Bote", der dreizehn Jahre erschienen ist, zeigt an, daß er sich durch die Maßregelung, die ihm vom Bischof Reinkens zu Teil geworden ist, veranlaßt sieht, das Erscheinen einzustellen und die Kraft sür bessere Zeiten aufzusparen. Er verabschiedet sich mit den Worten:So groß und hoffnungsvoll die Be­wegung begonnen hat, muß sie durch Mittel, welche nach römischen Mustern in Anwendung kommen, zur Unterdrückung und Untergrabung der Wurzel ihrer Kraft, nemlich Ueberzeugungsfreiheit bei Vertretung der von Anfang an geltenden Prinzipien, Selbstän­digkeit der Gemeinden und Bekämpfung hierarchischer Bestrebungen, dem Siechtum entgcgengeführt werden."

Im März 1884 wurde in Zw ei brücken der 24jährige Winzer Meyer wegen Körperverletzung mit nachgefolgtem Tod zu 8 Jahren Zuchthaus vom Schwurgericht verurteilt. Er hatte beharrlich seine Unschuld beteuert. Sei 2 Jahren saß er im Zucht­haus und als ihn vor kurzem sein Bruder besuchte, klagte er so verzweifelt, daß dieser gerührt wurde und gestand, daß er der Mörder sei. So stellte es sich auch heraus vor dem neuen Schwurgericht, das einberufen wurde. Seine Genugthuung besteht in der Veröffentlichung seiner Freisprechung imReichs­anzeiger".

Köln, 28. März. DieKöln. Ztg." bringt die gestern stattgehabte Unterredung ihres Berichter­statters mit Galimbcrti, worin letzterer äußerte, daß mit der Annahme der gegenwärtig vorliegenden kir­chenpolitischen Novelle sich die Beendigung des Kul­turkampfes und der Abschluß des Friedens zwischen Preußen und der Curie vollziehe. Den Führern des Zentrums sei diese Auffassung kundgegeben.

Darmstadt, 25. März. Des Prinzen Alexander von Battenberg Genesung ist so weit vorgeschritten, daß die bis dahin bestandene Sperre (wegen der Pockenkrankheit) aufgehoben wer­den konnte.

Berlin, 26. März. Der Reichstag genehmigte ohne Beratung in zweiter Lesung den Gesetzentwurf, betr. die Ab­änderung des Reichsbeamtengcsetzcs, mit dem Antrag Hahn, betreffend den Verlust des Klagercchts, falls die Beschwerde an die oberste Reichsbehörde versäumt wird. Bei Beratung des Gesetzentwurfs über den Verkehr mit Kunstbutter befür­wortete der Direktor des Neichsgesundheitsamts, Köhler, die Vorlage, welche weder eine bedeutende Fabrikation unterdrük- ken noch schmälern solle; unter allen Umständen müsse aber Kunstbntter als solche für jedermann erkennbar sein. Holstein beantragt die Verweisung der Vorlage au eine 28gliedrige Kommission. Lucius hält die Zusammensetzung der Kunst­butter für unschädlich. Schließlich verwies der Reichstag die Kunstbuttcrvorlage nach weiterer unerheblicher Beratung an eine Wgliedrige Kommission.

Berlin, 26. März. Graf Moltkc hat vom Kaiser die Brillanten zum Sterne der Großkomthure mit Schwertern des Hoheuzollern'schen Hausordcns erhalten. Bismarck besitzt diese Auszeichnung schon.

Berlin, 27. März. DieNordd. Allg. Ztg." weist nach, daß an dem Entstehen des Kultur­kampfes nicht die preußische Regierung im Hinblick auf das Unfehlbarkeitsdogma, sondern das reichs- scindliche Verhalten der katholischen Reichstagsfraktion von 1871 schuld war. Das genannte Blatt erin­nert an die Forderung einer bewaffneten Intervention in Italien, sowie an die Anträge auf Nebernahme der Selbständigkeit der Kirchen in die Reichsverfas­sung , was voin Papst kurz vorher als Irrtum be­zeichnet worden, an die Untcrstützuug des germani- sierungsfeindlichen Klerus in den Reichslanden und an die Sympathiebezeugnngen für polnische Abge­ordnete. Dagegen rief die Regierung die Intervention des päpstlichen Stuhles an und fand bei dem Kardi­nal Staatssekretär Antonelli und dem Papst in er­ster Zeit wohlwollende Ausnahme, beide sprachen ihre Mißbilligung des Verhaltens der Zentrums­partei aus. Da entsandte das Zentrum eine Depu­tation unter Führung des Fürsten zu Löwenstein nach Rom, welche den Erfolg hatte, daß Antonelli schließ­lich, vor die Frage gestellt, ob er mit der regierungs­feindlichen Partei brechen wolle, eine entschieden ab­lehnende Antwort gab. Dadurch wurden die bis da­hin freundschaftlichen Beziehungen der preußischen Regierung zu der Curie zerstört. Im Anschluß an diese Mitteilungen publiziert dieNordd. Allg. Ztg." eine Reihe bisher unbekannter Briefe aus dem Schriftwechsel zwischen dem Reichskanzler und dem damaligen preußischen Geschäftsträger. Grafen v. Tauffkirchen, welche aufs Unzweideutigste die Richtig­keit dieser Darstellung beweisen.

Berlin, 28. März. Das Befinden des Kaisers ist in erfreulicher Besserung begriffen;

der Erkältungszustand hat nachgelassen, die Entzün- j düng des linken Auges hat abgcnommen, das Allge­meinbefinden ist zufriedenstellend. Zu ernstlichen Be­fürchtungen gibt das Befinden des Monarchen durch­aus keine Veranlassung.

Berlin, 28. März. Die Hochzeit des Prin­zen Heinrich von Preußen mit der Prinzessin Irene von Hessen wird, wie diePost" hört, in der näch­sten Wintersaison stattfinden.

Berlin, 28. März. DieKreuzzeitung" i erhält in einem Telegramm aus Rom die Meldung, ! der Papst sei vom französischen Botschafter um seine Vermittelung behufs einer Aussöhnung Frankreichs mit Deutschland ersucht worden. Msgr. Galimbcrti habe den Auftrag gehabt, beim Reichskanzler in dieser Angelegenheit zu sondiren. (?)

Berlin, 28. März. Der Reichstag erledigte in dritter Lesung fast ohne Besprechung die Etats für das Auswärtige Amt, für das Reichsamt des Innern, das Reichseisenbahnamt; ganz ohne De­batte wurden die Etats sür das Heer, die Marine, die Reichs-Justizverwaltung, das Reichs-Schatzamt, die Zölle und die Verbrauchssteuern, die Stempel­abgaben und eine Anzahl kleinerer bewilligt.

Berlin, 28. März. Der Kaiser hat am 22. März 1648 Telcgramnie erhalten, darunter aus Deutschland 1297, Rußland 36, Oesterreich 37, Rumänien 7, Türkei 4, Italien 19, Schweiz 18, Spanien 4, Portugal 1, Frankreich 7, Eng­land 51, Belgien 6, Holland 16, Dänemark 3, Schweden und Norwegen 11; ferner aus der asiat. Türkei 4, aus China 4, Indien 4, Japan 3, Zentralasien 1, aus Amerika 92 (darun­ter 69 aus den Ver. Staaten), aus Afrika 10, aus Australien 6.

Berlin, 28. März. Prinz Wilhelm von Württem­berg hat der Kommandantur 200 ^ zur Verteilung an die vor demselben gestellten Ehrenposten zugehen lassen.

Berlin, 29. März. DerReichsanzeiger" verkündigt die Uebereinkunft Deutschlands mit Oester­reich-Ungarn wegen Zulassung der beiderseitigen An­gehörigen zum Armenrecht.

Berli n, 29. März. Das Entlassungsgesuch des Staatssekretärs von Elsaß-Lothringen v. Hosmann wurde vom Kaiser genehmigt; mit der Leitung der Geschäfte wurde der Unterstaatssekretär v. Puttkammer beauftragt.

Die Osterferien des deutschen Reichstages beginnen schon heute Montag, nachdem das Präsidium durch Akklamation definitiv wiedergewählt worden.

Aus vielen Teilen Deutschlands, auch aus Böhmen und aus der Schweiz, kommen Meldun­gen von Hochwasser und noch andauerndem, raschem Wachsen der Massermassen in den Flußbetten. Be­sonders hoch geht die Mosel, die einen guten Teil des Moselthales bereits unter Wasser gesetzt hat. Auf den Gebirgen liegt noch allenthalben viel Schnee, der durch das warme Wetter der letzten Tage in's Schmelzen geraten ist.

lieber das Abschiedsgesuch des deutschen Bot­schafters Herrn von Keudell wird derBvss.Ztg." aus Rom geschrieben, daß derselbe schon im Jahre 1882 bei dem erstmaligen Abschluß der Tripel-Allianz in die Bedingungen derselben nicht eingeweiht war. Herr von Keudell war 14 Jahre in Rom Botschafter. König Humbert schätzte ihn als Freund des deutschen Kronprinzen und des Reichskanzlers, sowie als Ehren­mann und aufrichtigen Ratgeber. Die Königin be­wunderte seinen feinen künstlerischen Sinn und seine ungewöhnliche musikalische Meisterschaft. Sic spielte mindestens alle Woche einmal mit ihm vierhändig. Als Nachfolger des Herrn von Keudell wird Herr von Radowitz, der deutsche Botschafter in Konstanti­nopel, genannt.

Fast doppelt so viele Personen, als das deutsche Reich Einwohner zählt, sind im Jahre 1886 von der Großen Berliner Pferdecisenbahn befördert worden, nemlich 85500000 Personen.

Die Verhandlung über die Neuregelung der Dinge in Elsaß-Lothringen sind, wie dieStraßb. Post" aus Berlin zuverlässig mit­teilt, bereits ziemlich weit gediehen. Darnach erscheint es den Aeußerungen der dortigen maßgebenden Kreise zufolge ausgeschlossen, daß das Land ganz oder teil­weise an andere Bundesstaaten angegliedert wird. Der Staatsgedanke, also dasReichsland" als sol­ches, bleibt erhalten. Dagegen scheint aber die Ab­sicht zu bestehen, dem kaiserlichen Statthalter ein größeresdirektes Eingreifen" in die Verwaltung zu ermöglichen. Schließlich soll eine stramme Fremden­polizei und die energische Bekämpfung auswärtiger Einflüsse dem Lande die notwendige Ruhe sichern.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 25. Mürz. Nach langer, durch 7

Wochen hingeschleppter Beratung hat das Abgeord­netenhaus jetzt endlich das Arbeiter-Krankenversiche- rungs-Gesetz angenommen, und da das Gesetz sich zumeist auf Fabrikarbeiter beschränkt, ist vielleicht zu hoffen, daß das Herrenhaus diesmal seiner Gepflo­genheit, soziale Gesetze zu vertrödeln, weniger folgen wird. Mit diesen Gesetzen ist Oesterreich ohnehin sehr im Rückstände. Es scheint übrigens, daß noch tausend Arbeiter das Genick brechen können, ehe man über die lOprozentige Bcitragsleistung des Arbeiters einig wird.

! Pest, 25. März. Die Führer der Opposition ! versicherten Kalnoky ihres unbedingten Vertrauens,

^ da die Tripelallianz ihre Besorgnisse, betreffend eines I Kompromisses Oesterreichs mit Rußland, auf Kosten ^ unserer Orientintcressen zerstreut habe.

Pest, 29. März. In den letzten Tagen sind ^ hier 3 choleraverdächtige Erkrankungen vorgekommen.

^ Italien.

Rom, 26. März. Unter einer großen Anzahl von Kardinalen und Prälaten des päpstlichen Hofes ^ herrscht, wie man derN. Fr. Pr." mitteilt, große j Erregung über die vom Papste kundgegebene Absicht,

> Monsignore Galimbcrti zum Staatssekretär zu er­nennen, zu welchem Amte man bisher nur über eine , Nuntiatur und nach Empfang des Purpurs gelangen l konnte. Die Kardinäle haben dem Papste über die j Folgen, welche die Ernennung dieses, wie sie sich ausdrückten, liberalisierenden Frondeurs zum höchsten Amte der Kurie für das Ansehen der Kurie nach sich ziehen würde, Vorstellungen gemacht. Der Papst hielt ihnen Galimbertis Verdienste um den Kirchen- frieden in Deutschland entgegen, und seine Entschlüsse sich vorbehaltend, verwahrte er sich gegen eine Ein­mischung in seine selbstherrlichen Rechte.

Rom, 28. März. Der Papst hat Monsignore Galimbcrti die Genehmigung erteilt, das ihm vom deutschen Kaiser Wilhelm verliehene Großkreuz des ^ Roten Adlerordens anzunehmen, l Ministerpräsident Depretis hat in den sauren Apfel beißen und den Hauptsührer der Oppo­sition, Crispi, die Aufnahme in die Regierung an­bieten müssen. So kann sich das Kabinet nicht mehr halten. Wahrscheinlich übernimmt Crispi das Mini­sterium des Innern. Depretis bleibt Ministerpräsi­dent ohne Portefeuille, Graf Nobilant Minister des Auswärtigen. Die Auswärtige Politik wird durch den Wechsel nicht berührt.

Frankreich.

! In Frankreich ist wieder einmal eine ! Ministerkrisis im Anzuge. Diesmal handelt es sich in erster Reihe um den Finanzminister Dauphin; da das Cabinet sich aber mit demselben solidarisch er­klärt , tritt die Gefahr einer Cabinetskrisis in den Vordergrund. Ob nicht in letzter Stunde doch wie­der ein Ausweg gesunde» wird, läßt sich bei den französischen Parteiverhältnissen keineswegs unbedingt verneinen.

Die schöne Geschichte, ein Subalternbcamter des französischen Kriegsministeriums habe mit dem deutschen Militärbevollmächtigten in Paris Verbin­dungen unterhalten, ist wieder nicht wahr. Boulan- ger hat den Mann aber thatsächlich fortgejagt. Wes­halb, das wissen die Götter.

Spanien.

Madrid, 23. März. Der Senat hat mit 111 gegen 85 Stimmen den Gesetzentwurf betreffend die Verpachtung der Tabakregie angenommen.

Madrid, 28. März. In vergangener Nacht wurden hier, ebenso in Barzelona, Balenzia, Sevilla, Valladolid und Cadix mehrere Personen verhaftet, weil sie verdächtig sind, gegen die Regierung zu kon­spirieren. Auch haben Verhaftungen in republikani­schen Verbindungen stattgefunden. An die Armee gerichtete revolutionäre Proklamationen wurden be­schlagnahmt. In den Provinzen herrscht vollständige Ruhe.

Belgien.

Von einerErmordung des Fürsten Bismarck" wird in Antwerpen allerlei dummes Zeug gefabelt. Auf den Straßen dort werden nämlich Extrablätter verteilt mit der fettgedruckten Uebcrschrift:Ermordung des Fürsten Bis­marck in Berlin". Darin wird die schauerliche Geschichte ganz ernsthaft erzählt, daß Fürst Bismarck in einer der letzten Nächte plötzlich vom Vcrfolgungswahnsinn ergriffen worden sei und mit dem Schreckensrufe:Zu Hilfe! Mörder!" die Bewohner seines Palastes und die Volksmenge vor demselben in Aufruhr gebracht habe. Der Reichskanzler, so weiß das famose Extrablatt zu berichten, habe seit einigen Tagen Droh­briefe aus den Reihen der Nihilisten erhalten und sei durch dieselben in die schrecklichste Aufregung versetzt worden. Ties