in der Brust, auf dem Wagen gefunden. Aus Angst vor dem Gewitter hatte es sich auf dem Wagen im Klee verborgen, und als der Vater die Sense in die Ladung hineinhieb, drang dem Kinde die Spitze in die Brust.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 22. Juli. Die bauliche Umgestaltung des Schlosses Meyerling macht derartige Fortschritte, daß schon Mitte Oktober d. I. die Einweihung des neuen Klosters Meyerling erfolgen dürfte und zu dieser Zeit auch die Nonnen ihren Einzug ins Klo­ster werden bewerkstelligen können. Das Sterbe­zimmer des Kronprinzen, welches in eine Kapelle umgewandelt wurde, erwies sich hiezu zu klein und es mußte nach Entfernung der Scheidemauer noch ein angrenzendes Zimmer zur Vergrößerung der An­dachtsstätte verwendet werden.

Frankreich.

Der Pariser Sozialistenkongreß hat sich nach der Champagnerfste, welche ihm der Gemeinderat auf dem Stadthause gegeben, aufgelöst. Die deut­schen Sozialisten haben noch etwas außerordentli­ches gethan, indem sie die Gräber von Ludwig Börne und Heinrich Heine bekränzten. Was sind nun die Ergebnisse diesesArbeiter-Parlamentes?" Eigentlich ist nur der schöne Satz wieder einmal zum Ueberdruß wiederholt, daß der Sozialismus das Evangelium für die Arbeiter sei. Denn worüber man sonst noch beriet, das waren die allgemein be­kannten sozialdemokratischen Lehren. Vor allem soll aus die Einführung des Normalarbeitstages von acht Stunden hingewirkt werden. Acht Stunden möchte schon mancher Arbeitgeber thätig sein, wenn er nur wüßte, wie er dann seine Leute bezahlen sollte. Die Zwanzigmarkstücke kommen leider noch immer nicht vom Himmel heruntergeregnet. Hätte der Soziali­stenkongreß in dieser Hinsicht etwas entdeckt, dann würde alles übrige sich schon ganz von selbst machen.

Das Senatsgericht gegen Boulanger beginnt nün doch etwas gar zu ungesetzlich vorzugehcn. Es soll ein Beschluß gefaßt werden, den Angeklagten, die sich dem obersten Gericht nicht persönlich gestellt, die Ausübung der bürgerlichen und politischen Rechte zu entziehen. Bonlanger, Rochesort und Dillon würden also fortab nicht mehr wählbar sein, und ihr Vermögen wird beschlagnahmt werden. So etwas ist denn doch noch nicht dagewesen. Nach dem in allen Staaten geltenden Gesetz kann auf Verlust der bürgerlichen und politischen Rechte und des Vermögens erst dann doch erkannt werden, wenn der Angeklagte schuldig befunden ist. Das Urteil im Boulanger-Prozesse wird aber erst im August gefüllt. Die Angst vor Boulanger muß gewaltig groß sein, denn sonst würde man nicht zu solchen Ausnahmemaßregeln gegen einen Mann greifen, der im Auslande als Hanswurst gilt. Es wird sich zeigen, ob ein solches Vorgehen dem General nicht lediglich zur Reklame dient. Auch das Kriegsgericht, welches die Anklagen gegen Boulanger wegen Ver­untreuung untersuchen soll, wird sofort zusammen­treten.

Neue schmutzige Geschichten werden aus Paris berichtet. Ein gewisser Buret, so verbreiten Boulan- gisten-Blätter, der drei Bestrafungen erlitten, sei von dem Minister Constans eigenmächtig ans dem Gefängnis gezogen worden, und als der von Buret Bestohlene Einspruch erhoben, habe der Minister, diesem die 15000 Franken ersetzt, um welche Buret ihn betrogen hatte. Constans habe diesen Unglück­lichen, dessen Freund er seit fünfzehn Jahren ist, zu neuen Niederträchtigkeiten gebraucht, alle Anschul­digungen über Veruntreuungen in der Anklageschrift gegen Boulanger seien ausschließlich auf dessen Zeu- genschast begründet. Constans erzählt seinerseits, Buret sei nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis ins Ministerium des Innern zu dem Direktor der ^ öffentlichen Sicherheit gekommen, um wichtige Be- ! weisstücke gegen Boulanger anzubieten. Der Mini- l ster benachrichtigte nun den Senatsansschuß, welcher ^ sofort eine Haussuchung bei Buret vornehmen ließ, ^ welche sehr wichtige, meist von Boulanger unterzeich- ! netc Paniere zu Tage förderte. Unter den Papie­ren bennden sich viele Briese Boulangers an Buret, die jedoch nur mit einem B. unterzeichnet sind. Es ist alw außer Zweifel, und die Boulangistcn geben es selbst zu, daß Buret ein Werkzeug, ein Wühler Boulangers gewesen ist, dem cs nun auch an der! Krippe der Regierung schmeckt. Die letztere hat ihm i B 00 Franken gegeben.

s Das Verzeichnis der 50 Bezirke, wo Bou- Zanger als Bewerber für den Generalrat auftritt, ! wird veröffentlicht. Es umfaßt ungefähr alle Ge- i genden Frankreichs. 45 Zeitungen werden wegen s unbefugter Veröffentlichung der Anklageschrift gegen l Boulanger verfolgt.

! Belgien,

j Der Herzog von Nassau soll, wie Wies- ^ badener Blätter berichten, am kaiserlichen Hofe in ! Berlin einen Besuch ab statten wollen. In b el- ^ gischen Zeitungen wird jetzt mit aller Bestimmtheit verkündet, daß Kaiser Wilhelm und König Leopold

- in Antwerpen im August eine Begegnung haben werden. Zur Truppenschau vor dem Kaiser sollen 25000 Mann zusammengezogen werden.

I t a l i e n.

Rom, 24. Juli. Die Riforma erklärte es in einer Potemik gegen den Röm. Beobachter für eine Fabel, daß die ital. Regierung Vorsichtsmaßregeln ergriffen habe, um zu verhindern, daß der Papst ohne ihr Wissen abreise.

Rom, 25. Juli. Der hiesigen deutschen Bot­schaft wird offiziell gemeldet, daß das Kaiserpaar Ende September einen 2wöchentlichen Aufenthalt in Italien nehmen werde, ohne Rom zu berühren.

Der berühmte Chirurg Professor Loreta in Bologna, dem unlängst für eine gelungene Magen- opcration im Universitätsgebäude zu Bologna eine Ehrentafel gewidmet worden war, hat sich vor eini­gem Tagen in Rom entleibt. Der Unglückliche hat in der letzten Zeit an Verfolgungswahnsinn gelitten.

England.

Die Dotationsfrage für die Enkelkinder der Königin Viktoria ist nunmehr erledigt. Die Köni- ' gin ist mit der durch das Parlament beschlossenen ^ Erhöhung der Apanage des Prinzen von Wales ein­verstanden und verzichtet nunmehr darauf, für ihre ! Enkelkinder besondere Dotationen zu fordern. Ledig- j lich der älteste Sohn des Prinzen von Wales wird i eine besondere Staatsleistung erhalten. Gar zu schlecht kann es dem Prinzen von Wales auch nicht gehen, denn er hat das berühmte RennpferdVa- sistas" für l 50 000 Franken erworben.

Serbien.

> Belgrad, 24. Juli. Der Exkönig Milan ist vormittags mittelst Separattrain von Konstan­tinopel Hierselbst angclangt. Auf dem Bahnhose waren sämtliche Minister, die Regenten, die Metro­politen Michael und Theodosius, das diplomatische Korps (ausgenommen der französische und russische Gesandte- zur Begrüßung anwesend. Der Exkönig umarmte und küßte stürmisch den gleichfalls freudig erregten König Alexander, schritt dann direkt aus den Metropoliten Michael, dem er die Hand küßte.

^ Er freue sich, sagte der Exkönig, den Metropoliten bei seinem Empfange zu sehen, und hoffe, daß alles Vorangegangene vergessen sein werde. Er sei nach Serbien gekommen, nicht um gegen den Thron zu inlriguiercn, sondern um nach dem, ihm durch die

- Verfassung gewährleisteten Recht, die Erziehung seines ! Sohnes zu kontrollieren. Er hoffe bestimmt, alle

Faktoren werden ihn in dieser Aufgabe unterstützen. Der Exkönig fuhr darauf mit Alexander nach dem Palaste. Sein Aufenthalt hier wird drei Wochen

- dauern. Milan wurde ziemlich kühl, sein Sohn i Alexander hingegen sehr enthusiastisch begrüßt. Der -Exkönig begiebt sich nach kurzer Anwesenheit in Bel- I grad zur Weltausstellung nach Paris.

I Rußland.

> St. Petersburg, 24. Juli. Der Zustand des Großfürsten Consta nt in ist besser- er kann wiederum einige Worte Hervorbringen und etwas im Sessel sitzen.

Der Czar kommt! Die Kreuzztg. teilt mit, daß der Besuch Kaiser Alexanders zum 22. Aug. in Berlin bestimmt in Aussicht steht. Der Kaiser wird auf dem Landwege über Wirballen-Eydttühnen kommen nnd haben mit der preußischen Eisenbahn­direktion in Brombcrg bereits die nötigen Verhand­lungen stattgefunden. Der Kaiser hat sich für den Landweg entschieden, weil die Ostsee von Mitte Aug. ab sehr unruhig zu sein pflegt und die kaiserliche Familie aus ihrer finnischen Seereise viel ausgestan­den hat. Die Eisenbahn Petersburg-Wirballen ist sehr solide gebaut und wiro zudem völlig mit Trup­pen besetzt werden. Wahrscheinlich begleitet den Czaren seine ganze Familie. Nach dem genannten Blatte war die Reise schon lange geplant, wurde aber erst durch die Bvrki-Katastrophe, bei welcher

das Kaiserpaar viel schwerer, als bekannt geworden, verwundet wurde. Nach dem Toast auf deneinzi­gen Freund" hätten der Minister des Auswärtigen

- und der Finanzminister den Kaiser im Interesse des I Kredites Rußlands bestürmt, zu reisen, aber der

Czar habe eine nicht wiederzugebendeursprüngliche" Ablehnung erteilt. Seitdem hat sich der Kaiser denn zum Besseren besonnen.

14 0 Jahre alt! (?) Wie derDaily News" aus Odessa mitgcteilt wird, hat die in Saratow er­scheinende ZeitungDnjcwuik" authentische Beweise dafür gebracht, daß in Saratow rin Mann lebt na­mens Daniel Sanzoilow, wc eher t749 in jener Stadt geboren wurde, mithin 140 Jahre alt ist. Derselbe war früher Adjutant Pugatschew's und nahm auch Teil an der Erstürmung Kasans und Simbirsks und am Bombardement von Samara. Mit Pugat- schew verhaftet, wurde er nach Simbirsk zurückgebracht. Er erhielt daselbst 180 Kuutrnhiebe und wurde auf ^ Lebenszeit in die sibirischen Bergwerke verbannt.

- Nach 38jähriger Verbannung erlaubte man Samoilow

- in seine Heimat zurückzukehren. Der steinaltc Mann ist noch im Besitze aller seiner geistigen und körper­lichen Fähigkeiten.

Kleinere Mitteilungen.

Die ungeheure Zunahme der Studierenden in

- Deutschland, die schon längst besprochen worden

- ist, liegt jetzt in authentischen Ziffern vor. Die Zahl ^ der akademische Bildung Suchenden hat sich seit

rund 20 Jahren beinahe verdoppelt. 1869 betrug die Zahl der Studierenden 17631 , 1888 34118. ^ In diesen 20 Jahren ist die Bevölkerung in Deutsch­land von 40 Millionen auf 48 Millionen gestiegen. Diese dauernde Zunahme der Studierenden fällt um so schwerer ins Gewicht, als die Berufe, für welche Universitätsbildung erforderlich ist, sämmtlich über­füllt sind.

Von einem Kegeljung cn-Streik, der in

- den letzten Tagen in einigen Vororten Berlins statt- ^ gefunden, erzählt ein Berichterstatter: Wie aus ein ! verabredetes Zeichen stellten die Jungen ihre Thätig-

- kcit ein, indem sie erklärten, daß sie mit den bisher i üblichen zwei Pfennigen fürHonneur" nicht mehr

- zufrieden seien, sondern fortan mindestens drei Pscn-

- nige haben müßten. Man suchte zwar nach Ersatz,

I aber die gesammte Kegeljungenschaft schien unter sich ^ einig und war nicht znm Kegclausstcllen zu bewegen,

so daß nichts übrig blieb, als die Forderung zu bewilligen.

Ein Fall vonScelenblindh eit" wird gegenwärtig in einem Berliner Krankenhausc behan­delt. Der Kranke ist, obwohl er das Augenlicht be­sitzt, nicht im Stande, die verschiedensten Objekte, ine man ihm vorzeigt, aus ihre Bedeutung zu erken­nen. Es gelingt ihm dies aber, sobald man ihm den Gegenstand zum Betasten in die Hand gibt oder denselben, z. B. eine Uhr oder Glocke, aus das Ge­hör wirken läßt. Ein ähnliches Leiden ist die Ap­hasie. Hier besitzen die Patienten zwar die physische Sprachfähigkcit, dagegen sind sie nicht im Stande, für irgend welche und selbst für die einfachsten Be­griffe die entsprechenden Worte zu finden.

Folgende Kraftprobe im Essen und Trinken hat ein Einwohner von Nienburg abgelegt. Nach­dem er 3 Psd. marinierten Aal mit 7 Brötchen ge­gessen hatte, vertilgte er ein halbes Pfund Mett­wurst, trank dazu 29 Glas Bier, 4 Kognak und 4 Kümmel. Alsdann sagte er zu der staunenden Zu­schauerschaft. daß er zum Abendessen gehen müsse.

Die Trösterin des Sträflings. Au^ London wird berichtet: In Bow-street stand dieser Tage ein Mann Namens William Shrimpton unter der Anklage vor Gericht, sich als beurlaubter und unter Polizeiaufsicht stehender Sträfling nicht pflicht­gemäß bei der Polizei gemeldet zu haben. Die That- sache wurde nicht bestritten- im Laufe der Verhand­lung aber stellte sich heraus, daß Shrimpton eine zahme Maus in der Tasche habe, die er mährend seiner letzten Gefangenschaft in seiner Zelle gefangen und nach längerer Mühe gezähmt hatte, zu welchem Zweck er dem Tierchen den Schwanz abgeschnitten hatte, da dies, wie er sagte, das beste Mittel sei, eine Maus zu zähmen. Das Tierchen war denn auch so zahm geworden, daß es ihm wie ein Hund folgte, auf seinen Ruf zu ihm kam, aus seiner Hand fraß und allerlei Kunststücke machte. Wenn er mor­gens im Gefängnishos spazieren ging, hatte er das Tierchen stets bei sich, das ihm und seinen Leidens-