81. Jahrgang

Mo. 43.

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Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Zeile tm Bezirk, sonst 12 -q.

Dienstag, äen 13. Aprik 1886.

AbonnementLpreis halbjährlich 1 ^ 80 H, durch die Post bezogen im Bezirk 2 «tL 30 H, sonst in ganz Württemberg 2 70 H.

AmMche Wekcrrrntrncrchurrgen.

Calw.

An die Schttltheißenamter,

betveffenö Sie Weschcrffirng des Impfstoffes.

Die Bestimmungen der Bekanntmachung des Ministeriums des Innern vom 16. August 1830 (Reg.Bl. S. 344 ff.) und der Verfügung des Mini, steriums des Innern vom 28. Juni 1838 (Reg.Bl. S. 373 ff.) sind in allen Gemeinden, in welchen Rindviehhaltung stattfindet, alljährlich im Monat April an die Viehbesitzer in ortsüblicher Weise unter der Aufforderung bekannt zu machen, die Wahrnehmung der natürlichen Pocken an einer Kuh dem Ortsvorsteher schleunigst anzuzeigen. Ein Viehbesitzer, welcher natürlich pockenkranke Kühe so zeitig zur Anzeige bringt, daß der Pockenstoff von den. selben zur Impfung der Menschen mit Erfolg benützt werden kann, er­hält 24 Mark Belohnung, ok. Minist.-Verf. vom 25. Februar 1875, 5 22 (Reg.Bl. S. 'l39 ff.).

Die Schultheißenämter werden aufgefordert, diese Bekanntmachung in Bälde zu erlassen und den Vollzug in dem Schultheißenamtsprotokolle nach­zuweisen. ck. M.-A.,Bl. 1882, S. 167.

Den 10. April 1886. K. Oberamt.

F l a x l a n d.

KoMische WcrchrichLen.

Deutsches Reich.

Berlin, 10. April. Reichstag. Nach Erledigung der Tages- ordnung erklärt Präsident Wedell, da die Branntweinsteuer- und Zuckersteuer­vorlagen noch nicht fertig gestellt seien, so sei die Beendigung der Geschäfte vor Ostern ausgeschloffen und schlage er vor, bis zum Montag den 17. Mai eine längere Pause in den Beratungen eintreten zu lassen. Das Haus ist damit einverstanden.

Prinz und Prinzessin Wilhelm sind am Donnerstag nachmittag mit genauer Not einer schweren Gefahr entgangen. Das prinzliche Ehepaar hatte im offenen Wagen das Generalstabsgebäude besucht und dasselbe gegen 2 Uhr durch den Eingang in der Herwarthstraße verlassen. Im Thürflügel hängt eine große Ampel mit einer Glasglocke von nahezu einem Meter Durch­messer. An dieser Ampel blieb der Kutscher, als er gerade unter derselben mit der Peitsche schnalzte, mit der Schnur derselben hängen. Um die Peitsche

wieder loszubekommen, ruckte der Kutscher kräftig an, damit wurde zwar die Peitsche frei, aber auch die Röhre der Ampel brach und diese stürzte mit starkem Krachen unmittelbar hinter dem offenen Wagen zur Erde nieder. Um eines Haares Breite wäre die Ampel den hohen Herrschaften auf die Köpfe gefallen. Der Prinz fuhr zwar rasch von dannen, schickte aber gleich darauf seinen Adjutanten in das Generalstabsgebäude, um Erkundigungen über den Vorfall einziehen zu lassen.

Kiel, 7. April. Drei deutsche Seeleute aus Kamerun mit schwarzer Hautfarbe hat dieElisabeth" mitgebracht. Es sind wohlgebaute, krustige Gestalten und die kleidsame Tracht steht ihnen gut. Die Afrikaner sollen sich hier eine Zeitlang aufhalten, um die bestehende Ordnung, Sitten und Gebräuche kennen zu lernen, überhaupt um Vertrauen zu ihren neuen Landsleuten zu gewinnen; später werden sie ihrem Heimatlands wieder zu­geführt, und dann sollen ihnen dort irgendwelche polizeiamtliche Stellungen zugewiesen werden. Die rauhe Witterung will den Schwarzen vorerst nicht r.Ht behagen.

Gages-Werrigkeiten.

Calw, 12. April. Am gestrigen Sonntag wurden in der Kirche 47 Knaben und 53 Mädchen konfirmiert. Die Zahl der konfirmierten Knaben betrug im vor. Jahre 39, der Mädchen 57.

' Weilderstadt,8. April. Heute etwa um 12 Uhr brach in dem hiesigen Stadtwald Steckenthal Feuer aus, das bei dem anhaltenden starken Wind sehr rasch um sich griff. Wen« die im B-Od befindlichen Kultur­arbeiter nicht sofort zur Stelle gewesen wären, hätte der Brand eine große Ausdehnung annehmen können. Es brannte eine Fläche von ca. 1^/s Morgen, welche sich unmittelbar an der Eisenbahnlinie befindet. Das Feuer soll durch die Maschine des Bahnzuges entstanden sein.

Stuttgart, 10. April. Pferdemarkt-Lotterie. Die Kommission für Ankauf der Gewinne für die diesjährige Lotterie ist bereits in reger Thätigkeit. So hat sie gestern zum ersten Gewinn einen prächtigen Viererzug (Braunen) bei Pferdehändler N. Löbstein am Neckarthor an­gekauft. In dem Absatz der Lose ist seit einigen Tagen eine größere Nach­frage eingetreten und es dürften solche wohl über die nächsten Pferdemarkttage rasch vollends vergriffen sein. Die Ziehung findet bekanntlich am 15. April statt.

Ellwangen, 8. April. (Strafkammer.) In der am 9. Januar d. Js. herausgegebenen Nummer der in Bopfingen erscheinenden Zeitung derJpf" war die nachfolgende Erzählung enthalten:Aus Schramberg wird

(Nachdruck verboten.)

Pie Falschmünzer.

Kriminal-Roman von Gustav Lössel.

(Fortsetzung.)

Wie es nun des öftern passiert, daß man bei längerem Hinstarren auf einen Gegenstand, an welchen eine bestimmte Erinnerung sich knüpft, diese selbst vor seinem geistigen Auge sich neu beleben und Gestalt gewinnen sieht, so war es auch mit Etwold und dem Punkt, auf welchen er unausgesetzt den Blick gerichtet hielt.

Die schwarzen, von einem vielzackigen Eisrande umstarrten Fluten des Kanals rauschten plötzlich schäumend auf, und aus dem nassen Grabe stieg die Gestalt des roten Mathies auf, das Auge starr, die Faust erhoben und seine häßlichen Züge voll teuflischer Bosheit verzerrt.

Der Kommerzienrat legte rasch die Hand vor die Augen.

Was ist Ihnen?" fragte Duprat teilnahmsvoll.

Ein plötzlich hervorbrechender Sonnenstrahl kam Etwold zu Hilfe, und dieser machte seine Ausrede glaubhaft.

Er schritt nach seinem Schreibtisch, wo er hastig einige Papiere ordnete und verschloß.

Ich muß jetzt zu meiner Tochter", sagte er gepreßt.

Der Sie aber doch von meinem Mitwiffen ihres Geheimnisses nichts sagen werden?" fragte Duprat rasch.

Fürchten Sie das nicht. Von einem Berühren dieses Gegenstandes kann jetzt überhaupt nicht die Rede sein. Aber was ich noch fragen wollte, wie sah denn jetzt der junge Förster aus? Ich meine wie wie machte er sich? Oder vielmehr, glauben Sie, daß er inzwischen die Million verdient hat, die ich einmal im Scherz von ihm forderte, und daß er gekommen, um seinen Antrag von damals zu erneuern?"

Sie zweifeln noch immer?" entgegnete Duprat mit einem leisen An­flug von Aerger.Ich will Ihnen die Gestalt des Wiedergekehrten zeichnen; und dann mögen Sie selbst beurteilen, ob Sie daraus die Züge des jungen Försters erkennen oder nicht. Allerdings müssen Sie etwas auf Rechnung der verflossenen Jahre und des veränderten Klimas bringen."

Und Duprat machte eine umständliche Beschreibung des von ihm am Ballabend im Wintergarten Gesehenen.

Es war die Beschreibung des Ermordeten aus der Schwedengasse.

Sie werden über dieses Rendezvous schweigen, Duprat."

Wie das Grab."

Und ich werde Ihre Treue nicht unbelohnt lassen."

Er ging hinaus, die weitere Erledigung der Geschäfte für den heutigen Tag dem Prokuristen überlaffend.

Gleich nach ihm ging auch Duprat fort, um ein Telegramm nach M. aufzugeben. Dasselbe lautete:Den von hier eingegangenen Brief an mich umgehend retour unter Couvert an meine Privatadresse. Duprat.

5. Kapitel.

Ein Rendezvous.

In einem der entlegensten Cafös der Residenz saß zur Nachtzeit der Assessor Soltmann und musterte mit eingeklemmtem Monocle die Füßchen der vorbeitrippelnden Schönen, welche, wenn sie sich in seine Nähe setzten und besonders reizend bei Fuß waren, diesen Studien in der liberalsten Weise zu Hilfe kamen.

Es war ein kleiner, zierlicher Fuß gewesen, der sich an der Mordstätte im Schnee abgedrückt hatte, also jedenfalls nicht der Fuß einer Arbeiterfrau, sondern ein Damenfuß, und da jetzt noch alle Anzeichen dafür sprachen, daß es ein Raubmord gewesen und die nächtlicherweile hier verkehrende Damen­welt stets und viel Geld brauchte, auch mit den niedrigsten gesellschaftliche» Elementen zersetzt war, war ein solches Studium für einen Mann wie Solt­mann immerhin ein entschuldbarer Zeitvertreib. Der Zufall spielt ja manch-