reisende Weiß nach Europa zurückgckehrt; derselbe ist dem „B. T." zufolge der Ucberbringer eines mit dem Sultan Tamba von Sangam abgeschlossenen Vertrages, durch welchen genanntes nördlich von Usagara gelegenes Gebiet unter deutschen Schutz gestellt wird.
Berlin, 2. Sept. Wie die „Nat.-Ztg." berichtet, ist Fürst Bismarck in der letzten Zeit in den Besitz des Stuhles gelangt, auf welchem Napoleon Hl. in dem Weberhäuschen bei Donchery saß. Der Stuhl, dessen Authentizität unbezweifelbar feststeht, ist bereits durch eine Reihe von Händen gegangen und war unter anderem als Schaustück gezeigt worden, als ein Verehrer des Reichskanzlers von der Verkäuflichkeit der Reliquie Kenntnis erhielt und den Stuhl dem Fürsten Bismarck widmete. Derselbe ist in Varzin überreicht worden, und der Fürst Bismarck hat seinen lebhaften Dank für das interessante Geschenk zu erkennen gegeben.
Berlin, 2. Sept. Die «Kolonialpolitische Korrespondenz" schreibt über die deutschen Stationen Ostafrikas, daß die ostafrikanische Gesellschaft 4500 Quadratmeilen üppigen, durchaus gesunden Landesgebiet zentraler Lage unter die deutsche Flagge gebracht habe. Der Versuch mit einer Faktorei und einer ersten landwirtschaftlichen Station Usagara sei gemacht. Die Gesellschaft beabsichtigt, die Anlage von zunächst fünf Militärstationen auf landwirtschaftlicher Grundlage und mit Heranbildung von Negern zu Defensivmannschaften durch anwesende tüchtige Offiziere und den Betrieb des Plantagenbaues mit einheimischen oder asiatischen Arbeitern. Zur Verteidigung hat Krupp neu konstruierte Geschütze geliefert. Die Stationen sollen der Mittelpunkt für die Arbeiten der Gesellschaft und des Privatkapitals sein, welches sein Interesse in Ostafrika zu finden glaubt.
Berlin, 3. Sept. Der Volkszählung wegen fällt am 1. Dezember der Unterricht in allen Schn- ! len aus. Der Kultusminister erwartet, daß die Lehrer am Zählgeschäft sich beteiligen, dagegen sollen die Schüler nicht herangezogen werden.
Berlin, 4. Sept. Wenngleich noch immer einzelne Städte Spaniens Kundgebungen wegen der Karolinen-Besetzung durch die Deutschen veranstalten, so beginnt doch allmählich in der öffentlichen Meinung eine besonnenere und kühlere Auffassung Platz zu greifen. Die ganze Schuld an dem unerquicklichen Zustand in Spanien wird der gegenwärtigen Regierung zugeschrieben und offen ausgesprochen. Man erwägt die Möglichkeit eines Kabinetswechscls, wobei die Partei Sagasta ans Ruder gelangen solle, der mehr Geschicklichkeit in der Regierung und größere Umsicht in der Gesamtpolitik zugetraut wird.
Berlin, 4. Sept. Die spanischen Demonstrationen nehmen immer mehr einen antimonarchischen Charakter an. Viele Deutsche verlassen Spanien; die Bürgermeister Valencias und Barcelonas haben ihre preußischen Orden zurückgeschickt.
Berlin, 5. Sept. Der Pester Lloyd droht mit Repressalien, falls auch Oesterreicher oder Ungarn aus Preußen ausgewiesen würden.
Berlin, 6. Sept. Die „Nordd. Allg. Ztg." sagt: Die Vorgänge in Madrid würden bei deutschen Lesern zweifellos eine gewisse Erregung, namentlich einen großen Grad der Verwunderung Hervorrufen, da der Verlauf der Karolinenfrage bisher kein Moment geboten habe, woraus das zügellose Treiben der Madrider Tumultuanten erklärbar sei. Dergleichen Vorgänge seien aber nicht nach den ersten Eindrücken zu beurteilen; es gebe Augenblicke, wo selbst eine kräftige Regierung, wie die preußische, Ausschreitungen, wie Brandstiftung, Sachbeschädigung, momentan nicht würde verhüten können. Hoffentlich werde, wenn nicht auf anderem Wege, doch jedenfalls durch gerichtliche Untersuchung klargestellt, was für Leute es waren und von welchen Impulsen dieselben geleitet, die jedes Mittel ergreifen, um zwischen Deutschland und Spanien Feindschaft zu stiften.
Dem Berl. Tageblatt wird aus Paris telegr., daß das Geheimnis des lenkbaren Luftballons, wie ihn die Hauptleute Renard und Krebs konstruirt haben, durch Verrat der Heeresleitung Italiens bekannt geworden sei.
Auch andere Minister scheinen jetzt das Bedürfnis zu fühlen, sich etwas näher zu betrachten und mit einander zu verhandeln. Bismarck und Kalnoky machten den Anfang. Dann folgten sogar zwei Kaiser ihrem Beispiel in Kremsier. Jetzt wollen Lord Salisbury, der englische Premier, und Herr
deIreycinet, der französische Kabinetsches, sich tref- en. Wo, wissen sie selbst noch nicht genau. Wir bitten aber um geneigtes Wohlwollen für unser deutsches Vaterland!
Schweiz.
Herr Christen-Kesselbach, Hotelbesitzer in Andermatt, verwahrt sich im Aargauer Taablatt über die Anschuldigung, daß er dem deutschen Kronprinzenpaar übermäßige Rechnungen gemacht habe; vielmehr habe sich der Kronprinz von ihm mit den Worten verabschiedet: „Unserem vortrefflichen Wirte meinen besten Dank. Wir waren in jeder Beziehung ausgezeichnet zufrieden. Es ist das dritte Mal, daß ich bei Ihnen abgestiegen bin, ein Beweis, daß es mir bei Ihnen gut gefallen."
Frankreich.
In Frankreich wird jetzt ernstlich gegen unvorsichtige Demonstrationen zu Gunsten der Spanier eingeschritten: In der Weisung, die der Minister des Innern an die Präfekten in betreff der Kundgebungen wegen der Karolinen gerichtet hat, heißt es: „Zusammenrottungen, Aufzüge mit Fahnen, Anreden an die Menge werden untersagt und nötigenfalls behindert. Die Haltung unserer Beamten muß vor- kommendenfalls durchaus beschwichtigend, aber jedem Widerstande gegenüber sehr fest sein".
Während die Franzosen Millionen verausgaben, um dem Körper des chinesischen Reichs ein kleines Glied abzureißen, schicken die Engländer sich an, an der industriellen Unterjochung des ganzen Landes Millionen zu verdienen. Dies ist des Pudels Kern bei den jüngsten Gerüchten von einem englisch-chinesischen Bunde.
Spanien.
Madrid, 4. September. Von liberaler Seite wird, falls zwischen Deutschland und Spanien in der Karolinenfrage keine gütliche Einigung herbeige- I führt werden sollte, die Einberufung der Cortes verlangt werden.
8. O.-L. Madrid, Samstag 5. Sept. früh. Gestern Abend 10 Uhr wurde auf die Nachricht von der deutschen Flaggenhissung in Jap die deutsche Gesandtschaft angegriffen, die Fenster derselben eingeworfen und das deutsche Wappen zerstört. Die Polizei war zu schwach und mußte einen Gefangenen wieder herausgeben. Der Offizier, welcher den Gefangenen freiließ, wurde seines Amtes entsetzt. Gegen morgen war der Tumult vorüber. Verschiedene Gefangene wurden gemacht.
Madrid, den 5. Sept., abends. Ein offizielles Telegramm von den Philippinen meldet, daß der spanische Dampfer „Manila" am 24. August, abends, die Besetzung der Insel Jap vorbereitete, als ein deutsches Kanonenboot eintraf, abends Mannschaften ausschiffte, die deutsche Flagge aufhißte und die Insel Namens des deutschen Reiches besetzte. Die Kommandanten der spanischen Kriegsschiffe protestierten. (Die Insel Jap gehört zu den Karolinen.)
Madrid, 5. Sept. Der deutsche Gesandte, welcher sich in La Granja aufhielt, ist heute Vormittag hierher zurückgekehrt und wurde bis zum Gesandtschaftshotel von Mitgliedern der Civilbehörden mit starker Escorte begleitet. Volksdemonstrationen fanden nicht statt. Die Minister machten gestern dem König in La Granja die telephonische Mitteilung von den Vorgängen in Jap. Der König wird heute dem Ministerrate präsidieren.
Aus Badajoz, 24. Aug. erhält Herr Karl Hardt, Pianofortefabrikant in Stuttgart (Bruder der Witwe Zaiser in Nagold) folgenden Brief von einem Geschäftsfreund. Beifolgend finden Sie einen Wechsel im Betrage ... zur Begleichung Ihrer Sendung v. 2. Mai. Ich bedaure sehr, Ihnen keinen Auftrag geben zu können und sende Ihnen deshalb den Betrag, weil gegenwärtig in Folge des Falles mit den Karolinischen-Jnselu Niemand etwas deutsches, selbst nicht um die Hälfte des Wertes kauft, und der Handelsstand beschlossen hat, Deutschland seine Aufträge zu entziehen. Ich schließe mich ganz der Meinung des Handelsstandes an, denn ich halte das Vorgehen Deutschlands gegen mein Vaterland für sehr beleidigend.
England.
London, 3. Spt. Wie die „Times" meldet, empfieng das englische Auswärtige Amt die Mitteilung, die deutsche Regierung sei Willens, die Differenzen mit Spanien, betreffend die Karolinen-Jnseln, dem Schiedssprüche einer befreundeten Macht zu unterbreiten.
Das lohnt sich doch. 5000 Arbeiter, also ungefähr so viel wie 2 deutsche Infanterie-Regimenter, der großen Maschinenfabrik von William Armstrong in Elswich in England haben die Arbeit medergelegt, weil sich einige höhere Angestellte in der Fabrik ihre Ungnade zugezogen haben.
Der englische Dampfer „Hanoverian" ist bei Neu-Fundland gescheitert. Passagiere und Mannschaft sind gerettet.
Amerika.
New York, 4. Sept. Die Einstellung chinesischer Arbeiter an Stelle der sinkenden Weißen in den Kohlengruben von Rocksprings, Wyoming, veranlaßte blutige Szenen. Mit Gewehren bewaffnete Weiße griffen die Chinesen an, töteten 15 derselben, brannten 80 Häuser nieder und trieben ca. 500 Chinesen in die Berge, wo sie Not leiden. Man sendet ihnen Lebensmittel.
Aus Transvaal schreibt man dem „Export": Daß der Deutsche es mit seiner Arbeitskraft zu etwas bringen kann, sieht man hier in Süd-Afrika deutlich. In Natal ist die Kolonie „New Germany" von armen Leuten gegründet. Vor ca. 35 Jahren heiratete dort ein Deutscher eine Landsmännin, die beide zur Hochzeit sich die Trauringe leihen mußten, weil sie nichts besaßen: heute hat der Mann eine schuldenfreie Farm von 600 Morgen, von denen ein Teil bebaut ist, ferner ein schönes Haus mit Garten, zahlreiches Vieh jeder Art; außerdem liegen über 100000 von ihm auf der Bank. Dies alles haben er und seine Frau mit ihrer Hände Arbeit sich erworben. Auch viele ander e Deutsche haben Gleiches erreicht.
Handel K Verkehr.
Vom Bezirk Herrenberg, 4. Sept. In Thailfin- gen wurde gestern der erste Sack Hopfen 1885er Gewächs zu dem Preise von 80 gekauft. Natürlich kann dieser Preis noch nicht maßgebend sein, allein trotz des riesigen Quantums, welches der diesseitige Bezirk und Umgebung baut, dürfte ein geringerer Preis kaum angelegt werden, weil Heuer unser Hopfen in Qualität ganz vorzüglich ist.
Dieses Jahr verspricht eine außerordentliche Hasel- nußernte. Alle Haselstauden an den Hecken und in den Wäldern sind übervoll. Man sieht bereits die Leute große Lasten heimtragen. (In verschiedenen Teilen des Landes wurde dieselbe Wahrnehmung gemacht; die Leute erinnern sich nicht, jemals solch eine Fruchtbarkeit der Haselnnßstauden erlebt zu haben.)
Nochmals sei darauf hingewiesen, daß die im Jahr 1874 ausgegebencn Reichskafscnscheinc zu 100 bis zum 15. September cingezogcn werden und von da ab keine Gültigkeit mehr haben. Wer solche besitzt, gebe dieselben an eine öffentliche Zahlstelle ab, dort werden sie genommen.
Nürnberg, 3. Sept. (Hopfenmarkt). Der Umsatz beträgt ca. 600 Ballen. Es notieren: Markthopfcn 50—60 Württemberg 55—70 .6, Badische 55—65 Hallertauer 55—70
Der verwunschene Prinz.
Novelle von Theodor S.cheffel.
(Fortsetzung.)
„Ja, Mut! Was nützt mir der Mut, den ich genug besitze, wenn ich Jemanden erschossen habe," antwortete verdrieslich der Herr von Ravenstein. „Es ist allerdings in einem Zustande der Notwehr geschehen, aber wer weiß, ob das Gericht meine Meinung teilt, und Kummer würde es mir trotzdem bereiten, wenn ich die Person erschossen hätte, auch wenn ich freigesprochen würde."
„Nun, da wollen wir wenigstens das Beste von dem Ausgange der ganzen Affaire hoffen und Sie wollen sich keine schwarzen Bilder vormalen, Herr von Ravenstein," erwiderte der Arzt. „Morgen früh erfahren wir ganz genau, wie die Sache liegt und dann werden wir unter allen Umständen dasjenige thun, was unter den obwaltenden Verhältnissen das Beste ist."
„Recht so, ganz meine Meinung, lieber Doktor," gab der Gutsherr zurück. „Wir wollen auch unsere nächtliche Beratung nun beendigen und uns in unsere Schlafzimmer begeben. Sie gestatten, daß ich Sie, als meinen werten Gast, nach dem Ihrigen geleite."
Nach einigen Worten höflicher Abwehr nahm der Arzt diesen Ehrendienst von seinem Wirte an und beide Herren begaben sich hierauf zur Ruhe.
Düstere Schatten breiteten sich am andern Morgen noch im Schloßhofe der Besitzung des Herrn von Ravenstein und in der Umgebung aus, als dieser in Gesellschaft des Arztes und begleitet von dem Diener Joseph und dem Gärtner aus dem Schlosse heraustrat und alle vier Männer ihre eiligen Schritte hinüber nach der Gegend lenkten, wo die Ruine Eulenstein lag. Auch bei sehr raschem Laufen war