Der Prinz und die Prinzessin Heinrich von Preußen werden vom 1. Juli ab ihre Residenz in Kiel nehmen. Der Prinz ist der „Post" zufolge zum Kommandanten des Hohenzollern ernannt worden. — Der Kronprinz Konstantin von Griechenland ist zur Teilnahme an den deutschen Geschwaderübungen in Wilhelmshaven angekommen.
Dr. Hovell hat nun ebenfalls Schloß Friedrichskron verlassen und ist im Gefolge des Prinzen von Wales nach London zurückgereist.
Berlin, 26. Juni. Das Berliner Tagblatt teilt mit, daß Sir Morell Mackenzies Honorar 300 000 übersteige und daß er täglich 1600 erhalten habe.
Oefirrrrich-Ungatu.
Wiener Blätter (N. F. P.) sagen über Kaiser Wilhelm II.: Man muß ihn sehen, um zu wissen, daß er eine energische Natur ist. Der Blick seines Auges, die kräftigen Gesichtszüge, seine Haltung, die völlig ungesucht ist, zeigen Entschiedenheit; auch die Art, in der er seine Maßnahmen einleitete inmitten der Empfindungen, die naturgemäß nach dem Ableben seines Vaters auf ihn einstürmen mußten, deuten darauf hin, daß ec rasch von Entschluß sei und es liebe, kräftig dnrchznführen, was er will. Man rühmt ihm nicht gewöhnliche Fähigkeiten nach. Bismarck soll ihm scherzend vor einiger Zeit, als Wilhelm II. noch Kronprinz war, gesagt haben: „Eigentlich brauchen Sie mich nicht, Sie sind Kaiser Wilhelm und Kanzler in einer Person." Und über Bismarck fügen Sie noch hinzu: Man erkennt an seinem Gang und seiner Haltung, daß auch den gewaltigen Mann von Eisen das Alter und die Plage gebeugt haben, daß es ein 74jähriger Greis ist, der die Geschicke Europas leitet. „So lange ich kann, wag' ich's" , soll er jüngst gesagt haben, „geht's nicht weiter, dann bin ich im Dienst zusammengebrochen." Und dieser Dienst ist schwierig, schwieriger vielleicht durch die Männer von rechts als durch die von links; er muß abwehren, wenn die heißblütigen Junker fordern, daß der Kaiser gar keine Proklamation an das Volk erlasse; er muß es abwehren, daß die Reaktionäre den Kaiser als ihren Mann ausrufen.
Wien, 26. Juni. In Brzezi (Galizien) schlug der Blitz während des Gottesdienstes in der
Pfarrkirche ein. 3 Personen wurden getötet, 6 schwer ^ und 30 leicht verletzt, 200 kontusioniert. Der die Messe lesende Bischof von Krakan ermahnte zur Ruhe, wodurch größeres Unglück verhindert wurde.
Frankreich.
Paris. Mit dem famosen General Bo »langer scheint es schnell abwärts zu gehen. Abgesehen davon, daß er sich im Departement der „Charente" unmöglich gemacht hat, scheinen ihm nun auch sehr unangenehme Tage zu bevorstehen. Wie verlautet, soll der Oberstlieutenant Horiot, Haupteigentümer der Louvre-Magazine, wegen unheilbaren Wahnsinns unter Kuratel gestellt werden. In diesem Falle oder im Todesfälle muß es zu einer Liquidation seines sehr großen Vermögens kommen, infolge deren, wie es bereits allgemein besprochen wird, General Boulanger sich nicht dem gerichtlichen Zwange entziehen kann, die sehr beträchtlichen Geldbeträge zurückzuerstatten, die er Herrn Horiot zu entlehnen wußte. Die betreffenden Gerüchte mögen unbegründet oder verfrüht fein; jedenfalls gehören die subventionierten Beziehungen des Generals Boulanger zur Familie des Oberstlieutenant Höriot nicht mehr zu den Geheimnissen von Paris. Unter diesen Umständen kann es nicht Wunder nehmen, daß die Zersetzung des Boulangismus riesige Fortschritte macht. Auch die Presse fängt an, sich von Boulanger abzuwenden und unter den parlamentarischen Anhängern reißt die Fahnenflucht immer mehr ein. Der Bou- > langismus liegt am Boden, dagegen wird das Schlag- ! wort von der Verfassungsrevision, das Dogma der Boulangisten, triumphieren. Was dabei herauskommt, entzieht sich der Beurteilung.
Paris, 25. Juni. Der Bruch zwischen den Bonaparti st en und Boulangisten gilt nunmehr als ein vollständiger.
Paris, 26. Juni. Die Thronrede Kaiser Wilhelms II. wird hier mit gespanntester Aufmerksamkeit gelesen und macht, soweit die auswärtige Lage in Betracht kommt, einen guten Eindruck.
Kleinere Mitteilungen-
Ein Zeugnis für den liebenswürdigen Humor des Kaisers Friedrich sogar noch in seiner schweren Leidenszeit ist Folgendes: Die Aerzte hatten angeordnet, daß der Kaiser jeden Tag 9 Eier verzehren müsse. 3 wurden in den Kakao gemengt, die übrigen 6 kcrnweich gekocht. Einige Tage vor
seinem Tod saß der Kaiser im Park, als eine Henne durch den Zaun schlüpfte und gravitätisch in den Blumenbeeten einherspazierte. Dr. Hovell jagte das Tier fort, ein Wink des Kaisers hielt ihn aber zurück, und auf die Zeitung, in der er eben gelesen hatte, schrieb er die Worte: „Es ist eine meiner Nährmütter, gehen Sie zarter mit ihr um."
Von „unserem Fritz" als Kronprinz erzählen sich die Preußen Folgendes: In einer Dorfschule fragte er ein Mädchen, das ihm Blumen überreichte: „In welches Reich gehören diese Blumen?" „Ins Pflanzenreich." „Und dieses Goldstück?" „Ins Mineralreich." „Und ich?" „Ins Himmelreich !"
Weinende Königinnen. Als Königin Viktoria das Telegramm ihrer Tochter empfing, welches nur die Worte enthielt: „Fritz ist tot und ich verzweifle," war sic so entsetzt, daß sie halb ohnmächtig auf einen Stuhl sank und daß man Aerzte herbeiholcn mußte. Als die Königin sich ein wenig erholt hatte, sagte sie schluchzend: „Heute beklageich cs, daß ich schon die ganze Zeit Trauer trage. Ich kann meinem Schmerz um Fritz äußerlich keinen Ausdruck geben. Aber Eines gebe ich ihm ins Grab mit, das frohe Lächeln, das mir ein gütiges Geschick zuweilen noch zu entlocken vermochte." König Humbert von Italien überbrachte seiner Gemahlin die Todesbotschaft, indem er mit erstickter Stimme sagte: „Unser Freund hat ausgerungen." Königin Margherita wiederholte nur immer wieder die Worte: „O beklagenswerte Viktoria, beklagenswerte Töchter!" Die hohe Frau eilte sofort an den Schreibtisch, um der Kaiserin ihre Teilnahme brieflich anszu- drücken, sie schrieb die schönen Worte nieder: „Wenn die ganze Welt weint, kann auf Einen nicht so viel de» Schmerzes kommen. Gebiete Deinen Thränen Einhalt, klagen doch Alle mit Dir." Königin Christine von Spanien hat an Kaiserin Viktoria ein langes Telegramm gesandt. Beim Empfange der Todesnachricht war sie in Schluchzen ausgcbrochen und hatte gerufen: „Der Himmel ist unbarmherzig. Die beiden Männer, die noch vor einigen Jahren jung, gesund und lebensfroh an meinem Tische saßen, Alfonso und Friedrich, sie sind nicht mehr."
Handel A Berkehr.
* Nagold, 27. Juni. Die Mehrzahl unserer HH. Metzgermcister hat sich nunmehr zu einem Fleischabschlag bcquemt, indem Rindfleisch von 59 auf 40 Kalbfleisch von 56 und 50 4 auf 46 , 45 und 40 4 (letzterer Preis dürfte kaum ernst gemeint sein) laut Stadtschelle herabgesetzt wurde.
Stuttgart, 25. Juni. (LandesproduktcnbörscO An heutiger Börse wurde zu unveränderten Preisen in Weizen und Gerste einiges umgesetzt. Wir notieren Pr. lOO Kilogr.: Waizen, bayerischer 20.60, dto. nordd. 20.40., Gerste ung. 18.50. — Mehlpreise pr. 100 Kilogramm inkl. Sack pro Monat Juni 1888 bei Wagenladung: Mehl Nro. 0 .«L 31-32, Nr. 1 29-30, Nr. 2^L 27.50-28, Nr. 3.« 26.
bis 26.50, Nr. 4 23—23 50, Suppengries .K 31—32,
Kleie mit Sack 10 per 100 Kilo je nach Qualität.
Verantwortlicher Redakteur Stein Wandel in Nagold. — Druck und Verlag der G. W. Hais e r'schen Buchhandlung in Nagold.
Amtliche und ArivaL-Aekanntmachungen.
Bekanntmachungen über Einträge im Handelsregister.
I. im Register für Einzelsirmen:
Gerichtsstelle,
welche die Bekanntmachung erläßt; Oberanitsbezirk, für welchen das Handelsregister geführt wird.
K. Amtsgericht Nagold.
Tag
der
Eintragung.
25. Juni 1888.
Wortlaut der Firma; ^ Ort der Hauptniederlassung und der Zweigniederlassungen.
Friedrich Erhard. (Sägewerk und Holzhandlung in Enzlhal).
Oberamtsstadt Nagold.
/Bewerber-Aufruf.
Durch den mit Pensionierung erfolgten Rücktritt des Stadtschultheißen ec. kommt die Stelle des Stadtvorstands, Ratschreibers, Verwaltungsaktuars und Standesbeamten dahier zur Neubesetzung.
Der fixe Gehalt des Ortsvorstehers
beträgt. 2000 ^
derjenige des Ratschreibers 400 und belauft sich das Gesamt-Jahres- Einkommen iukl. Nebenverdienst auf ca.
4500 ^
Befähigte Bewerber vom Verwal- tungs- und Notariatsfach werden ersucht, ihre mit Zeugnissen und Nationalliste belegten Bewerbungen innerhalb 14 Tagen bei dem Gemcinderat dahier einzureichen.
Bezüglich des Weiteren wird das von den bürgerlichen Kollegien zu die- iem Zweck bestellte Komits mit den Bewerbern in nähere Verbindung treten, event. deren Vorstellung bei der Bürgerschaft vermitteln.
Inhaber der Firma.
Friedrich Erbard, Schultheiß in Enzthal.
Prokuristen;
Bemerkungen.
Z. B.
Oberamtsrichter Daser.
Die Wahl selbst findet am 26. Juli d. Js. statt.
Bei etwaiger Bewerbung höher Geprüften ist besondere Vereinbarung vorgesehen.
Den 23. Juni 1888.
Gemeinderat:
__Vorstand Engel.
Stadtgemeinde Nagold.
Holz-Abfuhr.
Alles schon über ein Jahr lang verkaufte und angewiesene Nutzholz, Brennholz und Bürger-Reis ist spätestens bis 1. Augnst d. I. aus dem Stadtwald fortzuschaffen, widrigenfalls die Säumigen den Holz-Verkaufsbedingun- gen gemäß eine Konventionalstrafe und eventuell die Entfernung des Holzes durch städtische Exekution zu gewärtigen Hütten.
_Gemeinderat.
Schulgesangbücher
in sauberen, eleganten Einbänden zu billigen Preisen bei
V. IV Laissr.
Nagold.
FmkiHerlml.
Am Montag den 2. Juli, vormittags 11 Uhr
wird von der städtischen Farren-Verwaltung ein zum Schlachten sehr empfehlenswerter Farren verkauft. _ Stadlpflege.
Solides hält Stand. Zehntan sende rauchen, stets nachbestellend, den Holland. Tabak von L. LooLsr in Sssssn. 10 Pfd. frko. 8 vtL (Die Thatsache ist notariell beglaubigt).
Nasenrötc.
Durch die briefl. Behandlung und die nnschädl. Mittel des Herrn Dr. Brcmickcr, prcckt. Arzt in Glarus, bin ich von hartnäckiger Nasenröte und Gesichtsausschlägen vollkommen befrei! worden. Laichingen, Wnrttemb. April 1887. I. Keim. Keine Geheimmittel Adresse: Dr. Nremicker. postl. Aanllan;
Bad Teinach.
Nächsten Freitag den 29. d. Mts., ^ als am Feiertag Petrus und Paulus ! wird hier die neuerbaute
KlkUikiiiLttpflkge
! eingeweiht. Vormittags 9'/z Uhr ist hier Predigt von Herrn Pfarrer Blum- , hardt in Boll.
Nachmittags 2 Uhr ist wieder Predigt von den Herren Oberkonsistorial- rat Dr. Burk, Pfarrer Blnmhardt und Dekan Braun in Calw. Bekannte von diesen Herren und Freunde der Sache werden hiemit zu dieser Feier freundlichst cingeladen.
Im Namen der bürgerlichen Kollegien:
Schultheiß H o l zae p f e l.
Freitag 29. Juni, mittags 1'<2 Uhr wird das
IaHresfest
des Kinderrettungsvereins und des Bibeloereins
in der Kirche in Nagold gehalten werden, zu dessen Besuch alle Freunde der Sache in Stadt und Bezirk eingeladen werden. Die Pflegeeltern mit ihren Kindern find anfgefordeet, auch bei dem im Gasthof zum Hirsch bereiteten Mittagessen und Vesperbrot zu erscheinen; bei letzterem wird auch das Konnte sich beteiligen und die Teilnahme weiterer Freunde gerne sehen.
Dekan Schott.
Nagold.
Die Worte, die ich gegen Fritz Brcyer im „Anker" gesprochen, nehme ich zurück
G. Bup.