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Nagold. Wenige Tage sind erst im neuen Jahre verstrichen, aber durch die Macht der Ge wohnheit ist die Jahreszahl 1890 schon eine so ver traute geworden, daß Versehen beim Schreiben kaum noch Vorkommen und das alte Jahr wirklich ver gessen ist. Aber der Vergeßlichkeit steuern jene be rühmten Papierchen, die zum Jahreswechsel vornehm­lich ihre Wanderung nach allen Seiten hin anzutre ten Pflegen die Rechnungen. Man sagt im Volks munde, viele Rechnungen ausschreiben zu müssen, sei nicht eben angenehm, viele Rechnungen zu empfangen, sei noch unangenehmer, indessen das unangenehmste sei cs doch, viele Rechnungen bezahlen zu müssen Und so eine Rechnung ist ein merkwürdiges Ding sie stirbt und verdirbt nicht, je älter sic wird, um so unbequemer. Die Rechnungen kommen, was ihre Beliebtheit anbelangt, gleich hinter dem Steuerzettel und doch sind sie wohlthätige Erfindungen. Welche Erleichterungen haben sie nicht gewährt, wie viele Anschaffungen haben sie nicht ermöglicht, die beim Baarzahlen hätten unterbleiben müssen? Darum auch keine krause Stirne beim Erblicken des liunrten Bo­gens, sondern zuversichtlich in die Tasche gegriffen

Es giebt nur eine böse Art von Rechnungen und das sind die, deren Adressat zu sehr ins Zeug ge­gangen ist. Aber wo das Ganze nicht möglich, macht es ja ein Teil. Mag man besonders die Rechnungen klcinerGeschästsleute nicht einfach als Papiere betrach­ten, die Zeit haben. Auf die Bezahlung von Rechnung warten zu müssen, nachdem schon ein ganzes Jahr kreditirt ist, ist ebensowenig eine Annehmlichkeit, wie das Bezahlen selbst und dann haben auch die Gc- werbtreibenden Verpflichtungen. Mögen diese zeitge­mäßen Worte eine freundliche Berücksichtigung finden, besonders im Interesse des Handwerkerstandes.

Sulz. (Korresp.) Auch hier ist die Gemeinde­ratswahl in größter Ruhe vorübcrgegangcn, es wur den die 2 austretenden Mitglieder Philipp Dürr und Metzger Dengler fast einstimmig wieder gewählt. Nicht so ruhig hat die Neujahrsnacht ihren Ab schluß gefunden, indem einige ledige Burschen, sogar ein gedienter Militär, sich derart mit Messer u. s. w. traktierten, daß einer davon, sehr schwer verletzt nach Hause gebracht werden mußte. Möchte üvch° diesem Neujahrsnacht-Unfug von maßgebender Seite mit aller Energie entgegengetreten werden.

Wild bad, 4. Jan. Ein 18 Jahre alter Tage­löhner, der seit seinem 14. Lebensjahre in Gemein­schaft mit seinem Vater umherzieht, seit einigen Ta­gen sich aber wieder hier aufhielt, erstach gestern nachmittag 2 Uhr seine Mutter. Wie der Mörder vor dem Stadtvorstand eingestanden hat, geschah dies nicht etwa in der Leidenschaft, sondern in kalter Ueberlegung,weil ihn seine Mutter immer so ge­plagt habe." Vater und Sohn sind verhaftet. ^

Stuttgart, 7. Jan. Beim König ninunt der Katarrh den regelmäßigen Verlauf. Der König fühlt sich noch ziemlich angegriffen. Im Befinden der Königin zeigt sich eine langsame, stetig fort­schreitende Besserung.

Stuttgart, 7. Jan. Heute früh ist Herr Kommerzienrat Karl Fetzer, Direktor der allgemeinen Nentenanstalt, gestorben. Der Verewigte bethätigtc seine christliche Gesinnung in den Worten und Wer­ken, er that viel für wohlthätige Anstalten, war auch Kommissär der Zcntralleitung bei der württemb. Sparkasse und Mitglied der Zentralleitung des Wohl- thätigkcitsvereins.

Stuttgart, 7. Januar. Am 6. d. waren an Grippe im Ganzen etwas über l 600 Militärpersonen in ärztlicher Behandlung, davon entfallen nahezu 600 Mann aus Ulm, 450 auf Ludwigsburg, wäh­rend Stuttgart nur 130 Erkrankte aufwcist. Von den kleinen Garnisonen des Landes ist Heilbronn mit 115 Kranken am meisten beteiligt. Fast aus­nahmslos ist die Krankheit jetzt günstig verlausen.

Stuttgart, 8. Jan. Vom Personal der Staatseisenbahnen sind 240 Beamte infolge der In­fluenza dienstunfähig, weshalb eine Anzahl Güter­züge uicht befördert werden konnte.

Stuttgart, 8. Jan. DasSt. T." schreibt: E:ne Wahrnehmung, die immer von neuem gemacht werden kann, ist die, daß die Verschlimmerung der Influenza sich fast immer ans eine Unvorsichtigkeit des Kranken zurückführcn läßt, auf eine Erkältung während der Kenesungszeit, zu frühes Ausgehen oder dergleichen. Wer von der Influenza ergriffen wird, der kleide sich daher warm und benehme sich noch acht oder 10 Tage, nachdem er sich befreit glauben

kann, als wäre er mit dem Uebel behaftet. Der An fang aller Weisheit ist gegenwärtig eine heilsame Furcht vor einer Lungenentzündung.

Berlin, 7. Jan. Die Kaiserin Witwe Augusts ist heute nachmittag um 4 Uhr 30 Minu ten iu ihrem 79. Jahr verschieden. Die hohe Frau war seit heute früh 3 Uhr von den Aerzten ausge­geben. Der Kaiser verweilte mit der Kaiserin und der ganzen königlichen Familie seit heute früh Uhr im Palais der Verewigten. (In einem Extra­blatt mitgeteilt.)

Berlin, 8. Januar. Der Kräftezustand der Kaiserin Augusta hätte sich diesmal als widerstands­fähig bewiesen, wenn nicht die befürchtete Affektion der Lungen und damit eine Steigerung des Fiebers hinzugetreten wäre. Die Kaiserin genoß gestern nur etwas gefrorene Milch, zuletzt war sie apatisch. Sie wollte zur Großherzogin von Baden noch einmal sprechen, die Worte wurden aber nicht verstanden. Die Sterbende empfing vormittags noch das Abend­mahl von Oberhofprediger Dr. Kögel. Der Tod er­folgte sanft. Nachdem der Arzt den Eintritt des Todes konstatiert hatte, kniete die Königliche Familie in stillem Gebet am Sterbebett nieder. Um 8 Uhr abends fand eine von Dr. Kögel abgchaltene Andacht für die Mitglieder der Königlichen Familie im Ne­benzimmer des Stcrbezimmers statt. Die Großher­zogin von Baden hatte vorher am längsten bei der Leiche verweilt. Das Sterbezimmer wurde mit Krän­zen, Palmen und Blumen geschmückt. Die Leiche lag in einem weißen Mantel, ein Spitzentuch um das Haupt, einen Maienstrauß in der Rechten. Anton v. Werner zeichnete die Verewigte.

DerReichsanzeiger" bringt anläßlich der Mitteilung von dem Hinschciden der Kaiserin Au­gusta, wodurch der Kaiser und das königliche Hans in tiefste Trauer versetzt sind, einen Lebcnsabriß der Kaiserin, welcher mit dem Nachruf schließt: Schwere Prüfungen hatte das Jahr 1888 über sie verhängt. Das Hinschciden des geliebten Gemahls, dem sie in allen Lebenslagen treu zur Seite gestanden, der Tod des einzigen Sohnes und eines hoffnungsvollen Enkels trübten die letzten beiden Lebensjahre, welche die hohe Frau in Berlin, Babelsberg, Eoblcnz und Baden-Baden zubrachte. In größter Scelcnstärkc alle Schmerzen überwindend, war sie bis zum letzten Atemzuge ihres reich gesegneten. Lebens unermüdlich thätig, Wohlthaten zu spenden und Notständen ab- znhelfen. Ihr Andenken wird im Königshaus,: und im Lande nie erlöschen.

Berlin, 8. Januar. Das Testament der Kaiserin - Königin Augusta ist gestern abend in Ge­genwart des Kaisers und des Hausministers eröff­net worden.

Das Pariser JournalTcmpS" erwähnt ein Gerücht, wonach eine Zusammenkunft Kaiser W i l- h elms II. mit dem Präsidenten Carnot gelegent- ich der Jubelfeier des Königs von Belgien im Som­mer dieses Jahres nicht ausgeschlossen wäre. (Wie mag solcher Blödsinn nur auch noch geglaubt werden!)

DiePost" giebt an hervorragender Stelle wlgcndc Mitteilung wieder, der sic anscheinend eine politische Bedeutung beimißt:Es ist bekannt, daß der Kaiser während seines Aufenthaltes in Konstan­tinopel einen sehr günstigen Eindruck von der Tüchtigkeit der türkischen Truppen erhalten hat. Wie derTimes" über Wien gemeldet wird, soll der Kaiser sich jüngst in militärischen Kreisen Berlins dahin geäußert haben, daß seinem Ermessen nach die türkische Armee sich in einem ausgezeichneten Zu­stande der Organisation befinde und wohl im stände ei, den militärischen Erfordernissen des ottomanischen Reiches zu entsprechen. Ein Krieg gegen die Türkei, sagte der Kaiser, würde künsiigbin ein kühnes und schwieriges Unternehmen sein und eine jede Macht dürfte wohl zögern, sich dem Risiko eines solchen Wagnisses auszusetzen.

Der Kaiser gedenkt den preußischen Landtag in Person zu eröffnen und es soll im Lauf der näch­sten Woche nach der Rückkehr des Fürsten Bismarck ein Kronrat unter Vorsitz des Kaisers zur Feststel­lung der Thronrede stattfindcn. Am Montag hat be­reits eine Sitzung des Staatsministeriums stattge­funden, um die dem Landtag zu unterbreitenden Vorlagen fest,znstellen. Der Landtag ist zum 15. Jan. einberufen.

Die heute im Reichstag anwesenden Sozial­demokraten hielten sich während der Trauerkund­

gebung für die verstorbene Kaiserin Augusta außer- halb des Sitzungssaales auf.

Berlin, 8. Jan. Der Reichstag i.st heute nach vierwöchentlichcn Ferien wieder zusammenge­treten. Präsident v. Levetzo w eröffnet«: die Sitzung mit einer Ansprache auf Bezug des sel. Hingangs der Kaiserin Augusta.

Berlin, 9. Jan. Nach einer kaiserlichen Verordnung vom Gestrigen finden die Neuwahlen zum Reichstag am 20. Februar statt.

Wie diePost" meidet, ist für alle am Hofe erscheinenden Zivilpersonen, gleichviel, welcher Kate­gorie sie angchören, das Tragen von kurzen Hosen und seidenen Strümpfen angeörduct. DieFreisinn. Zeitung" bringt einen Artikel über diese Neuerung, hinter der sieBigotterie und Pietismus" wittert.

Wie dasBerk. Tagbl." meldet, verlautet in Sansibar, daß die Deutschen bei Pangani nach blu­tigem Gefecht die Insurgenten geschlagen und zer­streut haben.

Lübeck, 7. Jan. Der DampferLubeca" aus Lübeck collidierte bei Marstrand letzte Nacht mit dem russischen SchiffEugenie", welches sofort sank, dessen Besatzung der DampferLubeca" aber rettete.

Obcrschlcsische Zeitungen kündigen an, daß die Frcigebung der Schweine-Einfuhr von u. nach Deutsch­land nahe bevorstehe. Wäre sehr erfreulich! Oesterreich-Ungarn.

Die Genossenschafts-Krankenkassen in Oesterreich haben infolge der Influenza-Epidemie die Auszahl­ung von Krankengeldern eingestellt.

Frankreich.

Paris, 8. Jan. Den Abendblättern izuiulge wurde der Botschafter Herbette beauftragt, dem Kaiser Wilhelm das Beileid des Präsidenten Earnot und der französischen Regierung anläßlich des Todes der Kaiserin Augusta auszusprechen. lind was thatcn die Sozialdemokraten im deutschen Reichstag?

Trotz der Mahnung des Kriegsministers an die Presse, über militärische Vorgänge zn schweigen, be­richten die Pariser Zeitungen doch sehr ausführlich über erneute Schießversuche mit dem Lebelgewehr. Die Ergebnisse sollen geradezu erstaunlich gewesen sein. Das neue Geschoß verursacht beim Einschlag eine nur kleine Ocffnnng, erzeugt aber infolge seiner Kreisbewegung dann eine erweiternde Höhle und beim Austretcn einen weiten Riß. Die Rauchent­wicklung ist nur ganz gering. Eine Gußcisenplatte von 12 Ctm. Dicke war wie eine gewöhnliche Fen­sterscheibe in scharfem Umriß durchschlagen, bei grö­ßerer Dicke war das Metall zerrissen.

In Paris sind wieder Versuche gemacht wor­den, die französische Regierung zur Zurücknahme des Einfuhrverbotes von lebendem Vieh zn bewegen. Der Minister hat indessen das Gesuch abgelehnt.

Belgien.

Brüssel, 7. Januar. Das Theatre de !a Bvurse ist in vergangener Nacht bis aus die Um­fassungsmauern niedergebrannt.

Die schon dem Abschluß nahen Ausgleichs- Verhandlungen zwischen den belgischen Kohlenarbeitern und den Grubenoerwaltunaen haben sich abermals zerschlagen. Die Direktoren sind uneinig unter ein­ander. Nunmehr nimmt die ganze Presse für die Bergleute Partei. Der Ausstand wächst infolge dessen immer mehr. 30000 Arbeiter streiken.

Der Strike im belgischen Kohlenbecken ist so gut wie beendet, die Arbeiter verlangen eine lOstün- digc Arbeitszeit und sind bereit, sich in Bezug auf die Lohnfrage auf das Gerechtigkeitsgefühl der Be­sitzer zu verlassen.

Rußland.

Den sonderbaren Gerüchten über eine Er­krankung des Kaisers von Rußland folgt jetzt aus Gatschina die offiziöse Meldung, daß der Zar überhaupt nicht krank sei, sondern sich durchaus wohl befinde. Dagegen wird berichtet, daß der einstmalige Minister des Innern, Gras Jgnatieff schwer er­krankt sei.

Die bevorstehende Entbindung der russischen Kaiserin wird offiziell ans Kopenhagen bestätigt.

Petersburg, 4. Jan. Der Zustand des Großfürsten Nikolaus ist so ernst, daß die Uebersie- detnng des Hofes wahrscheinlich unterbleibt.

Russische Blätter tadeln die Hinrichtung Bu- schiris und verdrehen die Augen ob dieserGrau­samkeit."Nowoje Wremja" ist albern genug, zu sagen, die Ermordung Buschiris gebe einen Bor­

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