Trotz dieses niederen Preises macht man vielfach noch ein gutes Geschäft, da der Ertrag sehr reichlich ist; anderswo sreilich rechnet man kaum aus einen halben Herbst. Die Güte des 1885er wird sehr verschieden beurteilt; im allgemeinen glaubt man, daß es ein recht wohl trinkbarer Wein werde.
Stuttgart, iS. Okt. (Mehlbörse.) An heutiger Börse sind von inländischen Mehlen 1100 Sack als verkauft zur Anzeige gekommen, zu folgenden Preisen: Nr. 0 30 — 31 50
Nr. 1 28 -28 Nr. 2 26—27 >«, Nr. 3 24—25 Nr. 4 20—21 50 -1. In ausländischen Mehlen kein Handel.
Stuttgart, 19. Okt. (Landesproduktenbörse.) Wir notiere» per 100 Kilogr.: Weizen niederbaycrischer -tL 19.60 bis 20, russischer Sax. 20, serbischer 19.10, Paper, fränkischer 19.40—19.75, Kernen, bayerischer ^ 19.60, Haber 12.20-12.80.
Stuttgart. (Gewerbchalle). Dienstag den 27. Oktober wird der Späljahrs-Baummarkt abgehaltcn. Wie sernd, so wird auch Heuer in schöner starker Ware große Auswahl geboten werden. — Mit dem Baummarkt wird ein Honigvcr- kauf verbunden, veranstaltet vom Verein der Wiirtt. Bienenzüchter. Nur garantiert reine Ware einzukaufen ist hier beste Gelegenbeit geboten.
Konkurseröffnungen. Albert Rommel, Bierbrauer zum Schwan in Oberndorf. Feist Horkheimer, Kaufmann in Stuttgart, Teilhaber der offenen Handelsgesellschaft Schwarzen- derger und Horkheimer. Heinrich Wolf Schwarzenbergcr, Kaufmann in Stuttgart, Teilhaber der offenen Handelsgesellschaft Schwarzenbergcr und Horkheimer. Friedrich Buhler, gewes. Bahnhosrestaurate ur in Ulm. __
Die ^lebüngskm-er. Nachdruck
Novelle von M. Gerbrandt. verboten.
(Fortsetzung.)
Alexander, der bereits Leonies Arm durch den seinen gezogen hatte und einige Schritte mit ihr vorausgegangen war, wandte sich jetzt schnell zurück und sah Valerie, still und ohne Murren, eben im Begriff, ins Haus zu treten.
„O gnädige Frau, heut können solche Erfahrungen doch nur den Eindruck unserer Idylle erhöhen," sprach er bittend. „Oder im Notfall warten wir, bis uns Fräulein Valerie begleiten kann."
„Ach immer warten!" rief Leonie verdrieslich.
„Aber Fräulein Leonie, wenn Sie ihrer Schwester einen Gefallen damit thun?" —
„Sie denken nur immer an meine Schwester! Valerie ist Ihr drittes Wort," schmollte Leonie.
Er errötete und biß sich auf die Lippen.
Valerie lächelte bitter. Wie oft hatte sie ihn so zornig erröten und im nächsten Moment bei Leonies erstem einlenkenden Wort wieder liebenswürdig nachgeben sehen!
Auch jetzt bezwang er sich schnell, ergriff Leonies Hand und sagte, sie nach dem Hause zurückführend, mit leichtem Scherz:
„Fräulein Leonie, Sie wissen, daß ich auf einen Wink Ihrer schönen Hand mein Pferd über jene Hecke dort spornen würde, aber dies eine einzige Mal haben Sie die Güte, auch meine Wünsche gelten zu lassen!"
„Valerie, wie ist das Dir möglich!" rief Frau Wolter, unv es bebte für den Kundigen schon ein nahes Ungewitter in ihrer Stimme. Das junge Mädchen wollte sich errötend zurückziehen, aber Alexander legte schnell die Hand auf ihren Arm. „Gnädige Frau, ich habe mich nun einmal darauf capriciert, heute mein Glück möglichst ungeteilt zu genießen," sagte er liebenswürdig drängend.
Sie lächelte nachgebend, wenn auch Valerie wußte, daß es keineswegs vergebend war.
Sie machen Ihre Kunst der Unwiderstehlichkeit selbst bei den Müttern geltend," sprach Frau Wolter. ,,Nun dann geht mit meinem Segen!"
„Und mit dem meinen!" sagte Leonie schnippisch, sich von ihrem Begleiter losmachend.
Gnädiges Fräulein, das soll heißen —" rief der junge Mann erglühend. —
„Wo man meiner Gesellschaft so wenig Wert beimißt, mag ich mich nicht aufdrängen. Es ist Ihnen jedenfalls genug, wenn Valerie mitgeht."
„Leonie!" rief die Mutter erzürnt.
Aber das Töchterchen hatte sich an das Holzgitter der Laube gestützt, hielt die Hand über die Augen und betrachtete angelegentlich die nächsten Baumwipfel.
Alphons fand die Situation so komisch, daß er trotz des Aergers seiner Mutter in lautes Lachen ausbrach.
„Halten wir uns dann nicht auf," sagte Alexander gelassenen Tones. Er nahm Valeriens Arm, verbeugte sich und ging.
„Sie dürfen Leonie nicht hart beurteilen," sprach Valerie, als sie außer Hörweite der Uebrigrn waren. „Sie ist noch ei» halbes Kind."
„O ja — ein Kind!" sagte Alexander gedehnt. Noch brannte die Röte der Erregung auf
, seiner Stirn, aber er bemühte sich offenbar, sie nichts ! davon merken zu lassen, und lenkte die Unterhaltung auf ein anderes Gebiet.
Aber bald verstummten sie Beide und gingen sinnend neben einander her.
„Mir ist, seit wir allein sind und es so still um uns geworden, als wären wir jetzt erst im (Walde," sprach er plötzlich.
^ Auch Valerie fühlte sich in weihevolle Stimmung versetzt, und die eben erlebte peinliche Scene, die erzürnten Menschen, die sie hinter sich gelassen, alle Sorgen ihres Lebens schienen ihr weit, weit in unabsehbarer Ferne.
„Ich bin so selten im Walde gewesen," sagte sie leise, selbst befangen darüber, daß sie im Begriff war, gegen einen Anderen als den Bruder Arthur ihr innerstes Fühlen zu offenbaren. — „Allein oder zu Zweien war ich niemals hier. Ich dachte mir immer, daß es wunderschön sein müßte, mit gleichgestimmten Seelen die Poesie des Waldes zu bewundern."
„So sind Sie nun auch einmal glücklich im Walde?"
„Ja — o ja!" rief sie mit leuchtenden Augen.
„Da haben wir uns Beide unvermutet als ein Paar Waldschwärmer zusammengefunden," entgeg- nete Alexander. „Ich wünschte, wir könnten nun gehen, weiter und immer weiter, bis wir vergäßen ob es noch mehr Menschen giebt oder nur uns Beide, Sie und mich."
Er brach einen jungen Buchenzweig und nahm ihn zwischen die Lippen. Sein Blick, wie er ihn ringsum in die grüne Waldnacht tauchen ließ, leuchtete vor innerem Vergnügen. Sie hatte ihn oft so angeregt gesehen, denn er war eine bewegliche Natur, aber dann hatte es nicht ihr gegolten, hatte er nicht gegen sie sich ausgesprochen.
„O sehen Sie — die weiße Blume dort!" rief sie plötzlich.
Ein Waldrosmarin," entgegnete er, ließ ihren Arm frei und ging, ihr die Blume zu holen.
Valerie stand hoch aufatmend still. Um sie her zwitscherten die Vögel, die Sonnenstrahlen huschten durch die Lücken des dichten Laubwerks und tauchten hier und da einige Aeste und Zweige in schimmerndes Licht. Sanft, wie der Athem Gottes ging ein leises Säuseln durch die Buchenhallen. Nie war für Valerie die Welt so schön gewesen, niemals ! Sie schloß die Augen und fragte sich, ob das Wirklichkeit sei, oder ein holder Traum.
Aber kein Ding wächst so verborgen, es kommt sein Blütetag!" —
Jetzt kam er zurück, legte schweigend mit einem tiefen Blick in ihre Augen, den Blütenzweig in ihre Hand, und dann gingen sie weiter. Der Hügel, auf dem die Kapelle lag, war allerdings mühsam zu erklettern, aber Valerie war nie im Leben einen angenehmeren Weg gewandelt. Er bog die wilden Rosen- und Brombeerranken zurück, die ihr Fallstricke zu werden drohten. Dabei blickte er so eigentümlich sinnend auf sie nieder, und Valerie ahnte nicht, daß er nur dachte, wie unzählige Male Leonie hier mit ihren Spitzen hängen, mit ihren hohen Absätzen stecken geblieben wäre.
Die Kapelle hätte mit ihrer Umgebung vielleicht ein Stimmungsbild abgegeben, das als Illustration zu Uhlands bekanntem Gedichte hätte dienen können. Aber jetzt blühte aus dem Tode bereits neues Leben. Denn über die einstigen Gräber, um die verwitternden Mauerreste schlang sich üppig wuchernd, die Trümmer verhüllend, mit Blumen übersäet, das frische Grün.
Hoch aufatmend standen sie oben still. Sie blickten ringsum und dann einander an, und als er ihr Antlitz verklärt sah von rosigem Freudenschimmer, da rief er ihre Hände ergreifend:
„So fröhlich können Sie aussehen? Ich habe es bisher nie gewußt!"
Er lachte, sie lachte auch — nicht scherzend, nein in unbewußtem, nach Aeußerung strebenden Entzücken.
„Ich bin auch noch nie so fröhlich gewesen," entgegnete sie, nahm den Hut ab. schüttelte das dunkle Haar aus der Stirn und blickte den Weg zurück, den sie hergekommen. Sie dachte an die zürnenden Menscheu, die sie zurückgelassen, an den Abend, der ihr heute bevorstand, an ihr ganzes übriges Leben, das dunkel und einsam sein'würde wie bisher. Aber das Alles vermochte nicht einmal
einen Schatten auf die strahlende Heiterkeit ihrer Seele zu werfen.
„Fräulein Valeriebegann Alexander von Starkow wieder, „oft habe ich Sie fragen wollen, ob Sie nicht auch Gesang treiben. Ich bin überzeugt, gerade Sie müßten singen, wie es mir am meisten zu Herzen geht. Darf ich Sie um ein Lied bitten? Nur ein kleines einfaches!"
„Wenn Sie mich nicht ansehen wollen, werde ich einen Versuch machen." entgegnete sie.
Er setzte sich aus die Stufenrcste des einstigen Altars, und sie, leicht auf ein Mauerstück gelehnt, sang, halb von ihm abgewandt:
„In dunkler Nacht,
„Wcnn's Aug' noch wacht,
„Wenn noch der Schlaf Dein Lag.c sti.ht,
„Nur grüßend leis voriibcrzieht —
„Dann macht' ich wohl so ganz, so ganz allein
„Dein einziger Gedanke sein!"
Er ergriff ihre Hand, als sie geendet. Sie wandte sich langsam herum, ihre Augen standen voll Thräncn. Lang tauchten ihre Blicke in einander. Er atmete tief, und sie, zitternd neben dem erregten Manne stehend, sah nicht, aber sie füblte den Moment nahen, wo er sie stürmisch in seine Arme ziehen und heiße Küsse auf ihr Antlitz drücken würde. —
„Alexander! Valerie! Seid ihr noch dort?" klang plötzlich won unten her eine Stimme. Und aus die Antworr^fnhr Alphons fort: „Na, dann bitte, kommt schleunigstvHerab, die anderen Herrschaften aus der Stadt sinofchon angelangt, und Leonie steht hier xeumütig — aber kommt nur vorerst zum Vorschein!"
_ (Fortsetzung folgt). _
Allerlei.
— Unverhoffte Freude. Eine Pfändung, welche ein Gerichtsvollzieher in der Behausung eines Frankfurter Schuhmachers vornahm, sollte, was sich der Letztere nicht träumen ließ, zu seinem Segen werden. Der Gerichtsvollzieher erlaubte dem Schuhmacher, sämtliche Schubladen der Kommode und des Schrankes zu räumen. Letzterer kam dabei an eine Menge vergilbter Papiere, als seine Ehehälfte, von unwiderstehlicher Neugierde getrieben, ein altes Kontiert ergriff, das sich darunter befand, und dasselbe öffnete. Sie entfaltete ein Blatt Papier, welches der Gerichtsvollzieher als ein Benetianer 30-Lire-Los erkannte und mit Beschlag belegte. Bor einigen Tagen erschien nun der Beamte abermals in der Wohnung des Schuhmachers und berichtete dem Erschrockenen, daß er die Siegel von den Möbeln wieder abzunehmen uM einige tausend Mark zu bringen habe, indem das gepfändete Los einen großen Treffer gezogen. Welche Freude hierauf in der Familie des Schuhmachers herrschte, die das Los wegen eines darauf befindlichen Berlosungsplanes für einen italienischen Kalender gehalten hatte, läßt sich schwer beschreiben.
— Bäcker-Doktor. Ein promovierter Bäckermeister dürfte wohl ein Unikum sein. Die Po- sener Ztg. enthält eine Annonce, daß auf dem Petriplatz eine „Karlsbader Bäckerei" errichtet worden ist, welche das „Hochverehrte Publikum" um geneigten Zuspruch ersucht. So weit ist an der Anzeige nichts Auffallendes. Unterzeichnet ist dieselbe aber mit: Or. xliil. A. v. Grabski, Bäckermeister.
— Die Kosten des deutsch-französischen Krieges von 1870 waren, im Vergleich mit andren Kriegen der Zeit, nicht allzu groß. Frankreich wandte ungefähr 7 791000000 auf, wozu noch ungefähr 3 633000000 vkL für das abgetretene Gebiet gerechnet werden können. Die deutschen Kriegskosten waren natürlich geringer, da die Truppen auf feindlichem Boden operierten. Von deutscher Seite wurden amtlich 987000000 vkL Kriegskosten berechnet. Andre zeitgenössische Kriege waren verhältnismäßig viel kostspieliger. So kostete der amerikanische Sezessionskrieg 6 930000000 vkL Der Krimkrieg kostete England 3 507 000 000 und die Expedition nach Abessinien ungefähr 179 000000 viL
— Welches ist die Achnlichkeit zwischen einer Tournüre und einem Panorama? Bei beiden weiß man nicht, wo die Kunst aushört und die Natur beginnt. _
vldeuburgische 3 pCt. 4V Thaler Loose vo»
18V1« Die nächste Ziehung findet am I. November statt. Gegen den Kur-verlust von ca. 33 Mark bei der Auslassung übernimmt das Bankbaus Carl Neuburger, »erli«, KrauzSfische Strotze 18, die Versicherung für eine Prämie von 8V Pf. pro Stück.
Scrantwortkicher Redakteur Steinwandelin Nazold. — Druck und Berla, der S. W. Zaiser'schen vuchhandlunz in Nazold.