnerstag 1 Uhr Vertagt.
Berlin, 17. Jan. Die Budgetkommission
nahm den Antrag Huenc an: Den Reichskanzler zu
ersuchen: 1) spätestens in nächster Session einen Nachtragskredit vorzulegen, durch welchen noch für das Etatsjahr 1890-91 eine angemessene Erhöhung der Bezüge der mittleren Beamtenklassen herbeigeführt würde, und 2) die dauernde Aufbesserung dieser Bezüge von 1891/92 an zur Durchführung zu bringen.
In der Reichstagssitzung vom 15. Januar ist gemäß dem Anträge der Kommission zur Erwerbung und Herrichtung eines Garnisons-Exerzierplatzes bei Stuttgart, wofür 1,500,000 verlangt worden waren, als erste Rate die Summe von 750,000 KL verwilligt worden. Es handelt sich bekanntlich um eine Erweiterung des bisherigen Cannstattcr Exerzierplatzes aus ein Areal von 150 ba, wofür !,400,o00 Mark für den Grunderwcrb, 25,000 ^ für Kaufsund Vermcssungskosten und 75,000 ^ für Anlegung der Fläche als Exerzierplatz erforderlich sind. Ter von der Stadtgemeindc Stuttgart um jährlich 5244 50 ^ gepachtete Exerzierplatz bei Deger
loch soll ausgegebcn werden.
Lesseps, der ^vor einigen Jahren bekanntlich am Berliner Hose empfangen wurde, rühmt einem Berichterstatter gegenüber sehr die Heimgegangene Kaiserin Augusta. Er sagt, dieselbe sei eine wahre Kaiserin gewesen, eine Frau von seltenem Seclen- wandel und höchster Intelligenz.
Die preußische Thronrede hat mit ihrem Passus über die auswärtige Politik auch im Auslande lebhaften Wiederhall gefunden. In Wien, wie in
London und Rom sprechen sich die Zeitungen mit großer Befriedigung aus. Komisch wirkt es aber wenn nun das Petersburger Journal angetrabt kommt und versichert, die Regierung Kaiser Alexanders III. habe nie an etwas anderes, als an den Frieden gedacht. Die Rüstungen an der deutschen und österreichischen Grenze scheint man an der Newa gar nicht zu kennen. Nun, es wird wohl eine neue große Anleihe in Sicht sein, daher die schönen Worte.
Die Klagen über den Mangel an Volks schullehrern ertönen in verstärktem Maße aus allen preußischen Provinzen; die Zahl der jungen Leute, welche dem Volksschulamte sich widmen, geht fortwährend noch zurück. Diese Erscheinung ist sehr erklärlich und in dem vielfach noch recht widrigen Gehalt begründet. Zahlreiche Gewcrbsgehilfen stehen sich finanziell ja viel besser, als die Volksschullehrer, brauchen keine jahrelangen Vorbereitungen und ha ben keine schwierigen Examen zu überstehen. Bevor nicht die Lehrergehältcr erhöht werden, wird auch der Lehrermangel nicht schwinden.
Polizeiinspektor Wohlgemuth in Mühlhausen im Elsaß, der im Vorjahre so viel von sich reden machte, hat sich mit 3150 ^ jährlich pensionieren lassen.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 18. Januar. Der deutsch-böhmische Ausgleich ist heute als perfekt zu betrachten; der Vermittlung des Justizministcrs Grafen Schönborn ist es gelungen, eine Verständigung der Parteien hcrbeizuführen.
Frankreich.
Paris, 15. Jan. Bonapartist Millcvope kündigt eine Interpellation über die auswärtige Po litik der Regierung an. — Royalistische Abgeordnete erzählen in den Wandelgängen der Kammer, die Gräfin von Paris, welche zur Zeit in Lissabon weilt, habe eine Depesche an die Königin Viktoria gerichtet, in der sie bittet, den englisch-portugiesischen Conslikt nicht auf die Spitze zu treiben, weil das Schicksal des Hauses Braganza aus dem Spiele stehe.
Das Pariser Gericht fand den französischen Staatsangehörigen Kanault schuldig, militärische Pläne w. an das deutsche Reich ausgeliesert zu haben. Die Strafe lautete auf 5 Jahre Zuchthaus, 10 Jahre Ehrverlust und 3000 Fr. Geldbuße.,
Paris, 18. Jan. Eine Anleihe von 1250 Millionen steht bevor. Die Regierung trifft Maßregeln, um für alle Fälle einen genügenden Kohlenvorrat zu sichern.
Im Hafen von Marseille hat zwischen den Matrosen des deutlichen Dampfers „Capei" und des französischen Dampfers „Colombo" eine blutige Schlägerei stattgefunden. Die französischen Blätter verschweigen die Details, weil ihre Landsleute nämlich im Unrecht waren, und versichern, die Sache sei höchst unbedeutend gewesen. Aus die Klage der deutschen Seeleute hat der Generalkonsul in Marseille den Rheder des „Colombo" für die Ausschreitungen seiner Matrosen verantwortlich gemacht und den Deutschen sind darauf 150 Franken Schmerzensgeld gezahlt, womit sie sich befriedigt erklärten. Aus dem ganzen Verlauf der Affaire scheint sich zu ergeben, daß die an Zahl schwächeren Deutschen von den Franzosen überfallen sind, denn hätte cs sich um eine gewöhnliche Matrosenschlägerci gehandelt, so würden die Matrosen schwerlich ein Schmerzensgeld erhalten haben.
Pariser Zeitungen schreiben, der Londoner Regierung seien von verschiedenen Seiten Vorstellungen gemacht, daß sie doch gar zu hart gegen Portugal auflrctcn und den Thron des Königs Carles gefährde.
Italien.
Rom, 17. Jan. Das Befinden des Papstes hat sich verschlimmert.
Turin, 18. Jan. Der Herzog von Aosta, zweiter Sohn des nachmaligen Königs Viktor Ema- nuel, ist heute Abend 7 Uhr gestorben. Der Herzog von Aosta wurde am 16. Nov. 1870 von den Cortes zum König von Spanien gewählt und regierte unter dem Namen Amadeus 1. bis zum I I. Feb. 1873, an welchem Tage er, des Kampfes um seinen schwachen Thron müde, die Krone nicderlegte.
Rom, 16. Jan. Crispi forderte telegraphisch die Präiekten auf, den Zuzug neuer Arbcitermassen nach Rom zu verhindern, da hier die Arbeitslosig
keit fortdaure. Im Dezember wurden 3000 unbeschäftigte Arbeiter polizeilich heimgeschickt.
R o m, 16. Jan. Die heute veröffentlichte En- cyklika empfiehlt die Liebe des Vaterlandes; höher stehe aber die Liebe zur Kirche, welche das göttliche Vaterland der Christen sei, ihnen Pflichten gegen Gott auferlege, die heiliger als die Pflichten gegen die Menschen seien. Die Gegner Gottes suchten die Macht an sich zu reißen und man greife den Katholicismus sehr oft an. Der Papst' empfiehlt die Einigkeit der Katholiken, die Unterwerfung unter die Dogmen und die Disciplin der Kirche. Dem Papst stehe das unumschränkte Recht über die Dogmen, die Moral, sowie die notwendigen Heilmittel zu, es sei notwendig, daß die Rechte und Pflichten gegen die Kirche abgegrenzt würden und daß jeder Staat dieselben respektiere. Die Kirche in den Parteistreit hineinzuziehen, heiße die Religion mißbrauchen. Die Einigkeit der Katholiken betonend, führt der Papst aus, daß man den Gegnern gegenüber weder furchtsam noch verwegen sein dürfe, man müsse dem Papst und den Bischöfen sich unterwerfen, mit derselben Klugheit, die der Papst in bürgerlichen Verhältnissen üben müsse. Die Völker würden nur stark durch praktische Uebung christlicher Tugenden; die Kinderecziehung müsse nach christlichen Vorschriften geleitet werden. Der Papst ruft schließlich den Katholiken aller Nationen zu, die Gesellschaft zu erhalten durch Uebung christlicher Tugend am häuslichen Herde.
England.
London, 17. Jan. Kaiser Wilhelm sprach dem Herzog von Cambridge anläßlich des Todes Napiers telegraphisch seine tiefgefühlte und aufrichtigste Teilnahme für die Königin und die ganze britische Armee aus. Die englische Armee vorlor in Napier einen ihrer tüchtigsten Generäle und tapfersten Soldaten. Sein (des Kaisers) Großvater und Vater schätzten die persönlichen und militärischen Eigenschaften Napiers hoch. Der Kaiser Unterzeichnete das Telegramm als Admiral ok tbo lloot. Der Herzog von Cambridga dankte Kaiser Wilhelm herzlich
London, 17. Jan. Nach Petersburger Meldungen ist ein Attentatsplan gegen den Zaren entdeckt. Oberst Vojekoff von der berittenen Garde, viele Offiziere, Civilbcamte und Hofbeamte sind dringend verdächtig. Mehrere Selbstmorde kamen vor, täglich werden Verhaftungen vorgenommen.
Der irische Bierkönig Guinneß hat eine halbe Million Pfund Sterling für Armenwohnun- gen und ein Ungenannter lOOOOO Pfund für ein Genesungshaus gestiftet.
Spanien.
Madrid, 16. Jan. Es wird amtlich gemeldet, der König sei in der Genesung begriffen.
Portugal.
Die Aufregung in Portugal wächst im ganzen Land und der Haß gegen England macht sich in der schroffsten Weise Luft. Am Dienstag haben antienglische Kundgebungen im Theater statt- gesunden und aus der Straße sind mehrere Engländer beschimpft worden. Die meisten Lissaboncr Handelshäuser haben, wie der „Magdeburger Ztg." gemeldet wird, die englischen Geschäftshäuser, mit denen sie in Verbindung standen, telegraphisch verständigt, daß sie mit denselben nichts weiter zu thun haben wollen. Das Vorgehen Englands, welches in diesem Fall seinem Egoismus wieder einmal mit brutaler Gewalt gegenüber einem Schwächeren zum Sieg verholfen hat , wird in der gesamten europä- iickien Presse. besonders in der französischen. scharf
ischen Presse, besonders in der französischen, scharf getadelt, und die Engländer mögen wohl selbst fühlen, daß sie^bei der Sache nicht die schönste Rolle gespielt haben. Die Genugthuung darüber, daß durch diesen Gewaltstreich wieder große Länderstriche unter englische Herrschaft gelangt sind, wird aber die Briten die moralische Einbuße, die sie dabei erlitten haben, bald verschmerzen lassen.
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Verantwortlicher Redakteur Sleivwandet >n Uagokd.
Druck und Lerla- der ch. A. Faiser'schen Duchhandlun- in Dag«»co.
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