61. Jahrgang.
Uro. 69.
Amts- mul Intelligenz ökutt für äen Aezirlr.
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Mittwoik, äea 16. Jan! 1886.
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Die Katastrophe in Aapern!
Wer fühlte nicht tiefes Mitleid bei der Kunde von dem schauerlichen Ende des Königs Ludwig H. von Bayern, nachdem die am 2. Pfingstfestmorgen hier eingetroffenen Telegramme in übereinstimmender Kürze meldeten, daß der König am Pfingstsonntag abend 6 ^ Uhr bei einem Spaziergang im Park des Schlosses Berg sich in den Starnberger See gestürzt habe, sein Leibarzt I) r. Gudden ertrank gleichfalls beim Rettungsversuche. — Eine am Pfingstmontag Morgen telegr. eingetroffene amtliche Nachricht über den Tod des Königs lautet: Nachdem Se. Maj. der König seit Ankunft in dem Schloß Berg den ärztlichen Ratschlägen ruhig Folge geleistet hatte, machte der König gestern abend 6^/4 Uhr in Begleitung des Obermedizinalrats vr. Gudden einen Spaziergang im Park, von dem der König und vr. Gudden längere Zeit nicht zurückgekehrt sind. Nach Durchsuchung des Parkes und des Seeufers wurden Se. Maje- st ät und vr. Gudden im See gefunden. S e. Majestät gaben gleichwie l>r. Gudden anfangs noch schwache Lebenszeichen; die von vr. Müller vorgenommenen Wiederbelebungsversuche waren jedoch vergeblich. Um 12 Uhr nachts wurde der Tod Sr. Majestät konstatiert. Gleiches war bei Gu-dden der Fall.
Unwillkürlich erinnert man sich der Vorgänge und der bis jetzt bekannt gewordenen MaHnahmÄr, welche lange genug aus menschlicher Schonung hinausgeschoben worden waren, während gegen die Fortsetzung wiederum die Pflichten des Staates in zwingender Weise ein endliches Vorgehen erheischten. Wir entnehmen einer hierüber dem Schw. Merk, von München zugeaangenen Korrespondenz das Folgende: Das Geheimnis, warum der König nicht auch das so oft und sehnlich von seinem Volk gewünschte Opfer gebracht, der Angelegenheiten des Reiches und des Landes sich in persönlicher Weise anzunehmen, ist nun enthüllt. Seit Jahren war für Kundige der Schleier zwar schon in etwas gelüftet. Man sagte sich, daß es bei seinen Gaben unmöglich wäre, sich in diese immer größere Einsamkeit und immer beängstigendere Abhängigkeit von an und für sich noch so edlen Liebhabereien zu begeben, wenn nicht eine geistige Trübung vorläge. Daß man es Jahre lang nicht wagte, solche Gedanken laut werden zu lassen, daß man nur im engsten Kreise davon flüsterte, und die Hoffnung nicht aufgab, die Störung würde eine rein partielle bleiben und die anderweitige Handlungsfähigkeit nicht in Mitleidenschaft ziehen, ist gewiß nicht zu tadeln, sondern in hohem Maße anzuerkennen. Die nächste Umgebung des Königs, die vertrauten Räte der Krone, haben seit Jahren Schweres getragen. Daß sie ausgeharrt haben, bis die entschei-
t Nachdruck verboten.)
Die Falschmünzer.
Kriminal-Roman von Gustav Lössel.
(Fortsetzung.)
„Noch weniger in den Katakomben. Der Kerl scheint sich in den Eingeweidcn der Erde so wohl zu fühlen wie auf dem Dache. Wenn wir jetzt nur den gleichen Schutz genössen wie er!"
Dryden sagte es mit einem Seufzer.
„Nehmen wir einen Wagen", entgegnete Duprat. „Dort halten welche. Wir fallen schon aus, und für ein Verhör ohne vorherige Verständigung wäre der Augenblick sehr ungünstig gewählt."
Die Fahrt ging rasch von Statten. Sie fuhren nur bis in die Nähe der Promenadenstraße, dann eilten sie zu Fuß nach der Waldenstraße und durch den Garten nach den: Hause. Duprat hatte den Schlüssel zur Hinterthür bei sich.
Sie fanden Franz ihrer harrend.
„Nun, wie ist es abgelaufen?" fragte Dieser mit der Vertraulichkeit eines Alles wissenden Dimers.
„Schlimm, Franz", sagte Duprat, ihm seine verwundete Hand darreichend, welche er so lange unter dem Mantel verborgen gehalten. „Wenigstens für mich", fügte er Mit einem Blick auf Dryden hinzu. Der Baron hat seine Schäferstunde gehabt, aber ich bin darin gestört worden/
„Wohl gar ein Duell?" fragte Franz.
„So etwas Nebnliches", 'ntgegnete Duprat leicht. „Nun kocht uns nur rasch einen starken Kaffee; ' "d. ist schon angelegt. Von der Wunde sprechen
wir später weiter."
dende Krisis in zwingender Weise eingetreten, und Alles versucht haben, sie ferne zu halten, wird ihnen jetzt keine geringe Beruhigung sein und verdient den vereinzelten Versuchen gegenüber, ihnen eine Mitschuld aufzubürden, betont zu werden. Warum nicht der zufolge der feststehenden Behinderung des Prinzen Otto verfassungsmäßig berufene Reichsveriveser, Prinz Luitpold, in höchsteigener Person den Versuch gemacht hat, Seine Majestät von der schmerzlichen Notwendigkeit des Eintrittes der Regentschaft zu benachrichtigen und ihn zur Untergebung unter irrenärztliche Behandlung zu bewegen, ist eine in Privatkreisen vielfach schon besprochene Frage. Es hätten die durch » Weigerung des Königs, die Staatskommission vorzulassen, verursachten peinlichen Auftritte vielleicht erspart bleiben können. Indessen ist bei den über allen Zweifel erhabenen loyalen Gesinnungen des Prinzen Luitpold gegen Se. Majestät, denen derselbe sowohl in seiner, die Uebernahme betreffenden Bekanntmachung als auch namentlich in den vorangegangenen Konferenzen den ergreifendsten Ausdruck gegeben hat, sicher anzunehmen, daß der Einschlag- ung dieses Weges Bedenken erheblicher Natur entgegen standen. Die Hindernisse hätten leicht zu einer noch betrübenderen Wendung führen können. Unumstößlich werden die dem Landtag zugehenden Vorlagen beweisen, daß man bis zur letzten Grenze der Möglichkeit alle erdenkliche Schonung walten ließ.
König in Bayern ist nun nach dem Gesetz der bisherige Prinz Otto, des verst. Königs jüngerer Bruder, geb. 1848. Derselbe ist, wie schon seit Jahren bekannt, ein geistig Kranker. Es bleibt also vorerst im Bestände die Regentschaft girrch- den Prinzen Kuitp 0 lb, den väterlichen Oheim Ludwigs und Ottos, geb. 1824, Wiiwer seit 1864, Vater des in Zukunft für den Thron bestimmten Prinzen Ludwig, geb. 1845. Prinz Ludwig ist mit der Erzherzogin Maria Theresia vermählt, Vates einer zahlreichen männlichen und weiblichen Nachkommenschaft. — Zunächst also ruht die Zukunft Bayerns, dieses wichtigen Glieds des deutschen Reiches, in Luit- pold's Hand. Luitpolv ist ein katholisch frommer Herr, aber kein Ultramontaner, ein Freund des Kaisers Wilhelm, mit dem er in den ereignisreichsten Tagen des Jahres 1870 gleichsam das Zelt geteilt.
Ein äeutsHer Rönig.
Das tragische Schicksal, welches den König Ludwig von Bayern betroffen hat, findet in der gesamten deutschen Presse die vollste Teilnahme, und mit berechtigter Wehmut wird darauf hingewiesen, eine wie edle Persönlichkeit der ritterliche Monarch gewesen, dessen Geist jetzt vielleicht auf immer von Nacht umdüstert ist. Bei der Würdigung, welche dem unglücklichen Könige zu Teil geworden, ist auch bereits seiner echt patriotischen Gesinnung Erwähnung gethan. Sei es gestattet, in dieser Hinsicht noch besonders
Er eilte, von Dryden gefolgt, nach dem Salon, in dem sie gestern Abend zusammen gewesen, während Franz sich nach der Küche begab.
Beider Augen gingen zuerst nach dem Tisch, auf welchem Brief und Couvert gelegen. Keines von Beiden war mehr dort.
Die Freunde blickten einander ratlos an.
„Was nun?" hauchte Dryden.
Duprat zuckte die Achseln. Er vermochte kein Wort hervorzubringen. Er blickt? sich mit einem Ausdruck stummer Verzweiflung im Zinmer um, und Dryden suchte noch eingehender nach dem verschwundenen Briefumschlag; dann begegneten sich ihre Blicke wieder, und in Beiden spiegelte sich dieselbe Trostlosigkeit.
„Und Du bist überzeugt, daß Du das Couvert nicht auch den Flammen übergeben hast?" fragte Dryden.
„Fest überzeugt davon."
„Wir sind verloren."
„Wenn wir nicht sogleich fliehen."
„Fliehen! Das Dümmste, was wir unter diesen Umständen thun könnten; wenigstens Du."
„Meine Papiere sind vollständig in Ordnung. Ich bin Viton."
„Dein Namen nach. Aber wenn der Beamte den unvermeidlichen Steckbrief befragt, bist Du Duprat."
„Ich werde mich verändern."
„Das verrät nur noch eher."
„Ich weiß, worauf Du hinaus willst", knirschte Duprat, auf dessen Stirn der kalte Schweiß stand. „Du willst allein fort und mich im Schlimmsten sitzen lasten.
Aber da kommt mir Niston's Einbildung zu gute. Er wird mich nicht verlassen, uni Dich zu erheben, und Du bist Nichts ohne seine Kunst, Nichts ohne mich, der jene lukrativer macht. Darum überlege zweimal, ehe Du handelst."
„Und was erwartest Du von meinem Hierbleiben?" fragte höhnend Dryden.
„Nichts weiter als eine Milderung Deiner Angst, wenn es Dir nun an HM