hoch! Nachdem das begeistert aufgerwnimcne Hoch verklungen war und die Musik auf der Straße die Nationalhymne angestimmt hatte, dankte der Kaiser für die Worte des Redners. Der Kaffee wurde in den Parterresälen des Hauses genommen und erst nach halb 8 Uhr verlieh der Kaiser die Kommandantur und kehrte ins Schloß zurück. — Im Ministcrhotcl des Auswärtigen bei Hru. Minister v. Mittnacht war um 5 Uhr ein großes Diner, bei dem der deutsche Kronprinz erschien; hier waren 29 Personen geladen. Das Hotel und namentlich die Empfangsräume, das Treppenhaus re. waren reich geschmückt. — Prinz Wilhelm von Preußen war bei dem Kriegsminister v. Steinheil, mit ihm der prcuß. Kriegsministcr Bron- sart v. Schcllendorf und die Herzöge Albrccht und Urach. Die Ausschmückung von Saal und Treppenhaus mit Grün und Waffen war sehr schön.
Stuttgart,. 24. Sept. König Karl sprach auf Veranlassung des Kaisers dem Oberbürgermeister Dr. v. Hack in einem Handschreiben den Dank aus für den Empfang, der dem Reichsoberhaupt in Schwaben geworden.
Der kommandierende General v. Schachtmeyer ist vom Kaiser zum Inhaber des Pommer'- fchen Füsilier-Regiments Nr. 34 (in Stettin) ernannt worden.
Vom deutschen Kronprinzen wird uns heute noch folgende Aeußcrung berichtet: Bei der Kaiscrparade am Samstag trat der Kronprinz an einen der ländlichen Kriegervcreine heran und srug den ersten, ob er 1870 beim Ausmarsch gewesen? „Nein, Kaiserliche Hoheit," war die Antwort. „Aber Sie?" fragte der Kronprinz ven zweiten. „Oui", sagte derselbe. „Ah, siehe da. Sie sprechen H französisch," meinte der Kronprinz. Der Präsident des Vereins, der befürchten mochte, der Mann könnte sich weitere, seiner Meinung nach ungeeignete Bemerkungen erlauben, wandte sich an den Kronprinzen und sagte: „Halten zu Gnaden, Kaiserliche Hoheit, der Mann ist der Dümmste im Verein." „Das finde ich nicht," äußerte sich der Kronprinz, „der Mann hat von seinem Aufenthalt in Frankreich profitiert und wartete offenbar nur auf die Gelegenheit, um zu zeigen, daß er nichts vergessen hat. Adieu, Kameraden!"
Am Dienstag Vormittag 8 Uhr wurden von dem D e ut- schen Kronprinzen die Vorstände der Freimaurerloge zu den 3 Cedern empfangen. Se. Kais. Hoheit nahm die ihm dargcbrochte Huldigung gnädigst entgegen und unterhielt sich mit den Deputationen über die Aufgaben und Ziele des Freimaurcrbundcs.
Am Sonntag ist der Erbgroßherzog von Baden auf Schloß Hohenburg bei Tölz an's Kreuz geschlagen worden. Möge es ihm leicht sein, die liebliche Prinzessin Hilda von Nassau hilft ihm tragen.
Nürnberg, 23. Sept. Der volkswirtschaftliche Kongreß wurde heute geschlossen. Die Kolonialfrage wurde von der Tagesordnung abgesetzt. Ueber den Normalarbeitstag und den Normalarbeitslohn wurde folgendes beschlossen: Eine Reduktion der Arbeitszeit, soweit sie unbeschadet der industriellen Leistungsfähigkeit möglich, ist als wichtiger Kulturfortschritt anzuerkennen und anzustreben. Insofern daher in einzelnen Gewerbebetrieben die regelmäßige Dauer der Tagwerkszeit eine zu lange ist, muß auf eine Verbesserung der Arbeitsverhältnisse durch Abkürzung der Arbeitszeit hingewirkt werden. Dagegen ist die Einführung eines allgemeinen Maximalarbeitstags für alle gewerbliche Hilfspersonen nicht zu befürworten. Die amtliche Feststellung des Normalarbeitslohnes, welche mit der gesetzlichen Feststellung des Maximalarbeitstages Hand in Hand gehen müßte, erscheint ebenso undurchführbar als unzulässig.
Berlin, 21. Sept. Gegen undeutliche Namensunterschriften richtet sich die nachstehende, an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassende Verfügung des Reichskanzlers, welche gegenwärtig von den Provinzialbehörden in Erinnerung gebracht wird: „Mehrere Herren, welche Aktenstücke an mich einreichen, schreiben ihren Namen so, daß die Unterschrift zwar ihnen selbst als Ausdruck desselben gelten kann, für andere indessen unverständlich bleibt. Es ist dies absolut unzulässig und eine deutliche Unterschrift nicht allein aus Pflichten des Amtes, sondern schon aus denen der Höflichkeit notwendig. Auch abgesehen von meiner Person, hat jedermann, welcher eine amtliche Zuschrift erhält, das Recht, den darunter befindlichen Namen mühelos und ohne Zuhilfenahme des Staats- Handbuches außer Zweifel zu stellen. Es wird mir unerwünscht sein, wenn ich genötigt werde, einzelne Herren besonders und persönlich aus diese Verpflichtung aufmerksam zu machen; ich werde aber dazu schreiten, sobald mir wieder Veranlassung geboten werden sollte. Ich stelle die dienstliche Forderung, daß jeder Beamte seinen Namen so schreibt, daß er nicht allein entziffert, sondern auf den ersten Blick geläufig gelesen werden kann.
(gcz.) v. Bismarck."
Berlin, 22. Sept. Wiederum ist ein wichtiger Teil des osiafrikanischen Gebietes in deutschen Besitz übergegangen. Aus dem Bureau der deutschostafrikanischen Gesellschaft wird der „Tägl. Rundsch." mitgeteilt, daß Herr Regierungsbaumeister Hörnecke, welcher bekanntlich mit einer großen Expedition an den Tana beordert und durch die feindselige Haltung des Sultans während längerer Zeit am Vormarsch gehindert war, wie zwei Depeschen aus Aden Mit
teilen, durch eine Reihe von Verträgen die Gebiete nördlich des Kilimandscharo bis an den Tana hin in den Besitz der Deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft gebracht und dadurch den Anschluß der Gebiete dieser Gesellschaft bis an das ebenfalls deutsche Witu im Wesentlichen vollzogen hat.
Berlin, 22. Sept. Bezüglich der Karolinenfrage wird der Voss. Z. auf indirektem Wege telegraphiert: Madrider Nachrichten sprechen von einem ernsten Unwohlsein des Königs. Die Untersuchung gegen 17 Teilnehmer an der Beschimpfung der deutschen Fahne ist fast beendet. Die Gerichtsverhandlung wird demnächst stattfinden. Die Anklage lautet auf Verunglimpfung einer befreundeten Macht, wodurch Spanien in Kriegsgefahr gebracht worden sei. Auf dieses Verbrechen steht schwerer Kerker mit Zwangsarbeit. In Kuba soll große kriegerische Begeisterung herrschen, namhafte Kaufleute hätten der spanischen Regierung dritthalb Millionen Fr. an- geboten und den Abbruch aller Handelsbeziehungen zu Deutschland beschlossen. Zwei Redakteure von Cadiz und Santander wurden wegen aufreizender Artikel verhaftet und 6 Madrider Zeitungen beschlagnahmt, darunter selbst die nichtpolitische Illustration. Französische, belgische und englische Firmen überhäufen die Regierung mit Kreuzer- und Kanonen-Ver- kaufsanträgen.
Berlin, 22. Sept. Einem Telegramm der „Boss. Ztg." zufolge hat in Bordeaux eine neue deutschfeindliche Kundgebung der Spanier stattgefunden. Gegen 700 Personen nahmen daran Teil. Sämtliche Redner versicherten, lieber Krieg als Schiedsgericht zu wollen. Man trennte sich unter den Rufen: „Die lateinische Rasse lebe hoch! Nieder mit den Usurpatoren."
Berlin, 22. Sept. Die „Nordd. Allg. Ztg." sagt heute Abend in einem Leitartikel, wenn Spanien Krieg gegen Deutschland unternehmen sollte, was sie nicht glaube, dann würde allerdings Cuba für uns ein wichtiges Angriffsobjekt bilden, wobei aber der Gedanke, sich der Insel dauernd zu bemächtigen, fern liege.
Berlin, 23. Sept. König Albert von Sachsen hat nach einer Mitteilung der „Schles. Ztg" die vom Herzog von Braunschweig ererbte Herrschaft Medzibor für zwei Millionen Mark, nicht für sechs Millionen, wie von anderer Seite bemerkt, an den Landrat v. Buddenbrock verkauft.
Berlin, 23. Sept. Als verbürgt kann mitgeteilt werden, daß Herr von Freycinet den auf ihre Posten schleunigst zurückkehrenden Botschaftern Waddington (London), Baron Courcel (Berlin), General Appert (Petersburg) bezüglich der rumelischen Frage Instruktion gegeben hat, daß Frankreich keinen anderen Zweck verfolge, als die Einigkeit unter den Unterzeichnern des Berliner Vertrages aufrecht zu erhalten. Falls Solches notwendig erachtet werden sollte, wird Frankreich dem Vorschläge einer Konferenz beistimmen und sich jedenfalls allen Maßregeln anschließen, welche geeignet erscheinen, den gesetzlichen Zustand in Rumelien wieder herzustellen und die Ausdehnung des Aufstandes auf andere türkische Provinzen zu verhindern.
Berlin, 23. Sept. Die Times meldet aus Wien, die österreichische Regierung erachte die Türkei für befugt zur Niederwerfung des Aufstandes und Bestrafung des Fürsten Alexander, sie halte es jedoch für weise gehandelt, wenn die Pforte ihre unbestrittenen Rechte nicht ausübe, sondern eine internationale Konferenz berufe; letzteres, sowie die Absetzung des Fürsten Alexander und Herstellung eines einigen Bulgarien werde von Rußland gewünscht.
Aus der „Bism arck-Schönhausen-Stistuiig empfängt ein Mathematiker Dr. Ernst aus Maikammer (bayerische Pfalz) 1000 , nachdem er sich bereits durch eine preisge
krönte Arbeit ein zweijähriges Stipendium von je 2100 ^ erworben hat.
Der national-liberale Parteitag in Hannover der am vergangenen Sonntag abgehalten wurde, war von etwa 500 Personen besucht. Bennigsen hielt eine Rede, in welcher er das Zusammengehen der gemäßigt liberalen und gemäßigt konservativen Elemente gut hieß und es als die hauptsächlichste Aufgabe der Mittelpartei bezeichnet, den Ultramännern auf der rechten und linken Seite scharf gegenüber zu treten. Die Versammlung nahm dann einstimmig eine Resolution an, in der die Durchführung der Sozialreform, die Erhaltung eines kräftigen Handwerker- und Bauernstandes, die Durchführung der Selbstverwaltung und der Kampf gegen die Ueber-
griffe der römischen Hierarchie als Ziele der Partei hingestellt werden.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 21. Sept. In Belgrad hat die Nachricht von einer bevorstehenden Annexion Bosniens durch Oesterreich und der Bereinigung der bulgarischen Länder zu einem Staate bereits eine ungeheuere Aufregung hervorgerufen und König Milan hat sich schleunig nach seiner Heimat begeben. Die Begehrlichkeit der Kleinen ist nicht geringer als diejenige der Großen. Wenn Bulgarien vergrößert wird, muß dann nicht auch Serbien etwas erhalten, und wenn die Grenzen des Königreiches, über welches Milan herrscht, ausgedehnt werden, soll Griechenland dann leer ausgehen? Bon dem Nimmersatten Montenegriner nicht zu reden. Die größte Gefahr für den Frieden würde jedoch entstehen, wenn der Fürst von Nord- und Südbulgarien nicht stark genug sein sollte, , die durch ihre leichten Erfolge übermütig gemachten panbulgarischen und panslavistischen Komites im Zaume zu halten und wenn dieselben sofort den Versuch machen würden, auch noch die Westbulgaren unter das milde Szepter Alexander's I. zu bringen. Nach dieser Richtung würde die Pforte sicher keinen Spaß verstehen und nur die Ueberzeugung, daß eine weitere, als durch die Bereinigung Ostrumeliens mit Bulgarien bedingte Verstärkung des bulgarischen Elements nicht in der Absicht der europäischen Mächte, natürlich mit Ausnahme Rußlands, liegen kann und daß letzteres alle Ursache hat, zunächst noch innerhalb des Einverständnisses mit Deutschland und Oesterreich zu bleiben — nur diese Ueberzeugung, sagen wir, läßt es uns wahrscheinlich erscheinen, daß alle Mächte, einschließlich Rußlands, sich bemühen werden, die durch die Erhebung in Philippopel hervorgerufcne Bewegung in derselben Weise einzuschränken, wie dies vor 26 Jahren anläßlich der Bereinigung der Moldau und Wallachei geschah.
Wien, 22. Sept. Heute liegen noch folgende Meldungen vor: Fürst Alexander von Bulgarien zeigte den Mächten die Einverleibung Ostrumeliens in Bulgarien nebst seiner Bereitwilligkeit an, das Gesamtfürstentum der türkischen Oberhoheit unterzuordnen.
Wien, 22. Sept. Der „Politischen Korre- :
spondenz wird aus Belgrad telegraphiert: Nach ^
einer Beratung des Ministerrats unter dem Vorsitz des Königs ist ein Ukas erschienen, welcher die Mobilisierung der Armee verfügt und die Skupschtina f für den 1. Oktober nach Nisch einberuft. Ferner wird der Preßprozeß und das Bersammlungsrecht einstweilen außer Geltung gesetzt.
Aus Wien wird geschrieben: In diplomatischen Kreisen taucht eine überraschende Lösungsform für die ostrumelische Frage auf. Fürst Alexander soll Ost- rumelien nicht in vollständiger, einheitlicher Verbindung mit Bulgarien, sondern als gesonderten Bestandteil seines Landes unter türkischer Oberhoheit fortverwalten, gewissermaßen als erblicher Statthalter.
An die Pforte sind freundschaftliche Vorstellungen ergangen, der Lösung des Konflikts nicht durch Waffengewalt vorzugreifen. Serbien, welches Truppen in Nisch koncentriert hat, geht im Einvernehmen mit Oesterreich vor, welches durch jede gegen Serbien gerichtete Aktion zum Eingreifen bestimmt werden würde.
Frankreich.
Paris, 23. Sept. In einem Rundschreiben an die Mächte teilt die Pforte mit, daß sie von dem Fürsten Alexander ein Telegramm erhalten habe, worin derselbe sagt, das Volk von Ostrumelien habe ihn zum Fürsten ausgerufen und um Annahme der Herrschaft gebeten. Dieser Bitte entsprechend, sei er nach Philippopel gekommen und habe die Regierung der Provinz übernommen. Die Türkei möge überzeugt sein, daß der Schritt keineswegs gegen die !
türkische Regierung gerichtet sei, da Fürst Alexander ! die Oberhoheit des Sultans über beide Provinzen vollständig anerkenne. Er bitte den Sultan, den Schritt gutzuheißen und dadurch einen neuen Beweis , seiner wohlwollenden und gnädigen Gesinnung zu !
geben, die er stets den Provinzen erwiesen habe.
Nach Anführung dieser Depesche beauftragt die Pforte ihre Botschafter, den Regierungen mitzuteilen, daß sie von Art. 16 des Berliner Vertrages Gebrauch mache. !
Paris, 23. Sept. Eine offizielle Depesche aus Konstantinopel meldet den Abmarsch türkischer Truppen unter Mukhtar Paschas Oberbefehl nach Rumelien.