Zum Ersatz dafür gab ihm die liberale Regierungs­partei ein Bankett, bei welchem dem Minister enthu­siastische Ovationen dargebracht wurden. Tisza er­klärte, seine Gegner irrten sich, wenn sie glaubten, sie könnten nach seiner Entfernung selbst Minister spielen. Ideen, wie sie die aus Radikalen und Reac- tionären bestehende Opposition habe, würden in Ungarn nie zur Herrschaft gelangen, auch wenn er, Tiszs, einmal nicht mehr sein sollte. Die Rede wurde mit lebhaftem Beifall ausgenommen.

Frankreich.

Die Weltausstellung war am Himmelfahrts- tage von 250908 zählenden Personen besucht.

Der Toast des Zaren hat in Paris einen peinlichen Eindruck gemacht. Die Blätter sind sicht­lich perplex.

Viel Anhänger scheint Boulangcr in Calais nicht zu haben, denn ein Arbeiter, der dort beim Empfang des Präsidenten Carnot .Es lebe Bou- langer!" gerufen hatte, ist von der Menge beinahe erschlagen worden. Die Polizei mußte ihn schützen. Im Uebrigen verläuft Me Reise Carnots ruhig und friedlich, Carnot selbst betont überall seine friedlichen Gesinnungen und giebt der Hoffnung, daß der Friede erhalten bleiben werde, bei fast jeder Gelegenheit Ausdruck.

Italien.

Die Studenten Roms haben an die Berliner Studentenschaft einen telegraphischen Gruß gerichtet, in welchem sic für die dem König Humbert in Berlin dargebrachten Huldigungen danken und zu­gleich den herzlichen Wunsch ausdrücken, daß das deutsch-italienische Bündnis ein dauerndes bleiben möge. Spanien.

Madrid, 2. Juni. In diplomatischen Kreisen wird das Gerücht verbreitet, daß der deutsche Kai­ser die Königin-Regentin und den König von Por­tugal besuchen werde.

Rußland.

Dem LondonerStandard" wird aus Odessa gemeldet, daß der russische Marineminisler den so­fortigen Bau von drei schnellsegelnden Panzerschiffen angeordnet habe. Die Bauzeit soll 4 Jahre dauern. Die neuen Schiffe werden 11000 Tonnen halten und mit Maschinen von 12 000 Pfcrdekräftcn und 6 schweren Geschützen ausgerüstet sein. Außerdem sollen 6 Torpedoboote mit Petroleum-Feuerung, 4 für das Baltische und 2 für das Schwarze 'Meer gebaut werden. Ein süd-russisches Haus hat Ordre erhalten, sofort 75 Pontons zu liefern.

Es soll der russischen Regierung gelungen sein, den Schah von Persien zur Unterzeichnung eines Vertrages betr. den Bau einer Eisenbahn zu bewe­gen, die vom Kaspischen Meere durch Persien bis zum indischen Ozean gehen solle. Das würde ein sehr wertvoller handelspolitischer Erfolg sein. Griechenland

Der Kronprinz von Griechenland, der einige Wochen zum Besuche der Kaiserin Fried- drich in Homburg weilte, hat sich nach Wien be­geben , um von dort aus gemeinschaftlich mit seinen Eltern nach Petersburg zur Hochzeit seiner Schwester zu reisen. Der Aufenthalt in der russischen Haupt­stadt ist für längere Zeit bemessen. Bon Petersburg aus werden der König, die Königin und der Kron­prinz von Grichenland nach Berlin kommen. Als­dann sollen alle Einzclnheitcn betreffs der Bermäb- lung des Kronprinzen mit der Prinzessin Sophie von Preußen geregelt werden.

Asie n.

Aus Kalkutta in Indien wird berichtet, daß in Ganjam in Indien die Hungersnot zunimmt. In drr Vorwoche sind übrigens 1800 Personen an der Cholera gestorben.

Amerika.

New York, 6. Juni. Nach neueren besseren Berechnungen auf Grund des Einwohnerverzeichnisses und anderer statistischen Aufzeichnungen wird die Zahl der Opfer auf 12 000 bis 15 000 Personen geschätzt. Die Durchsuchung und Wegschaffung der Trümmer wird fortgesetzt, 6000 Arbeiter sind damit beschäftigt. An Lebensmittel und Obdach fehlt cs nicht mehr, cine^ große Menge Proviant ist ange- kommcn.

Die 11 e b c r s ch w e in m u n g e u in P c n n s y l v a u i cn. Immer entsetzlicher lauten die Schilderungen, die aus den betroffenen Gebieten ein- laufen, immer furchtbarer neigen die Ziffern, welche die Zahl der Menschenleben angebcn, die jenem mi-

s geheuerlichen Naturereignisse zum Opfer fielen. Wie I schon gemeldet, sollen mehr als 20 000 Menschen ! zu Grunde gegangen sein. Die Verluste sind nur ^ aufs Ungefähre zu schätzen, denn eine Reihe von i Städten und Dörfern ist vollkommen vom Erdboden ! verschwunden. Der Jammer, der aller Orten herrscht, ^ die grenzenlose Not, die wegen der Zerstörung aller ! Kommunikationen oft nicht gelindert werden kann, das alles spottet jeder Beschreibung. Der Hergang - ist in kurzem folgender: In der Nacht aus den 31. i Mai waren schon kollosale Wolkenbrüche niederge- ! gangen und des Morgens trat noch enormer Schnce- ! fall ein. Die Flüsse traten über ihre Ufern und bald war denn auch die Stadt Johnstown, 79 Mei­len von Pittsburg entfernt, von Hochwasser bedroht. Da kam das Fürchterliche. Acht, nach anderen Mel­dungen, 18 engl. Meilen östl. von Johnstown ent­fernt, liegt oder lag vielmehr ein riesiges Wasserre­servoir von 8 Kilometer Länge und -U/s Kilometer Breite, eines jener natürlichen Sammelbecken, die von amerikanischen Städten gerne zur Speisung ih­rer Wasserleitungen und Kanäle benützt werden. Dieses Reservoir, ein ehemaliger See, der stellen­weise 100 Fuß tief gewesen sein soll, war durch einen etwa 900 Fuß langen Damm, der auf dem Grunde 90 Fuß breit und dabei 110 Fuß hoch war, abgespcrrt und lag 300 Fuß höher als Johnstown. Durch das Austreten des Northforkflusses barst mit einem furchtbaren Knall das ungeheure Wasserbecken gegen Mittag des 31. Mai und die Fluten stürzten über Johnstown herein, rissen die Gebäude wie Kartenhäuser mit und ließen den Einwohnern keine Zeit, sich zu retten. Markerschütterndes Jammerge­schrei erfüllte die Lust und mit demselben vermischte sich das dumpfe Geheul der bedrohten Tiere. Die Wogen aber rissen alles mit sich fort und die Stadt und 5 Vororte, welche zusammen 55 000 Einwohner hatten, i't buchstäblich vom Boden weggefcgt, kaum 7 Häuser sind stehen geblieben. Es war aber des Unheils nicht genug. Die vom Grunde losgerissenen Häuser trieben auf den Wassermassen gegen die tiefer gelegene Eisenbahnbrücke, die stark genug war, Wi­derstand zu leisten und an welcher sich die Trümmer immer höher und höher aufstautcu und einen fast 1000 Meter langen und entsprechend hohen Damm bildeten; dieser war mit Menschen dicht besetzt. 2000 Personen ungefähr hatten sich auf den Trüm­merhaufen geflüchtet und glaubten sich auf ihm ge­borgen; viele hingen nur zerquetscht und eingeklemmt im Gcbälke, andere lagen darunter begraben, wäh­rend Hunderte von der tobenden Flut umtost an die Trümmer sich klammerten, als plötzlich eine Fcner- säule aus der Mitte der Ruinen emporschlug und alsbald alles in Flammen einhüllte. Wahrscheinlich war ein bis dahin intakt gebliebener Gasbehälter geplatzt. Die Szenen, die nun folgten, müssen un­sagbar schauerlich gewesen sein. Wer konnte, sprang ins Wasser, was freilich auch den Tod bedeutete; etwa Tausend starben aber einen langsamen Tod in brennenden Hausen. Wie viele Menschen hier zu Grunde gingen, ist noch nicht ermittelt. Der Anblick des brennenden Trümmerhaufens ist schauerlich. Ueberall liegen zersetzte, nackte, halbverbrannre Lei­chen. Menschliche Bestien wetteiferten mit der Grau­samkeit der Elemente. Aus allen Landesteilen ström­ten Vagabunden herbei, die Leichen zu plündern, die lieberlebenden zu morden und sie der kärglichen Lebensmittel zu berauben, oie ihnen hilfsbereite Men­schen gesendet. Eine Bande von Hallunken wurde betroffen, wie sic den Toten die Ringfinger abschuit- ten. Richter Lynch übte schnelle und gründliche Ju­stiz über die Schurken. Militär ist aufgebotcu Die Pennsylvania-Bahn ist auf langer Strecke zerstört, drei Pcrsonenzüge wurden von den Fluten wegge­schwemmt , darunter ein Bergnügungszug mit 600 Passagieren. Bei Johnstown liegen auf einem Hau­ten zusammengcschwemint die Trümmer dreier Loko­motiven und vieler Personenwagen, mit Leichen un­termischt. Grausige Schilderungen über das Unglück kommen aus Pittsburg Dort ruht selbstverständlich jede Thätigkeit. An sicheren Nachrichten über den ganzen Umfang des Unglückes fehlt es, wie gesagt, noch sehr, hauptsächlich weil es vielfach unmöglich ist, das überschwemmte Gebiet zu erreichen. So viel ist gewiß: Der Umfang der Katastrophe ist der­art, daß menschliche Hilfe mit dem besten Willen nur Verschwindendes auszurichten vermag. Ucbri- gens wüten der Regen und die Ueberschwemmungen noch fort. Ganze Distrikte stehen unter Wasser. Die

Flut in oen Dörfern Caketown und Blairsvillc ist fast haushoch. Das Ucberschwemmungsgebiet erstreckt sich bis Maryland und Virginien. Von überall her . wird gemeldet, daß die Flüsse steigen und der Ei­senbahnverkehr stockt. Die Eisenwerke von Cambria in Johnstown, in denen gegen 7000 Personen be­schäftigt waren, sind ebenfalls vernichtet. Die von ^ der Katastrophe in Johnstown Betroffenen mögen zum großen Teil Landsleute gewesen sein; denn die ^ Stadt, die sich einer blühenden Industrie erfreute, hatte eine große Anzahl von Deutschen in ihrer , Mitte, wie ja Pemisylvanien überhaupt vielfach von ^ Deutschen bewohnt ist.

lieber die Uebe r s ch w e m m u u g c n in ^Nordamerika erhält die Frkf. Ztg. noch fol­gende direkte Mitteilungen: Die Verbindung mit der furchtbar heimgesuchten Stadt Johnstown ist wieder i hergestellt, die Größe des Unglücke spottet jeder Be- ! schreibung. Die Listen der Toten übersteigt 1000,

- der Verlust an Geld 25 Millionen. Die Stadt und ^ fünf Vororte, welche zusammen 55 000 Einwohner hatten, sind vom Erdboden weggefegt und mir 7 Häuser sind stehen geblieben. Die anfgefnndcnen § Leichen sind meist solche von Frauen und Kindern. Männer kamen massenhaft bei den Cambria-Schmelz- öfcn, welche 7000 Arbeiter beschäftigten, um. Der ! erste Zug mit 200 Särgen wurde von hungernden ; Ueberlebenden umringt, welche um Nahrung bettelten, i Hinter der Eisenbahubrücke, wo in den brennenden ^ Trümmern 1500 Personen zu Tode geröstet wurden,

^ erstreckt sich der Trümmerhaufen Kilometer weit 40 bis 60 Fuß hoch und 700 bis 800 Fuß breit. In den Trümmern liegen zerfetzte und nackte Leichen. Eine Menge Vagabunden strömt aus allen Landes- tcilen dorthin, um die Ueberlebenden zu morden und die Leichen auszuplündcrn. Ein halbes Dutzend die­ser Bestien, die von der erbitterten Bevölkerung auf frischer That ergriffen wurden, wurden ohne weiteres totgeschlagen. Die Regierung bot zwei Regimenter und eine Batterie auf, um im Conemcmgh-Thal die Ordnung aufrecht zu erhalten. Zwei Bahnznge wurden ebenfalls von der Flut überrascht. Im Chieagvcr Schnellzuge ertranken 15 Personen, die übrigen, unter denen sich HarrisonS Privatsekretar befand, retteten sich auf einen Hügel und warteten dort Hilfe ab. Ein zweiter Zug mit 11 Wagen wurde wcggeschwcmmt, wobei 60 Personen ertranken und nur 10 gerettet wurden. Die Bewohner von Johnstown erhielten zeitig Warnung, daß der Damm unsicher sei, spotteten aber jeder Gefahr. Washing­ton, Richmond und Harrisburg sind überflutet, alle Flüsse östlich und westlich von den AlleghanieS sind ausgetreten. 170 Kilometer der Pennsylvania-Eisen­bahn sind zerstört, die Ericbahn ist blockiert.

Aus New-Uork wird offiziell berichtet, daß die Angaben, welche die Zahl der Toten bei der Wasserkatastrophe aus 25 000 beziffern, sehr stark übertrieben sind. Die richtige Ziffer wird etwa 12 000 sein. 3000 Leichen sind geborgen. Der Ausbruch einer Epidemie wird lebhaft befürchtet. Der Vermögensveriust beziffert sich auf etwa 175 ^ Millionen

Ungeheure Verluste werden ans allen Teilen des westlichen Nordamerika gemeldet. Allenthalben wird die Abholzung der Gebirge als Ursache der chronischen Ueberschwemmungen bezeichnet.

San Francisco, 5. Juni. Nach einer dem chinesischen Hause zugegangenen Depesche hat in Hongkong ein fürchterlicher Sturm stattgefunden; gegen 10000 Personell sind ilmgekommeii, großer Scha­den wurde angerichtet. (Bedarf der Bestätigung.)

Kleinere Mitteilungen.

Wurza ch. Einen schonen Erlös ans 14 gemästeten Ochsen erzielte dieser Tage der fürstliche Braumeister Herr A. Härle hier. Der Mastochscnmetzger Christian Mammel ans Stuttgart erstand dieselben um den Preis von 84S0 -6. Die Mehrzahl der Tiere wird über dieIubilänmSfcierrage" d en F estb ratcn liefern. _ _

Fürs Haus." Nr. 334 dieses praktischen Wo­chenblattes iür alle Hausfrauen (vierteljährlich nur 1 .2) enthält n. A.: Schmackhafte Zubereitung aller Kartoffeln. Die Kerbschnittschnitzerci. Harzrcise. Die Schönste. (Er­zählung. Fortsetzung.) Preisfrage Nr. 38. Gärtnerei. Beschäftigung für kleine Kinder. Nußschalen. Bandwurm. Moderne Handarbeiten. Lieder für eine Altstimme. Sing­spiele zum V irtrag bet fröhlichen Familienfesten. Meine Er­fahrungen über das Reformbctt M. Steiner und Sobn. Einige Gerichte aus alten Kartoffeln. Untcrfränkischcr Kü­chenzettel. Rätsel re. _

Hiezu das Nnterhaltmrgsblatt./)§ 23._

Verantwortlicher Redakteur Steinwandck in Ragokd.

Druck und Verlag der K. W. Aaifer'schen Buchhandlung in Aagokd.