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81 . Jahrgang

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Amts- unä IntelligenMatt für äen Bezirk.

Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 ^ p. Zeile im Bezirk, sonst 12

Dienstag, äen 28. September 1886.

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch

die Post bezogen im Bezirk 2 90 H, sonst in

ganz Württemberg 2 70 H.

Abonnements-Einladung.

Zum Abonnement auf dasGcrkwer? Wochenblatt", 4. Quartal, laden wir, chiemit Jedermann in Stadt und Land freundlichst ein.

Die Redaktion hat für das nächste Quartal die beachtenswerte Neuerung getroffen, daß dem Blatte für die Folge die wichtigsten politischen und anderen Ereignisse seitens der Intern. Corr.-Bureaus in Frankfurt a. M. telegraphisch mitgeteilt werden.

Ueber Vorkommnisse im Bezirk wird das Calwer Wochenblatt von seinen Correfpondenten wie bekannt prompt bedient.

Inserate sind infolge der sich stetig mehrenden Abonnenten­zahl von größtem Erfolg.

Die Abonnementgebühr beträgt incl. Trägerlohn nur Mk. 1.10 in der Stadt, nach auswärts durch die Post bezogen Mk. 1.15.

Amtliche Bekanntmachungen.

Mekanntmachung, betv. öre Kebäuöebvanö-» Werficherungs-Ginfchähung.

' Zum Zweck der Vornahme der ordentlichen Jahresschätzung der Ge­bäude und ihrer Zubehörden haben die Gemeinderäthe, unter Zuziehung des Ortsfeuerschauers mit berathender Stimme ohne Verzug die Brandversicher­ungskataster von Nummer zu Nummer genau zu durchgehen und die Ver­sicherungsanschläge unter sorgfältiger Beachtung der Vorschriften in Abs. 2 und 4 des Art. 19 des Ges. vom 14. März 1853 in der Richtung zu prüfen, ob nicht die Gebäude und ihre Zubehörden eine Veränderung erlitten haben, und deßhalb in dem Versicherungsanschlag zu ändern seien. Hiebei ist, soweit dies nicht in Folge der Normal-Erlasse vom 22. Juni und 4. August 1874 (Min.-Amtsblatt S. 202 und 207) bereits geschehen ist, eine Vergleichung der Brandversicherungs-Anschläge mit den neuen Gebäudesteueranschlägen vor­zunehmen, und in denjenigen Fällen, wo ein auffallendes Mißverhältniß zwischen beiderlei Anschlägen zu Tage tritt, das Geeignete wahrzunehmen.

Nach Vornahme dieses Geschäfts und vorhergehendem öffentlichem Auf­ruf an die Gebäudeeigenthümer zur Anmeldung der bei ihnen im Laufe des Jahres vorgekommenen Aenderungen ist sodann spätestens bis 1. November zu berichten ob und wie viele Gebäude des Gesammtgemeindebezirks einer neuen und veränderten Schätzung oder Klosseneintheilung zu unterwerfen

seien. Diese Berichte haben die Gemeinderäthe mit dem Anfügen zu beur­kunden, daß die Prüfung der Versicherungsanschläge unter Zuziehung der Ortsfeuerschau in vorschriftsmäßiger Weise vorgenommen, und welche Ver­fügungen hiebei getroffen worden seien.

Die Berichte sind als portopflichtige Dienstsache (also ohne Bezirkswerthzeichen) zu versenden.

Den 25. Septbr. 1886. K. Oberamt.

v. Falkenstein, A.-V.

Acrges-Weuigkeiten.

Calw. Der vor einigen Wochen hier beim Transport entsprungene Spannseil von Liebenzcll ist bereits seit einer Woche wieder in Haft. In Pforzheim, woselbst er zunächst interniert wurde, mißlang ihm ein Flucht­versuch aus dem Gefängnis, welchen er mittelst einer kleinen und wie sich nach­her herausstellte, zwischen der Brandsohle verborgenen Feile, zu bewerkstelligen gesucht hatte. Auf ca. 400 in unserem Bezirk verkaufte Lose der Neuenbürger Lotterie fielen etwa 70 Gewinne. Am Montag, den 4. Oktober, findet Uebung der Feuerwehr mit nachfolgender General­versammlung statt. Hiebei Ueberreichung der Ehrenzeichen für langjähr. treu geleistete Dienste.

Nagold, 21. Sept. Heute fand in Egenhausen die Uebernahme der Zerren Orgel statt. Der Sachverständige, Dekan Amon, lobte das sch4se Lßerk, welches dem Orgelbauer Link aus Giengen alle Ehre macht. Es kostet 3200 ^ und hat 2 Manuale und 10 klingende Register. In sin gen wurde heute der Grundstein zur neuen Kirche gelegt. Die Baukosten, welche die Gemeinde Bösingen mit ihrem Filial Beihingen zu tragen hat, betragen nach dem Ueberschlag 40,000 --1L In den Grundstein kamen außer der Urkunde verschiedene Erzeugnisse der Landwirtschaft, Münzen u. s. w. Nach den üblichen Hammerschlägen schloß die kirchliche Feier mit Gebet und Gesang. Bei der nachfolgenden geselligen Vereinigung auf der Pfarrwicse wurden die Gäste durch ein hereinbrechendes Gewitter nur zu bald vertrieben. Die anwesenden Lehrer verschönerten das Fest durch ihren Gesang mit dem Schülerchor.

Stuttgart, 24. Sept. Am 20. d. M. kam eine Zigeunerin in ein hiesiges Haus und bot sich der Hausfrau als Wahrsagerin an, wozu die Frau einwillrgte. Gleich zu Anfang verlangte die Zigeunerin Geld und zwar Silber und Nickel, damit die Prophezeiung richtiger ausfalle. Die Hausfrau gab derselben nach und nach 22 50 H teils in gröberem Silber und

teils in Nickelgeld, welches die Zigeunerin nach und nach wieder zurückgab. Als aber letztere das Haus verlassen hatte, entdeckte die Hausfrau, daß ihr

Feuilleton.

WerknnnL

Novelle von ^eo Sonlag.

(Widerrechtlicher Nachdruck wird verfolgt.)

(Fortsetzung.)

Aber Herr Doktor!" Marthe war bei seinen letzten Worten vom Stuhle auf­gesprungen,womit habe ich es verdient, daß Sie schlechte Scherze mit mir treiben?"

Schlechte Scherze! Wie können Sie das von mir denken? Nein, nein, es ist inein heiliger Ernst!"

So? .also Sie wollen sich eine gute Köchin sichern, und gedenken deshalb mich zu heiraten?"

O nein, denken Sie das nicht. Gewiß ist ihre Kochkunst, Ihr häusliches Talent überhaupt, in meinen Augen ein schwerwiegender Vorzug; aber es ist dies nicht allein, gewiß nicht, Marthe! Und Sie müssenja" sagen. Ich habe es mir schon so schön ausgemalt, wie ich mit meiner kleinen Frau "

Marthens Helles Lachen unterbrach ihn hier.

Verzeihen Sie, Herr Doktor; mein Lachen war wohl unhöflich", sagte sie dann, als fein vorwurfsvoller Blick sie traf,aber es war zu komisch, wie ich mir vorstellte, daß ich eine Frau sein solle!"

Und wieder lachte sie hell auf und brachte damit den jungen Mann ganz außer Fassung. Er wußte wohl, daß jetzt nichts mehr zu hoffen sei; hätte sie ihn schroff abgewiesen, er hätte die Hoffnung nicht so leicht aufaegeben; aber sie hatte gelacht, da war alles zu Ende.

Dennoch wagte er noch einen Versuch.

Denken Sie über meinen Vorschlag nach, Fräulein Marthe, ich werde mir morgen noch einmal erlauben"

Das ist nicht nötig, lieber Herr Doktor. Was ich Ihnen morgen sagen könnte, kann ich auch heute schon.. Ich denke noch gar nicht an's Heiraten, kann Ihnen also den Gefallen nicht thun,Ja" zu sagen.Und nun", sie reichte ihm lächelnd die Hand,seien Sie mir nicht böse, ich werde auch, so lange Sie bei uns essen, darauf Bedacht nehmen, daß Sie recht häufig Ihre Lieblingsgerichte bekommen."

Seufzend nahm der junge Mann die dargebotene Hand und verließ dann rasch, ohne ein Wort zu sprechen, das Zimmer.

Marthe aber setzte sich wieder in die Fensternische und nahm ganz mechanisch das Kochbuch zur Hand, das sie vorhin niedergelegt. Doch beschäftigten sich ihre Gedanken nicht mit den darin enthaltenen Rezepte», sondern mit dem Anträge des Doktors. Hatte sie recht daran gethan, ihn so unüberlegt abzuweisen?

War es nicht eine Rettung vor dem Examen? Aber Dr. Schulz hatte sie so sehr überrascht, ihr war wirtlich noch kein Gedanke ans Heiraten gekommen. Und felbst, wenn sie je daran gedacht, hätte der Doktor eine andere Antwort bekommen?

Aus solchen Gedanken schreckte sie die Stimme ihres Bruders auf, der aus dem Eorridor sagte:Geh nur einstweilen dahinein, ich komme gleich nach."

Im selben Augenblicke wurde die Thüre geöffnet und Professor Hauswalt trat herein,

Guten Abend Fräulein Marthe", sprach er ini Nähertreten,Fritz hat mich zum Abendessen eingeladen, hoffentlich komme ich Ihrer Frau Mutter und Ihnen nicht sehr ungelegen."

Gewiß nicht, Herr Professor, Mütterchen wird sich über einen so werten Gast sehr freuen."

Und von sich selbst sagen Sie nichts?"

Ich freue mich auch", entgegncte sie freundlich,sind Sie ja doch jetzt mein Verbündeter?"

Ja, das bin ich, und ich hoffe, Sie verzeihen mir, daß ich heute Morgen so scharf gegen Sie war; ich wußte ja nicht, daß Sie nur gezwungen sich zur Lehrerin