Amts- und Intelligenz-Blatt für de« Oberamts-Bezirk Nagold.
Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donners- ^ tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier VV« / X. (ohne Trägerlohn) 80 4, in dem Bezirk 1
* außerhalb des Bezirks 1 20 4. Monats-
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Dienstag den 5. Juli
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1887.
Bestellungen
auf den
für das III. u. IV. Quartal nehmen alle Poststellen und Postboten entgegen.
Amtliches.
Nagold.
An die Gemeinde- und Stiftungs- Verwaltungs-Behörden.
Die Gemeinde- bezw. Stiftungsräte werden unter Bezugnahme auf den Minist.-Erlaß vom 20. Juni d. I. Nr. 5304 Minist.-Amtsbl. S. 267, betr. die Kündigung resp. Umwandlung des 4^/s °/«Ligen Staatsanlehens vom 1. Januar 1877, aufgefordert, im Falle die betreffenden Verwaltungen im Besitze von Schuldverschreibungen des gekündigten Anlehens sind, alsbald darüber Beschluß zu fassen, ob sie von dem den Gläubigern cingeräumten Rechte, diese 4Vz- prozentigen Schuldverschreibungen gegen Schuldverschreibungen des gleichen Nennwerts eines 4°/oigen württemb. Staatsanlehens vom 14. Juni 1887 um- zutauschcn, Gebrauch machen wollen.
Sobald die Umwandlung beschlossen ist, hat die Anmeldung derselben in Gemäßheit der Bekanntmachung des ständischen Ausschusses und des K. Finanzministeriums vom 14. d. Mts. (Staatsanzeiger Nr. 137) zu geschehen.
Bezüglich der von den Gemeinde- und Stis- tungsrechnern als Kaution hinterlegten Schuldverschreibungen des gekündigten Staatsanlehens haben die Verwaltungsbehörden (Gemeinde- und Stiftungsräte) behufs der Umwandlung und Vormerkung des Kautionsnexus auf den neuen Schuldverschreibungen bezw. wegen anderweitiger Ergänzung der Kautionen gleichfalls die erforderlichen Beschlüsse zu fassen und für ordnungsmäßige und rechtzeitige Ergänzung der Kautionen Sorge zu tragen.
Den 30. Juni 1887.
K. Oberamt und K. g em. Oberamt.
Nagold.
Die Ortsvorsteher
der Gemeinden Beuren, Bösingen, Wringen, Egenhausen, Emmingen, Enzthal, Ettmannsweiler, Gült- lingen, Rohrdorf und Unterthalheim werden an Erledigung des oberamtlichen Erlasses vom 14. v. M., Amtsblatt Nr. 70 betreffend,
die land und forstwirtschaftlichen Arbeiter binnen 3 Tagen
erinnert.
Den 2. Juli 1887.
_ K. Obcramt. Güntner.
Vom 6. Juli d. I. an werden die beiden Pfarrdörfcr
Göttelfingen und Vollmaringen, Oberamts Horb, von dem Bestcllbezirk des Postamts Hochdorf abgetrennt und demjenigen der Postagentur Baisingen zugewiesen.
Tages-Neuigkeiterr.
Deutsches Reich.
ss- Nagold. (Taubstummensache.) Am letzten Freitag 11—12 Uhr wurde in einem der seitherigen Arbeitszimmer des Seminars die neue Taubstummenschule feierlich eröffnet. Erschienen waren außer den Seminarlehrern die beiden Geistlichen der Stadt, einige Vertreter des Stadtrats und die Pflegeeltern der 10 für dieses Jahr aufgenommenen Zöglinge. (Im nächsten Jahr sollen wieder 10 und im darauffolgenden abermals 10 ausgenommen und dem
entsprechend dem Taubstummen-Oberlehrer Griesinger zuerst 1 , dann 2 Unterlehrer als Gehilfen beigegeben werden.) Die Eröffnungsrede wurde von dem Vorstand der Taubstummenanstalt, Rektor Dr. Brügel, gehalten. Derselbe zeigte zuerst in einem Rückblick auf die Geschichte des Taubstummenwesens, wie die Fürsorge für die Taubstummen, welch letztere von den vorchristlichen Kulturvölkern als nicht bildungsfähige , dem Tiere nahestehende Geschöpfe angesehen und behandelt wurden, eine dem Boden des Christentums entsprossene Pflanze sei, da Jesus Christus selbst sich durch eine Reihe von Heilungen als Freund dieser Armen erwiesen und so denen, die sich ihrer vollen und gesunden Sinne erfreuen, das Vorbild der barmherzigen Nächstenliebe gegen jene Unglücklichen gegeben habe. Sodann ging Redner kurz auf die Vorverhandlungen ein, die der Eingliederung der Taubstummenschule in die hiesige Lehrerbildungsanstalt vorausgingen und mit der seitens der Stände ohne Widerspruch erfolgten Genehmigung der erforderlichen Geldmittel ihren Abschluß fanden, und betonte, daß diese Eingliederung nicht blos für die Taubstummenschule wegen der größeren Einfachheit und Billigkeit der Verwaltung, sondern auch.-für das Seminar insofern von Vorteil sei, als einige Zöglinge jedes Jahr Gelegenheit haben, sich mit der Art und Weise des Taubstummen-Unterrichts bekannt zu machen, bezw. sich zu Taubstummenlehrern auszubilden. Die Aufgabe des genannten Unterrichts wurde dahin festgestellt, daß die bedauernswerten Kinder nicht etwa blos zu einigen Fertigkeiten gebracht, sondern daß durch die wegen des mangelnden Gehörs doppelt und dreifach schwierige Erlernung der Lautsprache die Scheidewand zwischen Taubstummen und Hörenden fallen und entere der menschlichen Gesellschaft als brauchbare Mitglieder wiedergegeben werden sollen. Dazu bedürfe es freilich nicht blos von seiten der Lehrer sondern auch von seiten der Pflegeeltern vieler Hingebung, Geduld und Liebe, und vor allem, wenn die Zöglinge brave Menschen werden sollen, eines guten Vorbilds. Und weil die Kraft zu allem Guten, namentlich auf dem Gebiet der Erziehung, von oben kommt, so wurde die neue Anstalt mit ihren Zöglingen, Lehrern und Pflegeeltern durch ein herzliches Weihegebet des Dekans Schott der göttlichen Leitung empfohlen, worauf die Anwesenden Gelegenheit hatten, das Lehrzimmer mit seinen Geräten, Lehr- und Anschauungsmitteln näher in Augenschein zu nehmen. Wenn wir der Ueberzeugung Ausdruck geben, daß die Feier auf alle Beteiligten einen tiefen Eindruck gemacht hat, so möchten wir auch von den Fernerstehenden wünschen und sie bitten, daß auch sie ein Herz für die unglücklichen Kinder haben möchten. Dieselben sind wie alle Uebelhörenden zu Mißtrauen geneigt und hegen, sobald etwas gesprochen wird, was sie nicht verstehen, den Verdacht, daß es über sie, ja zu ihren Ungunsten gesprochen werde; es darf dann nur dazu ein unvorsichtiger Blick oder eine unbedachte Gebärde kommen, so ist das Mißtrauen vollendet. Aus diesem Umstand, und weil sie von thörichten Erwachsenen und unartigen Kindern unnötiger und unbedachter Weise schon viel gehänselt und gefoppt worden sind, folgt eine große Reizbarkeit, die sich bei ihnen, da sie der Sprache nicht mächtig, vielfach in kniffigem, zornigem Wesen kundgibt. Stellt man sich ihnen gegenüber lediglich auf den Standpunkt der Vergeltung, so geraten sie in einen gewissen Kriegszustand gegenüber der hörenden menschlichen Gesellschaft, der ihrer Entwicklung und Heranziehung zu brauchbaren
Mitgliedern derselben nur hinderlich sein kann. Wir möchten daher die herzliche und ernstliche Ermahnung an alle Erwachsenen richten, nicht blos selbst jedes Reizen und Foppen den Taubstummen gegenüber zu vermeiden, sondern auch die Kinder von derartigem schädlichem Thun abzuhalten und dieselben zu ermahnen , daß sie ihre unglücklichen Mitzöglinge in Geduld tragen und statt etwaige Beleidigungen derselben selbst zu rächen, lieber solche durch ihre Eltern oder Lehrer zur Kenntnis des Taubstummen-Ober- lehrers bringen, der dann gewiß seinerseits das Mögliche zur Verhütung von Unannehmlichkeiten thun wird. Wir schließen mit dem Wunsche, daß die neue Anstalt unter Gottes Segen gedeihen und wachsen und daß in späterer Zeit mancher Taubstumme seinen Nagolder Aufenthalt als zu seinem zeitlichen und ewigen Wohl förderlich segnen möge.
* Nagold, 4. Juli. Nach der neuen Landes- fcuerlöschordnung ist eine neue Einteilung der Feuerwehren geboten. Um dies zu bewerkstelligen, beorderte der hiesige Feuerwehrkommandant Werkmeister S ch u- st e r, um das Nützlicke mit dem Angenehmen zu verbinden, die pflichtige Mannschaft in den Wald, das sog. Mäuerle, wo auch alle Vorkehrungen zu einem Waldfeste getroffen worden. Nachdem der Kommandant, die Mannschaft über den Zweck der nötigen neuen Einteilung verständigt und er zur Ausführung derselben schreiten wollte, kam die Hiobspost an, daß es in dem Wald Ziegelberg bei Jselshausen brenne. Daß der Zweck der Zusammenkunft und das projektierte Waldfest dadurch vereitelt, ist selbstverständlich , und dürften die Wirte, Metzger rc. hiebei in nicht geringen Nachteil gekommen sein. Vielleicht gestattet der nächste Sonntag die ungestörte Ausführung der Sache.
s- Nagold. Heute Sonntag, nachmittags 4 Uhr, wurden wir durch einen Waldbrand im Stadtwald Ziegelberg bei Jselshausen in jähen Schrecken versetzt, und erlitt dadurch zugleich ein Wald fest der hiesigen Feuerwehr im Stadtwald Galgenberg eine bedauerliche Störung. Auf 1'/, Morgen sind verschiedene mittelalte Nadelholzstangen, die teilweise bis zum Gipfel abbrannten, nebst dem dortigen Rottannenanflug und 2 Haufen dürres Nadelreis, das dem Feuer besondere Nahrung gegeben, ein Opfer dieses Brandes geworden. Glücklicherweise war das Feuer durch Herrn Verwaltungskandidat Ernst von hier rechtzeitig entdeckt, und von ihm und einem Feuerreiter von Jselshausen rasch hieher gemeldet worden. Ganz ! besonder« Dank schuldet aber die Stadtgemeinde Nagold dem Ortsvorstand und der Bürgerschaft von Jselshausen, welche durch ihr eiliges Eintreffen auf dem Brandplatz und durch angestrengte und zweckmäßige Arbeit über das Feuer bereits Meister geworden waren, als das Forstpersonal nebst Holzmachern von Nagold auf dem Brandplatze ankam. Andernfalls hätte das Feuer eine angrenzende Forchenkultur ergriffen, und dann die Löschung sehr erschwert und unabsehbaren Schaden angerichtet. Der Brandplatz wurde heute Nacht vom Forstpersonal und Holzmachern bewacht und war diesen morgen noch Feuerglut anzutreffen. Die Entstehungsursache (Bosheit oder Mutwillen oder unvorsichtiges Tabakrauchen) ist bis jetzt nicht ermittelt.
* Nagold, 4. Juli. Die Stadtschelle verkündete heute einen Fleischabschlag, so daß das Rindfleisch, Kalb- und Schweinefleisch nunmehr je 50 das */, Kilo kostet.