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Regierung abgehalten werde, Prinz Luitpold die Regierung und den Befehl über die Armee Namens des Königs führe. Oberststallmeister Graf Holnstein und Reichsgraf Graf Törring werden sich als Kuratoren der Civilliste mit der Ordnung der Verpflichtungen der Kabinetskaffe beschäftigen. (Depesche d. „Frkf. Journ.")
Amerika.
Philadelphia. 28. Mai. DieGesammteinwanderung der verflossenen Woche in New-Dork betrug 9150 gegen 15,455 in der gleichen Periode des Vorjahrs. Dagegen berechnet man, daß während dieses Frühjahrs und Sommers mehr als 40,000 Amerikaner die alte Welt besuchen werden. Besonders viele wohlhabende Deutsche wollen sich im alten Vaterlande vergnügen, und nicht allein aus unseren großen Städten, sondern auch aus den Landstädten. So gingen dieses Frühjahr aus der deutschpennsyl- vanischen Stadt Reading schon über 40 Personen nach dem deutschen Vaterlands, und in dieser Woche sind eine Anzahl Mitglieder des Readinger Cann - st alter Volksfest Vereins unter der Leitung ihres hochgeachteten Expräsidenten Wilhelm Reiser, nach dem Schwabenländle abgereist, um noch einmal das liebe Vaterland zu sehen, ihre Verwandten und alten Freunde zu begrüßen und sich zu erholen. Am Vorabend ihrer Abreise wurde für sie ein Festessen veranstaltet und ihnen viele Grüße mit ins alte Vaterland gegeben.
Gcrges-Weuigkeiten.
Calw, 10. Juni. Es ist uns eine angenehme Pflicht, dem Berichte über das Konzert des S t uttgarterLiederkranzes ergänzend nachzutragen, daß die Firma Schied mayer u. Söhne in Stuttgart in liebevollster Weise auf Entschädigung für Miete und Transportkosten des von Hrn. Blattmacher mit so vollendeter Meisterschaft gespielten Flügels verzichtet hat. Die Vorstände der Vereine, denen der Ertrag des Konzertes zu gleichen Teilen überlasten wurde, haben deshalb ein verbindliches Dankschreiben an die genannte Firma gerichtet.
Stuttgart, 9. Juni. Am 8. d. Mts. 10Vs Uhr wurde ein Unbekannter, welcher sich offenbar in selbstmörderischer Absicht auf das Geleise gelegt hatte, in der Nähe des Bahnhofs Geislingen von dem Güterzug 641 überfahren und gelötet.
Cannstatt, 7. Juni. Eine freudige Ueberraschung wurde vergangenen Samstag einem hiesigen Bürger, Friedrich Staib, zu teil. An diesem Tage waren es 25 Jahre, daß er in der Maschinenfabrik von Kuhn eingetreten war, und als er morgens an seinen Arbeitsplatz kam, fand er denselben prächtig dekoriert und sofort trat Herr Kommerz.-Rat Kuhn sen. auf ihn zu und gratulierte dem Jubilar in herzlichen Worten; zugleich lud Herr Kuhn ihn ein, er möge den heutigen Tag als Festtag in seiner Familie zubringen; dazu empfing er ein Geschenk von 100 <M, in einem versilberten Zentrumsbohrer (?) aufgestapelt.
Waiblingen, 8. Juni. Ein Bauer von Schmiden, der den hiesigen Viehmarkt besucht hatte, vermißte plötzlich sein Schreibbuch mit 1000 Glücklicherweise hatte ein anderer Bauer bemerkt, wie ein Fremder sich mit jenem zu schaffen gemacht, der nunmehr sich aus dem Staube machen wollte. Der Dieb wurde alsbald festgenommen; es ist ein Böhme, der allem Anschein nach den Taschendiebstahl auf Jahrmärkten gewerbsmäßig betrieben hat.
Ulm, 9. Juni. Telephon. Vom Oberbürgermeister v. Heim war auf gestern Abend eine Versammlung in den Ratssaal, betr. Besprechung einer Fernsprecheinrichtung eingeladen. Der Oberbürgermeister teilte ein Schreiben der K. Generaldirektion der Posten und Telegraphen mit, worin die Telegraphenvsrwaltung ihre Geneigtheit ausspricht, eine Fernsprechanstalt in der Stadt Ulm sofort einzurichten, wenn die Zahl der Teilnehmer 50 beträgt. Der vorauszubezahlende jährliche Kostenbetrag wäre für den einzelnen Teilnehmer 150 Für telephonische Verbindung mit Stuttgart betrüge der Preis 115 -,/L mehr bei mindestens 30 Teilnehmern. Käme diese letztere Anzahl für den Fernsprechanschluß nach Stuttgart nicht zu Stande, so könnte für den einzelnen der Fernsprechverkehr nach Stuttgart auch nach der. Zeit berechnet werden und zwar je eine Unterhaltung von 5 Minuten zu 80 — es erfolgten sofort 36 verbindliche Unterschriften zunächst für den Stadtfernsprecher. Da sich früher schon behufs Einrichtung des Gesuchs 52 Geschäfte und Stellen unverbindlich unterschrieben hatten, so ist zu hoffen, daß die Zahl 50 voll wird. (U. Tagbl.)
Werrnischtes.
— Scheffel-Denkmal. Berliner Blätter veröffentlichen einen Aufruf zur Sammlung für das Scheffel-Denkmal in Karlsruhe. Hervorragende Persönlichkeiten der Berliner Kunst-, Schriftsteller- und Gelehrtenwelt haben sich an die Spitze des Unternehmens gestellt.
— Hunde-A Umstellung. Aus München, 8. Juni, wird geschrieben: Der „Verein für Züchtung reiner Hunderacen in Deutschland" hat im Kgl. Glaspalast eine Hunde-Ausstellung arrangiert, welche auch von Norddeutschland reich beschickt ist. Es sind über 450 Exemplare vertreten, darunter 220 Jagdhunde, dann prächtige Doggen, Pudel, Bernhardiner, wovon einer für 3000 ^ verkauft wurde, ferner Wolfshunde, sodann ein Bastard von Wolf und Hund, welcher von einer im Nill'schen Tiergarten in Stuttgart befindlichen Wölfin und einem Schäferhund stammt und den reinen Wolfstypus zeigt. Prämiirt wurden von Mittel- und Nordeutschen u. A. Bühmann-Rebberbach, Borchers-Goslar, Bortant-Frankfurt a. M., Schürtrab- Hildburghausen, Rehfuß-Kehl, Wildmeister Otto in Holzhausen bei Kassel rc.
— Das ersteOpfer der Bergbesteigungen in der Schweiz ist diese« Jahr ein junger Engländer geworden. Derselbe wollte von Vey- taux aus mit noch einem Kameraden, ebenfalls einem Engländer, ohne Führer einen Ausflug auf die Cornettes de Bize machen, glitt aber auf dem Schnee aus, stürzte in die Tiefe, brach das Kreuz und war sofort eine Leiche.
— Die Heilsarmee. Aus London wird dem „Fr. Journ." geschrieben: Die Heilsarmee hat in verflossener Woche ihre lustige Woche gehabt. Sich die coloniale und indische Ausstellung in Süd-Kensington zu Nutze machend, hat „General" Boot nämlich in Exeter Hall, in der Congreß-Halle Clapton, in der großen weltlichen Halle und im Gcecian Theatre City Road, namentlich aber in erstgenannter Halle, einen großen internationalen Heilskongreß abgehalten, in dem von morgens bis abends die Heiligen aus allen Weltgegenden, aus Ausstralien und Neuseeland, aus Indien und China, aus Amerika und Afrika, aus Frankreich, Spanien und Italien, aus der Schweiz, Schweden, Norwegen und Dänemark, Heilige von allen Farben, rot und gelb, schwarz und weiß, braun und kupferfarben, zusammenkamen, in allen Sprachen beteten, sangen, ihre Sünden bekannten und Hallelujah und Amen schrieen, daß die Wände zitterten, mit den Taschentüschern wehten, Fahnen schwenkten, Tambourinen, Trommeln und andere Instrumente spielten und einen Höllenlärm machten, dann wieder in Prozession mit Fahnen und Musik durch die Straßen zogen, kurz in einer Weise Reklame machten, die einem Barnum Ehre gemacht haben würde. Und die Sache zog, denn Geld kam in Maste ein und auch einige Sünder wurden bekehrt, so daß der Kongreß seinen Zweck vollkommen erfüllte. Die wackeren Heiligen verstehen's eben, wie's zu machen ist, denn sie verbinden das Angenehme mit dem Nützlichen und das Vergnügen mit dem Geschäft und halten sich trotz aller schlechten Zeiten noch immer über ,/^Wastsr.
(Wo Bartel den Most holt.) Diese alte, schwierige Frage wurde kürzlich sehr gut in Amerika gelöst, als der Polizeiagent Bartel den Anarchisten Most unter dem Bette hervorholte.
Gemeinnütziges.
— Durch das wanne Frühjahr begünstigt, treten die Raupen in diesem Jahr in solchen Mengen auf, daß viele Gartenfreunde durch die Gefräßigkeit dieser unwillkommenen Gäste in ihren schönsten Hoffnungen getäuscht werden. Nach Berichten aus der Schweiz hat sich im vergangenen Jahre das vom Professor Mühlberg erfundene „Knodalin" als ein wirkliches Radicalmittel erwiesen und geschah die Anwendung, da die Flüssigkeit vor dem Gebrauch 50 fach mit Wasser verdünnt wird, in großer Ausdehnung, teilweise auf Anordnung der Behörde durch ganze Bezirke. Das vorteffliche Mittel, mit dem die Bäume und Sträucher einfach überspritzt werden, ohne daß die Pflanzen selbst den allergeringsten Schaden nehmen, ist jetzt auch allen Ländern zugänglich gemacht, indem Herr Hoflieferant Schmidt in Erfurt den Alleinverkauf übernommen hat. Eine minderprozentige Verdünnung des „Knodalin" tötet auch alle übrigen Insekten, Blatt- und Blutläuse, Schwaben, Spinnen, Schnecken, Wanzen, Fliegen rc. mit unbedingtem. Erfolg.
Eingesendet.
Die Umwandlung des städtischen Platzes an der Bahnhofstraßs in eine geschmackvolle Anlage war unstreitig ein sehr glücklicher Gedanke, für dessen gelungene Ausführung wir Allen, welche dabei mitgewirkt haben, zu lebhaftem Dank verpflichtet sind. Vor dem prächtigen saftigen Grün, das sich unfern Augen bietet, müssen auch die Nörgeleien der seitherigen Gegner verstummen, scheint doch der herrliche Rasen selbst unserer sehr beweglichen Jugend zu imponieren, die denselben, wie man täglich sehen kann, von den aufgestellten Ruhebänken aus bewundert. Ob sie das immer so halten wird, auch wenn die vielen Ziersträucher einmal in Blüte stehen, wird ja die Zeit lehren.
Auch auf dem linken Nagolvufer vom eisernen Steg gegen die Badgasse ist ein anerkennenswerter Anlauf zur Verschönerung unternommen worden, nur, wie es scheint, mit weniger Glück. Die Platanen an der Straße und dem Eingang zum Steg werden sich, wenn einmal belaubt, sicherlich gut ausnehmen, minder gut aber das Dahinterliegende, wenn es so bleibt. Hier sehen wir Altes und Neues in nicht gerade malerischer Ordnung beieinander. Neben den Trümmern eines steinernen Brunnens, dessen ehemaliges lustiges Geplätscher gemischte Erinnerungen in uns wach ruft, fällt unser Blick auf den bekannten modernen Wagen mit dem unpoetischen Namen. Wenn nun auch dieser Name nichts zur Sache macht, so ist Loch das Fuhrwerk selbst sehr häufig so wenig nach dem Geschmack des vorbeipassierenden Publikums, daß das Unterbringen in etwas größerer Entfernung von der Straße sich wohl von selbst empfehlen dürfte. , ,
Gegenüber von den genannten Platanen an der Badgaste ist durch das Zurücksetzen einer Gartenmauer ein hübscher Raum an der Straße gewonnen worden, für welchen es an mancherlei Verwendung nicht fehlen kann, der sich aber auch zur Aufstellung von leeren und beladenen Wägen vortrefflich eignet, wie er denn auch zu diesem Zwecke von einem oder mehreren Fuhrwer.s- besttzern bereits gepachtet zu sein scheint. Wenn das wirklich der Fall ist, dürfte die löbliche Polizei sich vielleicht veranlaßt finden, dre Pachter wenig- stens anzuhalten, daß sie ihre Wägen bei Nacht mit Laternen versehen — zum Schutze des Publikums, welches ihr für diese Aufmerksamkeit gewiß
dankbar wäre. ^ . .......
Vollkommen ist nichts unter der Sonne, aber gerade die schone neue Anlage beweist zur Genüge, wie viel sich bei gutem Willen ohne großen Kostenaufwand errei chen läßt. —ck.
Kgl- Standesamt Kak«.
Vom 3l. Mai bis 10. Juni 1886.
Geborene:
3. Juni. Paul Ernst, S. d. Karl Maier, Bäckermeisters hier.
Gestorbene:
31. Mai. Marie Margarethe geb. Beißer, Ehefrau des Ludwig Friedrich Schlaich, Kolporteurs hier, 63 Jahre all. ....
2. Juni. Matthäus Ottomar Br L kel, S. d. Matthäus Brokel, Maurers hier,
4. , Katharine Margarethe geb Maier, Witwe des Johann Christian Bühl,
gewesenen Webers hier, 83 Jahre alt, gewesene Hebamme.
5. , Paul Ernst Maier, S. d. Karl Maier. Bäckermeisters hier, 2 Tage alt.
10. » Lina Klara Raufer, T. d. Karl Raus er, Kronenwirts hier, 11 Wochen alt.