besucht als die gestrige; den Vorsitz führte Fürst Hohenlohe - Langenburg. Auf eine Ansprache des Grafen Wintzingerode folgten Borträge von Fricke über das Wesen und den Charakter des Bundes und von Benrath über die nationale Bedeutung des deutschen Protestantismus; Resolutionen wurden gefaßt über die Dotation der evangelischen Kirche, über Mischehen, Prozessionen, katholische Orden und eine jährliche Lutherfeier.
Berlin. Die gestrige offiziöse Erklärung der „Nordd. Mg. Ztg." über die Haltung der deutschen Politik zur Wendung der bulgarischen Frage wird hier deshalb sehr ruhig aufgefaßt, weil man überzeugt ist, daß Deutschland weiter als bis zu einem derartigen formellen Protest nicht gehen wird. Personen deren Ansicht Beachtung verdient, halten es für ausgeschlossen, daß Deutschlano einen Schritt thun würde, um Rußlands Geschäfte im Orient zu besorgen. Die Parole, die im vorigen Sommer bei Beginn der bulgarischen Krisis ausgegcben wurde, daß Deutschlands .Interessen dadurch nicht berührt würden, gilt auch heute noch.
Berlin, 17. Aug. Das große Legat von einer Million Mark, das Krnpp seinen Arbeitern vermachte, wird von der sozialdemokratischen Presse teils totgeschwiegen, teils in perfidester Weise erwähnt: „Zehn Millionen Groschen" klinge besser. „Warum wartete Krnpp hiemit bis nach seinem Tode? Sollen vielleicht Häuser davon gebaut werden', in denen gewisse Zeitungen nicht gelesen werden dürfen?" — „Es sei nur zu wünschen, daß die Arbeiter unter dem Verwaltungs- ausschuß, den der Sohn Krupp's selbst zu ernennen habe, gut fahren" — in dieser Weise begeifern die modernen Volksbeglücker eine Stiftung, die ebenso hochherzig gedacht ist, wie sie scgenbringend für Tausende von tüchtigen Händen sein wird.
Berlin, 18. Aug. Das Zustandekommen der Spiritusmonopolbank scheint gesichert. Personen, die der Gründung nahestehen, halten es bereits für ausgemacht, daß nicht nur die ganz überwiegende Mehrzahl der Brenner — und das bestätigen bereits die Berichte aus den Provinzen — sondern auch eine genügende Zahl der Raffineure der Gesellschaft beitreten wird. In Breslau erklärten sich 250 schlesische, in Dresden 155 sächsische Interessenten zum Beitritt. So lange Süddeutschland nicht beitritt, haben die Interessenten die Rechnung doch ohne den Wirt gemacht.
Berlin, 19. Äug. Bezüglich des Befindens des Kronprinzen verlautet, daß Dr. Mackenzie sich zwar sehr hoffnungsvoll über die Heilung des Kronprinzen aussprach, jedoch die Bemerkung nicht unterdrückte, daß der hohe Patient sich noch geraume Zeit die größte Schonung auferlegen müsse, um Rückfälle und ein weiteres Nachwachsen der Wucherungen im Kehlkopfe zu verhüten.
Dem „Sprudel" wird geschrieben: Prof. Dr. Virchow erhielt dieser Tage ein Schreiben des ' Kronprinzen, worin derselbe die fortschreitende ^ Besserung seines Zustandes konstatiert und dem be-! rühmten Gelehrten seinen Dank für dessen Untersuchun- gen ausspricht, deren Resultat für die Kurmethode be- ^ stimmend und für seinen Gemütszustand maßgebend waren.
Der K aiser hat zur Errichtung eines Denkmals für den Dichter Adalbert v. Chamissv in Ber- ! lin 1000 ^ gespendet.
Berlin, 19. Aug. Die Nachricht von der! neuerlichen Erkrankung des Kaisers hat große Denn- ^ ruhigung hervorgerufen. Es ist eine leichte Erkältung cingetreteu, die sich wieder auf Organe des Unterleibs ! geworfen und ein altes Leiden hervorgerufen hat. ^ Die Aerzte erhoffen in einigen Tagen eine vollständige' Wiederherstellung. ^
Vom Generalfeldmarschall Graf Moltke hatte ! geiler» abend ein Berliner Blatt bedenkliche Nachrichten verbreitet, ja es hieß sogar schon, derselbe sei gestorben. Infolge dessen waren im Gebäude des Generalstabes in Berlin viele Anfragen eingelaufen, auf die jetzt die Berliner „Kreuzzeitung" antwortet, daß der greise Feldmarschall sich völlig wohl befindet und zu dein falschen Gerücht durchaus kein Anlaß vorliegt. I
Berlin, 19. Aug. Während der Sonnen-' finsternis war der Himmel bewölkt, der Sonnenkörper selbst nicht sichtbar. Nach den Beobachtungspunkten waren Hunderttausend«: (?) per Bahn, Wa- ^ gen und zu Fuß herausgeströml.
Potsdam. 18. Aug. Bei der Fahnenweihe im Marmorsaale des Stadtschlosses vertrat der Prinz , Wilhelm den Kaiser, welcher sich noch unwohl fühlt. Die Kaiserin und die übrigen Mitglieder des Königshauses, sowie alle übrigen Geladenen wohnten der Feier bei, welche programmmäßig verlief. An die Feier schloß sich ein Frühstück im Bronzesaale an,
l woran 120 Personen teilnahmen. Die neuen Fah- l nen wurden durch die Leibkompagnie des ersten Gar- I deregiments zu Fuß mit Musik nach dem llebungs- ! Hause gebracht, wo sie von den Regimentskommandeuren übernommen wurden.
Potsdam, 18. Aug. Obigem Bericht schlie- ^ ßen wir noch Folgendes an: Während der Nagelung ^ der neuen Fahnen im Marmorsaale des Stadtschlos- ^ ses ging durch 20 Minuten ein lebhaftes Gehäminer durch den Saal. Als die Arbeit verrichtet war, wurden die Tische weggenommen, die Fahnen von Unteroffizieren ergriffen, diese rangierten sich in einem j Gliede mit der Front nach dem Altar, die Komman- ! deure traten vor die Fahnen. Der Kriegsminister und die Generale stellten sich zur linken Seite des Altars auf und aus dem Bronzesaal trat dann am Arme des Prinzen Wilhelm I. Mas. die Kaiserin und ließ sich auf dem Sessel zunächst dem Altar nieder, an Ihrer Seite die Prinzessinnen, dahinter die Prinzen und die ganze Hof-Umgebung. Die gottesdienstliche Handlung begann mit: „Sei Lob und Ehr' dem höchsten Gut", gesungen vom Sängerchor der Garnisonkirche. Dann trat der Feldpropst der Armee Dr. Richter an die Altarstätte, umgeben von den Hofpredigern Dr. Fromme! und Dr. Strauß und dem katholischen Divisionspfarrer Struckmann. Der Geistliche gedachte des Kaisers, der, wenn auch abwesend, doch mit Segen und Fürbitte bei den Versammelten sei, denen Er diese Fahnen gebe. Die Textesworte waren: „Halte fest, was Du hast, daß niemand Dir Deine Krone raube." Auf seine Worte: „Und so neiget Euch denn" senkten die Regiments- Kommandeure die Fahnen und der Geistliche weihte sie als Eigentum der Regimenter, als Wahrzeichen — als Mahnzeichen, als Paniere preußischen Heldenmutes. und sprach den Segen darüber. Dann rangierten sie sich zu zwei Gliedern und traten, geführt vom ältesten Regiments-Kommandeur, hinaus auf die Rampe, und marschierten hinab nach dem Lustgarten, wo die Leib- Kompagnie des Ersten Garde- Regiments z. F. mit Musik ausgestellt war und die Honneurs gab. Sie setzten sich vor die Leib- Kompagnie, welche die Blechmützen trug, und marschierten in Parademarsch vor S>. K. H. dem Prinzen Wilhelm vorüber nach dem Exerzierhause, wo sie die Kommandeure in Empfang nahmen.
Schweiz.
Bern, 17. Aug. Das Wort „Monopol", bei dessen Nennung noch vor gar nicht langer Zeit jeden guten Eidgenossen, den fortschrittlichen wie den rückschrittlichen, ein patriotischer Schauder ergriff, hat > seinen Schrecken bei uns verloren. Wir haben nun das Branntweinmonopol, dessen Verwaltung i allerdings noch nicht vollständig eingerichtet ist und dessen finanzielle Ergebnisse abzuwarten sind, und schon spricht man lebhaft vom Tabakmonopol und vom Banknotenmonopol. Letzteres wird wahrscheinlich schon in der nächsten Legislaturperiode, welche mit der Jahreswende beginnt, Gestalt erhalten.
Oesterreich-Ungarn.
Pest, 19. Aug. In dem Kurort Kovasna in Siebenbürgen hat eine heftige Feuersbrunst 130 Häuser eingeäschert.
Frankreich.
Der Präsident der französischen Republik Jules Grevy feierte am Sonntag seinen 80. Geburtstag in Mont-sous-Baudrey. Der Präsident der Republik soll sich einer ausgezeichneten Gesundheit erfreuen. !
Paris, 17. Aug. Der General Faidherbe, ' Großkanzler der Ehrenlegion, läßt erklären, er hätte > der Patriotenliga niemals angehört und deshalb auch keinen Grund, seinen Austritt aus derselben wegen! ihrer neuesten Thorheiten zu nehmen.
Paris. Die Bonapartisten haben wieder ein ! Lebenszeichen am 15. August, dem Gedächtnistage der napoleonischen Dynastie, von sich gegeben, indem ! sie sich zu Diners versammelten und an den Prinzen Viktor Napoleon, den ältesten Sohn Jeromes, Er- j gebenheitsadressen sandten. Von dem alten Jerome, der früher den roten Radikalen Herausbiß und nun! so gern Kaiser der Franzosen werden möchte, will Niemand mehr etwas wissen. An Genie soll übri- j gens auch der junge Viktor keinen Ueberfluß haben. !
Paris, 19. Aug. Der Konseilspräsident Rouvier hielt gestern bei dem Bankett der Pariser ^ Spielwarenfabrikanten eine Rede, in welcher er ent- ! schieden den Vorwurf zurückwies, daß die Monarchi- I sten sich in die Aktion der Regierung hineindrängten;
die Regierung habe sich nach keiner Seite hin engagirt. Rouvier schloß: „Man kann in der Regierung denjenigen keinen Platz einräumen, welche sich als Feinde der Republik bekennen; wir sind aber eine wohlwollende Regierung, nicht eine Regierung des Kampfes, und möchten bei der Jahresfeier von 1789 alle Franzosen auf dem Boden der republikanischen Institutionen versöhnt sehen, das ist unser einziger Wunsch." — Die Rede Rouviers wird von den Radikalen lebhaft kritisiert, weil sie nicht die geforderte Ablehnung der Unterstützung der Rechten enthält, die Konservativen sind befriedigt von den friedlichen Auslassungen des Premiers. Die gouvernementalen Blätter sprechen von einem tiefen Eindruck im Lande, das sich vorerst nach Ruhe sehnt.
Paris, 19. Aug. Kriegsminister Ferron ist nach Lyon abgereist, um mit dem Gouverneur von Lyon die Alpengrenze zu besichtigen und endgiltig über die Verteidigungswerke an der Südostgrenze, sowie über die Bildung von Alpenjägern zu beschließen.
Schon vielen Franzosen wird es immer mehr klar, daß die bevorstehende Probemobilmachung eine verfehlte Unternehmung ist, bei der nicht viel mehr als ein großer Geldverlust herauskommen wird. Boulanger hat die Mobilmachung erfunden, um von sich reden zu machen, Ferron hat cs nicht gewagt, die Vorlage zurückzuziehen, und die Kammer endlich hat sie angenommen, damit es nicht den Schein habe, als ob sie aus Furcht vor Deutschland zurück-- weiche. Man kann dies jetzt alle Tage in französischen Blättern verschiedenster Parteirichtung lesen, und die Begeisterung für diesen großen Gedanken nt demzufolge sehr abgekühlt. Ganz und gar aber verliert die Mobilmachung ihren ernsten Charakter dadurch, daß sie allem Anschein nach keineswegs unerwartet cintreten wird. Es ist kaum noch fraglich, daß das Corps von Limoges von ihr betroffen wird. Der kommandierende General hat also alle Zeit, um sich gehörig vorzubereiten, und es wäre denn doch wirklich zu arg, wenn es nun nicht klappte. Durch die Zeitungen läuft dabei eine sehr merkwürdige Notiz, die aber in Paris weder Aufsehen noch Änstoß erregt: es heißt nämlich , daß man schon mit dem Druck der einzelnen Einberufungsbefehle begonnen habe und daß diese Formulare jetzt vollständig bis auf das Datum ausgefüllt werden. Danach wäre vorher diese einfachste Vorbereitung der Mobilmachung gar nicht fertig gewesen!
Italien.
Wie verlautet, soll der bisherige Botschafter Italiens in Konstantinopel, Baron Blanc, das italienische Ministerium des Auswärtigen übernehmen. Baron Blanc gilt als einer der befähigsten italienischen Staatsmänner; er war längere Zeit Uuter- staatssekretär im Auswärtigen Amt, übernahm dann den diplomatischen Posten in Madrid und letzthin die Botschaft in Konstantinopel. Baron Blanc ist, wie die „Nat. Ztg." versichert, ein entschiedener Anhänger des deutsch-italienischen Bündnisses und ausgesprochener Freund Englands.
England.
Heute lebt L>tanley wieder! Die „Times" berichtet, in London seien am Mittwoch Briefe von ihm eiugetroffe», die vom 19. Juni ans Nambuya, einem Dorf in der Nähe der Stromschnellen des Arumbimi datiert seien nnd in denen Stanley berichte, daß er und die Mitglieder seiner Expedition sich wohl befänden.
Rußland.
Petersburg, 19. Aug. Die Stadt Luknike im Gouvernement Kowno (halbwegs zwischen Memel und Schawleu) ist niedergebrannt. Die Stadt war hauptsächlich von Juden bewohnt; die Not soll außerordentlich groß sein.
Bulgarien.
Sofia, 7. Aug. Der deutsche Konsul soll den Auftrag erhalten haben, den diplomatischen Verkehr mit der bulgarischen Regierung wegen des Regierungsantrittes des Prinzen von Koburg abzubrechen. (Kaum wahr!)
Sofia, 17. Aug. Aus London wird der „Polit. Korresp." gemeldet, daß die Antworten der Mächte auf die türkische Not nächstens erfolgen. Dieselben werden übereinstimmend den Regierungsantritt des Prinzen von Koburg als ungesetzlich und mit dem Berliner Vertrag in Widerspruch stehen bezeichnen.
Sofia, 18. Aug. Ein Tagesbefehl des Für-