schütteten die Gefahr des Ertrinkens eintrat. Bis 8'/, Uhr waren 52 Personen aus den Trümmern hervorgezogen, davon 4 tot; die Abräumungsarbeiten werden kaum vor morgen mittag beendigt sein. Von den Geretteten waren bis 7 Uhr abends im Bürgerhospital 28 ausgenommen, mehrere derselben sind jedoch so schwer verletzt, daß an ihrem Aufkommen gezweifelt wird. Der Vorstand des Kölner Wohl- thätigkeitsvereinZ und die Kölnische Zeitung erließen einen Aufruf zur Linderung der Not.
Köln, 25. Juli. Die Rettungsarbeiteu sind bis zum Souttcrrain der Häuser glücklich beendet. Als Gejamtresultat ergeben sich 37 Verwundete und l5 Tote, 24 sind unversehrt. Von den Verwundeten sind noch manche in Todesgefahr. Soeben hat man auch das Hintergebäude zu Fall gebracht. Das Ge- samtrefultat ist überraschend günstig und nur der Aufopferung und Todesverachtung der Rettungsmannschaften zu danken.
Bei der Beerdigung des Sozialdemokraten Ciselcur Hiller in Frankfurt a. M. kam's auf dem Friedhof zu bösen Auftritten. Der Polizeikommifsar ließ die Schutzmannschaft scharf cinschrciten, nachdem er die Menge vergebens nufgefordert hatte, sich zu entfernen. Es gab viele Verwundete.
Berlin, 22. Juli. In der Privatklagesache des Fabrikbesitzerts Schmidt gegen den Hofprediger Stöcker hat der letztere, nach einer Mitteilung der „Kreuzzeitung", gegen das am 16. ds. gefällte Urteil des hiesigen Schöffengerichts die Berufung eingelegt. Wie mehrere Blätter melden, beabsichtigt auch der Privatkläger, gegen seine auf die Widerklage erfolgte Verurteilung die Berufung einzulegen.
Berlin, 24. Juli. Die „Kreuzztg." tadelt scharf die evangelischen Geistlichen, welche sich jüngst bei der Grundsteinlegung der Synagoge in Kreuzburg beteiligten, weil, wie das Blatt sagt, die jüdische Religion der christlichen feindselig gegenüberstehe. «
Berlin, 24. Juli. Nach neuerdings vorliegenden Nachrichten wird die Kaiserin Elisabeth sich dem für die ersten Tage des August angekündigteu Besuch des Kaisers Franz Joseph bei unserem Kaiser in Gastein anschlicßen.
Berlin, 24. Juli. Wiener Blätter melden das nahe Bevorstehen einer Zusammenkunft des österreichischen Kaisers und des Zaren, das in Reichstadt stattfinden soll. Auch die Reise des Grafen Kalnoky nach Barzin zum Besuche des Fürsten Bismarck soll nunmehr beschlossene Sache sein. — Fürst Hohenlohe hat sich von Varzin nach Gastein begeben, um sich dem Kaiser vorzustellen. Er wird sein neues Amt als Statthalter der Reichslande im Herbst antrcten.
Hofprediger Stöcker sprach dieser Tage zum erstenmal wieder nach seinen beiden Prozessen in öffentlicher Versammlung auf dem Bock und erklärte mit großem Pathos, daß er, so lange noch ein Blut- trvpfen in ihm sei, für die von ihm vertretene Sache kämpfen, aber auch versuchen werde, die Gegner freundlicher zu behandeln und vorsichtiger aufzutreten.
Auf Veranlassung des Reichskanzlers und in Uebereinstimmung mit den Reden, welche Fürst Bismarck in der Reichstagssitzung am 9. Mai d. I. gehalten hat, werden in den Einzelstaaten amtliche Erhebungen über die Frage der Sonntagsruhe statt- sinden. Wie verlautet, würden nicht nur Meister und andere Arbeitgeber, sondern auch Gesellen und Gehilfen von den mit der Untersuchung dieser Angelegenheit betrauten Behörden befragt werden. In der erwähnten Sitzung erklärte der Reichskanzler ausdrücklich: „Wir bedürfen der Belehrung über die Sache und sind sehr bereit, auf seine Untersuchung einzu- gchen. Dabei sind die Arbeitgeber sowohl wie namentlich die Arbeiter zu hören, denn deren Stimmung ist bisweilen am wichtigsten, ob die diesen Zwang wollen, ob ihnen damit gedient ist. Dazu werden die verbündeten Regierungen wenigstens nicht die Hand bieten, ehe sie nicht besser als jetzt unterrichtet sind — möge die Untersuchung gründlich sein — und ehe sie nicht namentlich die Stimmung der Arbeiter in den weitesten Kreisen über den von der Arbeiterschutzkommissivu des Reichstags vorgeschlagenen Entwurf sondiert haben werden." Nach diesen Auslassungen des Fürsten Bismarck wird man sehr umfangreiche und genaue Ermittlungen im ganzen Reiche erwarten und dem Ergebnis derselben mit Spannung entgegenseheu dürfen.
In der Nacht des 20. Mai wurde in Berlin eine Haushälterin, die 34jährige Frau Weber, in ih
rer Wohnung ermordet und beraubt. Die Polizei fand bei ihr einen in lateinischen Buchstaben geschriebenen Brief, der „Schulz" unterschrieben war. Dieser Brief hat jetzt zur Entdeckung des Raubmörders, des 41jährigcn Tischlergesellen Schur ich t, geführt. Er hatte in einem früheren Prozeß einen Brief an seinen Anwalt gerichtet, dessen Handschrift (auch in lateinischen Buchstaben) vollständig dieselbe war wie in dem Briefe an die Ermordete. Er wurde verhaftet und legte nach anfänglichem Leugnen, als ihm die beiden Briefe vorgelegt wurden, ein vollständiges Geständnis ab. Er gestand, daß er mit der Ermordeten ein sehr vertrautes Verhältnis gehabt, daß er sie bei einem nächtlichen Besuche mit den Händen und mit Tüchern erdrosselt und ihr Geld und ein Sparkassenbuch über 107 vkL geraubt habe. Den Betrag des Buches hatte er sofort anderen Tages erhoben. Gefragt, ob ihm die That nicht leid thue, meinte er, das Frauenzimmer habe kein besseres Loos verdient, ihm auch Vorwürfe über die Folgen ihres Umganges gemacht; es liege ihm nichts am Leben und er habe sich selbst töten wollen. Nur über einen Schreibfehler in dem Briefe ärgerte er sich, das sei nur ein Versehen; „denn zu solchem Fehler sei er zu gebildet". Nach dem Morde hatte er sich noch drei Stunden in dem Zimmer aufgehalten, „weil es ihm da grade noch gefiel", wie er sagte.
In seiner Sitzung am 2. Juli hat der Bundesrat beschlossen, daß etwa 10 276 000 -4L in Einmarkstücken und etwa 400 000 in Einpfennigstücken ausgeprägt werden sollen, und daß bei der Verteilung dieser Prägung auf die einzelnen Münzstätten die bisher geltenden Prozentsätze mit der Maßgabe zu Grunde gelegt werden.
Es ist nun sicher, daß der Kaiser Franz Joseph nach Gastein kommt. In Gastein wird folgendes erzählt und allgemein besprochein Vor einigen Tagen soll Kaiser Franz Joseph in einem eigenhändigen Schreiben an Kaiser Wilhelm diesem mitgcteilt haben, er werde, uni dem deutschen Kaiser die Beschwerlichkeiten einer Reise nach Ischl zu ersparen, diesmal mit seiner Gemahlin nach Gastein kommen. Die Antwort Kaiser Wilhelms soll dahin gelautet haben, er werde sich freuen, den Kaiser Franz Joseph in Gastein zu begrüßen. Trotz seines Alters könne er aber nie zngeben, daß sich die Kaiserin der Strapaze einer Reise nach Gasteiu seinetwegen unterziehen solle; da er aber Ihre Majestät sehen wolle, so hoffe er noch so viel Kraft zu haben, auch diesmal nach Ischl zu kommen. — Fürst Hohenlohe reist nach Gasteiu, um sich in seiner neuen Eigenschaft als Statthalter Elsaß-Lothringevs dem Kaiser Wilhelm vorzustcllen.
Der deutsche Kronprinz hat mit der Frau Kronprinzessin und den Prinzessinnen-Töchtern am Freitag eine längere Reise nach der Schweiz an- getreten. Den ersten größeren Aufenhalt gedenken die kronprinzlichen Herrschaften in Andermatt zu nehmen.
Grauenhafter Vorfall. Im Präpariersaal der Kunstakademiker an der Berliner Anatomie war eine Leiche in ansgerichteter Stellung aufgestellt und die ansgestreckten Arme waren durch Haken festgehalten, so daß der Körper in sogenannter gekreuzigter Stellung sich befand. Ein junger Künstler war vor kurzem damit beschäftigt, an dem vor ihm stehenden Leichnam Modellstudien zu machen, als plötzlich der Arm der Leiche ans dem Haken, von welchem derselbe festgehalten wurde, losriß, der Oberkörper nach vorn überfiel und die Hand des Toten dem jungen Bildhauer in's Gesicht schlug. Gellend schrie er ans und stürzte heraus aus dem Saale. Noch an demselben Tage stellten sich heftige Fieber- erscheinnngen ein, der junge Künstler verfiel in ein heftiges Nervensiebcr. dem er vor einigen Tagen erlegen ist.
In Fürstenwalde hat eine Großmutter zehn ihrer Enkel durch übermäßige Eingabe von Hoffmanns- tropfen nach und nach zum Tode befördert, um, wie sie aussagt, „der Wartung und Pflege der Kleinen überhoben zu sein".
In Sch loch an war ein Zimmermann auf das Dach des Kirchturms gestiegen, um Beschädigungen auszubessern. Als er auf dem äußersten Rande des Daches stand, verlor er das Gleichgewicht, glitt vom Dache herunter und da er mit einem Arm nach oben griff, glitt die Schlinge des Sichcrhcitsseils über die Schulter um den Hals. Seine Mitarbeiter gewahrten dies erst, als er schon die Symptome eines Erhängten
zeigte. Der Briefträger Roggenbuck erkletterte eiligst die Turmtreppe, stieß ein Brett von der Umklcidung des Turmes los und zog in Gemeinschaft mit dem Kirchenvorsteher Herrmann unter eigener Lebensgefahr durch die so gewonnene Öffnung den Hängenden in den Turm. Die Wiederbelebungsversuche waren glücklicherweise von Erfolg.
Geisenfe ld, 21. Juli. Eine gräßliche Fa- mielientragödie spielte sich gestern bei Holzleiten ab. Der 33jährige Taglöhner Anton Lindel dahier arbeitete mit seiner 26jährigen Ehefrau Walburga auf einem Acker. Nachmittags gerieten beide in einen Wortwechsel, infolge dessen Anton Lindel mit seiner Sense mehrere Hiebe gegen seine Ehefrau führte, welche dieselbe in schrecklicher Weise verstümmelten. So war ihr unter anderem der ganze Unterleib quer durchhauen, daß die Gedärme heraushingen. Ihre Bitte um Schonung verhallte furchtlos. Als Lindel sah, daß seine Frau sich nicht mehr rührte, stieß er einen frohlockenden Schrei aus und kehrte dann das Messer gegen sich, indem er versuchte, sich einen Stich in die Brust beizubringen. Als dies nicht gelingen wollte, schnitt er sich den Hals ab, sodaß er sofort tot war. Drei Kinder sind durch diese Unthat ihres Vaters, ihrer Ernährer beraubt. Lindel war vor 9 Jahren wegen Erstechens eines Burschen in Forchheim mit 7 Jahren Zuchthaus bestraft worden.
Neustrelitz, 20. Juli. In der Nacht vom Donnerstag zum Freitag ist, wie die „Kreuzztg." erfährt, auf dem hinter der hiesigen Kaserne belegenen Kirchhofe das Erbbegräbnis der Familie v. Moltke durch Frevler erbrochen und beraubt worden. Die in der Grabstätte befindlichen Särge sind teilweise gewaltsam erbrochen und alle Wertgegenstände gestohlen.
Als Nachfolger des bisherigen deutschen Botschafter in Paris, Fürsten Hohenlohe, wird neuerdings auch Herr v. Radowiz, der deutsche Botschafter in Konstantinopel, genannt.
Mühlhausen i. C., 24. Juli. Die wegen Diebstahls einer deutschen Fahne beini Turnfest zu Rappoldsweiler Angeklagten Sack, Kriemer und Umb- denstock waren geständig und wurden von der Strafkammer ersterer zu neun, die beiden letzteren zu je sechs Monaten Gefängnis verurtheilt.
Oesterreich-Ungarn.
In Leipnik bei Olmütz fand der „D. Ztg." zufolge ein großer Kirchenskandal statt. Der tschechische Geistliche Kadlec packte nämlich zwei Knaben, ehe sie beichteten, beim Kragen und warf sie zur Kirche hinaus, wobei sich ein Knabe wehrte. Es geschah dies deshalb, weil die Knaben Tags vorher mit deutschen Abzeichen in die Schule kamen. Infolge des entstandenen Auflaufes intervenierten Lehrer und Bürger und wurden sämtliche Kinder aus der Kirche geführt, bis Ruhe eintrat.
Die Czechen betreiben ihre Versuche, in Wien immer festeren Fuß zu fassen, mit einer merkwürdigen Hartnäckigkeit. Nachdem ihnen bereits die Errichtung zweier czechischer Volksschulen in der österreichischen Hauptstadt gelungen, haben sie nun auch die Gründung eines czechischen Vereins im deutschen Wien durchgesetzt. Das Programm desselben ist vielversprechend und umfaßt folgende Hauptpunkte: Errichtung czechischer Volksschulen und Bolksbibliotheken in sämtlichen Wiener Bezirken, Erhebung der czcchi- schen Sprache zur zweiten Landessprache in Niedcr- Oesterreich, Aufstellung czechischer Kandidaten bei Gemeinde-, Landtags- und Reichstagswahlen in Wien u. s. w. Man sieht, die Czechen lassen sich die Ausbeutung des vom Grafen Taafse ausgestellten nationalen Gleichberechtigungsprinzips in ihrem Sinne eifrigst angelegen sein; werden doch auch Städte in Böhmen von ausschließlich deutschem Charakter, wie Reifcnberg, Dux, Brüx, zur Errichtung und Unterhaltung czechischer Schulen gezwungen. Immerhin haben solche Vorgänge ebenfalls ihr Gutes, sie lassen auch das deutsche Ausland mehr und mehr erkennen, daß der Kampf, welchen die Dentsch-Osterci- cher führen, denn doch seine gute Berechtigung hat.
Die besten Rezepte schreibt der Professor Dr. Gnssenbauer in Wien. Er begegnete einem Studenten, der sehr übel aussah, und fragt: Sind Sie krank? — Ich fürchte, Herr Professor. — Der Professor nimmt ihn mit nach Haus, untersuchte ihn und sagt: Sie müffen in die Schweiz oder nach Ty- rol, aber bald! — Wird nicht möglich sein, Herr Professor, ich bin arm und lebe vom Stnndengeben. — So? Dann kommen Tie morgen um 12 Uhr