Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Dienstag den 24. Februar.
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1885 .
Amtliches.
N a ff o l d.
Bekanntmachung.
Dte Anmeldung «nfaltverstchernng«- pfttchttger Sandetrtebe betreffend.
Unter Beziehung auf die oberamtliche Bekanntmachung vom 19. d. M. in obigem Betreff (Gesellschafter Nr. 22) werden die Ortsvorsteher auf den Erlaß k. Ministerium des Innern vom 14. Februar d. I., Ziffer 1253, (Miiiisterial-Amtsblalt Nr. 3) zur genauen Nachachtung hingewiesen, mit dem Bemerken, daß die erforderlichen Anmelde - Formulare (Regierungsblatt 1885, Seite 28) in den nächsten Tagen versendet werden.
Diese Anmcldungsformulare sind den in Betracht kommenden Gewerbetreibenden zustellen zu lassen, in welchem Falle jedoch diejenigen betreffenden Gewerbetreibenden, welchen Anmelde - Formularien nicht zngestellt worden sind, hiedurch von der Anzeigepflicht nicht befreit werden. Die OrtSvorsteher haben die ausgefüllten Anmelde-Formularien in Empfang zu nehmen, solche hinsichtlich ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit zn prüfen und erforderlichen Falls deren Berichtigung herbeizuführen.
Sofort nach dem 2. März sind die sämtlichen Anmeldungen vom Ortsvorsteher dem Oberamt vorzulegen u. dabei anzuzeigen, ob beziehungsweise gegen welche Gewerbetreibenden wegen Nichtanmeldung ihrer Betriebe nach K. 11, Abs. 3 und 4 des Unfall-Ver- sicherungs-Gesetzes einzuschreiten veranlaßt ist.
Den 21. Februar 1885.
K. Oberam t. Güntner.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Mild
Stuttgart, 18. Febr. lieber das Befinden des Königs wird aus Nizza gemeldet, daß dasselbe anhaltend ein befriedigendes ist. Obgleich der Winter an der Riviera außergewöhnlich kühl verlief, konnte der König sich doch täglich in freier Luft ergehen, wodurch die Atmungsorgane günstig beeinflußt wurden. Im übrigen erfuhren die Krankheits-Umstände gleichfalls eine Besserung, die neuralgischen Beschwerden haben nachgelassen. Die Schwäche des linken Beines besteht indessen fort und ist der König genöthigt, sich jetzt und fernerhin Schonung und Enthaltung von körperlichen Anstrengungen aufzulegen.
Stuttgart, 19. Febr. In der heutigen öffentlichen Sitzung des Gemeinderats wurde ein Erlaß deS Ministeriums des Innern verlesen, wonach dem „Neuen Klub" die Ermächtigung zur Veranstaltung einer Pferdemarkt-Lotterie mit 60000 Losen L 2 und einer Abgabe von 20000 »sL zu dem von der Stadt angelegten Fonds erteilt wird.
Reutlingen, 18. Febr. In der Frauen- arbeitsschule wurde gestern abend, wie schon seit mehreren Jahren, den Schülerinnen ein Maskenfest gegeben. Die wenigen Zuschauer beschränkten sich auf das Damenkomite und die Frauen der Lehrer an der Anstalt. Die Mädchen konnten um so heiterer und unbefangener sich ihrer harmlosen Freude hingeben, als sie ganz unter sich waren.
Die wegen Verdachts der Brandstiftung verhaftete Witfrau Zindel in Reutlingen hat laut „Sch. K.-Z." vor dem Amtsgericht ein vollständiges Geständnis ihrer verbrecherischen That abgelegt. Dieselbe befindet sich mit ihrem Mobiliar hoch in der Feuerversicherung und scheint demnach das Verbrechen in gewinnsüchtiger Absicht begangen zu haben.
Der Gasthof „zur Post" in Kirchheim wurde von Hrn. H. Silber aus Stuttgart um die Summe von 55 000 angekauft.
In M ü n si n g e n wurde laut „N. T." am
18. ds. der Polizeidiener Schädle von Hütten an das Amtsgericht eingelicfert, nachdem sich ergeben hatte, daß derselbe im Jahr 1870 sein Wohnhaus nebst Scheuer in Brand gesteckt hatte, wodurch auch ein Nachbarhaus in Asche gelegt wurde. Die Entdeckung ist wenige Tage vor Ablauf der Verjährungszeit erfolgt.
Brandfälle: In der Parzelle „Hof", Gem. Baiersbronn (Freudenstadt) am 19. ds. ein vou 3 Familien bewohntes Gebäude; inPfuhl (Ulm) am
19. Febr. ein Wohnhaus mit angebauter Scheuer, wobei sämtliche Fahrnis, ein Schwein und das Geflügel zu Grunde ging und auch die Bewohner nur mit den notwendigsten Kleidungsstücken versehen sich retten konnten.
In der „N. A. Z." findet sich der Brief eines Landwirts aus der westlichen Rheinpfalz, der den Freihandelsmännern in sehr gesalzener Weife den Text liest. Er schreibt u. a.: Wenn die Manchestermänner dies nicht glauben (daß nämlich bei den niedrigsten Preisen des Getreides, welche die Produktionskosten nicht decken, der Kleinbauer so sehr leide wie der Großgrundbesitzer), so mögen sie sich zu uns aufs Land begeben, um Umfrage zu halten, und nicht mit ihren schönen Phrasen die Zeit im Reichstage verschwenden. Sie würden alsdann hören, daß es dem Arbeiter auf 2—3 Pfg. am Pfund Brot nicht ankommt, wenn er nur Verdienst hat und Verdienst können die Städter nicht allein geben, das weiß doch jedes Kind. Da kommen sie fort und fort mit ihren Arbeitern in den Städten, in den Fabriken, welche täglich ihre geregelte Arbeit und Verdienst haben, ihre Würstchen essen, 4—5 Glas Bier trinken, Theater, Tingeltangel, Tyrolersängerinnen u. s. w. besuchen, während dessen der Bauer im Schweiße seines Angesichts sein beschwerliches Tagewerk ausübt, gewöhnlich nur Sonntags einen Bissen Fleisch und ein Glas Bier bekommt und drei Viertel seiner Nahrung aus Kartoffeln besteht. Das sind keine Arbeiter bei diesen Herren. Obwohl die Bauern drei Viertel der ganzen Bevölkerung ausmachen, so dürfen sie verkommen, verarmen, wenn nur der städtische Arbeiter billiges Brot bekommt. Ahnen diese Herren denn nicht, welcher Zukunft wir entgegen gehen, wenn der Bauer seine Produktionskosten nicht mehr bezahlt bekommt, wenn er verarmt, der Verzweiflung verfällt? Wann wird das deutsche Volk (mit Verlaub ihr Herren Freisinnigen, wir Bauern gehören auch zum Volk!) doch einmal die richtigen Volksvertreter in den Reichstag wählen, praktische Männer, Männer der That und nicht in den Wolken herumtastende Theoretiker, wie wir so manche haben, um den Brei zu versalzen, statt etwas Greifbares fertig zu bringen?"
(Ein braver Mann.) Frankfurter Blätter berichten: In einer der engen, bei der reformierten Kirche liegenden Gassen waren heute vormittag unter Leitung eines Gerichtsvollziehers Dienstleute beschäftigt, das Hab und Gut einer Familie aufzuladen, damit es wegen einer Forderung versteigert werde. Weinend stand die Frau mit ihren Kindern da. Das letzte Stück des Hausrats wurde eben herausgeschafft. als plötzlich ein Mann durch die Gasse kam und nach der Ursache des Menschenauflaufs fragte. Als er erfahren, um was es sich handle, betrat er das Haus, gieng zu dem Gerichtsvollzieher, erkundigte sich nach der Höhe der Forderung, öffnete
sein Portemonnaie, bezahlte zuerst die Dienstmänner für ihre Arbeit, ließ die Sachen in die Wohnung zurückbringen, zahlte dann die Schuldsumme und die Kosten und entfernte sich, ohne auf den Dank der plötzlich wieder glücklich gewordenen Familie zu warten.
Ein Brief Reinsdorfs, welchen derselbe am Tage vor der Hinrichtung an seinen in Leipzig lebenden Bruder geschrieben, findet sich in der Leipziger „Gerichtszeitung" abgedruckt. Derselbe lautet: „Halle, den 6. Februar 1885. Mein lieber Bruno! Es ist dies mein letzter Brief, doch sollst Du nicht trauern, denn als ich heute vormittag durch den I. Staatsanwalt von Halle die Eröffnung bekam, daß morgen früh um 8 Uhr alle meine Leiden beendigt würden, war es das Gefühl der Erleichterung, das mich ergriff. Ich war die letzte Zeit sehr leidend, und wenn ich an eine eventuelle Begnadigung dachte, so wünschte ich mir den Tod. Denke Dir, wenn ich hätte im Zuchthaus leben müssen, ohne geistige Beschäftigung und Anregung, Tag für Tag wie eine gedankenlose Maschine, die langweilige und geisttötende Arbeit des Wollespulens verrichtend, wie sehnlichst würde ich mir die Ruhe des Grabes gewünscht haben — und Du wirst begreifen, daß die getroffene Entscheidung für mich die beste ist. Wenn Du also diesen Brief empfängst, so denke Dir, daß mir dann wohl ist und daß nur die für mich günstigsten Momente zusammengewirkt haben, zu meinem Glück den langsamen natürlichen Gang zu beschleunigen. (R. litt bekanntlich im höchsten Grad an der Schwindsucht.) Und nun, mein lieber Bruder, denke stets daran, daß es Deine Pflicht ist, so lange die Eltern leben und Du noch junge Geschwister hast, Dich ihrer anzunehmen und Vater und Mutter auf ihre alten Tage kräftigst zu unterstützen. Unterdrücke einstweilen etwaige Lieblingsideen und denke, daß Du ja damit einen Wunsch von mir und auch einen Teil meiner Pflichten mit erfüllst, dann wird es Dir leicht werden. Betrachte das Leben von der ernsten Seite, so, als ob es Dir nur geschenkt sei, um damit der Menschheit zu nützen, heilige Verpflichtungen einzulösen. Beteilige Dich so wenig als möglich an den blöden Vergnügungen, wie sie leider bei den gedankenarmen Arbeitern noch Sitte sind, sondern bilde Deinen Geist nach allen Richtungen, damit Dir nichts fremd sei und Dir auch der Klügste kein X für ein U machen kann. Daß ich natürlich meinen Ueberzeugungen bis zum letzten Augenblicke treu bleibe, ist selbstverständlich. Ich umarme Dich und Franz brüderlich und grüße Euch von Herzen tausendmal. Euer August."
Berlin, 19. Febr. Der Hausminister Graf v. Schleinitz ist nachmittags gestorben.
Berlin, 20. Febr. Der Bundesrat hat dem Sperrgefetz sofort zugestimmt. Die Publikation desselben steht unmittelbar bevor.
Berlin, 20. Febr. Das Sperrgesetz wird durch das heute erscheinende Reichsgesetzblatt veröffentlicht.
Professor Schweninger in Berlin wurde auf dem letzten Hofball durch eine Ansprache des Kaisers ausgezeichnet. Der Kaiser erkundigte sich sehr eingehend nach der Kur, der sich Fürst Bismarck nach Schweningers Methode unterzogen hat und sprach dem letzteren seinen Dank dafür ans, daß er die Gesundheit des Fürsten wieder hergeftellt habe. „Den Fürsten," schloß der Kaiser, „müssen Sie mir gesund erhalten, ganz gewiß."
Kiel, 19. Febr. Die deutsche Marine zählt gegenwärtig 440 active Offiziere einschließlich der L la suite gestellten, wodurch der Bedarf nur unzu-