Amts- »nd Intelligenz-Blatt für den Lveramts-Bezirk Nagold.
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1888 .
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Nagold.
Tie Gemeindebehörden werden an die alsbaldige Vorlage der Verzeichnisse der auf den 1. Jan. 1888 vorgekommenen Aendcrungcn des Feuerversicherungskatasters nebst den Umlage- und Einzugsregistern über die Brandschadeusbciträge hicmit erinnert.
Den 8. Februar 1888.
K. Oberamt. vr. Gugel.
Tages-Neuigkeiten.
^ Deutsches Reich.
Tic Hirsau er feiern am heutigen Samstag jenen denkwürdigen Tag. wo der Reichskanzler sagte: „Unser Volk hat nur Fuicht vor Gott, sonst vor Niemand!" dmch eine Versammlung.
Hcrrcnbcrg, 5. Febr. Heute fand hier eine Besprechung der Ortsvorstcher über Ausführung des Kirchenge- mcindcgesetzcs in Anwesenheit des Oberamtmanns statt und wird hienach in der Mehrzahl der Gemeinden ein Gebrauch von der Ausnahmebestimmung des Art. 92 nicht gemacht werden. — In der Stadt Herrenberg ist die Ausscheidung des Stiftungsvermögeus bereits beschlossen.
Stuttgart, 7. Febr. Daß die Württemberg. Volksschullehrer im Auslande fortgesetzt eines guten Rufes sich erfreuen, beweisen die in jüngster Zeit im württ. Schulwochenblatt ergangenen Aufrufe an jüngere evangel. Lehrer zur Bewerbung um vakante Lehrstellen in Puebla (Mexiko) und Puerto Monutt (südl. Chili). Ansehnliche Gehalte und kostenfreie Reise haben laut „Heilbr. Ncckarztg." auch diesmal wieder eine namhafte Zahl jüngerer Bewerber zur Meldung veranlaßt.
Stuttgart, 7. Febr. Die Kawmcr dcr Abgeordneten setzte in ihrer heutigen kurzen Nachmittagssitzuug die Beratung des Gesetzentwurfs über die Zwangscnteiguuug fort, ohne daß cs dabei zu Debatten von irgend welcher Bedeutung gekommen wäre. Das Haus hält seine nächste Sitzung erst am Donnerstag Vormittag ab. Tie erste Kammer setzte die Beratung der Vorlage über das landwirtschaftliche Nachbarrccht fort und gelangte zu verschiedenen, von denjenigen des anderen Hauses abweichenden Beschlüssen. Dcr Abstand zwischen den Pflanzungen eines Hopfengartens von denen des andern wird von 0,75 auf 0,10 Meter vermindert. Die Abstände bei neuen Waldanlagcn wurden wesentlich vergrößert, und zwar bei Hochwaldbctrieb von 6 auf 8 Meter, bei Niedcrwaldbc- trieb von 3 auf 4 Meter. Graf v. Ncchberg hob insbesondere hervor, daß die Annahme dieses Antrages die bei den Landwirten vielfach herrschende Ansicht widerlege, als ob der Waldbesitzer ein Feind der Landwirtschaft sei. Der Teilungsmodus bei gefällten Grenzbäumcn rief eine längere Debatte hervor, und es wurde trotz des Widerspruchs der Negierung, welche mit Rücksicht auf die Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuchs für die gleichmäßige Teilung solcher Grenzbäume unter den Nachbarn eintrat, bei dem bisherigen Modus der Teilung pro rsAious luuäi belassen. Hierfür traten Graf Rcchberg und die Fürsten v. Hohcnlohe-Jagstberg und Lö- Wcnstein-Wertheim-Freudcnbcrg ein, während den Rcgierungs- standpunkt insbesondere der Juistzministcr v. Faber verteidigte. Was die für Land- und Forstwirtschaft gleich wichtige Frcige der Beseitigung der in Nachbargrundstücke hincinrageudcn Wurzeln anbelangt, so wurde dieselbe mit einer Einschränkung Zu Gunsten der bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhandenen Waldungen freigegcbcn. Einen energischen Gegner hat diese Wurzelbcseitigungsbcstimmung in dem Grafen Rechberg, welcher sich in Hinblick auf seine Bedenken dagegen vorbchielt, gegen das ganze Gesetz zu stimmen.
Stuttgart, 8. Febr. (Landtag.) Die Kammer der Standeshcrren erledigte heute nach sehr eingehenden Beratungen das landwirtschaftliche Nachbarrcchtsgesetz, indem sie dem- ^ selben eine Reihe von Bestimmungen cinfügte, welche von der I Fassung, in welcher das Gesetz im Abgeordnetenhaus« ange-! uommen ist, wesentlich abweichen und dort wohl noch bedeutende Debatten Hervorrufen werden. Allerdings nicht mehr! in der gegenwärtigen Session, denn dazu langt die Zeit nicht.! Bei den Beschlüssen der ersten Kammer trat, wie schon bei Gelegenheit der Besprechung des Kommissionsberichts ange- deutct ist, die Tendenz des Schutzes unserer Waldungen gegenüber den Eingriffen dcr Landwirtschaft in dieselben hervor. Doch auch die Obstbaumkultur hat aus diesem Bestreben ihre Vorteile gezogen, was bei einer Anzahl von 7 Millionen
Obstbäumen in Württemberg auf die ökonomischen Verhältnisse unserer bäuerlichen Bevölkerung ihren günstigen Einfluß ausüben muß. Auch die Frage der Entschädigungspflicht der Eiscnbahnvcrwaltmig für Bäume, welche im Interesse der Sicherheit des Eisenbahndicnstcs gefällt oder geköpft werden müssen, brachte der Graf Königsegg-Aulendorf zur Sprache. Obwohl die Minister v. Schmid und v. Renner darauf hinwiesen, daß die dcr Eisenbahnverwaltung in dieser Beziehung zustehendcn Vollmachten polizeilicher Natur sind, so beruhigte sich das hohe Haus doch nicht hiermit und verwies den betreffenden Artikel an die Kommission zurück. Heute halten die Fraktionen dcr zweiten Kammer vertrauliche Sitzungen in Sachen der Verfassungsrcvision und morgen wollen die Standeshcrren für sich eine solche vertrauliche Sitzung abhaltcn.
Stuttgart, 8. Febr. Se. Maj. der König hat von den für die gottesdienstliche Feier des bevorstehenden Geburtsfestes in den evangelischen Kirchen und Synagogen des Landes vorgeschlagenen Predigt- textcn die Stelle Jesaias 58, 29: „Des Herren Rat ist wunderbar und führet es herrlich hinaus" ausgewählt.
Stuttgart, 8. Febr. In der Kanzlerrede selbst lautet eine nicht unwichtige Stelle am Schlüsse der Ausführung über den Bündnisvertrag, welche mangelhaft verstanden wurde: „Und deshalb glaube ich, sie werden die Politik des Kaisers, welcher das publizierte Bündnis abgeschlossen hat, billigen (Bravo!), ! obschon die Möglichkeit eines Krieges dadurch verstärkt wird." — Eine weitere Ergänzung bezieht sich auf die Stelle, wo Fürst Bismarck von seinen Rußland aus dem Berliner Kongreß erwiesenen Diensten spricht. Er sagte da noch: Ich bin infolge des Vertrauens, das mir der leider verstorbene Lord Bea- consfield schenkte, in den schwierigsten, kritischsten Momenten des Kongresses mitten in dcr Nacht an dessen Krankenbett erschienen und habe in den Momenten , wo der Kongreß dem Bruche nahe stand, dessen Zustimmung im Bett erreicht; kurz ich habe mich auf dem Kongreß so verhalten, daß ich dachte, nachdem er zu Ende war: Nun, den höchsten russischen Orden in Brillanten besitze ich längst, sonst müßte ich den bekommen u. s. f.
Brandfälle: In Dobel (Neuenbürg) am 7. Febr. ein von Holzhauer Walter und CH. König gemeinschaftl. bewohntes Haus mit angebauter Scheuer.
Dresden, 2. Februar. Das Schöffengericht verurteilte einen Weinpantscher der gefährlichsten Sorte, den hiesigen Kaufmann F. A. Auerbach, zu 6 Wochen Gefängnis und 200 Geldstrafe. Der Biedermann hatte seit vorigen Sommer mindestens 300 Flaschen Rot- und Weißweine unter dem Namen „St. Julien". „St. Estephe", „Griechischer Fayon- wein", rc. verkauft, in denen sich auch nicht ein Tropfen Rebenblut befand! Auerbachs Helfershelfer, Markthelfer Müller, kam mit der Hälfte der obigen Strafe davon.
Die alte Frau Rotschild in Frankfurt a. M. hat einmal in den 30er Jahren gesagt: „Es giebt keinen Krieg, mein Mann gibt kein Geld her." Die Rothschilds sind auch heute noch eine Macht. Die Russen schicben's den Rothschilds in die Schuhe, daß sie in Frankreich keine Anleihe zustande bringen können. Die drei Rothschilds in Paris, Wien und London, sagen sie, hätten das Zustandekommen verhindert und auch die anderen großen Häuser ange- gesteckt. Es wäre schön, wenn's wahr wäre und bliebe.
Frankfurt a. M., 8. Febr. Die Franks. Ztg. meldet aus Rom: Crispi beglückwünschte Bismarck namens der Regierung wegen seiner Rede.
Berlin. Das Anleihegesetz zur Wehrvorlage ist von der Budgetkommission des Reichsta
ges bereits unverändert angenommen, nachdem von Seiten des Kriegsministers Bronsart v. Schellendorf mehrere als vertraulich bezeichnte Erklärungen gegeben worden waren.
Berlin, 7. Febr. Die „Kölnische Zeitung" sagt, daß die Haltung des Reichstags am letzten ! Montag den weitesten Wiederhall in der Nation fin- j den werde. Die gewaltige Geistesleistung des 72- ! jährigen Staatsmanns stehe einzig da, das könne ihm ! niemand nachthun. Aber auch die deutsche Reichsvertretung dürfe diese Stunden zn den höchsten Ehrentagen ihrer Geschichte rechnen; seit dem Augenblicke, wo der norddeutsche Reichstag einmütig der französischen Eroberungslust und Ländergier entgegengetreten, habe die deutsche Volksvertretung keinen größeren Moment mehr gehabt.
(Deutscher Reichstag. Dienstag.) Der konservativ-nationalliberale Antrag auf Einführung von Sjähri- gen Wahlperioden zum Reichstage wird in zweiter Lesung ! beraten und mit 183 gegen 95 Stimmen angenommen. Abg. Windthorst behauptete, der vorliegende Antrag solle nur als ! Sturmbock auf das bestehende allgemeine und geheime Wahl- i recht dienen. ES sei bedauerlich, daß ein solcher Antrag in ! diesem Reichstage gestellt sei, der so schwere neue Lasten für ! das Volk beschlossen habe. Abg. von Kardorff (freikons.)
! widerspricht dem. Das Zentrum habe ja selbst für die neuen Steuern gestimmt. Als Sturmbock auf das bestehende Wahl- j recht solle der Antrag nicht dienen, seine Partei sei damit sehr ! zufrieden. Herr Windthorst sei überhaupt nur ärgerlich, weil er in diesem Reichstage keine so günstige Stellung habe, wie im vorigen. Abg. Rickert (freist) bekämpft den Antrag, für den gar kein Bedürfnis vorliege und der nur zur Schmälerung des Volksrechtes führe. Herr v. Bennigsen erkläre sich jetzt gegen eine Aenderung des Wahlrechtes, er wisse aber nicht, ob er das Versprechen werde halten können. Der Antrag sei auch besonders eine Ungerechtigkeit gegen die 700000 sozialdemokratischen Wähler. Abg. v. Helldorf (kons.) verwahrt seine Partei gegen den Vorwurf, als wolle sie das Wahlrecht ändern. Es seien bisher keinerlei Verhandlungen darüber gepflogen. Abg. Marquardsen (natlib.j empfiehlt aus Zweck- mäßigkcitsgründen den Antrag. Abg. Hänel (freist) beskeitet, daß solche Gründe vorhanden sind. Die Wähler zeigten durchaus keine Wahlmüdigkeit. Es handle sich hier um die Wahrung wichtiger Volksrechte. Z 1 wird dann angenommen, s 2 sagt, daß dies Gesetz mit Ablauf der gegenwärtigen Legislaturperiode in Kraft treten soll- Abg. Rickert (freist) beantragt folgenden Zusatz: Die Mitglieder des Reichstages erhalten auf Reichskosten Reisekosten und Diäten. Bis diese Angelegenheit durch ein Reichsgesctz geordnet ist, stellen die Regierungen die Reisekosten und Diäten fest. Abgg. von Kardorff (freikons.), v. Bennigsen (natlib.) sind gegen den Zu- ' satz, der mit dem Antrag gar nichts zu thun habe. Abg.
! Rickert und Windthorst widersprachen und behaupten, es liege , ein sehr naheliegender Zusammenhang vor. Abg. Singer i (Soz.) beantragt, die Frage der Zulässigkeit des Antrages Rickert dcr Geschäftsorbnungskommission zur Prüfung zu überweisen. Der Antrag Singer wird abgelehnt und beschlossen, den Antrag Rickert besonders zu behandeln, tz 2 ! wird darauf unverändert angenommen. Der Gegenstand ist > damit erledigt und vertagt sich das Haus auf Mittwoch.
^ Berlin, 8. Febr. Der Reichstag geneh- ! migte die Wehrvorlage auch in dritter Lesung j en dlva ohne Debatte.
i Berlin, 8. Febr. Dem Reichskanzler sind ^ schon aus Newyork und San Franzisko Zustimmungs- ^ adressen zu seiner großen Rede vom Montag zuge- ! gangen.
? Erwähnt hat's Fürst Bismarck in seiner großen Rede nicht, aber gewußt hat er's genau, daß ^ namentlich die Provinz Ostpreußen von den Russen außerordentlich bedroht ist. Nach den genauesten militärischen Berechnungen hat Rußland an den österreichischen und preußischen Grenzen 315000 Mann mit 698 Feldgeschützen sichen, denen 136 000 Verbündete mit 498 Feldgeschützen gegenüberstehen.
Berlin, 8. Febr. Der „Krzztg." zufolge lau. ten die Nachrichten über den Kronprinzen nich sehr tröstlich. Die Schwellung nimmt so zu, daß sich