fizier hatten der Schießübung beigewohnt. Dem Vernehmen nach beabsichtigt man, später die Batte­rien mit schweren Geschützen zu armieren.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 6. Sept. (Gewerbetag.) Ueber die heutige erste Sitzung entnehmen wir einem Bericht derKrzztg." noch das folgende: Nach der Verlesung der Tagesordnung und der son­stigen Einleitungen trat der Wiener Uhrmacher Buschenhagen mit einem Dringlichkeitsantrage des Inhalts hervor: Da die Kleingewerbetreibenden Oesterreichs von Seiten der liberalen, besonders der jüdischen Presse in der letzten Zeit auf die bos­hafteste Weise verfolgt, verspottet und verhöhnt worden seien, da dieselbe sich nach Krästen bemühe, den Interessen des Hand­werks teils selbst entgcgenzuarbeiten, teils die Bestrebungen sei­ner Feinde zu unterstützen, da sie dies mit verächtlichen Mit­teln vollbringe, und sich außerdem durch ihre Käuflichkeit und Unsittlichkeit auszeichnc, so beantrage er, den anwesenden Ver­tretern der BlätterNeue freie Presse",Wiener Tagblatt", Frcmdenblatt",Allgemeine Zeitung",Vorstadtzeitung", Deutsche Zeitung" undExtrablatt" die Verachtung des Ge- werbctages auszudrückcn uud dieselben aufzufcrdern, sich aus den Räumen, in welchen derselbe tagt, zu entfernen. Der Beifall, mit welchem dieser Vorschlag von dem Auditorium aus­genommen wurde, war ein so ungeheurer, wie ihn Ihr Bericht­erstatter noch in keiner Versammlung erlebt hat.

Wien, 8. Sept. Die Landtagswahlen in Oesterreich sind zu Ungunsten der Linken ausgefal­len. Sie hat 35 Bezirke verloren, die teils den Klerikalen teils den anderen Parteien zu Gute ge­kommen sind. Die Linke behauptet nun, daß ihre Niederlage gleichbedeutend sei mit dem vollen Her­einbruche der Reaktion. Das ist eine Täuschung ihrerseits, insofern die Klerikalen, welche das reak­tionäre Element repräsentieren, nur Sitze gewon­nen haben.

(Brand in Temesvar.) Am 5. ds. mittags brach, wie derWestung. Grenzb." meldet, in der Friedmann'schen Spiritusfabrik zu Temesvar Feuer aus, dem die Grauarien mit großen Kurknrutzvor- räten, dann die Stallungen mit 300 Ochsen zum Opfer fielen. Von da aus ergriffen die Flammen die Häuser der Untergasse, und äscherten dieselben, nahe an 400, total ein. Der Jammer und die Not der Heimgesuchten ist unbeschreiblich.

Zwanzig Menschen in der Theiß ertrunken. Bei der Ueberfahrt in Varos-Nameny, an der Theiß, ereignete sich vor einigen Tagen ein furchtbares Un­glück. Mehr als hundert Personen, zumeist russische Wallfahrer, gelangten auf dem Heimwege von Ma­ria Poes gegen 11 Uhr vormittags zur Ueberfahrt. Die betrunkenen Schiffsleute unterließen es. die Fähre zu befestigen und vergrößerten die Verwirrung noch dadurch, daß sie das etwas unruhige Volk mit Schlägen tractierten. Als die Fähre schon voll war und sich in Bewegung setzen wollte, fuhr der Bel- keer Insasse Alexander Pap noch mit seinem Wagen auf dieselbe. In demselben Momente jedoch ging die Fähre samt der darauf befindlichen Menge in Folge des Uebergewichts unter. Markerschütternde Hilferufe durchzitterten die Luft und angesichts dieses schrecklichen Unglücksfalles brachen auch die am Ufer Stehenden in verzweiflungsvolle Klagerufe aus. Die Theiß war an diesem Punkte von den ins Was­ser gefallenen Menschen total schwarz. Der Kata­strophe sollen angeblich zwanzig Personen zum Opfer gefallen sein. Gerichtliche Untersuchung ist bereits eingeleitet worden.

Schweiz.

Der schweizerische Bundesrat hat eine Verfü­gung an die Kantonsregierungen erlassen, welche ganz den Charakter einer Kriegserklärung an die Adresse der Anarchisten trägt. Es sollen hinfort in der Schweiz alle zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit notwendigen Maßregeln getroffen werden, das heißt mit anderen Worten, es soll nicht länger geduldet werden, daß die auf schweizerischem Boden übergetretcnen Anarchisten das Asylrecht mißbrauchen, um unter dessen Schutze gegen die Ruhe der politi­schen und bürgerlichen Gesellschaft zu konspirieren. Diese Maßregel des schweizerischen Buudesrats wird sicherlich von aller Welt, ausgenommen natürlich von den Aposteln des Dynamits, mit aufrichtigster Genugthuung begrüßt werden.

Frankreich.

Paris, 9. Sept. Die in Paris anwesenden Mitglieder der Regierung haben die von derTi­mes" gemeldete Kriegserklärung Chinas nicht erhal­ten. Sobald die amtliche Kriegserklärung Chinas eintrifft, wird Grevy dem Vernehmen nach unver­züglich nach Paris kommen, um die Kammern einzu- berufen.

Italien.

Nom, 9. Sept. Ueber die Choleraepidemie

wird demReichsb." unterm 7. d. geschrieben: Vor dem furchtbaren Drama, das sich in Neapel abspielt, tritt jedes anderweitige politische Interesse gänzlich in den Hintergrund. Die Nachrichten, welche Tele­graph und Post mit enormerVerspätung" melden, lauten von Stunde zu Stunde trüber. Die Sterb­lichkeit nimmt rapid zu. Um die Luft zu desinfi­zieren, läßt man auf allen Plätzen ganze Bündel vonrömischen Kerzen .abbrennen. Auch begegnet man in vielen Straßen ganzen Schwärmen von Weibern, die bei Tage mit Fackeln in der Hand um­her prozessionieren. Dabei singen sie allerlei Ster­begebete. Der Anblick dieses Schauspiels, das an die düstersten Episoden des Mittelalters erinnert, ist in der That nervenerschütternd. Dasselbe gilt von dem Krankentransport. Man trägt die Unglücklichen, die meistens ganz blau aussehen, unzugedeckt durch die Straßen. Oft springt der Kranke in der Todes­angst auf und sucht zu fliehen; so groß ist die Furcht vor den Spitälern. Das Volk bleibt dabei, daß es noch heuteUntoren" gäbe. Krankheitsfälle meldet es gewöhnlich nur dann erst, wenn der Betroffene tot ist. Die Zahl der in den Kellern versteckten Kadaver ist sehr groß. Selbst der Besuch der Mi­nister vermochte das abergläubische Volk nicht zu beruhigen. Eine Mutter hielt Herrn Mancini ihr kleines Kind hin, das in ihren Armen an der schreck­lichen Seuche verendete. Der Minister weinte. Die Hitze hat sich etwas gelegt und gestern regnete es heftig. Aus Eboli, Capua und Carsette telegra­phiert man, daß dort blutige Exzesse zu befürchten seien. Das Volk will selbst die Züge nicht passieren lassen. Hoffentlich bestätigen sich diese Besorg­nisse nicht.

Rom, 9. Sept. Gestern sind in den infizier- Provinzen, einschließlich der bereits aus Neapel ge­meldeten, zusammen 764 Personen an der Cholera erkrankt und 347 gestorben.

Neapel, 10. Sept. Der König besuchte mit dem Herzog von Aosta, Depretis, Mancini, dem Prä­fekten und dem Bürgermeistee die bedeutendsten Cho­leraspitäler, sowie das Hospiz, worin die Familien der Erkrankten untergebracht sind. Der König, der für sich die Desinfektion abgelehnt haben soll, ging von Bett zu Bett, selbst zu den Sterbenden, ermu­tigte und tröstete sie. Er ordnete Maßregeln an. welche die Verteuerung der Lebensmittel verhindern sollen. Der Besuch des Monarchen macht auf die Bevölkerung einen tiefen Eindrucks Der König wurde überall mit begeisterten Zurufen empfangen. Auch der Besuch des ärmeren Stüdtviertels ist beabsichtigt. Die Anzahl der Spitäler und Aerzte ist ungenügend.

Spanien.

Madrid, 8. Sept. Die Demonstrationen der Katholiken zu Gunsten der weltlichen Herrschaft der Päpste hat zu Tumulten in Leon, Albenecel, Ciudad Real und anderen Städten geführt, wo man Reden auf dem Platze hielt und das Volk zu einem Kreuz­zug gegen Italien aufforderte, um Rom zu befreien. In Saragossa wurde eine Prozession mit Fahnen, Heiligenstatuen und Inschriften ungehalten, welche Italien verwünschten. Unterschriften zu Gunsten des Papstes werden begünstigt und Sammlungen veran­staltet, welche bereits mehrere hunderttausend Francs ergeben haben.

Dänemark.

Kopenhagen, 10. Sept. Der Dampfer Alice" aus Hamburg, Kapitän Jensen, ist auf der Fahret von Diddlesbvrough nach Stettin mit einer Eisenladung, gestern im Holländerdyb (südlicher Teil des Sunda) gesunken, nachdem er auf einen Felsen gestoßen war. Die Mannschaften sind gerettet, der Kapitän ist ertrunken. Die Masten und der Schornstein ragen aus dem Wasser empor. Das Schiff kann wahrscheinlich gehoben werden.

England.

Die Meldung, betreffend den Entwurf Eng­lands hinsichtlich der Entschädigungszahlungen für die durch das Bombardement Alexandriens Geschädigten sofortige Zahlung unter Abzug von 25 Proz. oder unverkürzte Zahlung in mehreren Raten hat ohne Zweifel in weiten Kreisen sehr große Mißstim­mung hervorgerufen. Nachdem die Entschädigung so unverantwortlich lange zurückbehalten wurde so fragt man sich warum soll nun, wenn sie endlich zur Zahlung kommt, auch noch ein Abzug und vol­lends in solcher Höhe gemacht werden. Da wären Verzugszinsen viel eher gerechtfertigt. Keineswegs gerechtfertigt aber erscheint eine ratenweise Zahlung.

Das Ganze ist aber nichts anderes als ein krämer­mäßiges Feilschen und Markten, wo eine prompte und volle Zahlung gefordert werden muß.

Auf der chinesischen Legation in London ist die Meldung eingegangen, daß die chinesische Regie­rung 25000 Mann ausgehoben habe für die Ver­teidigung von Peking und die Verstärkung der Armee von Tonkin. Dem Kriegsminister wurde ein Kredit von 12 Millionen Franks für den Ankauf von Waf­fen und Schießbedarf eröffnet.

Ein fürchterlicher Kampf zwischen Tieren ent­spann sich vor einigen Tagen in einer Menagerie in Sanger's zoologischem Garten in Margate. Ein weiblicher Tiger, der einen Käfig bewohnte, neben welchem sich drei junge Löwen befanden, wurde un­ruhig und riß die Wand nieder, welche die zwei Kä­fige von einander trennte. Die Tigerin griff die Löwen an, und ehe Hilfe geleistet werden konnte, hatte das wütende Tier, vermöge seiner Stärke und Behendigkeit, dieselben tot niedergestreckt.

China.

Der Kaiser von China hat ein Manifest an sein Volk erlassen, in welchem er nach einem Hin­weise auf die jüngsten Handlungen der Franzosen er­klärt, daß er dieselben als im Kriegszustände befind­lich betrachte, und seine Unterthanen auffordert, ihm in der Zurückweisung der französichen Angriffe bei­zustehen.

Daudet L Uerkehr.

Decke npfronn, OA. Calw, 9. Sept. Wir sind in den letzten Jahren gewöhnt gewesen, schon vor der Saison Hopfenhiindler, namentlich aus Bayern und Baden, hier zu sehen. Bis jetzt haben sich aber noch keine eingefunden, trotz­dem die Pflücke schon nahezu beendigt und das Trocknen der Ware nunmehr in vollem Gange ist. Einzelne Unterkäufer ängstigen die Produzenten mit der Aussicht, das; man die Hopfen Heuer sehr billig kaufen werde. Ein richtiger Preis lässt sich überhaupt noch nicht machen, da bis jetzt blos mangel­haft getrocknete Ware vorhanden ist. Einige Pfund wurden zu 99 -1 gekauft, die Produzenten rechnen aber für sackbare Ware doch immerhin 1 -kL 20 ^ pro Pfund zu erhalten. Man rechnet hier auf eine cht-Erntc.

Stuttg arterKartofsel,-Obst- und Krautm arkl. 500 Säcke Kartofselu, ä 33.30 per Ztr., 500 Säcke Most­obst L 3.80-4.30 per Ztr., 2000 Stück Fildcrkrant ä 1015 per 100 Stück.

Reutlingen, 10. Sept. Der gestrige Viehmarkt war sehr stark befahren. Es waren ca. 500 Paar Ochsen, 900 Stück Kühe und Schmalvich, zu Markte gebracht. Der Verkauf in Fettvieh ging anfangs rasch, da von Händeln ziemlich gekauft wurde, später langsamer; umgekehrt ging es beim Jungvieh, wo sich erst später ein reges Geschäft entwickelte. Die Preise zogen im allgemeinen etwas an und stellten sich für das Paar fette Ochsen auf 840 1100 für ein Paar mittlere Zug- stiere 660680 für Kühe 200-280 Rinder 120 bis 200 <^e. Länferschwcinc kosteten 2531 -6, Milchschweine 12 bis 15

Aus der Pfalz lauten die Herbstnachrichten wenig erfreulich. Anhaltende Nüsse und kühle Temperatur haben die Erträgnisse um gegen pz vermindert. Berichte über einzelne Borle'sen sind nicht wohl maßgebend, auch das jetzt schon be­kannt gegebene Gewicht dürfte keinen festen Anhaltspunkt geben. Zum Ausreisen der Trauben ist jetzt trockenes Werter und noch mancher warmer Tag sehr nötig.

Frankfurter Lcdcrmcssc. Zu der gestern be­gonnenen Lcdcrmesse sind die Zufuhren von Sohlleder in der Lederhalle nicht sehr belangreich. Es wurden dort ca. 700 bis 800 Bürden cingclagert. von denen bis heute mittag wohl die größere Hülste 'bereits Käufer fanden. Die Preise zeigen gegen die Osterinesse einen kleinen Aufschlag, der jedoch teil­weise wohl auch der bessere» Trocknung zu danken ist. Das Geschäft in Oberleder nahm bisher in der Lederhalle schleppen­den Verlauf und werden Preiserhöhungen gegen die Ostermcsse nicht willig zugestandcn.

Line unglückliche Königin.

Historische Erzählung von R. Hoffman n.

(Fortsetzung.)

Den hartherzigen und rachsüchtigen Lord Caffolk rührte aber die Verzweiflung des Hoffräuleius nicht und er fuhr, als Anna Boleyn keine Antwort gab, in kaltem, berechnendem Tone fort:

Haben Miß Anna mich wohl verstanden?"

Ach," erwiderte diese und zwang sich zu einem Lächeln,der Herr Lord wollte mir wohl nur einen Schreck einjagen, denn ich kann fast nicht glauben, daß unser gnädiger König mich in den Tower ein­sperren lassen wird, wenn ich etwas nicht thue, was mir meine Pflicht gegen Gott und meinen Bräutigam verbietet."

Ein hämisches Lächeln Lord Caffolk's war die erste Antwort aus diese Hoffnung Anna Boleyn's und dann sagte er, eine Amtsmiene annehmend:

Hier handelt es sich nicht um eine Pflicht ge­gen Gott oder gegen den guten Lord Percy, sondern um einen Befehl des Königs und wer diesem nicht gehorcht, muß seinen Ungehorsam im Tower büßen."

Anna rang die Hände und jammerte: