Nach der großen Kaiserparade am Samstag findet im Weißen Saale des Residenzschlosses Paradetasel statt. Sonntag nachmittag folgt der Kaiser einer Einladung des Thronfolgers Prinzen Wilhelm zur Tafel, welche im Königsbau stattfindet. An demsel­ben Tage sind die fremdherrlichen Offiziere bei dem kommandierenden General von Schachtmeyer zum Essen eingeladen. Abends ist im Hoftheater Gala­vorstellung: zur Aufführung gelangt Weber's Oper Oberon", welche am 11. d. M. zur Feier des Ge­burtstages der Königin neu einstudiert und in pracht­voller neuer Ausstattung zum ersten Male wieder seit den sechziger Jahren gegeben wurde. Am Mon­tag beginnen die Feldmanöver, welchen der Kaiser und der König beiwohnen werden. Am Montag abend ist Tafel bei dem Prinzen Hermann zu Sachsen-Weimar. Am Dienstag nimmt der Kaiser mit Gefolge das Mahl bei dem kommandierenden General v. Schachtmeyer ein. Am Mittwoch nach 2 Uhr ist Familientafel bei dem Kaiser im Residenz­schloß und an demselben Tage um halb 5 Uhr er­folgt die Abreise des Kaisers nach Karlsruhe.

Maulbronn, 18. Sept. Se. Kaiser!, nnd Königl. Hoheit der Kronprinz des deutschen Reichs und von Preußen mit Sr. Kgl. Hoh. dem Prinzen Arnulf von Bayern und drei höheren Offizieren ha­ben heute das Kloster Maulbronn besichtigt. Ob­gleich die Kunde von der Absicht Sr. Kais. Hoheit erst gestern Abend hieher kam, hatte heute ganz Maul­bronn ein Festgewand angelegt; Jung und Alt war auf den Beinen, um den berühmten Feldherrn und künftigen Kaiser zu sehen.

Brandfälle: In Wangen (Göppingen) am 16. Sept. die Scheuer des Michael Rau mit sämtlichen darin aufbewahrten Felderzeugnissen.

Frankfurt a M., 18. Sept. Der Verteidiger des Julius Lieske, Herr Dr. Festet, hat ein Begna­digungsgesuch für seinen Klienten bei dem Könige eingereicht; Lieske selbst hat eine Wiederaufnahme des Beweisverfahrens beantragt, denn er will von dem geplanten Morde wohl Kenntnis gehabt, ihn aber nicht ausgeführt haben. Er soll den Thäter und Mitschuldigen genannt haben. Einige der Ge­nannten sollen in Amerika leben, andere nicht auf­zufinden sein.

Kassel, 17. Sept. Der Mörder des Polizei­rats Rumpfs, Julius Lieske, welcher in der Straf­anstalt Wehlheiden interniert ist, wird, dem Verneh­men nach, demnächst hingerichtet werden. Den Bei­stand des Anstaltsgeistlichen hat er bisher abgelehnt.

Wunder der Pferdedressur. Hrn. Franz Renz ist es in verhältnismäßig kurzer Zeit gelun­gen, zwei seiner gelehrigsten Ponys zu Seilläufern auszubilden, und zwar gehen diese klugen Tiere auf einem 16 Fuß hoch gespannten, 42 Fuß langen Seile von etwa I V- Zoll Durchmesser mit solcher Sicher­heit, wie der gefeierte Held des Niagara nicht sicherer und ruhiger gehen konnte. Der erste Pony geht vorsichtig, langsam, jeden Schritt abmessend, was so­gar höchst komisch wird, dagegen läuft der zweite mit der Schnelligkeit eines Köpernick über die schmale Seilbahn. Die ganze Produktion wird außerdem von dem drolligen Clown Charles Godlewsky in drasti­scher Weise illustriert. In Hamburg, wo diese Dres­sur-Episode neulich zum erstenmale aufgeführt wurde, erregte dieselbe einen Beifallsturm.

Berlin, 18. Sept. Der Herzog von Cum- berland erhebt Anspruch auf die Kunstschätze des Museums in Braunschweig: er weigert sich die Erb­schaftssteuer zu zahlen, weil er souveräner Herr in Braunschweig sei. Das Ministerium hat deshalb 280000 vkL aus dem Nachlaß des Herzogs von Braunschweig, welche dem Herzog von Cumberland gehörig sind, mit Beschlag belegt.

Berlin, 19, Sept. Die Tcmps meldet, die spanische Regierung habe ihre Ansprüche aus die Karolinen voll aufrecht erhalten. Nach den Mad­rider Zeitungen soll vor der Okkupation der Insel Jap auch die Insel Ponape von demIltis" besetzt worden sein. Zum Ankauf von Kreuzern uud Torpedos hat das spanische Kabinet eine Anleihe von 1300000 Pfd. Sterl. beschlossen. Nach der Beru­fung der Cortes soll diese Anleihe für Mobilisierung und Vermehrung der Flotte beantragt werden.

Berlin, 19. Sept. Auch England hat nun­mehr der spanischen Regierung erklärt, es mache die Anerkennung der Oberhoheit Spaniens auf die Ka- rolinen-Jnselu von der Entscheidung eines Schieds­gerichts abhängig.

Die internationale Telegraphen-Konferenz in Berlin ist am Donnerstag mit einer Rede des Vorsitzenden, Excellenz Minister Stephan, welche der erste Delegierte Englands und der Vertreter Portu­gals beantworteten, 'geschlossen worden. Ihr Zweck ist im allgemeinen erreicht worden und hiermit wie­derum ein bedeutsamer Schritt nach vorwärts in der gegenseitigen Annäherung der Völker auf dem Ge­biete des Verkehrswesens geschehen und Deutschland darf wiederum das Verdienst für sich beanspruchen, den ersten Anstoß hierzu gegeben zu haben. In seiner Rede hob Dr. v. Stephan nochmals die haupt­sächlichsten Resultate der Konferenz hervor und als deren vorzüglichstes die Erreichung einheitlicher Ta­rifgrundsätze für ganz Europa erscheint. Weiter be­tonte er, daß mehrere Zugeständnisse nur unter ge­wissen Bedingungen gemacht worden seien, er gab aber zugleich der bestimmten Hoffnung Ausdruck, daß es gelingen werde, auch nach dieser Richtung die Ergebnisse der Konferenzarbeiten bis zu dem für die Ausführung der Konferenzbeschlüffe festgesetzten Datuni bis 1. Juli 1886 zu vervollständi­gen. Die nächste internationale Telegraphen-Konfe- renz wird in Paris stattsinden.

Der Baumeister des Reichstagsgebäudes in Berlin, Wall ot, hat sich dafür entschieden, zur Außenverkleidung des Baues den Sandstein aus den Brüchen von Haßfurt-Burgpreppach zu verwen­den. Dieser Sandstein ist sehr feinkörnig, besteht nur aus Quarz mit einem Bindemittel, trotzt dem Wetter und ist von bedeutender Härte. Der Bedarf an Steinen betrügt 139000 Kubikmeter und wird etwa 5 V» Millionen Mark kosten. Die Lieferung des ganzen Quantums wird innerhalb 8 Jahren beendet sein.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 18. Sept. Der vorgestrige Besuch des Kaisers in Bosnien, welchem die Blätter eine große Bedeutung beilegen, wird vielfach als der Vorläufer der Annexion angesehen.

(Menschenhandel.) In Szegedin machte vor einigen Tagen eine Frau Anzeige, daß ein Mann ein bildhübsches Mädchen berüchtigten Personen zum Kaufe anbiete. Der Polizeikommissär fahndete nach dem Mädchenhändler und kam zufällig dazu, als der Handel abgeschloffen wurde. Der Unbekannte forderte 150 fl. für das Mädchen und schlug es nach langem Feilschen um 130 fl. los. Bei seinem Verhör gab er an, er habe das Mädchen auf demTheresiopoler Markte" gekauft. Das 16jührige Mädchen soll einer anständigen Theresiopoler Familie angehören. Die Stadthauptmannschaft hat Untersuchung eingeleitet und vorläufig über denKaufmann" und dieWare" Erkundigungen eingeholt.

Frankreich.

Paris, 17. Sept. Seit einigen Tagen gibt sich auch in gewissen republikanischen Kreisen das Bestreben kund, Italien mit in die Bewegung des deutsch-spanischen Zwischenfalles zu ziehen. So hört man heute, daß dieGaribaldianer" von Rom eine Adresse au Castelar abgesandt hätten, des Inhaltes: sie möchten an der Spitze der verbündeten lateini­schen Nationen gegen Deutschland marschieren." Die France" meldet aus Genua: Am deutschen Konsu­late wurden Plakate mit den Worten:Es lebe Spanien, weg mit Bismarck!" angeheftet. Andere Blätter berichten von einem Bankett derSchützen an der Tiber" in Rom, welche gleichfalls ihren Sympathien für Spanien Ausdruck verliehen. Als Hauptsitz des Agitations-Komites für Spanien und Italien muß Genf bezeichnet werden, von wo die Fäden nach London, Paris und Brüssel gehen. Die französische Presse ist sehr ungehalten wegen der deutschfreundlichen Sprache der englischen Zeitungen bei Beurteilung des deutsch-spanischen Zwischenfalles.

Paris, 17. Sept. Die Pariser Hetzblätter überbieten sich seit einigen Tagen in unsinnigen Schmähungen und Drohungen gegen Deutschland und speziell gegen die Pariser Deutschen. Diese Blätter haben die Nachricht erfunden, daß der Fürst v. Hohen­lohe beabsichtige, sofort nach Antritt feines Statt­halterpostens in Straßburgdie Ausweisung sämtli­cher Franzosen aus dem Reichslande" zu dekretieren. Darauf fußend ergehen sich nun die Schmutzblätter in blödsinnigen Angriffen gegen den Fürsten Hohen­lohe und richten sodann an die Regierung das Ver­langen,für jeden ausgewiesencn Franzosen die Ausweisung von vier Deutschen aus Frankreich an­zuordnen." Damit wird es nun wohl seine guten

Wege haben, aber es ist immerhin notwendig, zu konstatieren, daß selbst in Journalen, welche notorisch im Dienste des Ministeriums stehen, ungerügt pöbel­hafte Angriffe gegen den Fürsten Hohenlohe erschei­nen können, der seit länger als zehn Jahren hier das deutsche Reich vertritt und dem, wie auch alle wirklich anständigen Franzosen anerkennen, nächst dem Fürsten Bismarck, Frankreich es verdankt, daß trotz aller Anstrengungen der Hetzer undPatrioten" die Aufrechterhaltung des Friedens bis zu dieser Stunde gelungen ist.

Tausende von Christen, die für ihr Leben fürchten, flüchten in Folge der jüngsten Metzeleien in Annam von dort nach Saigun und anderen grö­ßeren Städten. Und die Franzosen? Die stehen heute anscheinend vor einem neuen Krieg mit China. Es heißt nämlich, daß China nicht gesonnen sei, die von General de Courcy vorgenommene Entthronung des alten und Einsetzung des neuen Königs in Annam ruhig über sich ergehen zu lassen. Demnach war die Freude über den Frieden in Paris verfrüht.

Alle Reden, welche die französischen Etats­männer in der letzten Zeit gehalten haben, enthielten auch die energische Versicherung, daß nunmehr die Zeit der abenteuerlichen Kolonialpolitil für Frank­reich vorüber sei. Trotzdem steht aber die Republik jetzt vor einem neuen kolonialen Abenteuer, denn die Dinge auf Madagaskar spitzen sich zusehends zu. Im französischen Marineministerium ist ein Telegramm des Admirals Miot, des Oberbefehlshabers der französischen Streitkräfte auf Madagaskar, eingetrof­fen, welches besagt, daß seine Truppen bei einer Rekognoszierung gegen die stark befestigten Positio­nen der Howas bei Esmaf am 10. d. M. in ein Gefecht verwickelt worden seien und hierbei 33 Mann, darunter 4 verwundete Offiziere, verloren hätten. Die Franzosen haben hierbei offenbar eine Schlappe erlitten und die Affaire dürfte dem Kabinet Brisson um so unangenehmer sein, als die Radikalen nicht verhehlen weiden, hieraus abermals gegen die Kolo­nialpolitik der Regierung Kapital zu schlagen und überhaupt die Schlappe in der gegenwärtigen Wahl­bewegung zu verwerfen.

Spanien.

Madrid, 17. Sept. Die öffentliche Diskus­sion beschäftigt sich heute am meisten mit der Affaire Los-Salamanca. Der General der Infanterie v. Los soll nämlich auf den Brief hin, mit welchem General Salamanca seinen preußischen Orden an ihn zurück­sandte und worin er sich eben den General v. Los als Vermittler ausersah, den spanischen General für die Beleidigung, welche in der Zurücksendung einer einmal angenommenen Ordensauszeichnung liegt, und dafür, daß er gerade ihn für diesen Auftrag auser­sehen hatte, herausgefordert haben. Salamanca gab die Erklärung ab, er habe Los niemals beleidigen, vielmehr ihm einen Beweis seines Vertrauens geben wollen, indem er ihn bei diesem Anlaß zum Vermitt­ler wählte.

Madrid. In der entscheidenden Minister­ratssitzung erklärte der König entschieden, die Sache sei noch lange nicht soweit, und er wolle keinen Krieg, selbst nicht, wenn er damit seine Krone retten könne. Als die Minister und Generale (unter den letzteren Martinez Campos und Jovellar) ihm widersprachen, antwortete er:Nun gut, so rufen Sie die Cortes ein und unterbreiten Sie diesen die Frage. Ich werde dann ein Manifest erlassen, in welchem ich meine Meinung sage, und wenn das Land, nach reiflicher Ueberlegung sich doch für den Krieg entscheidet, dann lege ich meine Krone nieder und überlasse Spanien seinem Schicksale, denn vor der Welt und vor der Geschichte will ich keinen Teil haben an der Ver­antwortlichkeit für seinen völligen Untergang." Erst vor dieser Entschlossenheit des Königs gaben die Mi­nister nach.

Der Madrider Korrespondent derTimes" schildert die Aufregung, welche in den von den nie­deren Volksklaffen bewohnten Quartieren der spani­schen Hauptstadt herrscht. Gerade die ärmeren Bolks- klassen sind, wie er sich beim Besuche mehrerer solcher Stadtteile überzeugte, geradezu erpicht auf einen Krieg mit Deutschland. Die Karolinen, von deren Lage und Beschaffenheit sie natürlich keine Ahnung haben, deren Existenz ihnen erst durch den gegen­wärtigen Konflikt zur Kenntnis gekommen ist, sind, so versichern sie, viele Millionen wert, Don Alfonso habe sie in Homburg vcrräterischerweise an Deutsch­land verschachert. Deutschland müsse auf jede Gefahr

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