Intelligenz-Blatt für de« Oberamts-Bezirk Nagold.
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Samstag den 9. Juni
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Tages-Neurgkeiten.
Deutsches Mich.
* Nagold, 8. Juni. In der Nacht vom letzten Mittwoch ans Donnerstag, morgens 2 Uhr, ist die freistehende Mahlmühle in Schietin gen, hies. Oberamts, vollständig abgebrannt. Das Feuer kam in dem angebauten, mit Reisach gefüllten Schopf aus, das sich so schnell über die Wohnung und das Mahlgebäude verbreitete, daß die Hausgenossen nicht einmal die nötigen Kleider retten konnten. Ein Hund und die Gänse sind mit zu gründe gegangen. Die Feuerwehr von Gnndringen, die allein zur Hilfe her- bcigecilt, und die Feuerwehr des Orts hatten Mühe, die gegenüberüehcnde Scheuer und Stallung vor dem verheerenden Elemente zu schützen. Der Lehrling des Mühlebesitzers, ein l lstühriger Bursche von Ebhausen, steht stark im Verdachte, den Brand gelegt zu haben, und ist bereits hier in Nummersicher gebracht. Derselbe entlief seinem Prinzipal, und von seinem Vater wieder auf seine Stelle gewiesen, trieb er sich drei Tage in Gündringen und Jselshausen herum, zeigte sich aber beim Brande selbst unter solch verdächtigen Umständen, daß die Verhaftung inehr als gerechtfertigt erscheint.
- Effringen, 3. Juni. Bortrag über „die Pflege und wirtschaftliche Bedeutung der Biene", gehalten von Neallehrer Beßler aus Lndwigsburg. Der Vorstand des landwirtschaftl. Bezirksvereins Herr Oberamtmann Or. Gugel cr- öfsnete die Versammlung mit herzlichen Begrüßungsworten und bemerkt ferner, daß die gegenwärtige Notlage des Landwirts denselben zwinge, alle Quellen, die sich ihm darbieten, zu benützen, um eine möglichst hohe Rente aus seinem Grund und Boden zu erhalten. Die Bienenzucht biete dem Landwirt Gelegenheit, aus kleinem Anlagekapital beträchtlichen Zins zu erhalten. Um nun die Landwirte zu veranlassen, mehr als bisher sich dieser Quelle zuzuwenden, habe der landwirtschaftl. Verein Nagold den Sachverständigen für Bienenzucht „Reallehrer Beßler" berufen. In beinahe 2stündigem Vortrag verbreitet sich Redner über das Leben und Treiben der allbekannten Insekten. Schon die alten Völker: Egypter, Griechen, Römer rc., alle Völker haben die Thätig- keit der Bienen der Beachtung wert erachtet. Sie galten als Vorbild bester Staatseinrichtungen als Muster der Tugenden: Sparsamkeit, Reinlichkeit, Mut, Klugheit; sogar das eigene Leben aufzuopfern, sind sie bereit, wenn es gilt, dem Ganzen zu dienen. Ebenso beschäftigt sich die Bibel mit der Biene. Es sei hier nur darauf hingewiesen, daß, um die Fruchtbarkeit des Landes Canaan zu erweisen, 21mal in der Bibel der Ausdruck vorkommt: „Ein Land, da Milch und Honig fließt". Sodann bespricht Redner die drei Bienenwesen näher. Im Innern eines Stockes befinden sich: ein vollständig ausgebildetes Weibchen — Königin oder Weisel genannt, 600 bis 800 Drohnen — die Männer im Staate — 15000 bis 50 000 Arbeiter. — Was uns bei der nun folgenden Körperbeschreibung der Bienen besonders interessierte, war des Redners Ansicht über die Augen. Die fas- f^iktten (zusammengesetzten) Seitenaugen sehen besser rn die Nähe als wir mit der besten Lupe. Blüten- staub u. s. w. werde erspäht. Die 2 runden Augen cm Dreieck oben auf dem Kopfe sehen in die Ferne nach Schwalben, Fliegenschnäppern, Blumen und nach der Heimat. Daß das Erbrechen des Honigs und das Abschütteln des Blumenstaubs im Stocke innerhalb einer Minute vor sich gehe, wurde bei der nachfolgenden Debatte bestritten, aber als zu theoretisch,
ohne praktischen Wert bald verlassen. Auch bei Nacht seien die Bienen nicht unthätig. Der tagsüber gesammelte Blütensaft (Nektar) werde wieder aus den Zellen aufgesogen und in Bienenwaben zu Honig verarbeitet, worauf der Honig wieder in die Magazine ergossen werde. Die gegenwärtig auftretende sogenannte „Maikrankheit", Dreh- oder Trommelsucht der Bienen, rühre daher, daß der Bienenzüchter im Frühjahr es an der nötigen Reinlichkeit fehlen lasse, namentlich die Totengräberarbeit der Bienen nicht selbst verrichte. Dieser Annahme wurde von mehreren Bienenzüchtern widersprochen und die Ursache dieser Krankheit eher in unzweckmäßiger oder gar mangelhafter Ernährung gesucht. Die wirtschaftliche Bedeutung der Biene erregte bei den anwesenden Landwirten große Aufmerksamkeit. Da die allermeisten Blüten nicht auf automatischem Wege, durch Wind, befruchtet werden können, da einesteils die gegenseitige Lage der Staubgefässe und des Stempels eine solche Befruchtung nicht zulassen, andernteils männliche und weibliche Blntenteile getrennt stehen, sei es, ob dieselben ans einem Stengel bei einander oder gar auf verschiedene Exemplare derselben Pflanze verteilt seien, so könne die Befruchtung nur unter Beihilfe der Insekten erfolgen. Der Deutsche Naturforscher Sprengel habe schon 1787 nachgewiesen, daß die Honigschuppen der Pflanzen sich am Fuße des Stempels befinden, nur die Insekten anzulocken. Bei dem Bemühen, die süßen Schätze zu heben, werden die Bienen, ohne es zu wollen, mit den Staub- gefässen in Berührung gebracht. Der Blütenstaub bleibt am Haarkleid der Bienen hängen und wird endlich auf die Narbe der Blüte gebracht. So wird Blütenstaub verschiedener Pflanzen einer Art auf diese Blüten gebracht, wodurch eine Kreuzung erfolgt, welche das Bestehen der Art ermöglicht. Bon 500 in Deutschland wildwachsenden Blumen beutet die Biene weitaus mehr als die Hälfte aus. Ihr Honigapparat ist überaus fein und kunstreich konstruiert. Der Säugrüssel der Bienen ist genau 6 mm lang; daher kann sie sowohl ans offenen als aus geschlossenen Honigschuppen ihre Vorräte sammeln. Bei naßkalter Witterung während der Blütezeit tritt erst der Nutzen der Bienen evident hervor, da in diesem Falle die Befruchtung der Blüten auf automatischem Wege unmöglich ist. Da um diese Zeit von allen Insekten nur die Bienen zahlreich vorhanden sind, (Wespen und Hummeln sind nur in einzelnen Exemplaren befruchteter Weibchen vorhanden, also noch keine Kolonien) so erklärt es sich, daß Blüten, welche von den Bienen nicht beflogen werden können, auch nur wenig Früchte bringen. Es ist Erfahrungsthatsache, daß der rote oder dreiblättrige Klee beim ersten Schnitt keine Samen ansetzt, erst die Blüte des zweiten Schnitts kann durch Hummeln rc. in erforderlicher Anzahl beflogen werden. Den Bienen ist das befliegen dieser Kleeart unmöglich, weil die Honigschätze tiefer sitzen als der Säugrüssel der Biene reicht. Jeder Bienenwirt ist ein Wohlthäter der Landwirtschaft und sollte daher die Aufstellung von Bienen von den Landwirten mit Freuden begrüßt werden, statt als Spielerei oder Liebhaberei verachtet zu werden. Der Herr Vorsitzende, Oberamtmann vr. Gugel, sagte dem geehrten Redner im Namen der Anwesenden herzlichen Dank und betont, daß die Bienenzucht einen mächtigen Protektor gewonnen habe in Sr. Kgl. Hoheit Prinz Wilhelm von Württemberg, da auf dem Gute bei Billa Marienwahl bei Ludwigsburg ein Bienenstand errichtet worden sei, und wurde dem fürstl. Bienenzü chter ein dreifach don
nerndes Hoch gebracht. Die nun folgende Diskussion brachte während einer Stunde noch manches Wissenswerte aus dem praktischen Leben zur Kenntnis der Anwesenden. Herr Hirschwirt Klein von Nagold, Vorstand des Bienenzüchtervereins Nagold, sagte im Namen der anwesenden Bienenzüchter dem Landwirtschaftlichen Verein und dem Sachverständigen Dank für die Opfer und Mühen, welchen sich dieselben unterzogen haben. Die anwesenden Zuhörer gaben allgemein Zeugnis, daß es sie nicht reue, ihrerseits Schweißtropfen und müde Füße als Opfer dargebracht zu haben.
Tübingen, 6. Juni. (Tagesordnung der Schwurgerichtssitzungen des II. Quartals 1888 in folgenden Strafsachen:) 1) Mittwoch den 6. Juni: Gegen den Schneider Rudolf Waid mann von Pliezhausen wegen versuchten Totschlags. 2) Donnerstag den 7. Juni: Gegen den Schuhmacher Johannes Schaiblevon Breitenberg wegen Verbrechens gegen die Sittlichkeit. 3) Am gleichen Tage: Gegen den Taglöhner Johannes Leibfahrt von Dettingen wegen eines Verbrechens gegen die Sittlichkeit. 4) Freitag den 8. Juni: Gegen den ledigen Dienstknecht Johann Georg Raaf von Hagelloch wegen dreier Verbrechen gegen die Sittlichkeit und wegen eines Vergehens des Diebstahls, ö) Samstag den 9. Juni; Gegen den ledigen Fabrikarbeiter Johann Georg Schill von Ebhausen wegen versuchten Mords und Körperverletzung. 6) Montag den 11. Juni: Gegen den ledigen Schreiner Friedrich Mollenkopf von Pfullingen wegen eines Verbrechens des Mords und Raubs.
Stuttgart, 4. Juni. Die evangelische Landessynode hat heute ihre Arbeiten wieder ausgenommen. Der Antrag des Dekan Cranz auf Revision der Kirchenvisitationsordnung, sowie der des Frhrn. v. Neurath, es möchte das seither den k. Waisenhäusern zugewiesene Opfer künftighin den Kirchengemeinden, die durch das neue Kirchengesetz schwer belastet sind, überlassen bleiben, wurde im Einverständnis mit dem Kirchenregimeut angenommen; ein ein anderer, die Neuregelung des kirchlichen Opferwesens im Allgemeinen befürwortender Antrag dagegen abgelehnt; die Perikopenfrage, zu der Nestle den Antrag eingebracht hatte, es möchte eine Vorlage eingebracht werden, wonach den Geistlichen gestattet werde, in angemessenen Zwischenräumen den Predigten andere Abschnitte der heiligen Schrift zu Grunde zu legen, wurde der Oberkirchenbehörde zur Erwägung anheimgegeben.
Stuttgart, 5. Juni. Wie man vernimmt, stehen infolge des bevorstehenden Rücktritts eines hohen Offiziers, welcher wegen Kränklichkeit den Dienst verlassen will, mehrfache Veränderungen in höheren Kommandostellen des württembergischen Armeekorps in Aussicht. Dagegen ist das von Generallieutenant Frhr. Pergler v. Per glas, des Kommandeurs der 26. Division, eingereichte Abschiedsgesuch , von welchem schon im Herbst vorigen Jahres die Meldung durch die Presse ging, von dem Könige einstweilen abschlägig beschieden worden.
Das Landeskirchengesangfest soll dieses Jahr am 11. Septbr. in Waiblingen abgehalten werden.
Brandsälle: In Ebingen das Haus des Rotgerbers Geß.
Aus Elsaß-Lothringen, 4. Juni. Zu den aus den Paßmaßregeln erwachsenden Maßregeln, welche den Strom der Reisenden von den deutschen Bahn- lienien ablenken, bemerkt die „Straßb. Post": „All der Verdienst, der in unserem Lande durch diesen Reiseverkehr bisher seinen Niederschlag fand, wird in Zukunft ausbleiben. lleberhaupt wird der Fremdenverkehr in jeder Art erheblich leiden: eine wahre Kalamität für unsere ohnehin nicht auf Rosen gebetteten Gasthofbesitzer und Wirte. Doch das ist nicht alles: