daß bei der im Dezember gehaltenen Generalversamm­lung, Herr Sägmühlebesitzcr Klingler zum Gesell­schaftsvorstand und Herr Musikoberlchrcr Hegelc zum Vizevvrstand und Vergnügungsrat gewählt wurden. Wir zweifeln nicht, daß es den beiden Herren unter Mitwirkung des Vereins-Ausschusses gelingen wird, allen gerechten Wünschen der Mitglieder zu entsprechen.

* Nagold. Am Erscheinungsfest abends brannte in Jselshausen das letzte Haus an der Straße nach Unterschwandors (früher Schreiner Schatz gehö­rig) bis auf den Grund nieder. Da solches ganz frei stand, so war auswärtige Hilfe nicht nötig.

^ chh Oberschwandors, 4. Jan. Heute mor­gen 6*/- Uhr wurden wir durch Feuerallarm erschreckt. Es brannte in der Zehntscheuer. Das Feuer legte in kurzer Zeit zwei mit Heu und Stroh angefüllte Scheunen in Asche. Ein Doppelhaus, das von 2 Familien bewohnt war, wurde ebenfalls von den Flammen ergriffen und mußte niedergerissen werden, wobei ein Mann der Haiterbacher Feuerwehr verun­glückte. Die Feuerwehren von Haiterbach und Wald­dorf, sowie die Löschmannschaften von Beihingen, Egenhausen und Oberschwandors hatten vollauf zu thun, um den Brand auf seinen Herd zu beschränken, was auch nach großen Anstrengungen gelang. Der Schaden iit leider nur teilweise versichert. Als Ent­stehungsursache vermutet man Brandstiftung.

Tübingen, 2. Jan. Auf Anregung der Fbau Prof. Weber hat sich in den letzten Tagen ein Ko­nnte gebildet, welches Beiträge sammeln will, um unserer volkstümlichen, in der Frauenwelt besonders beliebten Schriftstellerin Ottilie Wildermut hier ein einfaches Denkmal zu errichten.

Stuttgart, 25. Jan. In die unterirdischen Abzugskanäle unserer Stadt ist in vorgestriger Nacht ein französischer Geschäftsreisender, der einen Teil des Abends im Schützcnhof zugcbracht hatte, auf bis jetzt unerklärliche Weise hineingeraten und wurde nach Stunden fürchterlicher Angst und nachdem er auf seinem schrecklichen Weg mit aller Kraft Hilfe­rufe ausgestoßen hatte, die auch mehrfach vernommen worden waren, ohne daß man sie weiter verfolgen konnte, in der Nähe des botanischen Gartens morgens halb 8 Uhr von H- Hvfgärtner Ehmann, dem Tode nahe, halb erstarrt und mit Koth überzogen aus sei­ner grausigen Lage befreit. Wäre er noch wenige Meter weiter geraten ans seinem Wege, so wäre er in den großen Schlammsammler hineingekommen und ohne Zweifel verloren gewesen.

Stuttgart, 3. Jan. In der hiesigen Syna­goge fand diesen Vormittag unter ziemlich starker Beteiligung eine Gedächtnisfeier Moses Mendels­sohns statt. Kirchenrat Dr. Wassermann hielt eine geist- und gehaltvolle Rede, welche eine erschöpfende Studie des Lebensganges des berühmten Philosophen bildete und allgemeinen Anklang fand.

Stuttgart, 5. Jan. Die Dauer des am 19. d. M. beginnenden Landtags wird zum voraus auf etwa 2Us Monate berechnet. Die Hauptaufga­ben, die zu erledigen sein werden, sind neben dem Feldbereinigungsgesetz das Gesetz, betreffend die Stell­vertretungskosten der in der Kammer sitzenden Beam­ten und das Verfassungs-Revisions-Gesetz, betreffend die Vermehrung der Mitglieder der ersten Kammer. Die Durchberatung dieser Gegenstände wird ziemlich viel Zeit in Anspruch nehmen, da in all diesen Fra­gen prinzipielle Gegensätze sowohl in als zwischen den beiden Häusern zum Ausdruck kommen werden. Auch erwartet man, daß die bis dahin jedenfalls er­schienene Vorlage, betreffend das Branntweinmonopol, zur Sprache kommt, und zwar auf Anregung der Regierung.

Stuttgart, 6. Jan. Die Landesversammlung der Volkspartei beschloß eine Resolution gegen einen württcmbcrgischen Auslieferungsvcrtrag, gegen das Branntweinmonopol und gegen den Wollzoll.

lieber einen Unglücksfall in Obertürk heim wird geschrieben: Gestern, am Neujahrsabcnd, wartete eine große Anzahl Personen am Perron des Bahn­hofs Obcrtürkheim auf den Zug Eßlingen-Stuttgart, darunter der mit seinem Sohne von Uhlbach gekom­mene Papier-, Pappdeckel- und Brennmaterialien- händler Böhmerle aus Stuttgart. In dem Augen­blicke, als der Zug einfuhr, erhielt der hart am Rande stehende Böhmerle von hinten einen Stoß und siel hinab auf die Schienen, so daß der ganze Zug über seinen Körper ging, der entsetzlich zugerich­tet wurde. Böhmerle war sofort tot. Sein Sohn will den Manu bemerkt haben, der den Stoß ver-!

setzte und sich sofort flüchtete; der Kleine rannte ihm nach, soll aber im Laufe aufgehalten worden sein, so daß der Urheber des Unglücks entkam.

Eßlingen, 2. Jan. Der erste Gewinn der Frauenkirchenbau-Lotterie mit 20 000 fiel dem

Schultheißen und Verwaltungs-Aktuar Meßmer in Altshausen O.A. Saulgau zu.

In Eßlingen langte beim Komite der dor­tigen Kirchenbaulotterie von einer Frau ein Brief mit der Bitte an, auf ihre Losnummer doch einen Gewinn kommen zu lassen und wenn es auch nur ein paar Hundert Mark wären.

Neresheim, 30. Dez. Die Arbeiten beim Ncresheimer Marmorbruch schreiten stetig voran. In den letzten Tagen fand man große Blöcke, die sich zu Säulen eignen. Bis jetzt wurden 2400 Ztr. Marmor (meistenteils Abfälle) verkauft. Ein Archi­tekt aus Newyork, dem Proben geschickt worden sind, bat um Uebertragung der Generalagentur für Nord­amerika und zahlt pro Kbm. 100 ^, frei Bopfin- gen. Ein Bildhauer in Zürich, der Proben vom Dunstclkinger weißen Marmor erhielt, schreibt, das Material sei feinkörnig, kompakt und sehr gut zu hauen, es lasse sich fein schleifen und polieren.

Geislingen, 3. Jan. Heute abend 8 Uhr ereignete sich hier ein erhebliches E i s e n b a h n u n g l ü ck. "Der Dampfkessel einer Hilfsmaschine ist geplatzt. 2 Wagen sind verbrannt; Führer tot; Heizer schwer verletzt. lieber das Geislinger Eisenbahnunglück geht uns von anderer Seite folgender Bericht zu: Am Zug 605 explodierte auf der Station Geislingen gestern (3. Jan.) abends etwa um U-8 Uhr der Dampfkessel der Schiebmaschine. Führer Wagner wurde etwa 200 in weit gegen Geislingen hinabge­schleudert und dort in einem Garten tot aufgefunden. Heizer Fingerle wurde links an die Mauer geworfen und so verletzt, daß er heute früh starb. Wagen­wärter Schmid wurde ebenfalls verletzt. Der Kessel wurde gänzlich von den Rädern getrennt und liegt in umgekehrter Richtung auf der Bahnlinie. Die explodierte Schiebmaschinc befand sich am Ende des Güterzuges, der sich in der Richtung Geislingen-Am- stetten zu bewegen hatte. Die Ursache der Explosion ist unaufgeklärt; drei Güterwagen wurden zerstört. Eines der beiden Geleise war heute früh bereits wieder frei gemacht. Nach anderer Nachricht wäre das 2. Geleise fahrbar geblieben.

Auf Anregung der Herren Gutsbesitzer Möh- ring und Keller voll Süßen versammelten sich am 2. Januar inGeislingen etwa 150 Wollprodu- zenten der Bezirke Geislingen und Göppingen im Ochsen zu Süßen, um einen Austausch der Ansichten bezüglich der Wollzollfragc zu veranlassen. Mit Ausnahme eines einzigen Anwesenden, des Herrn Isidor Veit aus Stuttgart, Vertreters für mehrere Wollspinnereien, nahm die ganze Versammlung Stel­lung für den Wollzoll und einigte sich in dem Be­schluß, eine Petition für dessen Einführung an den Reichstag abgehen zu lassen.

Gmünd, 1. Jan. Die Polizei notierte heute nackt einen jungen Mann, der eine Pistole bei sich führte und des sog. Neujahrsschießens stark verdäch­tig war. Der 18jährige Bursche ging heim und er­schoß sich aus Angst.

In Weingarten wollte ein Manu einem Schulknaben die Handhabung eines Revolvers zei­gen. Dieser ging dabei los, der Schuß traf den Knaben in den Mund, die Kugel prallte aber an den Zähnen ab, so daß nur eine leichte Fleischwunde die Folge war. (Der muß gewiß ein gutes Gebiß haben.)

Eine unvermutete Weihnachtsbescheerun g wurde einem Wirt in .Kuhardt zu Teil. Dessen Frau beschenkte ihn mit Drillingen, zwei Knaben und ein Mädchen; Mutter und Kinder sind gesund. Die Taufe der jungen Weltbürger ging unter großartiger Beteiligung der Gemeinde vor sich.

Die gestern in Leipzig abgehaltcuc Versamm­lung der Wolliudustricllen war von einigen hundert Interessenten aus allen Teilen Deutschlands besucht. Die Versammlung beschloß einstimmig in Erwägung, daß die deutsche Landwirtschaft im Stande sei, der Wollindustrie ein Quantum von 2 400 000 Zentnern Wolle zu liefern, daß aber die Wollindustrie durch den Zoll in ihrer Weiterentwickelung aufgehaltcn, ihre Konkurrenz im Jnlande in Frage gestellt und ihre Exportsähigkeit vernichtet werden würde, gegen die Einführung des Wollzvlles zu Protcstircn, und

Petitionen an den Reichstag und Bundesrat zu richten.

Berlin, 30. Dez. Eine große Versammlung Berliner und altdeutscher Spiritushändlcr tagte hier gestern. Sie beschloß eine Petition gegen das Monopol und eine lebhafte Agitation in diesem Sinne.

Berlin, 3. Jan. Aus Liegnitz wird geschrie­ben: Ein Neujahrsgeschenk, das eine große Anzahl von Familien erffeut, ist die Begnadigung der we­gen Insubordination beim Baden zu längeren Fe­stungsstrafen verurteilten Königsgrenadiere zur Hälfte ihrer Strafe. Nur dem mitschuldigen Einjährigfrei­willigen ist die Begnadigung nicht zu teil geworden, wohl weil diesem bei seiner höheru Bildung eine größere Verantwortlichkeit für seine Weigerung, zu gehorchen, beigemessen ist.

Berlin, 4. Jan. In gut unterrichteten Krei­sen verlautet, die Regierung sei entschieden gegen den Wollzoll.

Berlin, 4. Jan. Nicht eine allgemeine Am­nestie, sondern eine Anzahl von Begnadigungen, von Fall zu Fall geprüft, ist gestern erfolgt. Besonders besprochen wird die überaus herzliche Weise, mit wel­cher der Kaiser gestern Bismarck und Moltke begrüßte und ihnen dankte; auch die Kaiserin sagte dem Für­sten Bismarck warme Dankesworte, während welcher dieser der Kaiserin die Hand küßte. Der Kaiser hatte den Fürsten Bismarck wiederholt umarmt. Der allgemeine Eindruck war, daß in diesem Moment sich die Geschichte der vergangenen 25 Jahre per­sonifiziere.

Berlin. 4. Jan. Der Urenkel Moses Mcn- delssohn's, Geh. Kommerzienrat Franz Me ndels- sohn, hat der Universität eine Schenkung von 150000 ^ für Studierende der philosophischen Fa­kultät gemacht.

Berlin, 4. Jan. Aus allen Städten des Reichs und denjenigen des Auslandes, in denen Deutsche wohnen, laufen Telegramme ein über die festlichen Veranstaltungen, welche zu Ehren des 25- jährigcn Regierungsjubiläums des Königs Wilhelm begangen wurden. Wenn der schönste Lohn, den ein Herrscher für sein Wirken empfangen kann, die Liebe des Volkes ist, so konnte Kaiser Wilhelm an seinem gestrigen Jubeltage sich überzeugen, sofern es dessen überhaupt noch bedurft hätte, daß er geliebt wird, wie vor ihm kein Monarch der Erde.

Berlin, 4. Jan. Die Illumination der Stadt am gestrigen abend war glänzend. Bei dem von den Kriegervereinen abends in der Garnisoukirche veran­stalteten Festgottesdienfte feierte wiederum Hcffpredi- ger Frommel den Kaiser als Friedeusfürsten. Bei der Festvorstellung im Opernhausc, welcher das Kai­serpaar mit allen Familienmitgliedern, der König von Sachsen und die andern fürstlichen Gäste bei­wohnten, wurde dem Kaiser beim Eintritt und beim Verlassen des Hauses unter Hüte- und Tücherschweu- ken ein dreimaliges begeistertes Hoch dargebracht, der Kaiser trat an die Brüstung und dankte, sich huld­voll verneigend, nach allen Seiten.

Berlin, 5. Jan. Der Kaiser hat nicht eine Amnestie, sondern eine Anzahl Begnadigungen unterzeichnet, welche sich nicht auf politische Verbre­chen beschränken, und welchen genaue Untersuchungen der einzelnen Fülle zu Grunde liegen.

Berlin, 5. Jan. Die Post-Sparkassen-Vor- lage wird iu der gegenwärtigen Reichstagssession nicht wieder eingebracht werden.

Berlin, 5. Jan. DieNordd. Allg. Ztg." erinnert daran, daß am 1. Jan. 10 Jahre verflos­sen sind seit Einführung der jetzigen Münzgesetzge­bung. In dem Umstande, daß kaum Jemand dieses Jubiläums Erwähnung gethan, erblickt das Kanzlcr- organ den Beweis, wie sehr wir uns in die neuen Müuzverhältnisse hineingelebt haben und wie gering die Neigung ist, zu der früheren Vielgestaltigkeit zn- rückzukehren.

Die festlichen Klänge vom 3. Januar sind nun verhallt, aber in den Herzen aller echten Deutschen in- und außerhalb der Rcichsgrenzcn klingt die Ju­belfeier Kaiser Wilhelms nach. Dieselbe bewegte sich allerorten, wo man sic beging, nur im einfachen Rahmen und dies entsprach ja nur den Wünschen des greisen Monarchen; eine Ausnahme machte jedoch die öieichshauptstadt, wie das ja auch ganz natürlich erscheint. Bei der Feier am Hofe bot die Gratu- lationsconr, welche die Kaiserlichen Majestäten im Weißen Saale des Palais abhielten, ein glänzendes Bild dar, dessen Mittelpunkt selbstverständlich das